Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.11.2012, Az. 9 BN 2/12, 9 BN 2/12 (9 BN 1/12)

9. Senat | REWIS RS 2012, 1705

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Gegenstand

Öffentliche Einrichtung; Finanzierung, Altanschließer


Gründe

1

Die Anhörungsrüge ist unbegründet. Das [X.] hat den Anspruch des Antragstellers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt (§ 152a Abs. 1 VwGO).

2

Die Rüge, der [X.] hätte den Antragsteller zur Vermeidung einer gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßenden Überraschungsentscheidung darauf hinweisen müssen, dass er unter [X.]ezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des [X.] zur abgabenrechtlichen [X.]ehandlung so genannter Altanschließer einen Gehörsverstoß des [X.] verneint, geht fehl. Die Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) soll einer Überraschungsentscheidung vorbeugen, die dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen war; sie verlangt nicht, dass das Gericht den [X.]eteiligten vorab seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs mitteilt (stRspr, vgl. [X.]eschluss vom 4. Oktober 2005 - [X.]VerwG 6 [X.] 63.05 - juris Rn. 9). Der [X.] hat das Vorbringen des Antragsstellers auch nicht übergangen. Der Antragsteller hat in seiner Nichtzulassungsbeschwerde eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Oberverwaltungsgericht darin gesehen, dass das Gericht nicht auf die von ihm als gleichheitswidrig gerügte [X.]ehandlung von Altanschließern eingegangen sei. Auf diesen Vortrag beziehen sich die Ausführungen des [X.]s in dem angegriffenen [X.]eschluss, das [X.] gehe in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass [X.] gleichermaßen von den Eigentümern [X.] wie [X.] zu erheben seien, weshalb die Nichterwähnung dieses Aspektes angesichts der zahlreichen anderen und in erster Linie vorgebrachten Angriffe gegen die Satzung nicht den Schluss zulasse, das Gericht habe ihn nicht zur Kenntnis genommen.

3

Soweit der Antragsteller weiter rügt, wäre ihm diese Auffassung des [X.]s mitgeteilt worden, hätte er auf seinen Vortrag hingewiesen, wonach er als Altanschließer über in den Gebühren enthaltene Abschreibungen die Investitionen, die der Antragsgegner nach dem 3. Oktober 1990 vorgenommen habe, bereits seit Jahren tilge, während die [X.] diese Tilgung nicht vorgenommen hätten, ist ein Gehörsverstoß nicht dargetan. Aus dem Umstand, dass der erkennende [X.] und das Oberverwaltungsgericht nicht auch ausdrücklich auf diesen Vortrag des Antragstellers eingegangen sind, lässt sich nicht der Schluss ziehen, sie hätten ihn nicht zur Kenntnis genommen. Die von dem Antragsteller angesprochene Problematik der Doppelbelastung durch Gebühren und [X.]eiträge kann sich im Falle eines Systemwechsels, insbesondere bei der Umstellung des Finanzierungssystems von einer [X.]eitragsfinanzierung auf eine reine Gebührenfinanzierung sowohl der Herstellungs- als auch der laufenden Kosten einschließlich der Abschreibungen stellen, nicht dagegen dann, wenn von Anfang an der "Aufwand für die Anschaffung und Herstellung der notwendigen öffentlichen Einrichtungen" (§ 9 Abs. 1 Satz 1 KAG [X.] - [X.]) durch [X.] finanziert wird und die gleichzeitig erhobenen [X.]enutzungsgebühren nicht zur Refinanzierung der Herstellungskosten, sondern zur Abdeckung der übrigen Kosten der Einrichtung dienen. Mit der Rüge, eine Doppelbelastung liege darin, dass er über Abschreibungen die Investitionskosten "tilge", übersieht der Antragsteller, dass Abschreibungen nicht der Tilgung von Herstellungskosten, sondern dazu dienen, den eintretenden Wertverzehr der Anlagegüter in der Rechnungsperiode abzugelten, um die Ersatzbeschaffung der Anlagegüter nach Ablauf ihrer Nutzungsdauer zu finanzieren (vgl. [X.], in: Kommunalabgabengesetz [X.], Stand Juni 2012, § 6 Nr. 6.3.2.4.2.3; vgl. auch [X.]rüning, in: [X.], Kommunalabgabenrecht, [X.]d. 1, Stand Sept. 2012, § 6 Rn. 163). Eine Doppelbelastung kann daher in der vorliegenden Konstellation allenfalls dann entstehen, wenn zu einem späteren Zeitpunkt für die Erneuerung der abgeschriebenen Anlage [X.]eiträge ohne Anrechnung der durch Gebühren bereits finanzierten Abschreibungen erhoben werden sollten ([X.], Urteil vom 25. Mai 2009 - 1 M 157.08 - juris Rn. 54 f.). [X.] ging es im vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht. Von daher ist auch nicht ersichtlich, inwiefern es im Rahmen der [X.]eitragskalkulation zu der beanstandeten Ungleichbehandlung von "Altanschließern" und "[X.]n" gekommen sein soll. Der Antragsteller hatte dies in seinem in der [X.]eschwerdebegründung vom 12. Januar 2012 zitierten Schriftsatz an das Oberverwaltungsgericht vom 5. Oktober 2011 auch nicht näher ausgeführt. Soweit der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 8. Oktober 2012 darauf hinweist, dass in der Globalkalkulation von der [X.] auch der Aufwand für künftige Investitionen enthalten ist, übersieht er, dass es sich um die künftigen Kosten der erstmaligen Herstellung der im Zeitpunkt der [X.]eitragskalkulation noch nicht vollständig erstmalig hergestellten Gesamtanlage handelt. Dass die Globalkalkulation dagegen keine Kosten "zur Finanzierung des Aufwandes für die künftige Widerherstellung der Einrichtung" enthält, weil diese mit dem Aufwanddeckungsgrundsatz nicht vereinbar wäre, wird auf Seite 5 der Vorbemerkungen ebenfalls ausdrücklich klargestellt.

