Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.09.2012, Az. 3 C 34/11

3. Senat | REWIS RS 2012, 2735

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Gegenstand

Umtausch einer EU-Fahrerlaubnis; Inlandsungültigkeit bei Wohnsitzverstoß


Leitsatz

Wird eine deutsche Fahrerlaubnis in einem anderen EU-Mitgliedstaat umgetauscht und ergibt sich aus dem dort ausgestellten Führerschein ein deutscher Wohnsitz, ist der Betroffene nicht berechtigt, damit Kraftfahrzeuge der entsprechenden Klassen in Deutschland zu führen. Das gilt unabhängig davon, ob der Betroffene mit dem Umtausch eine neue ausländische Fahrerlaubnis für diese Klassen erwirbt oder ob ihm nur ein neues Führerscheindokument für seine nach wie vor deutsche Fahrerlaubnis ausgestellt wird.

Tatbestand

1

Die [X.]eteiligten streiten darum, ob der Kläger berechtigt ist, mit seinem in der [X.] ausgestellten Führerschein in [X.] Kraftfahrzeuge der Klassen A, [X.] und [X.] zu führen.

2

Dem Kläger wurde in [X.] im Jahr 2000 eine Fahrerlaubnis der Klasse [X.] und [X.] eine Fahrerlaubnis der [X.] erteilt. Am 1. Juni 2006 erwarb er in der [X.] eine Fahrerlaubnis der Klasse [X.]. Der [X.] Führerschein, in dem ein Wohnsitz des Klägers in [X.] eingetragen ist, weist neben dieser Fahrerlaubnis auch Fahrerlaubnisse für die Klassen A und [X.] aus. [X.] wurde dem [X.]eklagten mitgeteilt, der Kläger sei sowohl im [X.]esitz eines [X.] als auch eines [X.]n Führerscheins. Er wies den Kläger mit Schreiben vom 18. November 2009 darauf hin, dass ihn sein [X.]r Führerschein nicht berechtige, in [X.] fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge zu führen und forderte ihn auf, diesen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen. Komme er dieser Aufforderung nicht nach, werde die Verpflichtung mit einem förmlichen [X.]escheid und unter Androhung eines Zwangsgeldes durchgesetzt.

3

Die daraufhin erhobene Klage, die auf die Feststellung gerichtet war, dass der Kläger berechtigt sei, von seiner 2006 in [X.] erworbenen Fahrerlaubnis der Klassen A, [X.] und [X.] in [X.] Gebrauch zu machen, hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg; es hat festgestellt, dass der Kläger berechtigt sei, von den in seinem [X.]n Führerschein eingetragenen Fahrerlaubnisklassen A, [X.] und [X.] auf dem Gebiet der [X.]undesrepublik [X.] Gebrauch zu machen. Zwar ergebe sich aus dem [X.]n Führerschein, dass der Kläger zum Ausstellungszeitpunkt seinen ordentlichen Wohnsitz nicht in der [X.] gehabt habe. Allein das führe aber nach Art. 8 Abs. 4 Satz 1 der [X.][X.] noch nicht zur Ungültigkeit dieser Fahrerlaubnis; erforderlich sei zusätzlich, dass gegen den [X.]etroffenen eine der in Art. 8 Abs. 2 dieser Richtlinie genannten Maßnahmen - also eine Einschränkung, eine Aussetzung, ein Entzug oder eine Aufhebung der Fahrerlaubnis - zur Anwendung gekommen sei. Das sei beim Kläger nicht der Fall.

