Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.09.2023, Az. XI R 20/20

11. Senat | REWIS RS 2023, 9776

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Gegenstand

Zur (steuer-)bilanziellen Behandlung eines "Beteiligungsbetrags" des Kfz-Händlers zur Absicherung des Restwertrisikos durch den Hersteller im Rahmen des Leasing-Restwertmodells


Leitsatz

1. Die beim Leasing-Restwertmodell von einem Kraftfahrzeug-Händler an einen Automobilproduzenten zur Übernahme des Restwertrisikos (Restwertabsicherung) zu leistenden "Beteiligungsbeträge" sind im Zeitpunkt der Zusage der Restwertabsicherung nicht als Verbindlichkeit zu passivieren.

2. Der Bildung einer Verbindlichkeitsrückstellung in Höhe der beim Fahrzeugrückerwerb zu leistenden "Beteiligungsbeträge" steht der Grundsatz der (Nicht-)Bilanzierung schwebender Geschäfte entgegen.

Tenor

1. Das Rubrum des Urteils des [X.] vom 17.06.2020 - 4 K 460/17 wird dahin berichtigt, dass nur die Körperschaftsteuer 2013 Streitgegenstand des Verfahrens ist.

2. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 17.06.2020 - 4 K 460/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

[X.].

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die bis zu ihrem [X.] am 04.10.2022 als [X.] firmierte. Gegenstand ihres Unternehmens ist unter anderem der Handel mit Kraftfahrzeugen (Kfz) sowie der [X.]bschluss von Leasingverträgen.

2

[X.] hat der [X.] ein Leasing-Restwertmodell eingeführt. Im Rahmen dieses Modells vermittelte der Kfz-Händler im Wege eines Leasingvertrags das Kfz an den Leasingnehmer und veräußerte dieses zugleich an eine Leasinggesellschaft, die [X.]. Der Kfz-Händler verpflichtete sich hierbei, das Leasingfahrzeug am Ende der Leasinglaufzeit zu einem bereits zu [X.]eginn des Leasings mit [X.] vereinbarten Kaufpreis zurückzunehmen. Gegen die Zusage, einen von der gewählten Risikostufe abhängigen sogenannten [X.]eteiligungsbetrag an [X.] zu leisten, konnte der Kfz-Händler am Leasingvertragsende eine [X.]usgleichszahlung erhalten, wenn der zu [X.]eginn des Leasings zwischen dem Kfz-Händler und [X.] vereinbarte Restwert, der dem Rücknahmepreis entsprach, höher als der tatsächliche Wert des Kfz am Ende der Leasinglaufzeit war (sogenannte Restwert-[X.]bsicherung). Der [X.]eteiligungsbetrag des Kfz-Händlers für die Übernahme der Restwert-[X.]bsicherung durch [X.] wurde am Leasingvertragsende fällig. Der Kfz-Händler konnte den Umfang der [X.]eteiligung der [X.] am [X.] durch die Wahl einer Risikostufe selbst bestimmen. Die Höhe des [X.] zur Restwert-[X.]bsicherung legte [X.] zu [X.]eginn der jeweiligen Leasinglaufzeit durch ein sogenanntes Info-Schreiben fest.

3

Die Klägerin nahm am Leasing-Restwertmodell der [X.] teil und sicherte den Restwert der Kfz, die sie von [X.] zurückzunehmen hatte, zu 100 % ab. Den [X.]eteiligungsbetrag stellte die Klägerin zu [X.]eginn der jeweiligen Leasinglaufzeit gewinnmindernd als Verbindlichkeit ein. Nach [X.]blauf des Leasingvertrags und Erhalt einer Endrechnung löste sie diese Verbindlichkeit auf.

4

Der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --F[X.]--) setzte zunächst mit [X.]escheid vom 23.03.2015 Körperschaftsteuer für 2013 (Streitjahr) in Höhe von … € fest. Der [X.]escheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 [X.]bs. 2 der [X.]bgabenordnung).

