Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Hauptverhandlung in Strafsachen: Umfang der Mitteilungspflicht des Strafkammervorsitzenden bei Verständigungsgesprächen im Zwischenverfahren
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 3. Juni 2013 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
Die Revision rügt zu Recht die Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO. Dem liegt folgendes in zulässiger Weise vorgetragenes (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) Verfahrensgeschehen zugrunde: Zwischen dem Verteidiger des Beschwerdeführers und dem später den Vorsitz führenden Berichterstatter fand vor der Eröffnung des Hauptverfahrens eine verständigungsbezogene Erörterung nach § 202a StPO statt. In dem Aktenvermerk über ein hierzu mit dem Verteidiger geführtes Telefonat teilte der Berichterstatter unter anderem mit: "Unter Hinweis auf die Terminslage der Kammer wurde die Möglichkeit einer einvernehmlichen Verhandlung erörtert. Nach vorläufiger Einschätzung der Kammer kann im Falle eines Geständnisses bei einem nicht vorbestraften Angeklagten eine Strafe im bewährungsfähigen Bereich zur Anwendung kommen". Zu einer Verständigung zwischen der [X.] und den Verfahrensbeteiligten nach § 257c StPO kam es nicht, nachdem der Verteidiger noch vor der Eröffnung des Hauptverfahrens angekündigt hatte, dass der Angeschuldigte seine Verteidigung mit dem Ziel eines Freispruchs betreiben werde. In der Hauptverhandlung unterließ es der Vorsitzende, das dokumentierte [X.] bekannt zu geben.
Es liegt ein Verfahrensfehler vor, auf dem das Urteil beruht. Hierzu hat der [X.] in seiner Antragsschrift vom 23. Oktober 2013 ausgeführt:
"Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO muss der wesentliche Inhalt verständigungsbezogener Gespräche zwischen den Verfahrensbeteiligten nach § 202a StPO im [X.] an die Verlesung des Anklagesatzes vom Vorsitzenden mitgeteilt werden. Das ist hier nicht geschehen. Weder das [X.] noch dessen Ergebnis sind durch die Mitteilung des wesentlichen Inhalts in der Hauptverhandlung für die Öffentlichkeit und alle Verfahrensbeteiligten transparent gemacht und im Protokoll entsprechend dokumentiert worden.
Ein Mangel des Verfahrens an Transparenz und Dokumentation der Gespräche, die mit dem Ziel der Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden, führt jedoch regelmäßig dazu, dass ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht auszuschließen ist (vgl. [X.], Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1067 Rn. 97; [X.], Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 [X.] – [NJW 2013, 3046]). Hier gilt nichts anderes. Zum einen ist für das Vorliegen eines Ausnahmefalls im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] nichts ersichtlich. Zum anderen dient die Bekanntgabe verständigungsbezogener Erörterungen gerade der Unterrichtung des Angeklagten, der hieran nicht teilgenommen hat und also auf diesem Weg Kenntnis von der Sichtweise des Gerichts zum Zwecke der Einrichtung seiner Verteidigung erlangen kann (vgl. [X.], Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 [X.], [NJW 2013, 3046, 3047 f.]). Vor diesem Hintergrund kann anders als in Fällen, in denen der Angeklagte an den Erörterungen beteiligt war, ein Einfluss der unterbliebenen Unterrichtung auf sein Verteidigungsverhalten nicht ausgeschlossen werden."
Dem folgt der Senat.
[X.]
Berger [X.]
Meta
25.11.2013
Bundesgerichtshof 5. Strafsenat
Beschluss
Sachgebiet: StR
vorgehend LG Hamburg, 3. Juni 2013, Az: 606 KLs 14/12
§ 202a StPO, § 243 Abs 4 S 1 StPO
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.11.2013, Az. 5 StR 502/13 (REWIS RS 2013, 836)
Papierfundstellen: REWIS RS 2013, 836
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
5 StR 502/13 (Bundesgerichtshof)
3 StR 310/15 (Bundesgerichtshof)
Verständigung im Strafverfahren: Beruhensprüfung bei Verstößen gegen die Hinweis- und Dokumentationspflichten
1 StR 423/13 (Bundesgerichtshof)
Verständigung im Strafverfahren: Mitteilungspflicht des Tatrichters bezüglich sämtlicher verständigungsbezogener Vorgespräche außerhalb der Hauptverhandlung
4 StR 470/14 (Bundesgerichtshof)
Strafverfahren: Dokumentationspflicht zur Mitteilung und Protokollierung von Verständigungsgesprächen außerhalb der Hauptverhandlung
1 StR 19/23 (Bundesgerichtshof)
Pflicht zur Information über verständigungsbezogene Erörterungen