Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.06.2013, Az. II ZR 207/10

II. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 5344

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
II [X.]/10
Verkündet am:

4. Juni 2013

Stoll

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB § 138 Abs. 1 Bb, § 705
a)
Die im Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründete Verpflichtung einer nicht leistungsfähigen Gesellschafterin zur Rückzahlung er-heblicher Beträge, die der andere Gesellschafter einlegt und die vereinbarungs-gemäß dem im Interesse der Gesellschaft tätigen Ehemann der Gesellschafterin zufließen, ist nicht sittenwidrig, wenn die Ehefrau aufgrund ihrer [X.] ein adäquates wirtschaftliches Eigeninteresse an der mit den Zahlungen verbundenen Förderung des Gesellschaftszwecks hat.
b)
Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit gesellschaftsvertraglicher Regelungen erfor-dert eine Gesamtwürdigung unter Einbeziehung aller relevanten Umstände, die zur Zeit des Vertragsschlusses gegeben sind.

[X.], Urteil vom 4. Juni 2013 -
II [X.]/10 -
OLG [X.] in [X.]

LG [X.]

-
2
-
Der II.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 4.
Juni 2013
durch
den
Vorsitzenden
Richter Prof.
Dr.
Bergmann, die
Richterin
Caliebe
und die Richter
Dr.
[X.], [X.] und Sunder
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15.
Zivilsenats in [X.] des Oberlandesgerichts [X.] am Main vom 14.
Oktober 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung

auch über die Kosten des Revisionsverfahrens

an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Zweck da-rin besteht, Verwertungsrechte aus sicherheitstechnischen Konstruktionen und Erfindungen des [X.] zu 2 zu nutzen. Gesellschafter sind der Unterneh-mer Ri.

R.

und die Beklagte zu 1, die Ehefrau des [X.] zu 2. Die Klägerin begehrt den teilweisen Ausgleich des negativen [X.] der [X.] zu 1. Die [X.] halten dem insbesondere entgegen, dass die der Ausgleichspflicht zugrunde liegenden gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen sittenwidrig seien.
1
-
3
-
R.

und der Beklagte zu 2 vereinbarten zu Beginn ihrer geschäftlichen Zusammenarbeit 1996 mündlich, dass der Beklagte zu 2 seine Erfindungsvor-haben und Entwicklungsarbeiten auf dem Gebiet der Sicherheitstechnik weiter-führen und hierbei von dem an einer wirtschaftlichen Verwertung interessierten R.

finanziert werden solle. Über das Vermögen des [X.] zu 2 war [X.] ein Konkursverfahren eröffnet. Beide [X.] waren nicht kreditwürdig. Nachdem R.

an den [X.] zu 2 insgesamt 293.784
[X.] gezahlt hatte, schlossen die Parteien unter Einbeziehung der [X.] zu 1 am 4./6.
Mai 1997 eine schriftliche Vereinbarung, deren Nr. 2 auszugsweise lautet:
Alle Herstellungsrechte und Vertriebsrechte aus den Konstruktionen, Patenten und sonstigen Urheberrechten auf dem Gebiete der mechanischen, elektro-nisch angesteuerten und elektronisch überwachten Sicherheitstechnik werden von A.

[den [X.]] auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts übertra-gen, an der R.

.

A.

[die Beklagte zu 1] zu

[X.] zu 2 erschien den Beteiligten wegen des laufenden [X.] als Gesellschafter und möglicher Zahlungsempfänger ungeeig-net. Im Juni 1998 schlossen R.

und die Beklagte zu 1 einen schriftlichen Ge-sellschaftsvertrag, der die Verhältnisse der Klägerin regelt. Geschäftsführung und Vertretung oblagen ausschließlich R.

