Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.06.2012, Az. I ZR 161/10

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 5679

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

13. Juni 2012

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
HGB § 421 Abs. 1 Satz 2; [X.] Art. 18 Abs. 4 Satz 2
a)
Einem vertraglichen Anspruch des Empfängers gegen den Unterfrachtführer aus §
421 Abs.
1 Satz
2 HGB steht nicht entgegen, dass die Voraussetzungen für eine Haftung des Unterfrachtführers nach §
437 Abs.
1 Satz
1 HGB nicht erfüllt sind, weil der jeweilige [X.] sich aus unterschiedlichen Rechtsverhältnissen ergibt. Der ausführende Fracht-führer im Sinne von §
437 Abs.
1 HGB haftet nach Maßgabe des (Haupt)[X.] zwischen dem Absender und dem vertraglichen ([X.]. Die Haftung des Un-terfrachtführers gegenüber dem Empfänger gemäß §
421 Abs.
1 Satz
2 HGB richtet sich demgegenüber allein nach dem den Empfänger begünstigenden [X.].
b)
Von einem Zubringerdienst im Sinne von Art.
18 Abs.
4 Satz
2 [X.] ist nur dann auszugehen, wenn der Oberflächenbeförderung lediglich eine reine Hilfsfunktion für die Luftbeförderung zukommt. Unterbleibt eine Luftbeförderung auf der Teilstrecke, obwohl eine solche technisch und verbindungsmäßig möglich wäre, hat die Oberflächenbeförderung keine Hilfsfunktion mehr, sondern einen die Luftbeförderung ersetzenden eigenständigen Charakter.
[X.], Urteil vom 13. Juni 2012 -
I [X.] -
OLG [X.]

LG [X.] I

-
2
-
Der I.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 13. Juni 2012 durch die Richter Prof. Dr. Büscher, Pokrant, Prof. Dr.
Schaffert, [X.] und Dr. Löffler

für Recht erkannt:

Auf die Revisionen der Klägerin und der [X.]n wird das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 18.
August 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist [X.] der T.

OHG (im Weiteren: Versicherungsnehmerin) in M.

(Bayern). Sie nimmt das beklagte [X.] aus übergegangenem und abge-tretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin wegen Verlustes von [X.] auf Schadensersatz in Anspruch.
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Die Versicherungsnehmerin schloss mit der [X.]n im Mai 2004 eine Rahmenvereinbarung über Sondertarife für den Versand und Empfang von [X.]en. Dabei teilte die [X.] der Versicherungsnehmerin die Kundennummer 799527 zu, für die sie der Versicherungsnehmerin Sondertarife gewährte. In den Beförderungsbedingungen der [X.]n, die wesentlicher Bestandteil der Rahmenvereinbarung sind, ist bestimmt, dass die [X.] nur Pakete mit ei-nem Wert bis zu 50.000
US-Dollar befördert.

Die Versicherungsnehmerin bestellte im Oktober 2005 bei einem in [X.]/[X.] ansässigen Unternehmen (im Weiteren: [X.]) insge-samt 13
elektronische Schaltungen zum Gesamtpreis von 137.661,75
US-Dollar. In einer von der Versicherungsnehmerin an die [X.] gerichteten "purchase order" vom 27.
Oktober 2005 befand sich unter dem Hinweis "[X.]" der Zusatz "shipments by U.

our account Nbr.
799527". Die [X.] verpackte zwölf der 13 bestellten Schaltungen in zwei Pakete und übergab diese an die für [X.] zuständige Schwestergesellschaft der Beklag-ten zum Transport nach [X.]. [X.] wurde anschließend per Luft-fracht zum [X.] befördert, auf dem die [X.] ein [X.] unterhält. Nach Ankunft der beiden Pakete auf dem [X.] erstellte die [X.] am 27.
November 2005 einen [X.], in dem sie als Rechnungsbetrag 126.178,50
US-Dollar und die Kundennummer der Versicherungsnehmerin vermerkte. Beide Pakete wurden vor der Weiterbeförderung zur Versicherungsnehmerin für eine [X.] geöffnet. Dabei wurde der Inhalt überprüft und festgestellt, dass
es sich um Schaltungen handelte.

Am 1.
Dezember 2005 traf eines der beiden Pakete bei der Versiche-rungsnehmerin ein, das sechs elektronische Schaltungen enthielt. Am nächsten 2
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Tag lieferte die [X.] ein weiteres Paket bei der Versicherungsnehmerin an, in dem sich nicht die noch fehlenden sechs Schaltungen, sondern Muster von Stoffen, Garnen und Knöpfen befanden. Das zweite Paket mit den restlichen sechs Schaltungen wurde nicht mehr aufgefunden.

Die Klägerin zahlte für den Verlust der sechs Schaltungen an ihre Versi-cherungsnehmerin 51.959,09

Kaufpreis für die abhandengekommenen Schaltungen in Höhe von 52.542,80

abzüglich eines Selbstbehalts der Versicherungsnehmerin in Höhe von 511,29

er [X.]n in Höhe von 72,42

Die Versicherungsnehmerin trat ihre wegen des Verlusts des [X.] gegen die [X.] bestehenden Ansprüche an die Klägerin ab.

