Bundessozialgericht, Urteil vom 19.06.2012, Az. B 4 AS 142/11 R

4. Senat | REWIS RS 2012, 5533

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Gegenstand

(Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren - Erstattung von Kosten im Vorverfahren - fehlender Erfolg des Widerspruchs - weder direkte noch analoge Anwendung des § 63 Abs 1 S 2 SGB 10 im Falle einer fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung - kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch)


Tenor

Die Sprungrevisionen der Kläger gegen das Urteil des [X.] vom 15. Juli 2011 werden zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Vorverfahrens.

2

Die Kläger - Vater und seine 1990 geborene Tochter - beziehen mit Unterbrechungen seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] Am 25.3.2010 beantragten sie die Weiterbewilligung der Leistungen. Dem kam der Beklagte durch Bescheid vom 26.3.2010 für den Zeitraum vom 1.5. bis 31.10.2010 nach. Diesen Bescheid änderte der Beklagte in der Folgezeit mehrfach ab. Am [X.] stellte der Beklagte die Höhe der Leistungen des [X.] zu 1 im Zeitraum vom 1.8. bis 31.10.2010 unter Berücksichtigung eines Einkommens der Klägerin zu 2 in Höhe von 500 Euro monatlich neu fest, wogegen der Prozessbevollmächtigte der Kläger am [X.] Widerspruch einlegte. Durch Bescheid vom [X.] änderte der Beklagte die Höhe der Leistungen für den Monat August unter Berücksichtigung der Abrechnung des Verdienstes der Klägerin zu 2 im Monat Juli 2010 und bewilligte der Klägerin zu 2 Leistungen für Unterkunft und Heizung. Am [X.] verfügte der Beklagte eine erneute Änderung der Leistungshöhe, [X.] für den Monat Oktober 2010, weil die Klägerin zu 2 durch die Aufnahme eines Studiums zum 18.10.2010 nunmehr von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ausgeschlossen sei. Hiergegen legte der Prozessbevollmächtigte der Kläger am [X.] Widerspruch ein. Am 7.10.2010 bewilligte der Beklagte den Klägern eine Nachzahlung für den Monat September 2010, nachdem die Klägerin zu 2 eine weitere Entgeltabrechnung vorgelegt hatte. Die Leistungsbewilligung für den Kläger zu 1 im Monat Oktober 2010 änderte er durch Bescheid vom 25.10.2010 unter Berücksichtigung des Einkommens der Klägerin zu 2 erneut ab. Sämtlichen zuvor benannten Bescheiden war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, in der auf die Möglichkeit der Einlegung eines Widerspruchs hingewiesen wurde. Durch Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 verwarf der Beklagte den Widerspruch vom [X.] als unzulässig, weil der Bescheid vom [X.] Gegenstand des Vorverfahrens gegen den Bescheid vom [X.] sei. Die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom [X.] sei insoweit unzutreffend gewesen. Die Erstattung von notwendigen Aufwendungen für dieses Widerspruchsverfahren lehnte er ab. Den Widerspruch gegen die Bescheide vom 23.7., 18.8., 9.9., 7.10. und 25.10.2010 wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 als unbegründet zurück und verfügte eine Erstattung der im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen zu 7/10 auf entsprechenden Antrag.

3

Mit ihrer Klage vor dem [X.] haben die Kläger eine Änderung der Kostenentscheidung in dem Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 betreffend den Widerspruch gegen den Bescheid vom [X.] geltend gemacht. Das [X.] hat die Klagen unter Hinweis auf die Entscheidung des B[X.] vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R - abgewiesen. Ein Kostenerstattungsanspruch scheitere an dem fehlenden Erfolg des Widerspruchs iS des § 63 Abs 1 S 1 [X.]B X. Auch aus § 63 Abs 1 S 2 [X.]B X könnten die Kläger keinen Anspruch herleiten. Eine erweiternde Auslegung dieser Regelung unter Erstreckung auf eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung scheide aus. Ebenso wenig könne der Anspruch auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegründet werden. Das [X.] hat die Sprungrevision zugelassen, weil Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende noch nicht Gegenstand einer derartigen Kostenentscheidung gewesen seien, es jedoch im [X.] sehr häufig dem hier zu entscheidenden Fall vergleichbare Fallkonstellationen gebe.

4

Die Kläger vertreten im Revisionsverfahren die Auffassung, dass der 13. Senat des B[X.] unzutreffend eine analoge Anwendung des § 63 Abs 1 S 2 [X.]B X für den Fall der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung verneint habe. Die vom 13. Senat unter Bezug genommene Vergleichbarkeit der Regelungen des § 63 [X.]B X und § 80 VwVfG sei nicht nachvollziehbar. Auch müsse der besonderen Situation im [X.] Rechnung getragen werden, in der es der Regelfall und nicht die Ausnahme sei, dass die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse mehrfach in einem Bewilligungsabschnitt die Änderung des [X.] erforderlich machten.