. Außerdem enthält der Vertrag (künftig: [X.]) unter anderem folgende Regelungen:
§ 2 Gegenstand und Zweck des Unternehmens
(1)
Der Gegenstand der GbR ist, die gemäß [X.] bzw. rtragenen Verwertungsrechte zu nut-zen.
(2)
Die Verwertungsrechte können ganz oder zum Teil weiterveräußert werden.
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§ 3 Gesellschaftsvermögen
(1)
Die Gesellschafter bringen die Verwertungsrechte gemäß dem in § 2 (1) zitierten [X.] ein; eine Bewertung dieser [X.] erfolgt nicht.
(2)
Die notwendigen finanziellen Mittel für die Weiterentwicklung der [X.] und Sicherung der Patente und Urheberrechte legt R.

ein. Die Höhe ist variabel und wird ausschließlich von ihm bestimmt. Einmal eingelegte Mittel können auch wieder entnommen werden. Auch von R.

für den Gesellschaftszweck aufgebrachte, an D.

A.

[den [X.] zu 2] und andere unmittelbar gezahlte Beträge werden als Einlage von R.

in die Gesellschaft behandelt.
(3)
A.

[die Beklagte zu 1] erbringt keine Bareinlage. Wenn durch [X.] ein negatives Kapitalkonto entsteht, so ist dieses durch [X.]n auszugleichen. Auch unmittelbar von R.

an D.

A.

ge-zahlte Beträge (s. § 3 (2)) gelten als Entnahme von A.

§ 4 Beginn und Dauer der Gesellschaft
(1)
Die Gesellschaft hat am [X.] begonnen und ist auf unbestimmte Zeit geschlossen.

§ 5 Beteiligungsverhältnisse und Gewinnverteilung
(1)
R.

ist am Kapital der GbR entsprechend seiner Einlage beteiligt, die Höhe ist variabel und wird ausschließlich von R.

bestimmt (s. auch
§ 3 (2)).
(2)
A.

erbringt keine Einlage.
(3)
R.

.

beteiligt, abweichend von der Vereinbarung vom 4.5./6.5.97.
(4)
Werden die Verwertungsrechte an eine Gesellschaft veräußert, an der A.

nicht beteiligt ist, so stehen Gewinne aus laufenden Einnahmen nach der Übertragung der Verwertungsrechte nur A.

zu. Die Ge-winne aus der Übertragung unterliegen der Regelung nach Absatz (3).

-
5
-
Durch Vertrag vom 8.
Juni 1998 veräußerte die Klägerin ihre Verwer-o-.

GmbH (künftig: [X.]

), deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer R.

ist. Diesem oblag auch die Feststellung der Serienreife. Die Klägerin verpflichtete sich in § 2 des [X.], auch alle zukünftigen Entwicklungen, Konstruktionen und Rechte auf die [X.]

zu übertragen. § 5 des Vertrags lautet:
Als Entgelt für die Übertragung der Rechte nach §§ 1 und 2 erhält die GbR von der GmbH

a)
eine einmalige Kaufpreiszahlung von [X.] 1.000.000,--

b)

[X.] der [X.]

vor Ertragssteuern und vor Abzug dieser Lizenz, soweit dieser aus der Verwertung der übertragenen Rechte herrührt.

g der Verwertungsrechte und damit auch deren Vergütung abhängt, wurde in der Folgezeit nicht festgestellt. Ob die den Verwertungsrechten zugrunde liegenden Erfindungen des [X.] zu 2 brauchbar sind, ist streitig.
Der Vermögensstatus der Klägerin zum 31. Dezember 2004 wies für das Kapitalkonto der [X.] zu 1 ein Minus von 1.204.684,68

Wesentlichen aus so bezeichneten Entnahmen und zu einem kleinen Teil aus [X.] zusammensetzte. Von 1997 bis 2006 flossen 1.053,975,90

über die Beklagte zu 1 an den [X.] zu 2, wovon nach der

bestrittenen

Darstellung der [X.] 205.305,89

wurden. Den im Vermögensstatus der Klägerin zum 31. Dezember 2004 aus-gewiesenen Endbestand bestätigte die Beklagte zu 1 durch Erklärung vom 4
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13.
März 2006. Am gleichen Tag übernahm der Beklagte zu 2 für die [X.] die selbstschuldnerische Bürgschaft.

gerichteten Klage stattgegeben. Im Berufungsverfahren ergab sich, dass die Klägerin nach 2004 Gewinne schrieb. Zum 31. Dezember 2008 wurde das Ka-pitalkonto der [X.] zu 1 infolge zwischenzeitlicher Gewinnzuweisungen Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat zu-gelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des [X.] Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].
I.

