Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22.06.2012, Az. II B 45/11

2. Senat | REWIS RS 2012, 5334

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Gegenstand

Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Flächeneigentum


Leitsatz

1. NV: In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind die Voraussetzungen, unter welchen § 7 Abs. 2 GrEStG bei der Aufteilung von Grundstücken einer Gesamthandsgemeinschaft in Wohneigentum Anwendung findet, geklärt.  

2. NV: Ob rechtlich selbständige Grundstücke nach der Verkehrsanschauung zu einer wirtschaftlichen Einheit i.S. § 2 Abs. 3 Satz 1 GrEStG zusammenzufassen sind, ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Tatsachen festzustellen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung erfüllt nicht die Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O), wonach die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 [X.]O dargelegt werden müssen.

2

1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) nicht dargelegt.

3

a) Die ordnungsgemäße Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache verlangt von --vorliegend nicht gegebener-- Offenkundigkeit abgesehen substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen ([X.]-Beschlüsse vom 28. April 2010 II B 178/09, [X.]/NV 2011, 262; vom 29. Juni 2011 II B 127/10, [X.]/NV 2011, 1726, und vom 16. August 2011 III B 155/10, [X.]/NV 2012, 48, je m.w.N.). Es sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist ([X.]-Beschlüsse in [X.]/NV 2011, 262; in [X.]/NV 2011, 1726; vom 7. September 2011 [X.]113/10, [X.]/NV 2011, 2102; in [X.]/NV 2012, 48, und vom 23. November 2011 IV B 107/10, [X.]/NV 2012, 414, je m.w.N.). Hat der [X.] die vom Beschwerdeführer herausgestellte Rechtsfrage bereits entschieden, muss in der Beschwerdebegründung eingehend dargelegt werden, weshalb trotzdem weiterhin Klärungsbedarf bestehe. Insbesondere ist darzustellen, welche neuen und gewichtigen, vom [X.] noch nicht geprüften Argumente in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und/oder in der Literatur gegen die Rechtsauffassung des [X.] vorgebracht worden seien ([X.]-Beschluss in [X.]/NV 2011, 1726, m.w.N.). Ein Klärungsbedarf besteht dann nicht mehr, wenn die Rechtsfrage durch die Rechtsprechung des [X.] bereits hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den [X.] erforderlich machen (z.B. [X.]-Beschluss vom 14. Dezember 2011 [X.]116/10, [X.]/NV 2012, 577; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 41).

4

b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des [X.] bereits entschieden und bedürfen keiner weiteren Klärung. Das gilt sowohl für die Frage, unter welchen Voraussetzungen § 7 Abs. 2 des [X.]es ([X.]) bei der Aufteilung von Grundstücken einer [X.]sgemeinschaft in Wohneigentum und anschließender Übertragung auf die Gesellschafter Anwendung findet, als auch für die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine wirtschaftliche Einheit i.S. von § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.] vorliegt.

5

aa) Nach § 7 Abs. 2 [X.] wird die Steuer, wenn ein Grundstück einer [X.] flächenmäßig unter den an der [X.] geteilt wird, nicht erhoben, soweit der Wert des [X.], das der einzelne Erwerber erhält, dem Anteil entspricht, zu dem er am Vermögen der [X.] beteiligt ist. Als "flächenweise" Teilung i.S. von § 7 Abs. 2 [X.] gilt auch die Begründung von Wohnungs- oder Sondereigentum (vgl. [X.]-Urteil vom 12. Oktober 1988 II R 6/86, [X.]E 154, 387, [X.] 1989, 54, 55). Die (flächenweise) Aufteilung eines einer [X.] gehörenden Grundstücks durch die [X.] in Wohnungseigentum erfordert zivilrechtlich zwei Rechtsakte. Zum einen wird das Grundstück durch Teilungserklärung in mehrere selbständige Grundstücke im Rechtssinne (Eigentumswohnungen) geteilt. Zum anderen sind die neu entstandenen [X.] auf die [X.] zu übertragen. Erst dieser Vorgang löst die Grunderwerbsteuer aus.

