Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.06.2016, Az. 18 W (pat) 77/14

18. Senat | REWIS RS 2016, 10538

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Anweisung und Logik zum Bearbeiten von Textstrings" – zur Zuständigkeit für die Prüfung einer im Beschwerdeverfahren entstandenen Teilanmeldung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 063 894.0

hat der 18. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] am 6. Juni 2016 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], Dipl.-Phys. Dr. [X.] und Dr. -Ing. Flaschke

beschlossen:

1. der Teilungserklärung vom 12. Januar 2016 aus der [X.] 10 2007 045 496.3 entstandenen Patentanmeldung 10 2007 063 894.0 nicht zuständig.

2. Patentanmeldung 10 2007 063 894.0 nicht zuständig.

3. Das aufgrund der Teilung durchzuführende Anmeldeverfahren wird zur weiteren Bearbeitung an das [X.] verwiesen.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

[X.]ie Anmelderin hat am 24. September 2007 beim [X.] unter Inanspruchnahme der Priorität aus der [X.] vom 22. September 2006 Antrag auf Erteilung eines Patents mit der [X.]ezeichnung

2

„Anweisung und Logik zum [X.]earbeiten von Textstrings“

3

gestellt.

4

Mit [X.]eschluss vom 24. Februar 2010 hat die Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des [X.]s die Anmeldung 10 2007 045 496.3 mit der [X.]egründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 in der Fassung des [X.] und des [X.] nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

5

Gegen diesen ihr am 15. März 2010 zugestellten [X.]eschluss hat die Anmelderin mit am 15. April 2010 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz vom 15. April 2010 [X.]eschwerde eingelegt.

6

[X.]er Senat hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2015 mit am 18. Januar 2016 per [X.] zugestellten [X.]eschluss den [X.]eschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des [X.]s vom 24. Februar 2010 aufgehoben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen erteilt:

7

- Patentansprüche 1 - 11, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

8

- [X.]eschreibung, Seiten 1, 3 - 29, 31, eingegangen am 20. [X.]ezember 2007, Seiten 2, 30, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

9

- Figuren 1A - [X.], 2, 3A, [X.], [X.] - F, 4 - 6, eingegangen am 20. [X.]ezember 2007, Figur 3[X.], eingereicht in der mündlichen Verhandlung.

Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2016 hat die Anmelderin die Teilung der Anmeldung 10 2007 045 496.3 gemäß § 39 [X.] erklärt und angeregt, die Teilanmeldung zur weiteren Prüfung an das [X.]eutsche Patent- und Markenamt zurückzuweisen. Mit Schriftsatz vom 12. April 2016 hat sie hierzu Anmeldeunterlagen eingereicht und die Gebühren für die abgetrennte Anmeldung entrichtet.

[X.]as [X.]eutsche Patent- und Markenamt hat unter dem Aktenzeichen 10 2007 063 894.0 die Teilungsakte angelegt.

II.

1. [X.]as [X.]undespatentgericht ist für die Entscheidung über die Teilanmeldung nicht zuständig. [X.]ie Zuständigkeit für die Teilanmeldung liegt beim [X.], sodass die Teilanmeldung zur weiteren [X.]earbeitung an das [X.]eutsche Patent- und Markenamt zu verweisen ist.

[X.]ie gemäß § 39 [X.] wirksame Teilanmeldung ist zwar beim [X.]undespatentgericht anhängig geworden, da die mit Schriftsatz vom 12. Januar 2016 erklärte Teilung während des [X.]eschwerdeverfahrens zur [X.] beim [X.]undespatentgericht eingegangen ist. [X.]ies führt jedoch nicht dazu, dass das Gericht für die Prüfung der Teilanmeldung zuständig ist (ebenso [X.][X.] 12 W (pat) 42/14 – [X.]eschluss vom 13. Mai 2014; 7 W (pat) 44/11 – [X.]eschluss vom 22. November 2013; 7 W (pat) 108/11 – [X.]eschluss vom 30. März 2012; 21 W (pat) 1/09 – [X.]eschluss vom 21. [X.]ezember 2010; a. M. [X.]GH GRUR 1999, 574 ff. – Mehrfachsteuersystem; [X.]GH GRUR 1998, 458 ff. – Textdatenwiedergabe; [X.][X.] 17 W (pat) 6/13 – [X.]eschluss vom 22. Oktober 2013).