Das Berufungsgericht (OLG [X.], Urteil vom 14.
Oktober 2010

15 [X.], juris) hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begrün-det:
Gegen die Beklagte zu 1 bestehe kein gesellschaftsvertraglicher [X.]. Es sei nicht dargetan, dass die Beklagte zu 1 nicht zur Weiter-leitung an den [X.] zu 2 bestimmte Geldbeträge entnommen und damit [X.], dass nicht nur unmittelbare Zahlungen an den [X.] zu 2 als [X.] der [X.] zu 1 gelten sollten, sondern auch und erst Recht Zah-7
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lungen, die an die Beklagte zu 1 zur Weiterleitung an den [X.] zu 2 ge-leistet wurden. Gleichwohl bestehe die in § 3 Abs. 3 (Satz 2) [X.] vorgesehene Ausgleichspflicht der [X.] zu 1 nicht, weil die in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 [X.] getroffene Regelung sittenwidrig und damit nichtig sei (§ 138 Abs. 1 BGB).
Die Vertragsbestimmung enthalte eine einseitige Lastenverteilung, durch die die Beklagte zu 1 in nicht zu rechtfertigender Weise benachteiligt werde. Die Einzahlungen des
R.

hätten den Charakter von [X.] erhalten, da sie im Wesentlichen für den [X.] zu 2 bestimmt gewesen und daher nach § 3 Abs. 2 [X.] als ausgleichspflichtige Entnahmen der [X.] zu 1 zu werten seien. Demnach seien die Mittel für die Verwirklichung des [X.]s letztlich von der [X.] zu 1 aufzubringen gewesen, die [X.] das wirtschaftliche Risiko getragen habe. Unerheblich sei, ob vereinbart gewesen sei, den [X.] zu 2 für seine Entwicklungstätigkeit zu bezahlen. Denn die Zahlungen an ihn seien ersichtlich erforderlich gewesen, um den [X.] zu verwirklichen, dessen Finanzierung R.

gesellschaftsver-traglich übernommen habe. Offensichtlich sei auch die Materialbeschaffung mit [X.] getroffene Regelung führe weiter dazu, dass die in § 5 Abs. 3 [X.] vereinbar-te Gewinn-
und Verlustbeteiligung zu Lasten der [X.] zu 1 weitgehend außer [X.] gesetzt worden sei, da die Beklagte zu 1 den durch die Zahlungen e-nachteiligung der [X.] zu 1 werde durch billigenswerte Interessen des R.

nicht gerechtfertigt. Er trage zwar bei einem Scheitern der Gesellschaft das [X.] der [X.] zu 1. Dem sei aber durch seinen überwiegenden Gewinnanteil von 70% bereits Rechnung getragen.
Durch die in Rede stehende Regelung sei die bei Abschluss des [X.] mittellose Beklagte zu 1 finanziell [X.] überfordert worden. 11
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Den Parteien sei bekannt gewesen, dass zumindest hohe sechsstellige Beträge erforderlich wären, bevor die Klägerin Gewinne erzielen konnte. Auch ange-sichts der aus vorvertraglichen Zahlungen an den [X.] zu 2 resultierenden Vorbelastungen, die sich nach dem Vermögensstatus für 1997 auf 540.000 [X.] und nach einem Vermerk des R.

zum 15. April 1998 auf über 642.000 [X.] belaufen hätten, sei die Beklagte zu 1 mit Verbindlichkeiten belastet worden, zu deren Rückführung sie außerstande gewesen sei, wenn der Gesellschafts-zweck nicht gewinnbringend hätte verwirklicht werden können.
Die in § 3 Abs. 3 [X.] getroffene Regelung sei auch Ausdruck einer ver-werflichen Gesinnung des Gesellschafters R.