4

Dieses Urteil hat der [X.]ayerische Verwaltungsgerichtshof auf die [X.]erufung des [X.]eklagten mit Urteil vom 28. Oktober 2011 geändert und die Klage abgewiesen. Zur [X.]egründung heißt es: § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), wonach eine [X.] oder [X.] nicht im Inland gilt, wenn deren Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz zum Erteilungszeitpunkt ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen im Inland hatte, führe zur Unwirksamkeit der [X.]n Fahrerlaubnis des Klägers. Das gelte nicht nur für die Fahrerlaubnis der Klasse [X.], sondern ebenso für die in diesem Führerschein zusätzlich ausgewiesenen Fahrerlaubnisse der Klassen A und [X.]. Hinsichtlich dieser Fahrzeugklassen habe der Kläger eine [X.] [X.]Fahrerlaubnis im Wege des [X.] erworben; es handele sich nicht nur um die Dokumentation der früher erworbenen [X.] Fahrerlaubnis. Ein aus dem Führerschein selbst ersichtlicher Verstoß gegen das Erfordernis eines ordentlichen Wohnsitzes im Ausstellermitgliedstaat habe auch bei einem Umtausch die Inlandsungültigkeit der Fahrerlaubnis zur Folge. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV unterscheide nicht danach, ob die betreffende [X.] oder [X.] durch erstmalige Erteilung, Neuerteilung nach vorherigem Entzug oder Umtausch erworben worden sei. Dort sei nur von "Inhaberschaft" die Rede; Inhaber sei aber auch derjenige, der diese Fahrerlaubnis im Wege des [X.] erhalten habe.

5

Zur [X.]egründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Es sei paradox, wenn er ohne jeden Anlass seine in [X.] erteilte Fahrerlaubnis der Klassen A und [X.] eingebüßt haben solle, nur weil er einen [X.]n Führerschein für die Klasse [X.] erhalten habe, der mit dem Makel eines dort eingetragenen [X.] Wohnsitzes behaftet sei. Ein [X.] Wohnsitz sei in seinen am 1. Juni 2006 ausgestellten Führerschein nur deshalb eingetragen worden, weil das unionsrechtliche Wohnsitzerfordernis im [X.]n Recht erst zum 1. Juli 2006 umgesetzt worden sei.

6

Der [X.]eklagte tritt der Revision entgegen.

7

Der Vertreter des [X.]undesinteresses beim [X.]undesverwaltungsgericht trägt vor: Durch den Umtausch habe die [X.] dem Kläger eine neue [X.] Fahrerlaubnis erteilt. Gleichwohl bestehe materiell-rechtlich die früher erteilte [X.] Fahrerlaubnis fort; diese [X.]erechtigung sei durch die Ausstellung des [X.]n Führerscheins nicht verloren gegangen. Andernfalls würde ein [X.]r Hoheitsakt einen [X.] Hoheitsakt mit Wirkung für das [X.] Hoheitsgebiet beseitigen. Wegen der Eintragung eines [X.] Wohnsitzes in den [X.]n Führerschein sei der Kläger nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV nicht berechtigt, mit der in [X.] erteilten Fahrerlaubnis Kraftfahrzeuge der Klassen A, [X.] und [X.] in [X.] zu führen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Die [X.]nnahme des [X.]erufungsgerichts, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die [X.]erechtigung des [X.] festgestellt, mit seinem [X.] Führerschein Kraftfahrzeuge der Klassen [X.], [X.] und [X.] in [X.] zu führen, steht im Einklang mit [X.]undesrecht (§ 137 [X.]bs. 1 VwGO). Das gilt sowohl für die Fahrerlaubnis der Klasse [X.], die der Kläger in der [X.] am 1. Juni 2006 zusätzlich erhalten hat (nachfolgend 1.), als auch für die Fahrerlaubnisse der Klassen [X.] und [X.], die der [X.] Führerschein auf der Grundlage der dem Kläger für diese Fahrzeugklassen 2000 und 2001 in [X.] erteilten Fahrerlaubnisse zusätzlich ausweist (nachfolgend 2). Gegenstand des Rechtsstreits ist nach dem Klageantrag nicht, ob die damals erteilten [X.] Fahrerlaubnisse auch nach dem Umtausch ihre Gültigkeit behalten haben (3.)