5

Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten [X.]ußenprüfung, die unter anderem auch das Streitjahr umfasste, vertrat der Prüfer die [X.]uffassung, die Verbindlichkeit "Restwertabsicherung" zum 31.12.2013 sei in Höhe von … € gewinnerhöhend aufzulösen. Die Mitteilung über die Höhe des [X.] zu [X.]eginn der Leasinglaufzeit löse keinen buchungstechnischen Geschäftsvorfall aus. Eine Verbindlichkeit seitens der Klägerin entstehe erst im Zeitpunkt des Erhalts der Endrechnung, also nach [X.]blauf des Leasingvertrags. Der am Ende der Laufzeit bei [X.] zu leistende [X.]eteiligungsbetrag werde für das zurückerworbene Kfz gezahlt und sei deshalb dessen [X.]nschaffungskosten im Sinne des § 255 [X.]bs. 1 des Handelsgesetzbuches (HG[X.]) zuzuordnen. Im Zeitpunkt des Erhalts des [X.] über die Höhe des [X.] sei keine Verbindlichkeit einzustellen. Nach § 5 [X.]bs. 4b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei die [X.]ildung einer Rückstellung ausgeschlossen. Ein [X.]etriebsausgabenabzug komme nicht in [X.]etracht.

6

Das F[X.] schloss sich der [X.]uffassung des Prüfers an und erhöhte dementsprechend mit [X.]escheid vom 01.06.2016 die Körperschaftsteuer für das Streitjahr auf … €. Der Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 15.05.2017).

7

Das Finanzgericht ([X.]) wies die hiergegen erhobene Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2022, 333 veröffentlichten Urteil ab. Der von der Klägerin für die Restwertabsicherung zu zahlende [X.]eteiligungsbetrag gehöre im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 [X.]bs. 1, § 5 [X.]bs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 [X.]bs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ([X.]) gemäß § 255 HG[X.] zu den [X.]nschaffungskosten des von der [X.]. Dieser [X.]etrag sei gemäß § 5 [X.]bs. 4b Satz 1 EStG nicht rückstellungsfähig.

8

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts und macht im Wesentlichen geltend, das [X.] gehe zu Unrecht davon aus, dass die [X.]eteiligungsbeträge den [X.]nschaffungskosten der nach [X.]blauf der Leasinglaufzeit zurückerworbenen Kfz zuzurechnen seien. Die [X.]eteiligungsbeträge seien nicht geleistet worden, um das jeweilige Kfz nach [X.]blauf der Leasinglaufzeit zurückzuerlangen, sondern um --im Sinne einer Versicherungsprämie-- das mit dem Neuwagengeschäft zusammenhängende Risiko aus der Rücknahmeverpflichtung des Leasingrückläufers abzusichern. Für den Fall, dass das Risiko einer Differenz zwischen dem garantierten Rücknahme- und dem Marktpreis durch den Kfz-Händler selbst getragen werde, habe der [X.]undesfinanzhof ([X.]FH) mit Urteil vom 25.07.2000 - VIII R 35/97 ([X.]FHE 193, 93, [X.]St[X.]l II 2001, 566) bereits entschieden, dass eine Verbindlichkeitsrückstellung anzuerkennen sei. Für den hier zu beurteilenden Fall, dass dieses Risiko abgesichert werde, könne hinsichtlich der zu leistenden [X.]eteiligungsbeträge nichts anderes gelten.

9

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung sowie die Einspruchsentscheidung vom 15.05.2017 aufzuheben und die Körperschaftsteuer 2013 unter [X.]bänderung des [X.]escheids vom 01.06.2016 unter [X.]erücksichtigung eines zu versteuernden Einkommens von … € festzusetzen.