, der seine Interessen in [X.]er Weise einseitig durchgesetzt habe. Die Beklagte zu 1 habe sich in einer prekä-ren Lage und deutlich schwächeren Verhandlungsposition befunden. Sie habe an der Verwirklichung des Gesellschaftszwecks nur ein mittelbares Interesse als Ehefrau des [X.] zu 2 gehabt. Es ändere nichts, dass der Beklagte zu 2 durch die Zusammenarbeit mit R.

in die Lage versetzt worden sei, seine Konstruktionen mit Aussicht auf Gewinn weiterzuentwickeln. Dies hätte es zwar billigenswert erscheinen lassen können, den [X.] zu 2 entsprechend zu belasten. Eine Verlagerung der Entwicklungskosten und des wirtschaftlichen Risikos auf die an den geschäftlichen Tätigkeiten nicht beteiligte Beklagte zu 1 nur in ihrer Eigenschaft als Ehefrau des [X.] zu 2 sei damit aber nicht zu rechtfertigen. Diese Situation sei vergleichbar mit der einer nicht leistungsfähi-gen Ehefrau, die in eine Darlehensaufnahme zu geschäftlichen Zwecken ihres Ehemanns als Mitdarlehensnehmerin oder

wie hier

gar alleinige Darlehens-nehmerin einbezogen werde.
Da die Beklagte zu 1 nicht zur Zahlung an die Klägerin verpflichtet sei, fehle es für den Anspruch gegen den [X.] zu 2 aus einer übernommenen Bürgschaft
am Bestehen der Hauptschuld.
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-
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1.
Die Auslegung des § 3 Abs. 3 Satz 3 [X.] durch das Berufungsgericht ist allerdings frei von [X.] und wird von den Parteien in der [X.] auch nicht beanstandet. Danach zählen zu den Entnahmen der [X.] zu 1, die ihr Kapitalkonto belasten und von ihr nach Maßgabe von §
3 Abs.
3 Satz 2 [X.] durch Einlagen auszugleichen sind, nicht nur

dem [X.] dienende (§ 3 Abs. 2
Satz 4 [X.])

Zahlungen, die R.

unmittel-bar an den [X.] zu 2 leistet, sondern auch Zahlungen, die R.

an die [X.] zu 1 zur Weiterleitung an den [X.] zu 2 erbringt.
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht indes die Bestimmungen des
Gesellschaftsvertrags zur Ausgleichspflicht der [X.] zu 1 gemäß §
138 Abs. 1 BGB für nichtig gehalten. Mit der von ihm gegebenen Begründung kann eine Sittenwidrigkeit der in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 [X.] getroffenen Rege-lung nicht angenommen werden.
a)
Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob eine gleichlautende [X.] in einem Gesellschaftsvertrag mit dem [X.] zu 2 wirksam gewesen wäre, und maßgebend darauf abgestellt, dass die an den geschäftlichen [X.] unbeteiligte und nur mittelbar als Ehefrau interessierte Beklagte zu
1 nicht mit dem aus § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 [X.] folgenden wirtschaftlichen Risiko hätte belastet werden dürfen.
Hierbei hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet, dass die Beklagte zu 1 als Gesellschafterin wirtschaftliche Teilhaberin von [X.] wurde, die ursprünglich dem [X.] zu 2 als dem Erfinder und Ent-wickler zustanden. Dem von ihr übernommenen Risiko stand damit die Chance gegenüber, von einer gewinnbringenden Nutzung der Verwertungsrechte antei-lig zu profitieren.
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-
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[X.])
In diesem Punkt unterscheidet sich der Streitfall wesentlich von den

vom Berufungsgericht als vergleichbar angesehenen

Fällen der Einbezie-hung einer nicht leistungsfähigen Ehefrau in eine den geschäftlichen Zwecken des Ehemanns dienende Darlehensaufnahme. Die hierzu ergangene Recht-sprechung betrifft die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von [X.] mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts-
oder Mithaf-tungsverträge, deren Sittenwidrigkeit im Regelfall bejaht wird, wenn der dem Hauptschuldner persönlich besonders nahe stehenden Sicherungsgeber finan-ziell [X.] überfordert wird, da dies die Vermutung begründet, er habe die ihn übermäßig belastende Personalsicherheit allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner gestellt und der Kreditgeber habe dies in sittlich an-stößiger Weise ausgenutzt (vgl. [X.], Urteil vom 25.
Januar 2005