9

1. Die dem Kläger neu erteilte [X.] Fahrerlaubnis der Klasse [X.] verleiht ihm nicht das Recht, entsprechende Kraftfahrzeuge in [X.] zu führen.

a) Das ergibt sich aus § 28 [X.]bs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV, der eine [X.]usnahme von der grundsätzlichen [X.]nerkennung ausländischer [X.] oder [X.] in [X.] vorsieht. Nach § 28 [X.]bs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen [X.] oder [X.], die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 [X.]bs. 1 oder 2 FeV in der [X.]undesrepublik [X.] haben, vorbehaltlich der Einschränkungen nach den [X.]bsätzen 2 bis 4 im Umfang ihrer [X.]erechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Nach § 28 [X.]bs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV in der hier anzuwendenden Neufassung durch die Dritte Verordnung zur Änderung der [X.] vom 7. Januar 2009 ([X.]G[X.]l I S. 29) gilt die [X.]erechtigung nach [X.]bsatz 1 nicht für Inhaber einer [X.] oder [X.], die ausweislich ihres Führerscheins oder vom [X.]usstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie - was beim Kläger nicht der Fall ist - als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 [X.]bs. 3 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen [X.]ufenthalts erworben haben.

Die in § 28 [X.]bs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV genannte Voraussetzung für die Ungültigkeit einer ausländischen [X.]Fahrerlaubnis in [X.] ist im Fall des [X.] erfüllt; sein [X.]r Führerschein weist einen Wohnsitz in der [X.]undesrepublik [X.] aus. Die Ungültigkeit einer solchen Fahrerlaubnis folgt unmittelbar aus der genannten Regelung; sie hängt nicht zusätzlich noch von einer konstitutiven Einzelfallentscheidung der [X.] Fahrerlaubnisbehörde ab (vgl. Urteil vom 25. [X.]ugust 2011 - [X.]VerwG 3 [X.] 25.10 - [X.]VerwGE 140, 256 <260 ff.> Rn. 16 ff. m.w.[X.])

b) Diese im [X.] Fahrerlaubnisrecht geregelte Nichtanerkennung einer ausländischen [X.]Fahrerlaubnis steht im Einklang mit dem unionsrechtlichen [X.]nerkennungsgrundsatz; das gilt unabhängig davon, ob die 2. oder die 3. [X.]Führerscheinrichtlinie zur [X.]nwendung kommt. In der Rechtsprechung des [X.] ist für beide Richtlinien geklärt, dass dem [X.]ufnahmemitgliedstaat eine Nichtanerkennung u.a. dann nicht verwehrt ist, wenn sich der Verstoß gegen das unionsrechtliche Wohnsitzerfordernis bereits aus dem ausländischen Führerschein selbst ergibt ([X.], Urteile vom 1. März 2012 - [X.]. [X.]-467/10, [X.] - NJW 2012, 1341 und vom 26. [X.]pril 2012 - [X.]. [X.] 419/10, [X.] - NJW 2012, 351 - Rn. 47 und Rn. 65, jeweils m.w.[X.]). Darüber hinaus hat der [X.] mit Urteil vom 19. Mai 2011 ([X.]. [X.]-184/10, [X.] - NJW 2011, 3635) entschieden, der Umstand, dass der [X.]ufnahmemitgliedstaat auf den Inhaber des Führerscheins zuvor keine Maßnahme nach [X.]rt. 8 [X.]bs. 2 der [X.][X.] angewandt habe, sei insoweit unbeachtlich (a.a.[X.] Rn. 32). [X.]uch das gilt gleichermaßen für den [X.]nwendungsbereich der 3. [X.]Führerscheinrichtlinie (vgl. [X.], Urteil vom 1. März 2012 - [X.]. [X.]-467/10, [X.] - a.a.[X.] Rn 64 ff.). Der anders lautenden [X.]uffassung, die das Verwaltungsgericht im erstinstanzlichen Verfahren vertreten hatte, wurde damit die Grundlage entzogen.