5

Die Kläger beantragen,
das Urteil des [X.] vom 15. Juli 2011 aufzuheben und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 28. Oktober 2010 zu ändern sowie den Beklagten zu verurteilen, den Klägern die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Vorverfahrens gegen den Bescheid des Beklagten vom 9. September 2010 zu erstatten.

6

Der Beklagte beantragt,
die Sprungrevisionen zurückzuweisen.

7

Er hält die Ausführungen des 13. Senats des B[X.] im Urteil vom 20.10.2010 für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet.

9

Die [X.]läger haben keinen Anspruch auf die Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid des Beklagten vom [X.]. Die [X.]ostenentscheidung des Beklagten in dem Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 ist rechtmäßig.

1. Die [X.]lage unmittelbar gegen die Entscheidung des Jobcenters im Widerspruchsbescheid über die [X.]osten des Widerspruchsverfahrens war zulässig (zur Trennung von Sach- und [X.]ostenentscheidung vgl zuletzt [X.] vom 19.10.2011 - [X.] [X.]/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; s auch [X.] vom 17.10.2006 - [X.] RJ 66/04 R - [X.] 4-1300 § 63 [X.], RdNr 13). Eines gesonderten Vorverfahrens nach § 78 Abs 1 [X.] hinsichtlich der [X.]ostengrundentscheidung bedurfte es nicht (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 63 RdNr 25, Stand: August 2011). Das Jobcenter war als Behörde, die über den Widerspruch entschieden hat, auch für die [X.]ostenentscheidung zuständig.

2. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist ausschließlich die Entscheidung über die Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 für das Vorverfahren gegen den Ausgangsbescheid vom [X.] betreffend die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] im Monat Oktober 2010. Gegen diesen Widerspruchsbescheid wenden sich die [X.]läger mit ihrem Begehren auf Erstattung der Aufwendungen für das Vorverfahren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage.

3. Die Voraussetzungen für den begehrten Aufwendungsersatz nach § 63 Abs 1 [X.] [X.] sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Nach § 63 Abs 1 [X.] [X.] hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, wenn der Widerspruch erfolgreich ist. Erfolg iS des § 63 Abs 1 [X.] [X.] hat nach der ständigen Rechtsprechung des B[X.] der Widerspruch nur dann, wenn die Behörde ihm stattgibt (vgl [X.] 3-1300 § 63 [X.]; [X.] 4-1300 § 63 [X.], RdNr 15; [X.] 4-1500 § 193 [X.], RdNr 30, vgl zuletzt Entscheidung des erkennenden Senats vom 16.5.2012 - B 4 A[X.]68/11 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Der Widerspruch gegen den Bescheid vom [X.] hatte keinen Erfolg. Der Beklagte hat ihn unter Hinweis auf § 86 [X.] als unzulässig verworfen. Nach § 86 [X.] wird der Verwaltungsakt, der während des Vorverfahrens den bereits angefochtenen Ausgangsbescheid abändert, Gegenstand des Vorverfahrens. So liegt der Fall hier.

Der Bescheid vom [X.] ist Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom [X.] geworden. Im Vorverfahren war mithin vom Beklagten über den Bescheid vom [X.] in der Fassung des Bescheides vom [X.] zu entscheiden. Zwar ist ein Widerspruch gegen den ändernden Bescheid unschädlich (vgl [X.] in [X.]/[X.]/ [X.], [X.], 10. Aufl 2012, § 86 RdNr 4). Andererseits erfolgt grundsätzlich wegen der Einbeziehung des [X.]s in das Vorverfahren jedoch keine gesonderte Entscheidung über den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid. Es ist über diesen "überflüssigen" Widerspruch mit der Entscheidung über den Widerspruch gegen den Ausgangsbescheid zu befinden (vgl [X.] in BeckO[X.] [X.], Stand 1.3.2012, § 86 RdNr 4). Insoweit findet er auch Eingang in die [X.]ostenentscheidung, unabhängig davon, ob die Verwaltung - wie hier - den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid als unzulässig verworfen hat oder nicht. In diesem Sinne kann der "Widerspruch" gegen den Änderungsbescheid zwar grundsätzlich auch erfolgreich sein. Umgekehrt kann er außerhalb des Vorverfahrens gegen den Ausgangsbescheid jedoch keinen Erfolg iS des § 63 Abs 1 [X.] [X.] haben.