Die Klägerin ist der Ansicht, zwischen ihrer Versicherungsnehmerin und der [X.]n sei im Wege einer Routing Order ein multimodaler [X.] über die Beförderung der in Rede stehenden Schaltungen von [X.] nach [X.] zustande gekommen. Die [X.] hafte der Versicherungsneh-merin auch als Empfängerin des [X.], weil dessen Verlust während der Lkw-Beförderung vom [X.] zur Versicherungsnehmerin eingetreten sei. Auf gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Haftungsbeschränkungen kön-ne sich die [X.] nicht mit Erfolg berufen, da sie
was unstreitig ist
keine durchgängigen Schnittstellenkontrollen durchführe.

Die Klägerin hat beantragt, die [X.] zur Zahlung von 52.470,38

nebst Zinsen zu verurteilen.

Die [X.] ist dem entgegengetreten und hat das Zustandekommen eines [X.] zwischen ihr und der Versicherungsnehmerin in Abrede gestellt. Die [X.] ist der Meinung, sie hafte auch nicht als Unterfrachtführe-5
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rin, da sie den Transport vom [X.] zur Versicherungsnehmerin aufgrund eines Vertrags mit der in den [X.] ansässigen U.

Inc.
durchgeführt habe. Eine unbegrenzte Haftung für den Verlust des [X.] komme nicht in Betracht, weil der streitgegenständliche Transport den Vorschriften des [X.] unterliege.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die [X.] unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Versicherungsneh-merin von 50% verurteilt, an die Klägerin 26.198,98

(OLG [X.], Urteil vom 18.
August 2010
7
U
2114/10, juris).

Die Klägerin verfolgt mit der vom Senat zugelassenen Revision ihr Kla-gebegehren in dem bislang erfolglos gebliebenen Umfang weiter. Die [X.] erstrebt mit ihrer Revision die vollständige Abweisung der Klage. Beide Parteien beantragen, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

A. Das Berufungsgericht hat angenommen, die [X.] hafte für den Verlust von sechs elektronischen Schaltungen gemäß §§
452, 425 Abs.
1, §
435 HGB grundsätzlich unbeschränkt. Die Haftung sei jedoch nach §
425 Abs.
2 HGB wegen eines Mitverschuldens der Versicherungsnehmerin um 50% gemindert. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt:

Zwischen der Versicherungsnehmerin und der [X.]n sei ein multi-modaler [X.] über die Beförderung des streitgegenständlichen [X.] von der in [X.] ansässigen [X.] zur Versicherungsnehmerin in M.

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zustande gekommen. Die Versicherungsnehmerin habe die Versende-rin bei der Bestellung der elektronischen Schaltungen angewiesen, die Ware durch "U.

" zu versenden und der [X.] hierfür ihre Kundennummer 799527 aus der mit der [X.]n im Mai 2004 geschlossenen [X.] übermittelt.

Die [X.] hafte gemäß §§
452, 425 Abs.
1, §
429 Abs.
1, §
435 HGB unbegrenzt für den der Versicherungsnehmerin durch den Verlust von sechs Schaltungen entstandenen Schaden, der sich unter Berücksichtigung der von der [X.]n geleisteten Zahlung in Höhe von 72,42

u-fe. In dem abhandengekommenen Paket hätten sich sechs Schaltungen mit einem Gesamtwert von 52.542,80

435 HGB, der im Streitfall nicht nach §
452a Satz
1 HGB durch Art.
22 Abs.
3 [X.] ersetzt werde, schulde die [X.] vollen Schadensersatz, weil sie im Hinblick auf die [X.] Schnittstellenkontrollen den Verlust durch eine bewusste Leichtfertigkeit verursacht habe.

Der auf die Klägerin übergegangene und an sie auch abgetretene Scha-densersatzanspruch der Versicherungsnehmerin sei allerdings wegen eines Mitverschuldens der Versicherungsnehmerin, das sich aus einem unterlasse-nen Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens ergebe, ge-mäß §§
452, 425 Abs.
2 HGB um 50% gemindert. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die [X.] oder deren für [X.] zuständiges Schwes-terunternehmen bei der Annahme des abhandengekommenen Pakets den über 50.000
US-Dollar liegenden Wert des Inhalts gekannt hätte.

[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionen der Parteien ha-ben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückver-weisung der Sache an das Berufungsgericht.
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I. Revision der [X.]n

1. Die Revision der [X.]n wendet sich mit Erfolg gegen die Beurtei-lung des Berufungsgerichts, die Versicherungsnehmerin und die [X.] [X.] über die Beförderung der streitgegenständlichen Sendung von [X.] zur Versicherungsnehmerin einen multimodalen [X.] geschlossen.

a) Das Berufungsgericht hat seine Annahme vor allem darauf gestützt, dass die [X.] den gesamten Transport auf der Grundlage der in der Rah-menvereinbarung von Mai 2004 festgelegten Sondertarife für den Versand und den Empfang von Paketen gegenüber der Versicherungsnehmerin abgerechnet hat. Die Inanspruchnahme des [X.]
so das Berufungsgericht
sei da-von abhängig, dass die der Versicherungsnehmerin von der [X.]n zuge-wiesene Kundennummer (799527) Verwendung finde, was im [X.] sei. Die Versicherungsnehmerin habe die [X.] bei der Bestellung der Schaltungen angewiesen, die Ware durch "U.