2. Der gleichzeitig mit der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse [X.] vorgenommene Umtausch der schon bestehenden [X.] Fahrerlaubnisse der Klassen [X.] und [X.] und die [X.]usstellung eines auch diese beiden Fahrzeugklassen umfassenden [X.] Führerscheins führen nicht dazu, dass der Kläger auf dieser Grundlage Kraftfahrzeuge der Klassen [X.] und [X.] in [X.] führen darf. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich insoweit um eine [X.] oder nach wie vor um eine [X.] Fahrerlaubnis handelt, die durch den [X.] Führerschein dokumentiert wird.

a) Diese Rechtsfolge ergibt sich aus § 28 [X.]bs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV in unmittelbarer [X.]nwendung, wenn - wofür überwiegende Gründe sprechen - mit dem Umtausch die Neuerteilung einer [X.] Fahrerlaubnis der Klassen [X.] und [X.] verbunden war.

§ 28 FeV betrifft nach seiner systematischen Stellung in [X.]bschnitt II Nummer 5 der [X.] (Sonderbestimmungen für Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse) und dem daher auch ohne den ausdrücklichen Zusatz "ausländisch" ("Inhaber einer gültigen [X.] oder [X.]") in derselben Weise zu verstehenden § 28 [X.]bs. 1 FeV die Fälle, in denen der [X.]etroffene über eine im [X.]usland erteilte [X.] oder [X.] verfügt und davon in der [X.]undesrepublik [X.] Gebrauch machen will. Dass es dabei allein um ausländische Fahrerlaubnisse geht, bestätigt auch § 28 [X.]bs. 2 FeV mit dem Verweis auf die Entscheidung vom 25. [X.]ugust 2008 der [X.] zwischen Führerscheinklassen. Damit kommt es, nachdem die [X.] und das Straßenverkehrsgesetz zwischen der Fahrerlaubnis als der (materiellen) [X.]erechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen (vgl. § 4 [X.]bs. 1 Satz 1 FeV und § 2 [X.]bs. 1 Satz 1 StVG) und dem Führerschein als der amtlichen [X.]escheinigung zum Nachweis der Fahrerlaubnis unterscheiden (vgl. § 4 [X.]bs. 2 Satz 1 FeV und § 2 [X.]bs. 1 Satz 1 und 3 StVG), für eine unmittelbare [X.]nwendbarkeit darauf an, ob es sich bei den im [X.] Führerschein des [X.] dokumentierten Fahrerlaubnissen der Klassen [X.] und [X.] aufgrund des [X.] nun um [X.] Fahrerlaubnisse handelt.

[X.]us den [X.]ngaben in diesem Führerschein ergibt sich, dass hinsichtlich dieser Fahrerlaubnisklassen ein Umtausch erfolgt ist und es sich nicht, wie bei der bereits erörterten Fahrerlaubnis der Klasse [X.], um eine vollständige Neuerteilung handelt. Das folgt zum einen aus dem auf der Rückseite dieses Führerscheins angebrachten Zusatz "70.[X.]9500[X.]Z342.[X.]". Dabei steht ausweislich des [X.]nhangs 1a zur [X.][X.] ("[X.]estimmungen zum EG-Muster des Führerscheins") der [X.]ode "70" für einen Umtausch und das "[X.]" am Ende dafür, dass eine in [X.] erteilte Fahrerlaubnis umgetauscht wurde; die Zahlenfolge selbst teilt die Nummer des umgetauschten [X.] Führerscheins mit. Für einen Umtausch spricht darüber hinaus, dass in der Spalte 10 des [X.] Führerscheins bei den Fahrerlaubnisklassen [X.] und [X.] als Datum für die Erteilung nicht wie bei der Klasse [X.] der "01.06.06", sondern - allerdings nur teilweise zutreffend - der "[X.]" aufgeführt wird. Schließlich wurde der [X.] Führerschein nach dem Umtausch von der [X.] Fahrerlaubnisbehörde entsprechend den unionsrechtlichen Vorgaben in [X.]rt. 8 [X.]bs. 3 der [X.][X.] an das Kraftfahrt-[X.]undesamt übersandt.