[X.]ie gegenteilige Auffassung beruht auf der Annahme, dass es sich bei der Teilung nach § 39 Abs. 1 [X.] um einen der Prozesstrennung nach § 145 ZPO vergleichbaren Vorgang handelt (vgl. [X.]GH GRUR 1999, 574 ff. – Mehrfachsteuersystem; GRUR 1998, 458, 460 – Textdatenwiedergabe). Wie der 21. Senat des [X.]undespatentgerichts in seiner Entscheidung vom 7. [X.]ezember 2010 (21 W (pat) 10/09, [X.], 949 – Teilung einer Patentanmeldung im [X.]eschwerdeverfahren) im Einzelnen dargelegt hat, ist dies jedoch nicht der Fall. [X.]anach entsteht bei einer Teilung nach § 39 [X.] vielmehr ein neuer Verfahrensgegenstand, der im bisherigen Erteilungsverfahren bis zur Erklärung der Teilung keine Rolle gespielt hat. [X.]ementsprechend fällt der Gegenstand der Teilanmeldung auch nicht in der [X.]eschwerde an. [X.]enn der [X.]eurteilung durch das [X.]eschwerdegericht unterliegt ein Rechtsschutzbegehren nur insoweit, als darüber in der Vorinstanz entschieden wurde. Nur in diesem Umfang kommt einer [X.]eschwerde der [X.]evolutiveffekt zu (sog. Anfallwirkung). Sie ist das Mittel, um angegriffene Entscheidungen in der höheren gerichtlichen Instanz nachprüfen zu lassen. Entscheidend ist, dass das Rechtsmittelgericht alleine über das prozessuale Schicksal des erstinstanzlichen Streitgegenstandes entscheidet (vgl. [X.]ay. [X.] NVwZ 2000, 210 f. m. w. N.). [X.]emgegenüber ist die erstmalige Prüfung von Patentanmeldungen – wozu auch die Prüfung einer Teilanmeldung gehört – grundsätzlich Sache des [X.]s. Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den o. g. [X.]eschluss des 21. Senats [X.]ezug genommen, dem sich der erkennende Senat im vollem Umfang anschließt.

[X.]er Senat hält eine Verweisung an das [X.]eutsche Patent- und Markenamt insbesondere auch deshalb für sachgemäß, damit der Anmelderin für die abgetrennte Teilanmeldung zwei Instanzen zur Verfügung stehen (vgl. [X.]usse, [X.], 7. Aufl., § 39 Rn. 27). [X.]ie mit den Teilungsunterlagen eingereichten neuen Ansprüche waren in dieser Form nicht Gegenstand im Prüfungsverfahren der [X.]. Über den Anspruchsgegenstand der Teilanmeldung wurde daher inhaltlich bisher noch nicht entschieden.

Zwar hätte die Anmelderin auch im [X.]eschwerdeverfahren die gemäß Teilungserklärung geltenden Ansprüche hilfsweise einreichen können. [X.]a sie aber die Anmeldung „jederzeit“ bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die [X.] teilen darf, dürfte sie auch ein berechtigtes Interesse daran haben, zur Prüfung „neuer“ Aspekte in einer solchen Teilanmeldung alle Instanzen des Prüfungsverfahrens nutzen zu können.

Ein mangelndes Rechtsschutzbedürfnis wegen Verfahrensverschleppung (vgl. [X.], [X.] 9. Aufl., § 39 Rn. 17) liegt nicht vor, weil die Teilungserklärung keinen Einfluss auf das [X.]eschwerdeverfahren der [X.] hatte.

[X.]a es somit an einer sachlichen Zuständigkeit des [X.]undespatentgerichts zur Entscheidung über die Teilanmeldung mangelt, ist diese durch [X.]eschluss gemäß § 17a Abs. 2 i. V. m. § 13 [X.], § 39 Abs. 1 Satz 3 [X.] an das [X.]eutsche Patent- und Markenamt zu verweisen.

2. [X.]ie Rechtsbeschwerde ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 100 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zuzulassen, da der Senat zwar mit der Rechtsprechung des 21. Senats des [X.]undespatentgerichts übereinstimmt, hiermit aber von der bisherigen Rechtsprechung des [X.]undesgerichtshofs und anderer Senate des [X.]undespatentgerichts abweicht.

[X.]

Gegen diesen [X.]eschluss steht den am [X.]eschwerdeverfahren [X.]eteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu.

Meta

18 W (pat) 77/14

06.06.2016

Bundespatentgericht 18. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.06.2016, Az. 18 W (pat) 77/14 (REWIS RS 2016, 10538)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10538

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

15 W (pat) 5/18 (Bundespatentgericht)


18 W (pat) 180/14 (Bundespatentgericht)

Patentbeschwerdeverfahren – "Aufzeichnungs-Wiedergabegerät" – zur Zuständigkeit für die Prüfung einer im Beschwerdeverfahren entstandenen Teilanmeldung


18 W (pat) 17/17 (Bundespatentgericht)

Patentbeschwerdeverfahren – Teilanmeldung "Universalressourcenzugriffssteuerung" – im Beschwerdeverfahren entstandene Teilanmeldung – Zuständigkeit für die Prüfung liegt …


18 W (pat) 36/14 (Bundespatentgericht)

Patentbeschwerdeverfahren – „Verfahren und Vorrichtung zur Busankopplung sicherheitsrelevanter Prozesse“ – zur Zuständigkeit für die Prüfung …


X ZB 9/18 (Bundesgerichtshof)

Zuständigkeit für patentrechtliche Teilungserklärung - Abstandsberechnungsverfahren


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.