Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2011, Az. 2 StR 616/10

2. Strafsenat | REWIS RS 2011, 7525

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 [X.]
vom
14.
April 2011

Nachschlagewerk: ja
[X.]R: ja
[X.]St: nein
Veröffentlichung: ja

StGB §
263 Abs.
1

Zur Schadensfeststellung bei betrügerischer Kapitalerhöhung.

[X.], Beschluss vom 14.
April 2011 -
2 [X.] -
LG [X.]

in der Strafsache
gegen

wegen
Betrugs

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 14.
April 2011 gemäß §
349 Abs.
4 StPO beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] [X.] vom 9.
Juni 2010 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betrugs in 78 rechtlich zu-sammenfallenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision
des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg (§
349 Abs. 4 StPO).

I.
1.
a) Nach den Feststellungen des [X.] entwickelte der Ange-klagte Ende der 1990er Jahre die Idee, durch den "Verkauf von Aktien" Geld für einen von ihm geplanten [X.] zu gewinnen. Zu diesem Zweck erwarb er im Jahre 2001 die nicht börsennotierte, vermögenslose L.

AG als Alleinak-1
2
-
3
-
tionär und wurde deren alleiniger Vorstand. Den Aufsichtsrat der L.

AG berief er ab und ersetzte ihn durch ihm nahe stehende Personen. Auf Anraten eines Rechtsanwalts verschaffte sich der auf dem Gebiet des [X.] völlig unerfahrene Angeklagte in der Folgezeit Geld von Anlegern, indem er mehrfach das Grundkapital der L.

AG gegen Bareinlage im Wege der Ausgabe von Vorzugsaktien, teils auch Inhaberaktien, erhöhte bzw. zu erhöhen vorgab.
Die Aktien ließ er in der [X.] vom 28. Januar 2002 bis 3. Januar 2005 zu jeweils unterschiedlichen Preisen durch [X.] an Privatanleger ver-treiben. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Zeichnung von Aktien durch 17 Anleger, denen in 78 Fällen Aktien veräußert wurden. Hierbei verein-nahmte die L.

AG 8,258
Mio.

entnahm der Angeklagte in seiner Funktion als Vorstand der L.

AG hiervon
7,74
Mio.

für seine Vorstandstätigkeit und zahlte an die [X.] Provisionen in Höhe von 12
% der jeweiligen Anlagesumme. Die meisten Anleger erhielten vor allem zu Beginn Dividendenzahlungen in zwei-
bis fünfstelliger Höhe.
b)
Den Kapitalerhöhungen lagen nur am Anfang entsprechende Be-schlüsse der Hauptversammlung zugrunde (Kapitalerhöhungsbeschlüsse vom 7.
November 2001, 8.
März 2002 und 22.
November 2002). Für zwei weitere Kapitalerhöhungen in den Jahren 2003 und 2004 fehlten die notwendigen Kapi-talerhöhungsbeschlüsse. Lediglich die Durchführung der ersten Kapitalerhö-hung vom 7.
November 2001 wurde am 24.
September 2002 mit einem Betrag von 1,547 Mio.

Eintragung weiterer Kapitalerhöhungen unterblieb, da -
was hierfür erforderlich gewesen wäre
-
die an die L.

AG geleisteten Einlagezahlungen der Anleger dem Handelsregister aufgrund der Entnahmen des Angeklagten nicht nachge-wiesen werden konnten.
3
4
-
4
-
c)
Der Angeklagte ließ in seiner Funktion als Vorstand einen umfangrei-chen Emissionsprospekt anfertigen, in dem er nicht nur die L.

AG als junges, im Aufbau befindliches Immobilienunternehmen darstellte, sondern auch auf die Möglichkeit des Totalverlustes des eingesetzten Kapitals hinwies. Mit dem Emissionsprospekt bzw. einem entsprechenden [X.] warb der Ange-klagte über die [X.] für den Kauf von Vorzugsaktien der L.

AG, deren Börsengang er für die [X.] in Aussicht stellte. Den Emissions-prospekt passte der Angeklagte bei den jeweiligen Kapitalerhöhungen inhaltlich an.
Ein operatives Geschäft entfaltete der Angeklagte zunächst nicht. [X.] gegen ihn gerichteter polizeilicher Ermittlungen im Mai 2002 erkannte er jedoch die Notwendigkeit, gewisse Bemühungen hinsichtlich des prospektierten Börsengangs und des Immobilienerwerbs gegenüber den Anlegern darstellen zu können. Pläne des Angeklagten, den "[X.]" der K.