Das F[X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es verteidigt die Vorentscheidung und führt unter anderem aus, dass zu [X.]eginn des Leasingvertrags noch keine dem Grunde nach feststehende Verpflichtung bestanden habe. [X.]is zum Ende des Leasingvertrags habe es sich um ein schwebendes Geschäft gehandelt, das nicht zu bilanzieren sei.

Entscheidungsgründe

B.

Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 [X.]bs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen (§ 126 [X.]bs. 4 [X.]O).

I.

Das Urteil des [X.] ist, wie im Tenor erkannt, zu berichtigen.

1. Streitgegenstand ist --entgegen dem Rubrum der Vorentscheidung und dem Wortlaut des [X.] allein die Körperschaftsteuerfestsetzung für das Streitjahr. Der [X.] ist nicht Verfahrensgegenstand, da dieser --wie sich aus dem Begehren der Klägerin, ihrem Klageantrag vor dem [X.], der Vorentscheidung und dem gesamten [X.] ergibt-- nicht streitig ist. Das [X.] hat im Rubrum seiner Entscheidung gleichwohl als Streitgegenstand "Körperschaftsteuer und [X.] für 2013" aufgenommen. Damit liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor, die dahin zu berichtigen ist, dass der [X.] nicht Streitgegenstand ist (vgl. dazu auch [X.]-Urteil vom 16.12.2021 - V R 19/21, [X.], 309, [X.] 2022, 774, Rz 12 f.).

2. Diese Berichtigung kann im Revisionsverfahren der erkennende Senat vornehmen (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 19.12.2019 - III R 39/17, [X.], 415, [X.] 2020, 397, Rz 29, m.w.N.; vom 19.08.2020 - XI R 32/18, [X.], 344, [X.] 2021, 279, Rz 19).

II.

Die so verstandene Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Verpflichtung zur Zahlung der [X.] ist weder als Verbindlichkeit auszuweisen (siehe unten 1.) noch ist für sie eine Rückstellung zu bilden (siehe unten 2.). Die Entscheidung des [X.] stellt sich mithin aus anderen Gründen als richtig dar (siehe unten 3.).

1. Die von der Klägerin geschuldeten [X.] sind in ihrer Bilanz zum 31.12.2013 nicht als Verbindlichkeit auszuweisen, weil diese gegenüber [X.] aus dem [X.] bestehende Verpflichtung dem Grunde nach noch ungewiss war.

a) Nach § 8 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 4 [X.]bs. 1 Satz 1, § 5 [X.]bs. 1 Satz 1 EStG hat die Klägerin in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Ist eine Verbindlichkeit nach handelsbilanziellen Grundsätzen zu bilanzieren, gilt dieses Passivierungsgebot mithin auch für die Steuerbilanz. Nur wenn eine steuerrechtliche Spezialregelung weitere oder abweichende Kriterien für die Passivierung für Steuerzwecke aufstellt, kann es zu einer abweichenden Behandlung in der Steuerbilanz kommen (vgl. [X.]-Urteil vom 19.08.2020 - XI R 32/18, [X.], 344, [X.] 2021, 279, Rz 22).

aa) Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich insbesondere aus den Bestimmungen des Ersten [X.]bschnitts des [X.] "Vorschriften für alle Kaufleute", den §§ 238 ff. HGB, wobei ein Passivierungsgebot für Verbindlichkeiten aus § 246 [X.]bs. 1 Satz 3, § 247 [X.]bs. 1, § 253 [X.]bs. 1 Satz 2, § 266 [X.]bs. 3 HGB folgt (vgl. dazu z.B. [X.]-Urteile vom 10.07.2019 - XI R 53/17, [X.], 249, [X.] 2019, 803, Rz 17; vom 19.08.2020 - XI R 32/18, [X.], 344, [X.] 2021, 279, Rz 23).

