Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.06.2018, Az. 4 StR 25/18

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 7629

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:190618B4STR25.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 25/18

vom
19. Juni
2018
in der Strafsache
gegen

wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Juni 2018
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] ([X.].) vom 15.
November 2017 wird das vorbezeichnete Urteil mit den zugehörigen Fest-stellungen aufgehoben,
a)
soweit der Angeklagte in den Fällen
II.
4 und II.
6 der Urteilsgründe verurteilt worden ist;
b)
im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten
des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Bedrohung in zwei Fällen, Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht in zwei Fällen, Missbrauchs von Notrufen und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Mit 1
-
3
-
seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1.
Die Verurteilung des Angeklagten wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht gemäß §
145a Satz
1 StGB in den Fällen
II.
4 und II.
6 der Urteilsgründe kann schon deshalb nicht bestehen bleiben, weil das [X.] in beiden Fällen keine Feststellungen zu der für einen Schuld-spruch erforderlichen Gefährdung des Zwecks der Maßregel getroffen hat.
a)
§
145a Satz
1 StGB setzt voraus, dass durch den Weisungsverstoß
eine Gefährdung des Maßregelzwecks eingetreten ist.
Dies ist dann der Fall, wenn sich dadurch die Gefahr weiterer Straftaten erhöht oder die Aussicht ihrer Abwendung verschlechtert hat (vgl. [X.], Beschluss vom 9.
Oktober 2017

2
StR
31/17, [X.], 512; Urteil vom 18.
Dezember 2012

1
StR
415/12, [X.]St 58, 72, 75; Beschluss vom 28.
Mai 2008

1
StR
243/08,
[X.], 277, 278).
Dazu bedarf es eines am Einzelfall orientierten Wahrscheinlichkeitsurteils, das neben dem sonstigen Verhalten des Angeklag-ten auch die konkrete spezialpräventive Zielsetzung der verletzten Weisung in den Blick nimmt (Einzelheiten bei Roggenbuck in: [X.],
12.
Aufl.,
§
145a
Rn.
18
ff. mwN).
b)
Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht. Das [X.] hat lediglich festgestellt, dass der nach der Erledigung seiner Un-terbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus unter Führungsaufsicht ste-hende Angeklagte gegen die ihm vom [X.] Paderborn mit Beschlüssen
vom 19.
Dezember 2014
und 30.
Juli 2015
erteilten strafbewehrten Weisungen,
2
3
4
-
4
-
einer Aufforderung seiner Bewährungshelferin vom 16.
Februar 2016, innerhalb von drei Tagen ein Drogenscreening vorzulegen, nicht nachkam (Fall
II.
4 der Urteilsgründe) und am 10.
März 2016 alkoholisiert
war (Blutalkoholkonzentrati-on 0,36
Promille; Fall
II.
6 der Urteilsgründe). Inwieweit diese Verstöße die Ge-fahr weiterer Straftaten erhöht oder die Aussicht ihrer Abwendung verschlech-tert haben könnten, teilt das Urteil nicht mit. Dies liegt hier auch nicht auf der Hand. Ob und inwieweit die einmalige Missachtung einer Weisung,
sich einem Drogenscreening zu unterziehen, die Gefahr weiterer Straftaten erhöht, kann nur mit Blick auf das übrige Verhalten des [X.] beantwortet werden (vgl. dazu [X.], Urteil vom 18.
Dezember 2012

1
StR
415/12, [X.]St 58, 72, 75). [X.] des gegen die [X.] verstoßenden Alkoholkonsums spre-chen die von der [X.] zur Ablehnung einer Anordnung nach §
64 StGB getroffenen Feststellungen sogar gegen die Annahme einer Gefährdung des Maßregelzwecks. Danach sind die Anlassstraftaten auf die bei dem Angeklag-ten festgestellte Persönlichkeitsstörung im
Zusammenhang mit einer drogen-induzierten Psychose zurückzuführen. Der Suchtmittelkonsum war daneben lediglich sekundär (UA
27).
2.
Die
Aufhebung
der Verurteilung in den Fällen
II.
4 und II.
6 der
Urteils-gründe (Einzelstrafen von jeweils acht Monaten Freiheitsstrafe) zieht die Aufhe-bung der Gesamtstrafe nach sich.
3.
Für die Neuverhandlung weist der Senat auf das Folgende hin:
Ein Weisungsverstoß unterfällt nur dann dem objektiven Tatbestand des §
145a Satz
1 StGB, wenn die fragliche Weisung rechtsfehlerfrei ist
(vgl. [X.], Beschluss vom 19.
August 2015

5
StR
275/15, [X.], 36; Urteil vom 7.
Februar 2013

3
StR
486/12, [X.]St 58, 136 mwN). Dies ist in den [X.] vollständig darzustellen (vgl. [X.], Beschluss vom 11.
Februar 2016
5
6
7
-
5
-

2
StR
512/15, [X.]R StGB §
145a Bestimmtheit
2). Dabei wird hinsichtlich der Weisung, ein Drogenscreening vorzulegen, näher als bisher darauf einzu-gehen sein, ob die sich aus dem Bestimmtheitsgrundsatz ergebenden Anforde-rungen erfüllt sind (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 19.
August 2015

5
StR
275/15, [X.], 36; Urteil vom 7.
Februar 2013

3
StR
486/12,
Rn.
4 inso-fern nicht abgedruckt in [X.]St 58, 136; Urteil vom 18.
Dezember 2012

1
StR 415/12, [X.]St 58, 72 Rn.
18 [Meldeweisung]; Roggenbuck in: [X.], 12.
Aufl., §
145a Rn.
8
ff.). In Bezug auf die [X.] wird sich der neue Tatrichter mit der Frage zu befassen haben, ob bei ihrer Erteilung gegen-über dem psychisch kranken Angeklagten
der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet wurde (vgl. [X.], Beschluss vom 30.
März 2016

2
BvR
496/12, [X.], 2170 mwN).
4.
Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aus den vom Generalbun-desanwalt in seiner Zuschrift vom 24.
Januar 2018 angeführten Gründen keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben (§
349 Abs.
2 StPO).
Sost-Scheible
Roggenbuck
Franke

Quentin
Feilcke
8

Meta

4 StR 25/18

19.06.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.06.2018, Az. 4 StR 25/18 (REWIS RS 2018, 7629)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7629

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