AG, die nach einem abgeschlossenen Insolvenzverfahren von allen [X.] bereinigt war, zu übernehmen, scheiterten. Ende Dezember 2002 kam es zum einzigen Immobilienerwerb der L.

AG im Tatzeitraum, als diese 90
% der Anteile der Fa. A.

T.

GmbH, die Eigentümerin dreier M.

-Hotels war, übernahm. Den [X.] zu zahlenden Kaufpreis von 3,1
Mio.

r-brachte die L.

AG nur unvollständig, so dass die C.

R.

E.

AG (ehemals K.

AG) im Oktober 2004 die von der L.

AG gehaltenen Anteile an der A.

T.

GmbH erwarb.
d)
Nach Ablauf der [X.] für die zweite Kapitalerhöhung vom 8.
März 2002 war die L.

AG am 31.
März 2003 außerstande, den [X.] nachzuweisen. Infolge dessen entfiel die Wirkung der Zeichnungserklärungen der Anleger, denen deshalb Rückzahlungsansprüche gegen die L.

AG in Höhe der von ihnen geleisteten Zahlungen zustanden. 5
6
7
-
5
-
Hierdurch wurde die L.

AG zahlungsunfähig. Um eine Insolvenz der Gesell-schaft zu verhindern, ließ der Angeklagte gleichwohl den Vertrieb von [X.] fortsetzen. In den [X.] der Anleger ließ er mit fiktiven Daten zwei weitere Kapitalerhöhungsbeschlüsse ausweisen, die tatsächlich nie gefasst worden waren.
e)
In der Folge unterbreitete die Mehrheitseignerin der C.

R.

E.

AG der L.

AG ein bedingtes Übernahmeangebot, das letztlich nicht zustande kam. Gleichwohl ließ der Angeklagte weiterhin Anleger mit einer un-mittelbar bevorstehenden Übernahme durch die C.

R.

E.

AG wer-ben. Erst am 3.
Januar 2005 stellte er schließlich den telefonischen Aktienver-kauf ein.
f)
Am 2.
Juni 2005 kam es zu einer Informationsveranstaltung, bei der den Anlegern ein Tausch von L.

-Aktien in Aktien einer Tochtergesellschaft der C.

R.

E.

AG in Aussicht gestellt
wurde. Tatsächlich wurde ihnen Mitte des Jahres 2006 gegen Rückgabe von L.

-Vorzugsaktien im Verhältnis 3:2 Vorzugsaktien der [X.] Gesellschaft D.S. I.

([X.]) angeboten. Im Gegenzug sollten mit der
Übertragung der Aktien sämtliche Ansprüche gegen die L.

AG abgegolten sein. Nähere Feststellungen zum wirtschaftlichen Hintergrund dieses Tauschangebots hat das [X.] nicht getroffen. Nahezu alle Anleger, die sich
verpflichten mussten, die Aktien der [X.] mindestens 12 Monate zu halten, nahmen das Angebot an. Zum Übertragungszeitpunkt betrug der Kurswert der [X.]-Aktie 8,50

nach Ablauf der Haltefrist 2,50

Vergleichsweg einen erheblichen Anteil der geleisteten Anlagesummen zurück.
2. Das [X.] hat -
ohne dies näher zu erläutern
-
Betrug in 78 rechtlich zusammentreffenden Fällen angenommen. Hierbei hat es dem Ange-8
9
10
-
6
-
klagten die von den [X.]n vorgenommenen Täuschungshandlun-gen mittäterschaftlich (§
25 Abs.
2 StGB) zugerechnet. Hinsichtlich des [X.] hat das [X.] -
auch ohne weitere Darlegung
-
zu Beginn des Tatzeitraums einen nicht näher bezifferten [X.], nach dem Scheitern des Ankaufs der A.

T.

-Anteile und Einzahlun-gen der Anleger auf tatsächlich nicht gefasste Kapitalerhöhungsbeschlüsse einen tatsächlichen Vermögensschaden angenommen.