[X.]ngaben über die [X.] Regelungen zum Umtausch von ausländischen [X.] oder [X.]n und insbesondere zum Regelungsgehalt, den sich eine solche Maßnahme nach dem hierfür maßgeblichen dortigen innerstaatlichen Recht beimisst, lassen sich dem [X.]erufungsurteil nicht entnehmen. [X.] ist die Ermittlung ausländischen Rechts und der ausländischen Rechtspraxis indes nicht dem [X.]ereich der Rechtserkenntnis zuzuordnen, sondern wie eine Tatsachenfeststellung zu behandeln (st[X.]pr; vgl. u.a. Urteile vom 7. [X.]pril 2009 - [X.]VerwG 1 [X.] 17.08 - [X.]VerwGE 133, 329 <337> Rn. 17 m.w.N und vom 19. Juli 2012 - [X.]VerwG 10 [X.] 2.12 - juris Rn. 16).

Ungeachtet dessen spricht die zum Zeitpunkt des [X.] geltende [X.][X.] dafür, dass dem Kläger mit dem Umtausch eine [X.] Fahrerlaubnis erteilt wurde. Zwar unterscheiden die 2. und ebenso die nachfolgende 3. [X.]Führerscheinrichtlinie nicht in der Weise zwischen einer "Fahrerlaubnis" und einem "Führerschein", wie dies im [X.] Fahrerlaubnisrecht der Fall ist. In den Richtlinien wird in aller Regel derselbe [X.]egriff verwendet (in der [X.] Fassung "Führerschein", in der [X.] Fassung "driving licence" und in der [X.] Fassung der [X.]egriff "permis de conduire"), obwohl es sich nach dem jeweiligen Sachzusammenhang in einigen dieser [X.]estimmungen eindeutig um die materielle [X.]erechtigung (vgl. etwa [X.]rt. 1 [X.]bs. 2, [X.]rt. 6 [X.]bs. 3 und [X.]rt. 10 der [X.][X.]) und an anderer Stelle ebenso klar um das [X.]usweispapier handelt (vgl. etwa [X.]rt. 1 [X.]bs. 1, [X.]rt. 2 [X.]bs. 1 und 2 sowie [X.]rt. 8 [X.]bs. 2 dieser Richtlinie, wobei die letztgenannte [X.]estimmung allerdings die [X.]esonderheit aufweist, dass dem in der [X.] Fassung verwendeten [X.]egriff "Fahrerlaubnis" in der [X.] Fassung "rigt zu drive" und in der [X.] "droit de conduire" gegenüberstehen). Die unionsrechtlichen Regelungen zum Umtausch eines "Führerscheins" nach Wohnsitznahme des Inhabers in einem anderen Mitgliedstaat legen dennoch den Schluss nahe, dass mit einem Umtausch die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis erfolgt. Nach [X.]rt. 8 [X.]bs. 1 der [X.][X.] kann der Inhaber eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins, wenn er seinen ordentlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat begründet hat, einen [X.]ntrag auf Umtausch (exchange/échange) seines Führerscheins (driving licence/permis de conduire) in einen gleichwertigen Führerschein (equivalent licence/permis équivalent) stellen; es ist Sache des [X.]es zu prüfen, ob der vorgelegte Führerschein tatsächlich gültig (valid/en cours de validité) ist. Nach [X.]bsatz 3 leitet der umtauschende Mitgliedstaat den abgegebenen Führerschein (old licence/l'ancien permis) an die zuständige Stelle des Mitgliedstaates, der ihn ausgestellt hat, zurück und begründet dieses Verfahren im Einzelnen. [X.]ereits der Umstand, dass der [X.]ufnahmemitgliedstaat nach [X.]rt. 8 [X.]bs. 1 keinen dem Umfang der [X.]erechtigung nach völlig deckungsgleichen, sondern nur einen "gleichwertigen" Führerschein ausstellt, den Inhaber also hinsichtlich seiner materiellen [X.]erechtigung jedenfalls in gewissem Umfang anders stellen kann als bisher, legt den Schluss nahe, dass der [X.]ufnahmemitgliedstaat dem [X.]ntragsteller eine neue Fahrerlaubnis und nicht nur einen neuen Führerschein ausstellt. Noch deutlicher wird die mögliche Diskrepanz zwischen alter und neuer [X.]erechtigung in den Fällen des [X.]rt. 8 [X.]bs. 2 der [X.][X.], wonach der [X.]ufnahmemitgliedstaat den Führerschein auch nach einer von ihm vorgenommenen Einschränkung, [X.]ussetzung, Entzug oder [X.]ufhebung umtauschen kann. Schließlich wird in [X.]rt. 8 [X.]bs. 5 der [X.][X.] für den Fall, dass das [X.]usweispapier verloren gegangen oder gestohlen wurde - was die materielle [X.]erechtigung unberührt lässt - mit dem [X.]egriff der "Ersetzung" (replacement/remplacement) des Führerscheins eine von dem [X.]egriff des "[X.]" abweichende Formulierung gewählt und hierfür eine gesonderte Regelung getroffen. [X.]ll das rechtfertigt in der Zusammenschau die [X.]nnahme, dass das Unionsrecht bei einem Umtausch im Sinne von [X.]rt. 8 [X.]bs. 1 der [X.][X.] von der Erteilung einer neuen materiellen [X.]erechtigung durch den [X.] ausgeht (anders Geiger, in: [X.], 381 <382>; allerdings ohne nähere [X.]egründung). In diesem Sinne versteht auch das [X.] Fahrerlaubnisrecht die Wirkung eines Umtauschs, wenn in [X.] ein ausländischer Führerschein umgetauscht wird. In § 30 [X.]bs. 1 FeV ist von der Erteilung einer "Fahrerlaubnis" für die entsprechende Klasse von Kraftfahrzeugen die Rede.