bb) Nach § 247 [X.]bs. 1 HGB sind in der Handelsbilanz Schulden zu passivieren, wenn der Unternehmer zu einer dem Inhalt und der Höhe nach bestimmten Leistung an einen Dritten verpflichtet ist, die vom Gläubiger erzwungen werden kann und die am zu beurteilenden Bilanzstichtag eine gegenwärtige wirtschaftliche Belastung darstellt (vgl. [X.]-Urteile vom 30.11.2011 - I R 100/10, [X.], 476, [X.] 2012, 332, Rz 11, m.w.N.; vom 15.04.2015 - I R 44/14, [X.], 493, [X.] 2015, 769, Rz 8; vom 28.09.2016 - II R 64/14, [X.], 90, [X.] 2017, 104, Rz 16; vom 19.08.2020 - XI R 32/18, [X.], 344, [X.] 2021, 279, Rz 24). Dies gilt nach dem aus § 5 [X.]bs. 1 Satz 1 EStG folgenden sogenannten Maßgeblichkeitsgrundsatz auch für Zwecke der Steuerbilanz (vgl. [X.]-Urteile vom 15.04.2015 - I R 44/14, [X.], 493, [X.] 2015, 769, Rz 8; vom 28.09.2016 - II R 64/14, [X.], 90, [X.] 2017, 104, Rz 16; vom 19.08.2020 - XI R 32/18, [X.], 344, [X.] 2021, 279, Rz 24).

cc) Nach allgemeinen Grundsätzen entstehen [X.]nsprüche und Verpflichtungen zu dem Zeitpunkt, zu dem die sie begründenden Tatbestandsmerkmale erfüllt sind (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 17.10.2013 - IV R 7/11, [X.], 256, [X.] 2014, 302, Rz 20; vom 15.03.2017 - I R 11/15, [X.], 8, [X.] 2017, 1043, Rz 20; vom 29.09.2022 - IV R 20/19, [X.], 301, [X.] 2023, 435, Rz 31). [X.]uf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeit kommt es nicht an (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 15.03.2017 - I R 11/15, [X.], 8, [X.] 2017, 1043, Rz 20, m.w.N.; vom 29.09.2022 - IV R 20/19, [X.], 301, [X.] 2023, 435, Rz 31).

b) Danach sind die Voraussetzungen für die handelsbilanzielle Passivierung der [X.] als Verbindlichkeiten nicht erfüllt.

Zwar hatte die Klägerin den von [X.] festgelegten [X.] beim Rückerwerb des jeweiligen Kfz am Ende der [X.] auch zu entrichten, wenn der tatsächliche Wert dieses Fahrzeugs höher als der bereits zu Beginn des Leasings vereinbarte [X.] war, so dass [X.] keine Zahlung an die Klägerin zu leisten hatte. Die Entrichtung des [X.] war unabhängig davon, ob der tatsächliche Wert des Leasingrückläufers höher (Gewinnfall) oder niedriger (Verlustfall) war als der im Voraus vereinbarte [X.] und es im Verlustfall zum [X.]usgleich eines eingetretenen Restwertrisikos durch [X.] kam. Für die Passivierung einer Verbindlichkeit im Jahr des [X.]bschlusses der [X.] fehlt es jedoch an einer rechtlichen Verpflichtung, da die Klägerin zu Beginn des Leasingvertrags (noch) nicht zu einer dem Inhalt und der Höhe nach bestimmten Leistung verpflichtet war, die von [X.] am Ende der [X.] hätte erzwungen werden können (vgl. dazu [X.], Steuern und Bilanzen --[X.]-- 2018, 725). Die Entrichtung des [X.] war vom Rückerwerb des Leasingfahrzeugs abhängig. Er war nur zu zahlen, falls B, der Leasinggeber, sein Rückgaberecht ausübte und die Klägerin das Kfz tatsächlich zurücknehmen musste (vgl. dazu [X.]/Oser/[X.], [X.] 2023, 290). Erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Rückkaufs des Kfz stand fest, ob der [X.] zu leisten war. Kam es nicht zum Rückkauf, weil der Leasingvertrag zum Beispiel vor dem regulären Vertragsende aufgehoben oder storniert wurde, entfiel auch der [X.]. Ist die Verpflichtung --wie hier-- von dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängig, kann keine Bilanzierung einer gewissen Verbindlichkeit erfolgen (vgl. [X.]-Urteil vom 04.02.1999 - IV R 54/97, [X.], 418, [X.] 2000, [X.] aa).