II.
Die Verurteilung wegen Betrugs hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Es fehlt an der hinreichenden Feststellung eines Vermögensschadens.
1.
a) [X.]. §
263 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfü-gung unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des [X.] führt (Prinzip der Gesamtsaldierung, [X.]St 53, 199, 201 mwN). Maßgeblich ist der [X.]-punkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts [X.] vor und nach der Verfügung ([X.]St 30, 388
f.; [X.] wistra 1993, 265; wistra 1995, 222; NStZ 1999, 353, 354; [X.]St 53, 199, 201). Bei der -
hier vor-liegenden
-
Konstellation eines Betruges durch Abschluss eines Vertrages ist der [X.] auf den [X.]punkt des Vertragsschlusses zu beziehen (Eingehungsschaden). Zu vergleichen sind die wirtschaftlichen Werte der bei-derseitigen Vertragspflichten ([X.]R StGB §
263 Abs.
1 Vermögensschaden 10). Ein Schaden liegt demnach vor, wenn die von dem [X.] wertmäßig höher ist als die ihm dafür gewährte Gegen-leistung unter Berücksichtigung aller mit ihr verbundenen, zur [X.] der Vermö-gensverfügung gegebenen Gewinnmöglichkeiten ([X.]St 30, 388, 390). Zu be-11
12
-
7
-
rücksichtigen ist beim Eingehen von [X.] dabei auch eine täu-schungs-
und irrtumsbedingte Verlustgefahr, die über die vertraglich zugrunde gelegte hinausgeht. Ein darin liegender Minderwert des im [X.] ist unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bewerten (vgl. [X.]St 53, 198, 202
f.; zur Frage der Entbehrlichkeit des Begriffs des Gefährdungsscha[X.]s vgl. [X.] 58.
Aufl. §
263 Rn.
157
f.). Entsprechend der Recht-sprechung des [X.] ([X.], Beschluss
des 2. [X.]s -
2 BvR 2559/08, NJW 2010, 3209, 3220) ist dieser Minderwert konkret [X.] und ggf. unter Beauftragung eines Sachverständigen zur wirtschaftli-chen Schadensfeststellung zu beziffern. Sofern genaue Feststellungen zur [X.] dieses Risikos nicht möglich sind, sind Mindestfeststellungen zu tref-fen, um den dadurch bedingten Minderwert und den insofern eingetretenen wirtschaftlichen Schaden unter Beachtung des Zweifelsatzes zu schätzen. Die-ser zunächst durch die rein rechnerische Gegenüberstellung
der wirtschaftli-chen Werte der gegenseitigen vertraglichen Ansprüche bestimmte Schaden materialisiert sich mit der Erbringung der versprochenen Leistung des Tatopfers ([X.]) und bemisst sich nach deren vollen wirtschaftlichen Wert, wenn die Gegenleistung völlig ausbleibt bzw. nach der Differenz zwischen dem wirtschaftlichen Wert der Leistung und demjenigen der Gegenleistung, soweit eine solche vom Täter erbracht wird ([X.], Beschluss
vom 7.
Dezember 2010 -
3
StR
434/10).
b)
Gemessen daran ist nach den landgerichtlichen Feststellungen ein Vermögensschaden für Zeichnungen bis März 2003
(anders ab April 2003;
s. unten II.1.d) nicht hinreichend nachgewiesen. Für die Beurteilung, ob und in welcher Höhe bei Abschluss der Zeichnungsverträge ein Schaden eingetreten ist, ist der Wert der erworbenen Vorzugsaktien der L.

AG -
zum jeweiligen [X.]
-
maßgebend und dem jeweils zu zahlenden Kaufpreis gegenüberzustellen. [X.] der Aktienwert dem Gegenwert des [X.]
-
8
-
ses, liegt kein Schaden vor. Ob und ggf. in welcher Höhe die gezeichneten [X.] zum [X.]punkt der jeweiligen Zeichnung tatsächlich einen wirtschaftlichen Wert hatten, lässt sich den Feststellungen jedoch nicht entnehmen. Der [X.] vermag daher nicht festzustellen, ob das
[X.] zutreffend von einem Schaden ausgegangen ist.
Ein Schaden in Höhe der jeweiligen Anlagesumme -
wovon das [X.] trotz Annahme eines Vermögensgefährdungsschadens offenbar ausgeht
-
besteht nur dann, wenn die Aktie zum jeweiligen [X.] wertlos war. Zu Beginn des Tatzeitraums (Januar 2002) könnte dies der Fall gewesen sein, da die L.