XI
ZR
28/04, [X.], 432, 433; Urteil vom 19.
Februar 2013

XI
ZR
82/11, [X.], 664 Rn.
9).
Auch bei Sicherungsgeschäften dieser Art liegt aber eine andere Beurtei-lung nahe, wenn der finanziell [X.] überforderte Bürge oder Mitverpflichtete an dem finanzierten Objekt in einem nennenswerten Umfang beteiligt ist (vgl. [X.], Urteil vom 25. Januar 2005

XI
ZR
28/04, [X.], 432, 434; siehe auch
[X.], Urteil vom 27. Mai 2003

IX
ZR
283/99, [X.], 1596, 1598). Insbesondere ist ein die Annahme der Sittenwidrigkeit hinderndes wirtschaftliches [X.] des Sicherungsgebers grundsätzlich anzunehmen, wenn der nicht nur unbedeutend beteiligte Gesellschafter einer kreditsuchenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Kommanditgesellschaft für die [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 10. Dezember 2002

XI
ZR
82/02, [X.], 288, 289; Urteil vom 17. September 2002

XI
ZR
306/01, [X.], 2249, 2251).
Anders verhält es sich, wenn der Gesellschafter

für den Kreditgeber klar ersichtlich

lediglich die Funktion eines Strohmanns ohne eigene wirt-20
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schaftliche Interessen und finanzielle Beteiligung wahrnimmt und die Stellung eines Gesellschafters nur aus persönlicher Verbundenheit mit einer die Gesell-schaft wirtschaftlich beherrschenden Person übernommen hat (vgl. [X.], Urteil vom 18.
Dezember 1997

IX
ZR
271/96, [X.]Z 137, 329, 337; Urteil vom 18.
September 2001

IX
ZR
183/00, [X.], 1954, 1955; Urteil vom 17.
September 2002

XI
ZR
306/01, [X.], 2249, 2251). Ein eigenes finan-zielles Interesse an der Gesellschaftsbeteiligung fehlt dem Gesellschafter, wenn er seinen Anteil treuhänderisch hält und die Erträge aus der [X.] nach § 667 BGB an den Treugeber abzuführen hat (vgl. [X.], Urteil vom 18. Dezember 1997

IX
ZR
271/96, [X.]Z 137, 329, 337).
bb)
Im Streitfall hat sich das Berufungsgericht nicht mit der Frage be-fasst, ob die Beklagte zu 1 verpflichtet ist, Gewinnanteile, die ihr als Gesell-schafterin zufließen, an den [X.] zu 2 weiterzureichen. Eine dahingehen-de, für R.

klar ersichtliche, Verpflichtung der [X.] zu 1 kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen auch nicht unterstellt werden. Gegen die Annahme, die Beteiligten hätten einen Herausgabeanspruch des [X.] zu 2 begründen wollen, spricht, dass die Gründung der Klägerin den [X.] nach dem Bestreben gedient haben dürfte, neben den Rechten
aus den Erfindungen des [X.] zu 2 auch die daraus erwachsenden wirtschaftli-chen Vorteile vor dem Zugriff der Gläubiger des [X.] zu 2 zu schützen, der seinerseits darauf vertraut haben mag, dass etwaige Gewinne aus der Nut-zung seiner Erfindungen,
die seiner Ehefrau zufließen, im Rahmen der eheli-chen Lebensgemeinschaft auch ihm zugutekommen
werden.
b)
Die in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 [X.] getroffene Ausgleichsregelung kann bei Einbeziehung des revisionsrechtlich zu unterstellenden wirtschaftlichen [X.] der [X.] als Gesellschafterin auf der Grundlage der bishe-rigen Feststellungen
nicht als sittenwidrig angesehen werden. Die Erwägungen, 23
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12
-
mit denen das Berufungsgericht eine einseitige Lastenverteilung und grobe Be-nachteiligung der [X.] zu 1 angenommen hat, rechtfertigen die Anwen-dung des § 138 Abs. 1 BGB schon deshalb nicht, weil sie ihrerseits nicht frei von [X.] sind.
[X.])
Der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann eine Ungleichbehandlung der Gesellschafter wirksam vorsehen ([X.], Urteil vom 27.
September 1965

