Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.07.2010, Az. 6 AZR 249/09

6. Senat | REWIS RS 2010, 4471

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Leistungsklage aus Sozialplänen bei Masseunzulänglichkeit


Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 14. November 2008 - 9 Sa 1070/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit einer Leistungsklage auf Zahlung der Abfindung aus einem vom Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit vereinbarten Sozialplan.

2

Über das Vermögen der Schuldnerin, deren Arbeitnehmerin die Klägerin war, ist am 15. Januar 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und der [X.] zum Insolvenzverwalter bestimmt worden. Dieser zeigte mit Schreiben vom 15. Januar 2007, das am selben Tag beim Insolvenzgericht einging, Masseunzulänglichkeit an. Am 22. Januar 2007 vereinbarte er mit dem bei der Schuldnerin gebildeten Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan. Aus dem Sozialplan steht der Klägerin eine rechnerisch unstreitige Abfindung in Höhe von 6.957,74 Euro zu. Mit der am 5. März 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage nimmt die Klägerin den [X.]n in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter auf Zahlung der Sozialplanabfindung in Anspruch.

3

Die Klägerin hat gemeint, ihre Zahlungsklage sei nicht unzulässig. § 123 Abs. 1 [X.] enthalte Vorgaben zum Umfang des Sozialplans. Nach § 123 Abs. 2 Satz 1 [X.] seien die Verbindlichkeiten aus einem Sozialplan Masseverbindlichkeiten. Das [X.] in § 123 Abs. 3 Satz 2 [X.] beziehe sich nicht auf die Situation bei Masseunzulänglichkeit. Diese sei in den §§ 207 ff. [X.] abschließend geregelt. § 209 [X.] finde deshalb auf Forderungen aus Sozialplänen, die der Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet habe, uneingeschränkt Anwendung. Aus dieser Vorschrift ergebe sich, dass bei Masseunzulänglichkeit kein Vollstreckungsverbot bestehe und damit eine Leistungsklage nicht unzulässig sei. Dieses Ergebnis sei sachgerecht, weil der [X.] auch einen Sozialplan ohne Abfindungen hätte abschließen können. Dies gelte umso mehr, weil nach der Behauptung des [X.]n für die Zahlung von Abfindungen keine Mittel zur Verfügung stünden.

4

Die Klägerin hat beantragt,

        

den [X.]n zu verurteilen, an sie 6.957,74 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10. März 2008 zu zahlen.

5

Der [X.] hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die Zahlungsklage der Klägerin sei nicht zulässig. Es treffe zwar zu, dass Ansprüche aus einem Insolvenzsozialplan Masseverbindlichkeiten seien. Daraus folge jedoch nur, dass sie nicht angemeldet werden müssten und nicht Gegenstand des Prüfungsverfahrens seien. [X.] konkurrierten [X.] mit Insolvenzforderungen. Sie dürften nach § 123 Abs. 2 Satz 2 [X.] nur dann befriedigt werden, wenn zumindest die doppelte Summe auf nicht nachrangige Insolvenzforderungen ausbezahlt werden könne.

6

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat mit Beschluss vom 19. März 2009 zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter. Der [X.] beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

I. Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das [X.] hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.

8

1. Einer Leistungsklage gegen den Insolvenzverwalter wegen Forderungen aus einem von ihm vereinbarten Sozialplan fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil ein entsprechender Leistungstitel dauerhaft keine [X.] wäre([X.] 21. Januar 2010 - 6 [X.] - mwN, [X.] 2010, 546). Dies gilt auch dann, wenn der Sozialplan nach Anzeige der Masseunzulässigkeit vereinbart wird. Der [X.] hat bereits im Urteil vom 21. Januar 2010 (- 6 [X.] - [X.] 2010, 546 mit zust. [X.]. [X.] 2010, 146; Sessig/[X.] 2010, 561, 564) die auch von der Klägerin vertretene Rechtsauffassung, die Regelungen in § 123 [X.] bezögen sich nicht auf die Situation bei Masseunzulänglichkeit, gewürdigt und eingehend begründet, warum § 209 Abs. 1 Nr. 2 [X.] entgegen der Ansicht der Klägerin keine Spezialregelung ist, die nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit das in § 123 Abs. 3 Satz 2 [X.] enthaltene Vollstreckungsverbot verdrängt. Daran hält der [X.] fest.

9

2. Das Argument der Klägerin, dem [X.]n wäre es unbenommen gewesen, einen Sozialplan ohne Abfindungen abzuschließen, trägt schon deshalb nicht, weil der [X.] den Sozialplan nicht allein aufstellen konnte, sondern es dazu einer Einigung mit dem Gesamtbetriebsrat bedurfte(§ 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Im Übrigen sind [X.] aus einem nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit vereinbarten Sozialplan trotz der Regelung in § 123 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.] nicht von vornherein wirtschaftlich wertlos ([X.] 21. Januar 2010 - 6 [X.] - [X.] 2010, 546). Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit, die gemäß § 208 Abs. 1 Satz 2 [X.] bereits bei einer lediglich drohenden Masseunzulänglichkeit erfolgen kann, beruht auf einer Prognose des Insolvenzverwalters. Die Grundlagen dieser Prognose können sich ändern, zB bei unverhoffter Verwertung von Vermögensgegenständen oder bei Erfüllung von Forderungen des Schuldners.

II. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

                 

Meta

6 AZR 249/09

22.07.2010

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Essen, 4. Juni 2008, Az: 4 Ca 756/08, Urteil

§ 112 Abs 1 S 2 BetrVG, § 123 InsO, § 208 Abs 1 S 2 InsO, § 209 Abs 1 Nr 2 InsO, § 112 Abs 1 S 2 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.07.2010, Az. 6 AZR 249/09 (REWIS RS 2010, 4471)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4471

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen
Referenzen
Wird zitiert von

12 Sa 1051/15

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.