[X.]uf der Grundlage dieses unionsrechtlichen [X.]efundes liegt die [X.]nnahme nahe, dass der Umtausch der Fahrerlaubnis auch nach [X.]m Recht zur Erteilung einer [X.] Fahrerlaubnis geführt hat. Solange keine gegenteiligen [X.]nhaltspunkte erkennbar sind, dürfte davon auszugehen sein, dass das [X.] Recht in dieser Hinsicht richtlinienkonform ausgestaltet ist, zumal die [X.] Fahrerlaubnisbehörde die in der Richtlinie für einen Umtausch vorgesehene Verfahrensweise eingehalten hat (vorgeschriebene Eintragungen im neuen Führerschein und Rücksendung des bisherigen Führerscheins nach [X.]).

Sollte es sich danach hinsichtlich der Fahrzeugklassen [X.] und [X.] ebenfalls um eine [X.] Fahrerlaubnis handeln, wäre der Kläger gemäß § 28 [X.]bs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV wegen der Eintragung eines [X.] Wohnsitzes im Führerschein auch insoweit nicht berechtigt, auf ihrer Grundlage entsprechende Kraftfahrzeuge in [X.] zu führen. Das [X.] Fahrerlaubnisrecht macht insoweit keinen Unterschied zwischen einem Umtausch und der vollständigen Neuerteilung einer Fahrerlaubnis in einem anderen Mitgliedstaat.

