Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.01.2015, Az. 2 AZR 698/12

2. Senat | REWIS RS 2015, 16340

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Gegenstand

Ordentliche Kündigung - Auflösungsurteil - Rechtskraft


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 6. Februar 2012 - 7 [X.]/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten seit April 1977 als Chemielaborant beschäftigt. Die Parteien stritten in mehreren Verfahren ua. über die Wirksamkeit von Kündigungen und einen Auflösungsantrag der Beklagten. Durch ein mittlerweile rechtskräftig gewordenes Urteil des [X.] vom 16. September 2013 (- 7 Sa 1419/12 -) wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien auf Antrag der Beklagten gegen Zahlung einer Abfindung zum 31. März 2007 aufgelöst.

3

Mit der vorliegenden Klage sich hat der Kläger gegen die Wirksamkeit einer „zum nächstmöglichen Termin“ erklärten Kündigung der Beklagten in einem Schriftsatz vom 15. Dezember 2006 gewandt. Er hat gerügt, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Überdies sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden. Der Kläger hat gemeint, die Kündigung sei ihm erst am 18. Mai 2009 im Rechtssinne zugegangen.

4

Er hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 15. Dezember 2006 nicht aufgelöst worden ist.

5

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung gelte gemäß § 7 [X.] als von Anfang an wirksam. Der Kläger habe sie nicht fristgerecht angegriffen.

6

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die Klage gegen die Kündigung vom 15. Dezember 2006 - jedenfalls im Ergebnis - zu Recht abgewiesen. Selbst wenn die Wahrung der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG zugunsten des [X.] unterstellt wird, kann die Klage keinen Erfolg haben. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Kündigung vom 15. Dezember 2006 es hätte auflösen sollen, bestand zwischen den [X.]en kein Arbeitsverhältnis mehr.

8

I. Wegen ihres „erweiterten“ Gegenstands kann einer Kündigungsschutzklage nur stattgegeben werden, wenn das Arbeitsverhältnis nicht bereits vor dem mit der Kündigung angestrebten [X.] geendet hat (vgl. [X.] 18. Dezember 2014 - 2 [X.] - Rn. 22; 5. Oktober 1995 - 2 [X.] 909/94 - zu II 1 der Gründe, [X.]E 81, 111). Zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt muss zwischen den [X.]en noch ein Arbeitsverhältnis bestanden haben ([X.] 18. Dezember 2014 - 2 [X.] - aaO; 5. Oktober 1995 - 2 [X.] 909/94 - aaO). Steht rechtskräftig fest, dass das Arbeitsverhältnis bereits zu einem früheren Zeitpunkt beendet wurde, kann die Klage gegen eine Kündigung, die erst zu einem späteren Zeitpunkt wirken soll, keinen Erfolg haben (für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits vor Zugang der Kündigung vgl. [X.] 27. Januar 2011 - 2 [X.] 826/09 - Rn. 14). Selbst die „Ausklammerung“ der vorgreiflichen Frage, ob ein früher wirkender Beendigungstatbestand vorliegt, aus dem Verfahren über den später wirkenden Tatbestand kommt dann nicht mehr in Betracht. Die Rechtskraft gemäß § 322 ZPO schließt im Verhältnis der [X.]en zueinander eine abweichende gerichtliche Feststellung in einem späteren Verfahren aus (vgl. [X.] 27. Januar 2011 - 2 [X.] 826/09 - Rn. 13; 10. November 2005 - 2 [X.] 623/04 - zu [X.]b aa der Gründe). Dabei kann dahinstehen, ob die Klage in diesem Fall bereits mangels Feststellungsinteresses des Arbeitnehmers unzulässig (in diesem Sinne [X.] 11. Februar 1981 - 7 [X.] 12/79 - zu [X.] 1 der Gründe) oder ob sie unbegründet ist.

9

II. Danach steht einer der vorliegenden Klage stattgebenden Entscheidung die Rechtskraft des Urteils des [X.]s vom 16. September 2013 entgegen. Mit diesem wurde das Arbeitsverhältnis zwischen den [X.]en zum 31. März 2007 aufgelöst. Die Kündigung vom 15. Dezember 2006 sollte das Arbeitsverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt beenden. Die Beklagte hatte sie „zum nächstmöglichen Termin“ erklärt. Dies war frühestens der 30. Juni 2007. Die Formulierung, das Arbeitsverhältnis werde „zum nächstmöglichen Termin“ gekündigt, lässt - ohne dass es Anhaltspunkte dafür gäbe, der Arbeitgeber wolle sich auf einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB berufen - nicht erkennen, dass die Kündigung etwa als außerordentliche (fristlos) erklärt werde. Die betreffende Wendung spricht dafür, dass die Kündigung zu einem erst in der Zukunft liegenden, sich aus der zutreffenden Kündigungsfrist ergebenden Zeitpunkt wirken soll (für eine Kündigung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ vgl. [X.] 10. April 2014 - 2 [X.] 647/13 - Rn. 20). Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund müsste für den Erklärungsempfänger zweifelsfrei die Absicht des Erklärenden erkennen lassen, von der sich aus § 626 Abs. 1 BGB ergebenden besonderen Kündigungsbefugnis Gebrauch zu machen ( [X.] 10. April 2014 - 2 [X.] 647/13 - aaO; 13. Januar 1982 - 7 [X.] 757/79  - zu II 1 der Gründe, [X.]E 37, 267 ). Daran fehlt es hier. Die Beklagte hatte sich zur Begründung der Kündigung erneut auf einen Mangel an [X.] für einen technischen Mitarbeiter, dh. auf betriebliche Umstände berufen. Diese stellen typischerweise keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche, fristlose Kündigung dar. Die ordentliche Kündigungsfrist betrug nach dem Vorbringen der Beklagten, dem der Kläger nicht entgegengetreten ist, zumindest sechs Monate zum Quartalsende.

III. Als unterlegene [X.] hat der Kläger gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Söller    

        

    B. Schipp    

                 

Meta

2 AZR 698/12

29.01.2015

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Offenbach, 4. Mai 2011, Az: 1 Ca 177/09, Urteil

§ 4 KSchG, § 9 KSchG, § 322 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.01.2015, Az. 2 AZR 698/12 (REWIS RS 2015, 16340)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 2064 REWIS RS 2015, 16340

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