6

Nach seinem Wortlaut schreibt § 7 Abs. 2 [X.] zwar keinen zeitlichen Zusammenhang zwischen den zu einer flächenmäßigen Aufteilung des Grundstücks unter den Gesellschaftern notwendigen Rechtsakten vor. Aus Sinn und Zweck der Vorschrift folgt aber, dass ein gewisser zeitlicher Zusammenhang bestehen muss ([X.]-Urteil vom 16. Februar 1994 II R 96/90, [X.]/NV 1995, 156). Die Vorschrift will nämlich nicht den Fall begünstigen, dass die Mitglieder einer [X.] mehrere rechtlich und wirtschaftlich selbständige, im [X.]seigentum befindliche Grundstücke unter sich unter Übertragung jeweils des [X.] aufteilen ([X.]-Urteile vom 23. Januar 1985 II R 35/82, [X.]E 143, 152, [X.] 1985, 336, und in [X.]/NV 1995, 156; Viskorf in [X.], [X.], 17. Aufl., § 7 Rz 25). Ließe man das Erfordernis eines zeitlichen Zusammenhangs zwischen den geschilderten Rechtsakten entfallen, wäre eine derartige "Aufteilung" mehrerer (durch die Aufteilung in Wohnungseigentum) nunmehr selbständiger Grundstücke entgegen dem Zweck der Norm immer dann begünstigt, wenn ihm irgendwann eine Grundstücksteilung vorausgegangen wäre (vgl. [X.]-Urteil vom 8. August 1990 II R 20/88, [X.]E 161, 180, [X.] 1990, 922, 923). Ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist im Rahmen einer Gesamtabwägung aller Tatsachen festzustellen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob die Beteiligten durch äußere Umstände an ihrem Plan, das Grundstück aufzuteilen und zeitnah zu übertragen, gehindert waren.

7

bb) Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit i.S. des § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.] ist ein Typusbegriff, der im Rahmen der Grunderwerbsteuerveranlagung selbständig zu prüfen ist ([X.]-Entscheidungen vom 10. Dezember 1968 II B 24/68, [X.]E 94, 291, und in [X.]E 143, 152, [X.] 1985, 336). Für die Zuordnung von Grundstücken zu einer wirtschaftlichen Einheit sind die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zugehörigkeit (§ 2 Abs. 1 Satz 3 des Bewertungsgesetzes) maßgebend, wobei den objektiven Merkmalen ggf. der Vorrang einzuräumen ist ([X.]-Urteile vom 15. Juni 1983 III R 40/82, [X.]E 139, 201, [X.] 1983, 752, und in [X.]E 143, 152, [X.] 1985, 336). Mehrere rechtlich selbständige Grundstücke gehören zu einer wirtschaftlichen Einheit, wenn sie zu einem einheitlichen Zweck zusammengefasst sind, der sich äußerlich in einer entsprechenden einheitlichen Ausgestaltung niederschlägt, durch welche die selbständige Funktion des einzelnen Grundstücks nach der Verkehrsauffassung aufgehoben wird. Dabei hat der subjektive Wille zwar eine wesentliche Bedeutung. Er darf allerdings nicht im Widerspruch zu den objektiven äußeren Merkmalen stehen ([X.]-Urteile in [X.]E 139, 201, [X.] 1983, 752, und in [X.]E 143, 152, [X.] 1985, 336). Bei einer nach einheitlichem Plan errichteten Wohnanlage liegt eine wirtschaftliche Einheit nur vor, wenn die gesamte Wohnanlage zu einem einheitlichen Zweck zusammengefasst ist, der sich nicht nur äußerlich in einer entsprechenden einheitlichen Ausgestaltung niederschlägt, sondern der auch die selbständige Funktion des einzelnen Grundstücks nach der Verkehrsauffassung aufhebt ([X.]-Urteil vom 10. Mai 2006 II R 17/05, [X.]/NV 2006, 2124). Danach reicht es für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit nicht aus, eine "rechtliche Zweckeinheit" zu begründen. Vielmehr ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Tatsachen festzustellen, ob nach der Verkehrsauffassung von einer wirtschaftlichen Einheit auszugehen ist.