4

Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge des Antragstellers, sein Anspruch auf faires Verfahren sei durch die mit dem Gleichheitssatz und dem Prinzip der Waffengleichheit nicht vereinbare und überraschende Auffassung des [X.]s zur Richtigkeit der Rechtsprechung des [X.] verletzt worden. Der Antragsteller rügt damit in erster Linie die dem angegriffenen [X.]eschluss des [X.]s zugrunde liegende Rechtsauffassung als falsch. Damit kann er im [X.] keinen Erfolg haben, da dieses nicht der Überprüfung der der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsauffassung dient. Im Übrigen kann - zumal bei einem anwaltlich vertretenen Kläger - die [X.]ezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des zuständigen [X.] keine Überraschungsentscheidung darstellen. Soweit der Antragsteller außerdem rügt, der [X.] habe sein Vorbringen zur Nichtgewährung von Akteneinsicht durch das Oberverwaltungsgericht unberücksichtigt gelassen, übersieht er, dass der [X.] in dem angegriffenen [X.]eschluss das von ihm pflichtgemäß zur Kenntnis genommene und in Erwägung gezogene Vorbringen des Antragstellers zur Doppelbelastung zusammenfassend gewürdigt und einen Verstoß gegen Verfahrensrechte des Antragstellers unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des [X.] zur Altanschließerproblematik verneint hat. Er hat dabei berücksichtigt, dass § 100 Abs. 1 VwGO - auch im Hinblick auf den [X.] - einen Anspruch auf [X.]eiziehung von (weiteren) Akten nach der vom Antragsteller selbst zitierten Rechtsprechung des [X.]s nicht gewährt ([X.]eschluss vom 11. März 2004 - [X.]VerwG 6 [X.] 71.03 - juris Rn. 10 m.w.N.).

5

Mit der Rüge, der [X.] sei nicht auf den eigentlichen Inhalt seines Vorbringens zu § 170a Kommunalverfassung [X.] eingegangen, kann der Antragsteller deswegen keinen Erfolg haben, weil der [X.] die [X.] schon wegen Fehlens einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Formulierung eines abstrakten Rechtssatzes, von dem die Entscheidung des [X.] abgewichen sein soll, verneint hat. Ein Gehörsverstoß liegt auch nicht darin, dass der [X.] nicht auf alle vom Antragsteller im Rahmen seiner [X.] in [X.]ezug genommenen Entscheidungen des [X.]undesverfassungsgerichts und des [X.]s im Einzelnen eingegangen ist. Der Antragsteller übersieht, dass die behauptete Divergenz der Auffassung des [X.] zur rückwirkenden Heilung der Gründung des Antragsgegners von der Rechtsprechung des [X.]undesverfassungsgerichts und des [X.]s in dem angegriffenen [X.]eschluss (Rn. 13) ausdrücklich angesprochen worden ist. Eine Pflicht, sich mit jeglichen Vorbringen vertieft auseinanderzusetzen, besteht nicht. Im Übrigen wiederholt der Antragsteller insoweit lediglich sein Vorbringen aus der [X.]eschwerdeschrift, ohne sich im Einzelnen mit den Ausführungen des [X.]s zu den geltend gemachten [X.]n auseinanderzusetzen und darzulegen, welche weiteren von ihm genannten Entscheidungen aus welchem Grund hätten weitergehend berücksichtigt werden müssen.

Meta

9 BN 2/12, 9 BN 2/12 (9 BN 1/12)

06.11.2012

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

§ 6 KAG MV, § 9 Abs 1 S 1 KAG MV

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.11.2012, Az. 9 BN 2/12, 9 BN 2/12 (9 BN 1/12) (REWIS RS 2012, 1705)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1705

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