Die gewinnmindernde Einstellung der [X.] als Verbindlichkeit war danach unzutreffend. Das F[X.] hat die von der Klägerin in der Bilanz zum Stichtag 31.12.2013 ausgewiesene Verbindlichkeit "Restwertabsicherung" in Höhe von … € mithin zu Recht gewinnerhöhend aufgelöst.

2. Für die [X.], die die Klägerin im Falle und im Zeitpunkt des Rückerwebs der Leasingfahrzeuge an [X.] zu entrichten hatte, ist auch keine Rückstellung zu bilden. Denn dem bilanziellen [X.]usweis der aufschiebend bedingten Verpflichtung, an [X.] die festgelegten Beteiligungsbeiträge beim Rückerwerb der Leasingfahrzeuge zu entrichten, stehen die Grundsätze der (Nicht-)Bilanzierung schwebender Geschäfte entgegen, ohne dass es noch auf die steuerrechtliche Sonderregelung des § 5 [X.]bs. 4b EStG ankäme.

a) [X.]nsprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft dürfen in der Bilanz grundsätzlich nicht ausgewiesen werden (vgl. z.B. Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 23.06.1997 - GrS 2/93, [X.]E 183, 199, [X.] 1997, 735, unter [X.]; [X.]-Urteile vom 11.10.2007 - IV R 52/04, [X.]E 219, 129, [X.] 2009, 705, unter [X.]; vom 07.12.2017 - IV R 23/14, [X.]E 260, 312, [X.] 2018, 444, Rz 22; vom 25.07.2019 - IV R 49/16, [X.]/NV 2020, 15, Rz 20; vom 14.04.2022 - IV R 32/19, [X.], 543, [X.] 2022, 832, Rz 27). Während des [X.] besteht die (widerlegbare) Vermutung, dass sich die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag wertmäßig ausgleichen (ständige Rechtsprechung, vgl. bereits Urteile des [X.] vom 07.05.1920 - I [X.] 302/19, [X.] 3, 22; vom 25.03.1925 - VI [X.] 67-69/25, [X.] 1925, 166; [X.]-Urteile vom 26.08.1992 - I R 24/91, [X.]E 169, 163, [X.] 1992, 977; vom 25.01.1984 - I R 7/80, [X.]E 140, 449, [X.] 1984, 344; vom 26.06.1980 - IV R 35/74, [X.]E 130, 533, [X.] 1980, 506; vom 07.09.1954 - I 50/54 U, [X.]E 59, 311, [X.]I 1954, 330; Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 23.06.1997 - GrS 2/93, [X.]E 183, 199, [X.] 1997, 735, unter [X.]; [X.]-Urteile vom 11.10.2007 - IV R 52/04, [X.]E 219, 129, [X.] 2009, 705, unter [X.]; vom 07.12.2017 - IV R 23/14, [X.]E 260, 312, [X.] 2018, 444, Rz 22; vom 25.07.2019 - IV R 49/16, [X.]/NV 2020, 15, Rz 20; vom 14.04.2022 - IV R 32/19, [X.], 543, [X.] 2022, 832, Rz 27).