4. Die [X.]läger können ihr Begehren auch nicht auf § 63 Abs 1 S 2 [X.] stützen. Nach dieser Regelung zieht auch ein Widerspruch, der nur deswegen nicht erfolgreich war, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift des § 41 [X.] unbeachtlich ist, die [X.]ostenfolge des § 63 Abs 1 [X.] [X.] nach sich. Weder kann diese Regelung unmittelbar herangezogen werden, noch in analoger Anwendung iVm § 41 [X.] in dem Sinne, dass sie auch auf den Mangel einer fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung Anwendung findet. Ebenso wenig kommt ein Anspruch auf Aufwendungsersatz aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in Betracht. Der Senat schließt sich hinsichtlich aller drei Anspruchsgrundlagen der Rechtsprechung des 13. Senats des B[X.] in der Entscheidung vom 20.10.2010 ([X.] R 15/10 R - [X.] 4-1500 § 193 [X.]) an, von deren erneuter Darstellung abgesehen wird.

Auch die vom [X.] genannten Gründe sowie die in der Revisionsbegründung der [X.]läger dargelegten, veranlassen den Senat nicht, von der benannten Rechtsprechung abzuweichen oder bei dem 13. Senat anzufragen, ob er an seiner bisherigen Rechtsauffassung festhalte (§ 41 Abs 3 [X.]).

Soweit die [X.]läger darauf abstellen, dass die verfahrensrechtlichen Unterschiede zwischen § 80 VwVfG und § 63 [X.] eine unterschiedliche Behandlung erforderten, vermag der Senat hieraus nicht zu schließen, dass auch der durch eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung ausgelöste Widerspruch gegen einen Bescheid, der Gegenstand eines Vorverfahrens wird, zum Aufwendungsersatz für das Widerspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid führen muss. Eines Rückgriffs auf die Vergleichbarkeit zu § 80 VwVfG bedarf es insoweit nicht. Der Ausschluss der unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung als Grund für die [X.]ostenfolge auch bei erfolglosem Widerspruch folgt bereits aus dem Wortlaut des § 63 Abs 1 S 2 [X.]. Der 13. Senat weist in der eingangs benannten Entscheidung zutreffend hierauf hin. Der erkennende Senat teilt auch die systematischen Bedenken des 13. Senats gegen eine erweiternde Anwendung des § 63 Abs 1 S 2 [X.]. Zudem stehen [X.] und 2 in einem [X.] zueinander. Die Ausnahmen müssen daher auf die im Gesetz ausdrücklich aufgeführten Gründe beschränkt bleiben. Dies hat auch in der Gesetzesbegründung seinen Niederschlag gefunden, wenn es dort heißt, dass um eine kasuistische Regelung zu vermeiden, besondere Bestimmungen über die [X.]ostentragung bei falscher Rechtbehelfsbelehrung oder falscher Sachbehandlung der Behörde nicht aufgenommen worden seien (BT-Drucks 7/910, [X.], auf die in der Begründung zu § 63 [X.] - dort noch § 61 [X.], BT-Drucks 8/2034, [X.] - Bezug genommen wird).

Auch die von den [X.]lägern aufgezeigten Probleme bei einer Anfechtung eines von der Verwaltung als unzulässig verworfenen und eines weiteren als unbegründet zurückgewiesenen Verwaltungsakts sind kein Grund für die Annahme einer Planwidrigkeit des ausnahmsweisen Verzichts auf den Erfolg des Widerspruchs bei falscher Rechtsbehelfsbelehrung im Hinblick auf das Auslösen eines [X.]ostenerstattungsanspruchs. Insoweit verkennen die [X.]läger, dass mit Erhebung des Widerspruchs ein dem Gerichtsverfahren vorgeschaltetes besonderes Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt wird mit der Folge, dass auch [X.] nach § 86 Abs 1 [X.] kraft Gesetzes zu dessen Gegenstand werden. Solange ein Verwaltungsakt Gegenstand eines Vorverfahrens ist, kann er nicht zugleich auch beim [X.] angefochten werden ([X.] vom 7.10.1987 - 4a [X.]). Die [X.]lage ist vielmehr erst nach Abschluss des Vorverfahrens, etwa durch Zurückweisung des Widerspruchs, durch die [X.] zulässig. Im [X.]lageverfahren ist dann jedoch über sämtliche Bescheide, die Gegenstand des Vorverfahrens geworden sind, zu befinden, sodass auf klägerischer Seite kein Rechtsverlust entstehen kann, auch nicht, wenn zB ein als unzulässig befundener Widerspruch nachträglich als zulässig bewertet werden sollte.