II
ZR
186/63, WM
1965, 1284, 1286;
[X.]/[X.]/[X.], 5. Aufl., § 705 Rn. 247). Die [X.] einzelner Gesellschafter kann beschränkt oder ganz ausgeschlossen werden ([X.], Urteil vom 26. Januar 1967

II
ZR
127/65, [X.], 346, 347; [X.]/[X.]/[X.], 5. Aufl., § 722 Rn. 3, 5). Die Grenze zur Sit-tenwidrigkeit wird erst bei einer groben Ungleichbehandlung der Gesellschafter unter Ausnutzung der wirtschaftlichen Vormachtstellung des einen oder des Vertrauens und der Unerfahrenheit des anderen Teils überschritten (vgl. [X.]/[X.]/[X.], 5. Aufl., §
705 Rn.
134). Diese Vorausset-zungen können beispielsweise bei einem auffälligen Missverhältnis zwischen dem tatsächlichen Wert einer Einlage und dem hierfür vereinbarten Wertansatz erfüllt sein, sofern weitere Umstände wie eine verwerfliche Gesinnung des [X.] hinzutreten (vgl. [X.], Urteil vom 5. Dezember 1974

II
ZR
24/73, [X.], 325, 327; Urteil vom 9. Mai 1988

II
ZR
247/87, [X.], 1370, 1373).
bb)
Die Einschätzung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 werde durch den Gesellschaftsvertrag grob benachteiligt, begegnet jedoch [X.] rechtlichen Bedenken.
Zwar trifft es zu, dass R.

sich eine 70%ige Gewinnbeteiligung einräu-men ließ, während andererseits die finanziellen Mittel, die durch R.

dem Be-25
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-
klagten zu 2 zur Weiterentwicklung seiner Konstruktionen unmittelbar oder über die Beklagte zu 1 zur Verfügung gestellt wurden, allein das Kapitalkonto der [X.] zu 1 belasten und von ihr zurückzuführen sind.
Damit sind aber keine Umstände aufgezeigt, die einen Vergleich zwi-schen Leistung und Gegenleistung ermöglichen und die Annahme eines Miss-verhältnisses rechtfertigen würden. Auch eine anderweitige grobe Benachteili-gung kann auf dieser Grundlage nicht festgestellt werden. Ausgangspunkt einer wertenden Betrachtung ist vielmehr die Überlegung, wie der Beklagte zu 2 als Erfinder bzw. die Beklagte zu 1, die an seiner Stelle den Ertrag der Erfindungen vereinnahmen soll, ohne Beteiligung des R.

stünden. In diesem Fall hätten die [X.] gleichfalls die Entwicklungskosten finanzieren und das Risiko tragen müssen, dass sich die Aufwendungen nicht amortisieren. Sie hätten au-ßerdem für einen aufzunehmenden Kredit Zinsen zahlen müssen, während R.

die in die Gesellschaft eingelegten Gelder zinslos gewährt hat. Allerdings hätten die [X.] einen etwaigen Gewinn aus der Verwertung der Erfindungen nicht teilen müssen. Nach § 5 Abs. 3 [X.] beträgt der Gewinnanteil der [X.] zu 1 lediglich 30%.
Eine Gegenüberstellung der jeweiligen Gewinnaussichten lässt sich aber nicht auf einen Vergleich prozentualer Gewinnbeteiligungen beschränken. Vielmehr erfordert die bei Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB vorzunehmende Gesamtwürdigung die Einbeziehung aller relevanten Umstände, die zur Zeit des Vertragsschlusses gegeben sind (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Mai 1988

II
ZR
247/87, [X.], 1370, 1373; Urteil vom 5. Mai 2003

II
ZR
112/01, [X.], 1442). Danach dürfte hier auch der [X.] der Klägerin und der [X.]

zu berücksichtigen sein, der mit dem schriftlich erklärten Einverständnis der [X.] geschlossen wurde. Durch diesen [X.] übertrug die Klägerin die Verwertungsrechte mit Wirkung ab Feststellung 28
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der Serienreife des Produkts an die [X.]