8

2. Der Beschwerdebegründung lässt sich auch nicht entnehmen, dass die Vorentscheidung an einem sog. qualifizierten, zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O führenden Rechtsanwendungsfehler leidet.

9

a) Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O ist die Revision wegen besonders schwerwiegender Fehler des Finanzgerichts ([X.]) bei der Auslegung revisiblen Rechts zuzulassen, wenn das Urteil des [X.] objektiv willkürlich ist oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar, also greifbar gesetzwidrig und somit geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. dazu z.B. [X.]-Beschlüsse vom 12. Mai 2011 I[X.]121/10, [X.]/NV 2011, 1391; vom 10. August 2011 [X.]100/10, [X.]/NV 2011, 2098; in [X.]/NV 2012, 48; vom 17. August 2011 [X.]225/10, [X.]/NV 2011, 2083, und vom 5. September 2011 [X.]144/10, [X.]/NV 2012, 3). Dies gilt auch hinsichtlich der Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das [X.] ([X.]-Beschluss vom 9. November 2011 II B 105/10, [X.]/NV 2012, 254, m.w.N.). Die Nichtzulassungsbeschwerde dient jedoch nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten ([X.]-Beschluss vom 10. Februar 2011 II S 39/10 (PKH), [X.]E 232, 310, [X.] 2011, 657, m.w.N.).

b) Derartige schwerwiegende Rechtsfehler sind weder dargetan noch ersichtlich. Das [X.] hat bei seiner Entscheidung zutreffend die o.g. Rechtsprechung des [X.] zu § 7 Abs. 2 [X.] zugrunde gelegt. Das [X.] hat einen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der Aufteilung in Wohneigentum und der Übertragung der Wohn- und [X.] auf den Kläger verneint. Es hat die Regelungen des Gesellschaftsvertrages insgesamt gewürdigt und festgestellt, dass ein einheitlicher Plan zur Aufteilung der Grundstücke in Wohn- bzw. Teileigentum und anschließenden Übertragung auf die Gesellschafter nicht bestanden habe. Anders als im Streitfall des [X.] Düsseldorf vom 11. März 2009  7 K 3964/08 [X.] (Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1329) sei die Übertragung nicht durch von außen kommende, nicht in der Person der Handelnden liegende Umstände verzögert worden. Diese Feststellungen des [X.] beruhen auf einer Würdigung aller festgestellten Tatsachen- und Beweismittel, die mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision nicht angefochten werden kann (vgl. Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 115 Rz 82, m.w.N.). Bei den Vereinbarungen der Gesellschafter handelt es sich entgegen der Auffassung des [X.] nicht um von außen kommende Umstände, die die Gesellschafter an der Umsetzung ihres Aufteilungsplans gehindert haben, denn die Gesellschafter hätten jederzeit einen anderen Beschluss fassen können.

Soweit das [X.] das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit i.S. des § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.] verneint hat, beruht dies ebenfalls auf einer [X.], mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision nicht angreifbaren Gesamtwürdigung der Tatsachen- und Beweismittel. Dabei hat das [X.] die objektiven äußeren Umstände und den im Gesellschaftsvertrag und in den [X.] zum Ausdruck kommenden Willen der Gesellschafter hinreichend berücksichtigt.

Meta

II B 45/11

22.06.2012

Bundesfinanzhof 2. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 20. April 2011, Az: 3 K 98/10, Urteil

§ 2 Abs 3 S 1 GrEStG 1997, § 7 Abs 2 GrEStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22.06.2012, Az. II B 45/11 (REWIS RS 2012, 5334)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5334

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