AG zunächst kein operatives Geschäft betrieb und die Divi[X.]denzahlungen in erster Linie als Anreiz für den Erwerb weiterer [X.] dienten. Ob zu dieser [X.] unter Berücksichtigung der Angaben im Emissi-onsprospekt ein Ertragswert des Unternehmens und damit eine sich daraus ergebende Werthaltigkeit der Aktie festgestellt werden kann, erscheint deshalb zweifelhaft. Soweit aufgrund der dauernden Einzahlung von [X.], die dem Handelsregister bei der Eintragung auch noch in Höhe von 1,547
Mio.

Jahr 2002 nachgewiesen werden konnten, Barvermögen der [X.] war, könnte dies freilich gegen die vollständige Wertlosigkeit der ge-zeichneten Aktien sprechen. Zu bedenken ist allerdings auch, dass die durch Täuschung veranlasste Zeichnung von Aktien zur Anfangszeit mit den Fällen sog. [X.] vergleichbar sein könnte, bei denen Neu-Anlagen zumindest auch verwendet werden, um früheren Anlegern angebliche Gewinne oder Zinsen auszuzahlen. Hier nimmt die Rechtsprechung ohne weitere Diffe-renzierung auch für die Erstanleger einen Schaden in Höhe des gesamten ein-gezahlten Kapitals an, da ihre Chance sich allein auf die Begehung weiterer Straftaten stütze und ihre Gewinnerwartung daher von vornherein wertlos sei (vgl. [X.]St 53, 199, 204 f.; kritisch hierzu [X.] 58.
Aufl. §
263 Rn.
130).
14
-
9
-
Der [X.] braucht dies hier nicht zu entscheiden. Denn jedenfalls ab Mai 2002 ist die Annahme einer vollständigen Wertlosigkeit der Anlage zumindest zweifelhaft. Zu diesem [X.]punkt begann die L.

AG -
orientiert an den Plan-vorgaben des Emissionsprospekts
-
mit der Aufnahme eines Geschäftsbe-triebs, in dessen Folge es im Dezember 2002 zum Erwerb der Anteile an der A.

T.

GmbH kam. Daneben zahlte die L.

AG im August 2002 125.000

.

I.

, im September 2002 1,3
Mio.

.

C.

zum Zwecke der (letztlich allerdings gescheiterten) Übernahme des "[X.]s" der K.

AG und erwarb im November 2002 Aktien der K.

AG im Wert von 185.000

. Hinzu kommt, dass die L.

AG für die (vorüberge-hende) Übernahme der A.

T.

-Anteile jedenfalls größere Teile des raten-weise zu zahlenden Kaufpreises aufgebracht hat. Schließlich weisen die [X.] Veräußerung der A.

T.

-GmbH-Anteile und die wirtschaftlich nicht nä-her nachzuvollziehende Übernahme von werthaltigen [X.]-Aktien mit dem [X.] erfolgten Tausch von L.

-Vorzugsaktien in [X.]-Aktien darauf hin, dass die L.

AG offenbar nicht ohne Wert war. Dies legt -
auch wenn es sich dabei um nach der Zeichnung der Aktien liegende Umstände handelt
-
nahe, dass jedenfalls ein vollständiger Wertverlust der L.

