Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.12.2023, Az. 1 StR 359/23

1. Strafsenat | REWIS RS 2023, 9421

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Hinterziehung von Tabaksteuer: Einziehung des Werts illegal hergestellter Zigaretten


Tenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 27. März 2023 – auch soweit es den Mitangeklagten [X.]betrifft – im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen aufgehoben; die [X.] entfallen. Soweit der Mitangeklagte Gu.    betroffen ist, erstrecken sich die Aufhebung und das Entfallen der [X.] auf den 5.200 Euro übersteigenden Betrag.

2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden als unbegründet verworfen.

3. Die Beschwerdeführer haben jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen; jedoch trägt die Staatskasse die Kosten, die die Einziehung betreffen, sowie die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der revidierenden Angeklagten.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagten jeweils wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt sowie die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Ferner hat es den Wert von [X.] in Höhe von 539.777,12 Euro eingezogen. Die nicht revidierenden Mitangeklagten M.    und [X.].       hat das [X.] ebenfalls wegen Steuerhinterziehung zu Freiheitsstrafen verurteilt und gegen sie [X.]en – zum Teil gesamtschuldnerisch – in Höhe von mehreren Millionen Euro getroffen.

2

Die mit der Beanstandung der Verletzung materiellen Rechts geführten Revisionen der Angeklagten führen, auch soweit die Mitangeklagten M.    und [X.].       betroffen sind, zur Aufhebung und zum Entfallen der [X.]en, bei [X.].     jedoch nur der Einziehung von [X.], die einen Betrag von 5.200 Euro übersteigen. Im Übrigen sind die Rechtsmittel der Angeklagten unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

3

Der Schuld- und Strafausspruch gegen die Angeklagten hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die [X.] erweisen sich hingegen als rechtsfehlerhaft. Die Anordnungen sind daher aufzuheben; der Senat entscheidet entsprechend § 354 Abs. 1 StPO in der Sache selbst und lässt sie entfallen.

4

Der [X.] hat – bezogen auf jeden Angeklagten – hierzu ausgeführt:

„Die Voraussetzungen für die angeordnete Einziehung des Werts der hergestellten Zigaretten gemäß § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB liegen nicht vor.

Der Angeklagte hat nichts ‚durch‘ die Tat erlangt gemäß § 73 Abs. 1 StGB. Bei der Hinterziehung von [X.] ist ein unmittelbar messbarer wirtschaftlicher Vorteil nur gegeben, soweit sich die Steuerersparnis im Vermögen des [X.] dadurch niederschlägt, dass er aus den Tabakwaren einen Vermögenszuwachs erzielt (Senat, Beschluss vom 23. Juli 2020 - 1 StR 78/20, Rn. 3 m. w. N.). Die Annahme eines Vermögenszuwachses setzt voraus, dass der Täter eine wirtschaftliche Zugriffs- oder Verwertungsmöglichkeit hinsichtlich dieser Waren hat, über diese also wirtschaftlich (mit-)verfügen kann (Senat a. a. O. Rn. 4). Das ist zu verneinen. Der Angeklagte war bei seiner Beteiligung an der illegalen Herstellung von Zigaretten für unbekannte Hintermänner tätig, die nach den sinngemäß verstandenen Urteilsgründen allein über die hergestellten Zigaretten verfügen konnten.“

5

Dem schließt sich der Senat an. Die Aufhebung der [X.] und deren Entfallen erstrecken sich gemäß § 357 Satz 1 StPO auch auf die Mitangeklagten M.    und [X.].     , bei letzterem jedoch nur in Höhe des 5.200 Euro übersteigenden Betrages, weil dieser als Entlohnung „für“ die Tat 5.200 Euro erlangt hat (§ 73 Abs. 1 Alternative 2, § 73c Satz 1 StGB).

6

Der Senat sieht jedoch keinen Anlass, eine Entscheidung gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO über die von den Angeklagten erlangte freie Verpflegung in Form von Lebensmitteln zu treffen. Das [X.] hat hierzu schon keine Ausführungen gemacht. Zudem erscheint es zweifelhaft, dass die Angeklagten die Lebensmittel „für“ die Tat erlangt haben.

7

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels beruht auf § 473 Abs. 1 StPO; die Kosten und notwendigen Auslagen der revidierenden Angeklagten, die die Einziehung betreffen, fallen jedoch der Staatskasse zur Last (§ 473 Abs. 4, § 465 Abs. 2 StPO analog; vgl. [X.], Beschluss vom 25. Februar 2021 – 1 [X.], [X.]R StPO § 473 Abs. 4 Quotelung 8 Rn. 6 ff.).

Jäger     

  

Bellay     

  

Leplow

  

Allgayer     

  

Munk     

  

Meta

1 StR 359/23

12.12.2023

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hagen (Westfalen), 27. März 2023, Az: 71 KLs 17/22

§ 370 Abs 1 AO, § 73 Abs 1 StGB, § 73c S 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.12.2023, Az. 1 StR 359/23 (REWIS RS 2023, 9421)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9421

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 78/20 (Bundesgerichtshof)

Steuerhinterziehung durch Unterlassen: Einziehung des Wertes von Taterträgen bei Sicherstellung steuerpflichtiger Tabakwaren; steuerrechtliche Erklärungspflicht als …


1 StR 164/23 (Bundesgerichtshof)


1 StR 164/23 (Bundesgerichtshof)


1 StR 360/23 (Bundesgerichtshof)


1 StR 555/19 (Bundesgerichtshof)

Umsatzsteuerhinterziehung im Rahmen einer Scheinlieferbeziehung: Einziehung des Werts von Taterträgen in Höhe nicht angemeldeter Umsätze …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 StR 423/20

1 StR 78/20

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.