Die von den [X.]lägern angeführte Häufigkeit der Erteilung einer unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung durch die Grundsicherungsträger ist kein überzeugendes Argument für eine von sonstigen Sozialleistungsbereichen abweichende Auslegung des § 63 Abs 1 S 2 [X.]. Dies gilt ebenso für die Erwägung des [X.], im [X.] sei insbesondere wegen der großen "Änderungshäufigkeit" im Laufe eines Bewilligungsabschnitts eine höchstrichterliche Entscheidung im Sinne einer erweiternden Anwendung des § 63 Abs 1 S 2 [X.] erforderlich. Die Regelung des § 63 Abs 1 [X.] gilt nach § 1 [X.] auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Grundsicherungsträger, die ihnen durch das [X.] zugewiesen ist. Insoweit genügt, dass die Aufgabe der Behörde mittelbar durch das [X.]B übertragen ist (vgl Fichte in [X.]reikebohm/ Spellbrink/Waltermann, 2. Aufl 2011, § 1 [X.] RdNr 2; [X.] in [X.]asseler [X.]ommentar, § 1 RdNr 4, Stand 72. Ergänzungslieferung 2012). Abweichungen von den Regelungen des [X.] bedürfen jedoch der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung im [X.] oder im [X.], was im Hinblick auf die [X.]ostenregelung für das Vorverfahren nicht der Fall ist. [X.] quantitative Erwägungen sind nicht geeignet, Abweichungen von den gesetzlich vorgesehenen Regelungen zu rechtfertigen. Der Problematik der fehlenden [X.]enntnis von [X.]n nach [X.] lässt sich durch Akteneinsicht und Überprüfung der Rechtslage mittels anwaltlichen Sachverstandes einfach begegnen. Zumindest kann hieraus kein Argument für die Annahme einer planwidrig fehlenden Ausnahme der falschen Rechtsbehelfsbelehrung von der Regelung des § 63 Abs 1 [X.] [X.] gewonnen werden.

Ebenso wenig kann den Ausführungen der [X.]läger zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gefolgt werden. Sie gehen bereits von einem falschen Ausgangspunkt aus. § 63 [X.] ist nicht geprägt vom "[X.]". Im Gegensatz zu § 193 [X.] kommt es für den Eintritt der [X.]ostenbelastung der Verwaltung für ein Widerspruchsverfahren ausschließlich auf den Erfolg des Widerspruchs an. Dieser in § 63 Abs 1 [X.] [X.] normierte Regelfall wird nur in der genau bezeichneten Situation des § 63 Abs 1 S 2 [X.], also für den Fall der Erfolglosigkeit wegen der Heilung eines Verfahrens- oder Formfehlers nach § 41 [X.] durchbrochen. Hat die Verwaltung mithin den Widerspruch durch eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung "veranlasst", kann bereits von der gesetzlichen Grundkonstruktion kein Raum für einen Aufwendungsersatzanspruch sein. Dies kann auch nicht mittels des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs umgangen werden. Insoweit gilt im Übrigen, wie der 13. Senat in der eingangs benannten Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, dass ein Schadensersatzanspruch in Geld keine Rechtsfolge des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist. Er ist vielmehr auf Naturalrestitution gerichtet, dh auf Vornahme einer Handlung zur Herstellung einer sozialrechtlichen Position im Sinne desjenigen Zustandes, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl [X.] 3-2400 § 28h [X.], RdNr 16).

5. Die [X.]ostenentscheidung des Beklagten in dem Widerspruch vom 28.10.2010 ist nicht deswegen aufzuheben, weil sie im Hinblick auf die Einbeziehung des Bescheides vom [X.] in das Vorverfahren gegen den Bescheid vom [X.] erst mit einer Entscheidung über diesen Widerspruch hätte getroffen werden dürfen. Die [X.]ostenfolge des unzulässigen und damit erfolglosen Widerspruchs iS des § 63 Abs 1 [X.] [X.] ist die Nichterstattung der Aufwendungen des [X.]. Hieran ändert es nichts, dass der Verwaltungsträger im Widerspruchsbescheid gegen den Ausgangsbescheid auch über die [X.]osten eines zum Gegenstand des Vorverfahrens nach § 86 [X.] gewordenen Änderungsbescheids mitzuentscheiden hat. Dem ist der Beklagte hier im Übrigen auch nachgekommen.

6. Die [X.]ostenentscheidung des erkennenden Senats beruht auf § 193 [X.]. Obwohl im Rahmen des § 193 [X.] auch die Veranlassung des Rechtsstreits einen Ermessensgesichtspunkt darstellen kann (vgl hierzu [X.] vom 16.5.2012 - B 4 A[X.]68/10 R), führt die unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung des Beklagten im Bescheid vom [X.] hier nicht zu einer [X.]ostenentscheidung zugunsten der [X.]läger. Sie sind mit ihrem Begehren im Rechtsstreit erfolglos geblieben.

Meta

B 4 AS 142/11 R

19.06.2012

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Detmold, 15. Juli 2011, Az: S 28 AS 2512/10, Urteil

§ 63 Abs 1 S 1 SGB 10, § 63 Abs 1 S 2 SGB 10, § 41 Abs 1 SGB 10, § 86 SGG, § 80 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 19.06.2012, Az. B 4 AS 142/11 R (REWIS RS 2012, 5533)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5533

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