-Aktie ab Mai 2002 nicht gege-ben war.
Das [X.] hätte daher den Wert der Aktie (als Anteil an einem zu bestimmenden Unternehmenswert) zum jeweiligen [X.] ermit-teln müssen, um unter Gegenüberstellung zu den jeweiligen Erwerbspreisen die erforderliche Saldierung vornehmen und die Schadenshöhe in jedem Ein-zelfall konkret beziffern zu können. Es hätte dabei auch das -
täuschungs-
und irrtumsbedingt überhöhte
-
Risiko des Aktienerwerbs und den dadurch verur-sachten Minderwert bewertend berücksichtigen müssen. Die Bewertung von Unternehmen bzw. Aktien erfordert zwar komplexe wirtschaftliche Analysen (vgl. hierzu etwa Großfeld Recht der Unternehmensbewertung 6.
Aufl. 15
16
-
10
-
Rn.
202
ff.; [X.] der Unternehmensbewertung 3.
Aufl. Rn.
201
ff.), insbesondere dann, wenn das Unternehmen -
wie vorliegend der Fall
-
nicht börsennotiert ist und es sich um ein junges Unternehmen handelt (hierzu näher Peemöller aaO Rn.
601
ff.). Dies beruht insbesondere darauf, dass der Ertragswert eines Unternehmens auch in die Zukunft reichende Ent-wicklungen, unter Berücksichtigung von Prospektangaben, erfasst (vgl. näher Großfeld aaO Rn.
982
ff.). Die Einschätzung von Risiken bei der Bewertung im [X.] ist jedoch kaufmännischer Alltag (vgl. im Zusammenhang mit der Bewertung von Forderungen [X.] NJW 2010, 3209, 3219 f.; zu Anlagen auch [X.]St 53, 199, 203, jeweils mit weiteren Nachweisen). Das [X.] hätte sich deshalb sachverständiger Hilfe bedienen können, um unter Beach-tung der gängigen betriebswirtschaftlichen Bewertungskriterien den Aktienwert in jedem der Einzelfälle feststellen zu können.
c)
Die Feststellungen tragen für die [X.] bis März 2003
auch hinsichtlich der Zahlung der [X.]
nicht die Annahme eines Vermögensschadens. Zwar ist es ab der 2. Kapitalerhöhung vom 8.
März 2002, für die die Eintra-gungsfrist am 31.
März 2003 ablief, nicht mehr zu einer Eintragung in das [X.] gekommen, so dass die Anleger keine Aktien erwarben. Erfolgt die Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister nicht bis zum Ende der [X.], entfällt entsprechend §
158 Abs.
2 BGB die Wirkung der Zeichnung ([X.] NJW 1999, 1252, 1253; [X.] [X.] 9.
Aufl. §
185 Rn.
14; [X.] in [X.] 2.
Aufl. §
185 Rn.
25) mit der Folge, dass die Anleger [X.] erlangen und bereits gezahlte [X.] zurückzuge-währen sind. Hätte
der Angeklagte bereits bei der jeweiligen Zeichnung der [X.] durch die Anleger die Vorstellung gehabt, dass es mangels fehlenden Nachweises gegenüber dem Registergericht nicht zur Eintragung in das [X.] kommen könnte, wäre mit der täuschungsbedingten Zahlung der [X.] angesichts eines in Kauf genommenen Entfallens der [X.]
-
11
-
tung ein Schaden anzunehmen. [X.] Feststellungen lassen sich dem Urteil des [X.] jedoch nicht entnehmen.
d)
Dagegen dürfte die Annahme eines Schadens für die ab April 2003 gezeichneten Anlagen, bei denen der Angeklagte Kapitalerhöhungen vor-täuschte, denen kein entsprechender Beschluss der [X.] lag, im Ergebnis nicht zu beanstanden sein. Es kann dahinstehen, ob die Zeichnungserklärungen der Anleger und die Annahme durch die L.