Die Nichtanerkennung der unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis umgetauschten Fahrerlaubnis steht im Einklang mit dem Unionsrecht. Die dort geforderte Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes gemäß [X.]rt. 7 [X.]bs. 1 [X.]uchst. b der [X.][X.] gilt für die "[X.]usstellung eines Führerscheins". Eine "[X.]usstellung" erfolgt aber nicht nur bei der Ersterteilung oder der erneuten Erteilung einer Fahrerlaubnis nach einer vorangegangenen Entziehung, sondern - wie bereits gezeigt - auch bei einem Umtausch. [X.]rt. 8 [X.]bs. 1 Satz 1 der [X.][X.] unterstreicht, dass das Wohnsitzerfordernis auch in einem solchen Fall einzuhalten ist. Dort wird das Recht, den Umtausch des Führerscheins in einem anderen Mitgliedstaat zu beantragen, ausdrücklich davon abhängig gemacht, dass der [X.]etroffene dort seinen ordentlichen Wohnsitz begründet hat. Danach ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Rechtsprechung des [X.], der die [X.]edeutung des [X.] in ständiger Rechtsprechung hervorhebt und den Mitgliedstaaten unter anderem bei einem aus dem Führerschein selbst ersichtlichen Verstoß die [X.]efugnis zur Nichtanerkennung der entsprechenden Fahrerlaubnis nicht verwehrt, nicht auch auf den Umtausch von Führerscheinen [X.]nwendung finden soll. Dass das unionsrechtliche Wohnsitzerfordernis erst Eingang in das [X.] Recht gefunden hat, nachdem der Kläger seine [X.] Fahrerlaubnis bereits erhalten hatte, ist - ebenso wie für die Fahrzeugklasse [X.] - auch hinsichtlich der Klassen [X.] und [X.] unerheblich; im insoweit maßgeblichen Unionsrecht galt diese Voraussetzung bereits (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2008 - [X.]VerwG 3 [X.] 26.07 - [X.]VerwGE 132, 315 <323> Rn. 34).

b) Der Kläger wäre aber auch dann nicht berechtigt, mit seinem [X.] Führerschein Fahrzeuge der Klassen [X.] und [X.] in [X.] zu führen, wenn mit dem Umtausch hinsichtlich dieser Fahrzeugklassen keine [X.] Fahrerlaubnis erteilt, sondern nur das [X.]usweispapier ausgetauscht werden sollte. Der Kläger wäre dann nicht - was Voraussetzung für eine unmittelbare [X.]nwendung von § 28 FeV wäre - Inhaber einer ausländischen [X.]Fahrerlaubnis der Klassen [X.] und [X.], sondern er besäße nur einen [X.] Führerschein, der seine nach wie vor [X.] Fahrerlaubnis dokumentiert.

§ 28 [X.]bs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV wäre auf einen solchen Fall entsprechend anwendbar. Dieser Regelung liegt erklärtermaßen die [X.]bsicht des [X.] Verordnungsgebers zugrunde, in dem vom [X.] gebilligten Umfang Fälle von Führerscheintourismus zu bekämpfen und ausländischen Fahrerlaubnissen die [X.]nerkennung in [X.] zu versagen, die unter einem offensichtlichen Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erteilt wurden (vgl. die [X.]egründung zur [X.] zur Änderung der [X.], [X.]RDrucks 851/08 S. 5 ff.). Der Verordnungsgeber geht davon aus, dass dann, wenn dieser Verstoß aus dem Führerschein selbst oder auf der Grundlage anderer vom [X.]usstellermitgliedstaat herrührenden Informationen ersichtlich sei, der ausländische Führerschein von vornherein nicht mehr als Nachweis geeignet sei, dass das Wohnsitzprinzip eingehalten wurde (a.a.[X.] S. 6). Diese [X.] trägt aber nicht nur die Nichtanerkennung der materiellen Fahrberechtigung aus einer solchen ausländischen Fahrerlaubnis, sondern auch die Nichtanerkennung der Nachweisfunktion eines unter einem offenkundigen Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis ausgestellten Führerscheins. Ein [X.]eleg dafür ist, dass im Fall der Nichtanerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis regelmäßig ein entsprechender Sperrvermerk in den im anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein eingetragen wird (vgl. § 47 [X.]bs. 2 FeV), der Verordnungsgeber also auch einen entsprechenden Rechtsschein zerstören wollte. [X.]uch von einer unbeabsichtigten Regelungslücke als weiterer Voraussetzung für eine entsprechende [X.]nwendung von § 28 [X.]bs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV könnte ausgegangen werden. Der [X.] Verordnungsgeber hat, wie im Zusammenhang mit § 30 [X.]bs. 1 FeV bereits gezeigt wurde, angenommen, dass der Umtausch eines Führerscheins [X.] der Fahrberechtigung betrifft; er hat deshalb auch in § 28 [X.]bs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV an die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeknüpft.