Schwebende Geschäfte sind gegenseitige, auf Leistungsaustausch gerichtete Verträge im Sinne der §§ 320 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), die von der zur Sach- oder Dienstleistung verpflichteten [X.] --abgesehen von unwesentlichen [X.] noch nicht voll erfüllt sind (vgl. z.B. Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 23.06.1997 - GrS 2/93, [X.]E 183, 199, [X.] 1997, 735, unter [X.]; [X.]-Urteile vom 28.07.2004 - XI R 63/03, [X.]E 207, 205, [X.] 2006, 866, unter [X.].; vom 11.10.2007 - IV R 52/04, [X.]E 219, 129, [X.] 2009, 705, unter [X.]; vom 14.04.2022 - IV R 32/19, [X.], 543, [X.] 2022, 832, Rz 27). Hat ausnahmsweise der zur Geldleistung Verpflichtete in Vorleistung zu treten, ist der Schwebezustand auch mit Erfüllung der Geldleistung beendet, obgleich die Sach- oder Dienstleistung noch nicht erbracht ist (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 18.12.2002 - I R 17/02, [X.]E 201, 234, [X.] 2004, 126, unter [X.]; vom 11.10.2007 - IV R 52/04, [X.]E 219, 129, [X.] 2009, 705, unter [X.]). Ein [X.] ist bei schwebenden Geschäften daher nur geboten, wenn und soweit das Gleichgewicht solcher Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände eines Vertragspartners "gestört" ist (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 14.04.2022 - IV R 32/19, [X.], 543, [X.] 2022, 832, Rz 27).

b) [X.]usgehend davon lag am maßgeblichen Bilanzstichtag 31.12.2013 ein schwebendes Geschäft vor, das nicht zu bilanzieren ist.

aa) Die Klägerin ging die Verpflichtung, im Falle und im Zeitpunkt des [X.] der Leasingfahrzeuge die [X.] an [X.] zu entrichten, nur ein, weil [X.] sich seinerseits im Gegenzug dazu verpflichtete, ein sich beim Leasingrückläufer durch einen niedrigeren tatsächlichen Wert gegenüber dem im Voraus vereinbarten [X.] realisierendes Restwertrisiko auszugleichen. Es lag mithin ein synallagmatischer Vertrag im Sinne der §§ 323 ff. BGB vor, der auf einen gegenseitigen Leistungsaustausch gerichtet war (vgl. dazu auch [X.], E[X.] 2022, 336; [X.], [X.], 406; a.[X.]. [X.]/Oser/[X.], [X.] 2023, 290).

bb) Dieser gegenseitige Vertrag ist am maßgeblichen Bilanzstichtag 31.12.2013 weder von [X.], der zur [X.]bsicherung eines sich realisierenden Restwertrisikos zum [X.] verpflichteten [X.], noch von der Klägerin, die im Falle des [X.] eines Leasingfahrzeugs zu einer Geldleistung verpflichtet war, erfüllt. Denn für die Frage, ob und wenn ja, in welchem Umfang der Leistungsverpflichtete seine Leistung erbracht hat und ihm der [X.]nspruch auf die Gegenleistung so gut wie sicher ist, kommt es darauf an, zu welcher Leistung der Leistungsverpflichtete überhaupt verpflichtet ist (vgl. [X.]-Urteile vom 07.12.2017 - IV R 23/14, [X.]E 260, 312, [X.] 2018, 444, Rz 26; vom 14.04.2022 - IV R 32/19, [X.], 543, [X.] 2022, 832, Rz 29).

cc) [X.]nders wäre es, wenn die Klägerin als die zur Geldleistung bei Rückkauf der Leasingfahrzeuge Verpflichtete vor dem maßgeblichen Bilanzstichtag 31.12.2013 in Vorleistung getreten wäre und die bei Rückerwerb der Leasingfahrzeuge geschuldeten [X.] an [X.] vorausgezahlt hätte. In diesem Fall wäre der Schwebezustand mit Erfüllung der Geldleistung beendet gewesen, obgleich die von [X.] zu erbringende Gegenleistung, ein sich (möglicherweise) realisierendes Restwertrisiko durch [X.] abzusichern, noch ausgestanden hätte. Zu einem gewinnmindernden [X.]bzug von Betriebsausgaben in Höhe der vorausgezahlten [X.] wäre es aber nicht gekommen. Die Klägerin hätte insoweit ein nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut "Restwertabsicherung", das beim Rückerwerb der Leasingfahrzeuge erfolgswirksam aufzulösen gewesen wäre, in gleicher Höhe aktivieren müssen, weil als [X.]nschaffungskosten dieses Vermögensgegenstands der Preis für den Erwerb dieses Rechts gilt (zum Optionsrecht vgl. z.B. [X.]-Urteil vom [X.], [X.], 124, [X.] 2020, 44, Rz 24, m.w.N.).