. Als Vergütung sollte ein Betrag von 1.000.000
[X.] gezahlt werden, wovon gemäß § 5 Abs. 3 [X.] 30% auf die [X.] zu 1 entfallen würden, sowie eine als Lizenz bezeichnete jährliche Ge-winnbeteiligung in Höhe von 30% für die Dauer von 10 Jahren, die nach § 5 Abs. 4 [X.] der [X.] zu 1 in voller Höhe zustünde. Es ist auf Grundlage der bisherigen Feststellungen nichts dafür ersichtlich, dass die [X.] die [X.]

unter der Voraussetzung ihrer praktischen Nutzbarkeit

unter marktüblichen Bedingungen ohne Beteiligung des R.

mit einem wesentlich besseren Ertrag hätten veräußern oder lizenzieren können. Der Umstand, dass bei Zahlung des vereinbarten Festbetrages 70% auf R.

entfallen
(§ 5 Abs. 3 [X.]) hat nur geringe Aussagekraft, da R.

zugleich alleiniger Gesellschafter der [X.]

ist, die den Betrag aufzubringen hat.
Es kann, wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend gesehen hat, auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass R.

es übernommen hat, die Mittel, die zur Förderung des Gesellschaftszwecks an den [X.] zu 2 fließen und für die letztlich die Beklagte zu 1 aufzukommen hat, vorzuschießen. Das [X.] hat angenommen, dem damit verbundenen Ausfallrisiko des R.
sei durch dessen höheren Gewinnanteil Rechnung getragen. Darin liegt schon deshalb keine überzeugende Bewertung des

möglicherweise erheblichen

Ausfallrisikos, weil § 5 Abs. 4 [X.] und der mit der [X.]

geschlossene Rechte-übertragungsvertrag unberücksichtigt geblieben sind.
III. Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs.
1 Satz 1 ZPO).

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31
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15
-
Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten mündlichen [X.] zu dem Ergebnis gelangen, dass die in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 [X.] getroffene Regelung wirksam ist, wird es sich gegebenenfalls mit der Frage zu befassen haben, ob und wann ein nach etwaigen weiteren Gewinnzuweisungen möglicherweise noch bestehender Ausgleichsanspruch der Klägerin fällig ge-worden ist. In § 3 Abs. 3 Satz 2 [X.] sind zeitliche Einschränkungen des dort begründeten Ausgleichsanspruchs zwar nicht ausdrücklich vorgesehen. Gleichwohl kann der Ausgleichsanspruch unbegründet sein, wenn und solange durch seine Geltendmachung zur Unzeit eine erfolgversprechende, wenngleich noch nicht ertragreiche Weiterentwicklung der Konstruktionen treuwidrig verei-telt und hierdurch der Gesellschaftszweck gefährdet wird.
Vorsorglich weist der Senat auch darauf hin, dass die nach dem [X.] mit der [X.]

o-r-liegt und ihre Feststellung von R.

treuwidrig abgelehnt wird (§ 162 Abs.
1

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-
16
-
BGB). Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann nicht da-von ausgegangen werden, dass die durch R.

zu treffende Entscheidung in seinem freien Belieben stehen sollte.

Bergmann

Caliebe

[X.]

[X.]

Sunder
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 09.06.2009 -
9 O 2658/06 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 14.10.2010 -
15 [X.] -

Meta

II ZR 207/10

04.06.2013

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.06.2013, Az. II ZR 207/10 (REWIS RS 2013, 5344)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5344

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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