AG vor diesem Hintergrund überhaupt zu wirksamen wechselseitigen Verpflichtun-gen geführt haben (vgl. hierzu [X.] [X.] 9.
Aufl. §
185 Rn.
27; [X.] in
[X.]er Kommentar [X.] 2.
Aufl. §
185 Rn.
36;
[X.] in [X.] 3.
Aufl. §
185 Rn.
62), die im Rahmen der Schadensfeststellung zu saldieren wären. Da der Angeklagte in den [X.] fiktive Kapitalerhöhungsbe-schlüsse angegeben hat und damit erkennbar von Anfang an nicht die Absicht hatte, wirksame Kapitalerhöhungen durchzuführen, ist den Anlegern spätestens mit Erbringung der Zahlungen in dieser Höhe ein endgültiger Schaden entstan[X.]. Sie hatten keine Aussicht, Aktionär zu werden, so dass ein Schaden in Höhe der jeweiligen Zeichnungssumme vorlag. Der den Anlegern zustehende Anspruch auf Rückerstattung bereits geleisteter Einlagen stellt insoweit keine unmittelbare Schadenskompensation, sondern lediglich einen möglichen Scha[X.]sausgleich dar, der
die Annahme eines Schadens unberührt lässt.
Aufgrund der landgerichtlichen Annahme tateinheitlicher Verknüpfung sämtlicher Betrugstaten unterliegt das Urteil jedoch insgesamt der Aufhebung.
2.
Der [X.] weist darauf hin, dass die Verurteilung wegen einer Tat in 78 tateinheitlich zusammen treffenden Betrugsfällen rechtlichen Bedenken [X.]. Das [X.] hat übersehen, dass für jeden Beteiligten von Strafta-ten selbständig zu ermitteln ist, ob Handlungseinheit oder -mehrheit gegeben 18
19
20
-
12
-
ist. Maßgeblich ist dabei der Umfang seines [X.] oder seiner Tatbeiträ-ge. Erfüllt ein Mittäter hinsichtlich aller oder einzelner Taten einer Deliktsserie sämtliche Tatbestandsmerkmale in eigener Person oder leistet er für alle oder einige [X.] zumindest einen individuellen, nur je diese fördernden Tat-beitrag, so sind ihm diese Taten -
soweit nicht natürliche Handlungseinheit vor-liegt
-
als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Allein die organisatorische Einbindung des [X.] in ein betrügerisches Geschäftsunternehmen ist nicht geeignet, die Einzeldelikte der [X.] rechtlich zu einer Tat im Sinne des §
52 Abs.
1 StGB zusammenzufassen (vgl. [X.] NStZ 2010, 103). Erbringt der Täter dagegen im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeldelikte seiner Mittäter gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm diese
gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbei-trag zu einer Handlung im Sinne des §
52 Abs.
1 StGB verknüpft werden. Ob die übrigen Beteiligten die einzelnen Delikte gegebenenfalls tatmehrheitlich be-gangen haben, ist demgegenüber ohne Bedeutung (st. Rspr.,
vgl. [X.]St
49, 177, 182
ff.).
Gemessen daran belegen die Feststellungen jedenfalls keine 78 Strafta-ten des Betrugs. Der Angeklagte hat nicht mit jeder einzelnen Anlagevermitt-lung durch die [X.], von der er im Zweifel keine Kenntnis hatte, eine selbständige Tat begangen, sondern mit jedem neuen Entschluss zur täu-schenden Werbung von Anlegern, die er durch sein Verhalten gegenüber den [X.]n initiierte. Nach den bisherigen Feststellungen liegt es nahe, dass der Angeklagte jedenfalls mit jeder neuen Kapitalerhöhung, womöglich aber auch mit weiteren von ihm veranlassten, auf Irreführung ausgelegten [X.], auch äußerlich einen neuen Entschluss fasste, durch Täuschungen mittels des -
den einzelnen Kapitalerhöhungen jeweils angepass-ten
-
Emissionsprospekts Anleger neu zu werben. Die aufgrund der einzelnen 21
-
13
-
Täuschungsentschlüsse durch die Vermittlung der [X.] zustande gekommenen Anlagegeschäfte werden dabei zu einer Tat verbunden. Für eine Verknüpfung dieser selbständigen Taten zu lediglich einer einzigen Tat, etwa im Sinne eines "uneigentlichen Organisationsdelikts", ist kein Raum. Es handelt sich hinsichtlich des als Mittäter agierenden Angeklagten nicht um bloße [X.] "zur Errichtung, zur Aufrechterhaltung und zum Ablauf eines auf Strafta-ten ausgerichteten Geschäftsbetriebes", sondern um solche, die über die [X.] von [X.]n unmittelbar auf den betrügerischen Vertrieb von Aktien gerichtet waren.
3.
Der neue Tatrichter wird bei der Bemessung der Strafe die erfolgten [X.] genauer als bisher erfolgt zu berücksichtigen haben. Neben den gezahlten Dividenden fällt insbesondere der Umstand ins Gewicht, dass die Anleger für ihre L.

-Aktien im Tausch Aktien der [X.] erhalten haben, deren Wert jerhältnis 3:2 regelmäßig über den [X.] der Geschädigten lag.

Fischer

Schmitt

Berger

Krehl

Eschelbach
22

Meta

2 StR 616/10

14.04.2011

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2011, Az. 2 StR 616/10 (REWIS RS 2011, 7525)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7525

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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