dd) Dem steht nicht entgegen, dass ein Kfz-Händler, der sich --wie hier die [X.] bei der Veräußerung von Fahrzeugen an Leasinggesellschaften verpflichtet, die Fahrzeuge am Ende der Leasingzeit zu einem bestimmten, verbindlich festgelegten Preis zurückzukaufen, bei drohenden Verlusten aus einzelnen Geschäften Rückstellungen bilden kann (vgl. dazu [X.]-Urteile vom 15.10.1997 - I R 16/97, [X.]E 184, 439, [X.] 1998, 249; vom 25.07.2000 - VIII R 35/97, [X.]E 193, 93, [X.] 2001, 566). Zu solchen Verlusten kann es im Streitfall schon nicht kommen, da die Klägerin das Restwertrisiko aus dem Rückerwerb der Leasingfahrzeuge regelmäßig durch die Zusage, die [X.] an [X.] zu entrichten, in voller Höhe abgedeckt hat.

c) [X.]uf die Frage, ob die [X.] beim späteren Erwerb des Leasingrückläufers zu dessen [X.]nschaffungskosten gehören können (vgl. [X.]-Urteil vom [X.], [X.], 124, [X.] 2020, 44) und dies dazu führen muss, dass sie, wie das F[X.] und das [X.] angenommen haben, nicht passiviert werden dürfen, oder eine Rückstellung passiviert werden darf, weil es sich bei den [X.]n vor dem Rückerwerb um [X.]nschaffungskosten eines nicht abnutzbaren immateriellen Wirtschaftsguts "Restwertabsicherung" handelt, das von der Klägerin im Gegenzug zu aktivieren und erst beim Rückerwerb nach [X.]blauf der [X.] des jeweiligen Kfz erfolgswirksam aufzulösen wäre, kommt es deshalb nicht mehr an.

3. Die streitgegenständliche Körperschaftsteuerfestsetzung für das Streitjahr vom 01.06.2016 erweist sich danach im Ergebnis als zutreffend, so dass das [X.] die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen hat. Die Entscheidung des [X.] stellt sich mithin aus anderen Gründen als richtig dar, so dass die Revision nach § 126 [X.]bs. 4 [X.]O als unbegründet zurückzuweisen ist.

4. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 90 [X.]bs. 2, § 121 Satz 1 [X.]O).

5. [X.] beruht auf § 135 [X.]bs. 2 [X.]O.

Meta

XI R 20/20

13.09.2023

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Thüringer Finanzgericht, 17. Juni 2020, Az: 4 K 460/17, Urteil

§ 8 Abs 1 S 1 KStG 2002, § 4 Abs 1 S 1 EStG 2009, § 5 Abs 1 S 1 EStG 2009, § 5 Abs 4a S 1 EStG 2009, § 5 Abs 4b S 1 EStG 2009, § 6 Abs 1 Nr 2 EStG 2009, § 238 HGB, § 238ff HGB, § 247 Abs 1 HGB, § 249 Abs 1 S 1 HGB, § 255 Abs 1 S 1 HGB, § 90 Abs 2 FGO, § 107 FGO, § 121 S 1 FGO, § 126 Abs 2 FGO, § 135 Abs 2 FGO, § 135 Abs 4 FGO, EStG VZ 2013, KStG VZ 2013, § 320 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.09.2023, Az. XI R 20/20 (REWIS RS 2023, 9776)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9776

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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