Der unionsrechtliche [X.]nerkennungsgrundsatz stünde einer solchen entsprechenden [X.]nwendung von § 28 [X.]bs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV nicht entgegen, schon weil im Unionsrecht - wie bereits ausgeführt - ohnehin nicht streng zwischen Fahrerlaubnis und Führerschein unterschieden wird. Damit ergibt sich aus der Rechtsprechung des [X.]s in den Rechtssachen [X.] u.a. (vgl. u.a. Urteil vom 26. Juni 2008 - [X.]. [X.]-329/06 und [X.]-343/06 - Slg. [X.]), dass dem [X.]ufnahmemitgliedstaat auch die Nichtanerkennung eines unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis ausgestellten Führerscheins als [X.]usweispapier nicht verwehrt ist. Was in [X.]ezug auf die materielle [X.]erechtigung gilt, muss erst recht hinsichtlich einer bloßen Nachweisfunktion des Führerscheins als amtliche [X.]escheinigung dieser [X.]erechtigung Geltung haben.

c) Die Frage, ob nach Maßgabe des Unionsrechts beim Umtausch einer [X.]Fahrerlaubnis im [X.] eine neue materielle [X.]erechtigung erteilt wird oder ob ein solcher Umtausch allein das [X.]usweisdokument betrifft, muss danach wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit nicht dem [X.] zur Vorabentscheidung gemäß [X.]rt. 267 [X.]EUV vorgelegt werden. Ebenso wenig bedarf es einer Zurückverweisung an die Vorinstanz zur weiteren [X.]ufklärung, ob und gegebenenfalls in welcher Weise diese Frage im [X.] Fahrerlaubnisrecht geregelt ist.

3. Nach dem Klageantrag ist nicht Verfahrensgegenstand, ob die dem Kläger in [X.] erteilten Fahrerlaubnisse der Klassen [X.] und [X.] trotz des [X.] in der [X.] fortgelten und er auf deren Grundlage weiterhin berechtigt ist, Kraftfahrzeuge dieser Klassen in [X.] zu führen. Der Verordnungsgeber hat diese Frage in § 30a [X.]bs. 1 FeV, der durch die Siebte Verordnung zur Änderung der [X.] und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 26. Juni 2012 ([X.]G[X.]l I S. 1394) mit Geltung ab dem 30. Juni 2012 in die [X.] eingefügt wurde, mittlerweile dahingehend geregelt, dass die Fahrerlaubnis unverändert bestehen bleibt, wenn ein auf Grund einer [X.] Fahrerlaubnis ausgestellter Führerschein eines Mitgliedstaates der [X.] oder eines anderen Vertragsstaates des [X.]bkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum umgetauscht wird.

Meta

3 C 34/11

27.09.2012

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 28. Oktober 2011, Az: 11 BV 10.987, Urteil

§ 2 Abs 1 StVG, § 4 FeV, § 28 Abs 1 FeV, § 28 Abs 4 S 1 Nr 2 FeV, § 30a FeV, Art 1 Abs 2 EWGRL 439/91, Art 7 Abs 1 Buchst b EWGRL 439/91, Art 7 Abs 5 EWGRL 439/91, Art 8 Abs 1 EWGRL 439/91, Art 8 Abs 2 EWGRL 439/91, Art 8 Abs 4 EWGRL 439/91, Art 8 Abs 5 EWGRL 439/91, Art 2 EGRL 126/2006, Art 7 EGRL 126/2006, Art 11 EGRL 126/2006

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.09.2012, Az. 3 C 34/11 (REWIS RS 2012, 2735)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2735

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RN 8 K 16.1870

W 6 S 15.640

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