" befördern zu lassen,
und ihr hierfür die Kundennummer 799527 übermittelt. Der Umstand, dass die Klä-gerin für den konkreten Inhalt der Auftragserteilung durch die [X.] keine unmittelbaren Nachweise habe vorlegen können, stehe der Annahme eines Vertragsschlusses zwischen der Versicherungsnehmerin und der [X.]n nicht entgegen, da die [X.] die beiden Pakete mit den Schaltungen auf dem [X.] unter der Kundennummer der Versicherungsnehme-rin entgegengenommen habe. Zudem sei die [X.] bei der Verzollung des [X.] als Vertreterin der Versicherungsnehmerin aufgetreten. Sie habe für die Verzollung erforderliche Informationen bei der Versicherungsnehmerin einge-holt und diese weitergeleitet.

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b) Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann ein Vertragsschluss zwischen der Versicherungsnehmerin und der [X.] über die Beförderung der streitgegenständlichen Sendung nicht ange-nommen werden. Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung entscheidungserhebliches Verteidigungsvorbringen der [X.] unberücksichtigt gelassen hat.

[X.]) Das Berufungsgericht ist bei dem von ihm angenommenen Vertrags-schluss zwischen der Versicherungsnehmerin und der [X.]n von einer doppelten Stellvertretung ausgegangen: Zum einen habe die [X.] die Versicherungsnehmerin bei der Beauftragung der [X.]n vertreten. Zum anderen habe die für [X.] zuständige U.

-Schwestergesellschaft der [X.] Letztere bei der Annahme des [X.]angebots der Versiche-rungsnehmerin vertreten. Dem kann nicht zugestimmt werden.

Die [X.] hat sowohl in erster als auch in zweiter Instanz geltend ge-macht, sie sei nicht von der Versicherungsnehmerin mit der Beförderung der streitgegenständlichen Sendung von [X.] nach [X.] beauftragt [X.]. Die Revision weist mit Recht darauf hin, dass sich auch aus dem Vortrag der Klägerin kein Sachverhalt ergibt, der den Schluss auf einen Vertragsschluss zwischen der [X.]n und der Versicherungsnehmerin rechtfertigt. Die Kläge-rin hat in den Vorinstanzen nicht dargelegt, dass die [X.] bei der Über-gabe der beiden Pakete an die für [X.] zuständige Schwestergesellschaft der [X.]n auf die zwischen der Versicherungsnehmerin und der [X.]n bestehende Rahmenvereinbarung Bezug genommen oder in anderer Weise gegenüber der Schwestergesellschaft zum Ausdruck gebracht hat, dass sie den [X.] nicht für sich selbst, sondern für die Versicherungsnehme-rin erteile. Dies war ein zentraler Punkt des
Verteidigungsvorbringens
der Be-19
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klagten in den Vorinstanzen, den das Berufungsgericht hätte berücksichtigen müssen. Nach dem nicht bestrittenen Vortrag der [X.]n hat die Versende-rin bei der Auftragserteilung auch nicht gegenüber der Schwestergesellschaft der [X.]n erklärt, dass sie den [X.] nicht dem für [X.] zuständigen U.

-Unternehmen, sondern der [X.]n erteilen wolle. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Versicherungsnehmerin habe die [X.] bei der Bestellung der Schaltungen unter Mitteilung ihrer [X.] 799527 angewiesen, die Ware durch "U.

" zu versenden, rechtfertigt nicht die Annahme, dass es auch zu einem Vertragsschluss zwischen der Ver-sicherungsnehmerin und der [X.]n gekommen ist. Aus der Anweisung der Versicherungsnehmerin ergibt sich nur ganz allgemein, dass "U.

" mit der Be-förderung beauftragt werden sollte und nicht, dass gerade der in [X.] ansässigen [X.]n der [X.] erteilt werden musste. Den Feststellungen des Berufungsgerichts kann auch nicht entnommen werden, dass die [X.] ihre für [X.] zuständige [X.] hatte, für die [X.] auf den Abschluss von Frachtverträgen gerich-tete Erklärungen abzugeben. Die Klägerin hat eine solche Bevollmächtigung auch nicht behauptet. Schließlich hat die Klägerin selbst eingeräumt, dass sie keinen Mitarbeiter ihrer Versicherungsnehmerin als Zeugen dafür benennen könne, dass die [X.] mit der Abholung der streitgegenständlichen Sendung beauftragt worden sei.

bb) Die weiteren vom Berufungsgericht für das Zustandekommen eines [X.] angeführten Umstände rechtfertigen ebenfalls nicht die Annah-me eines Vertragsschlusses zwischen der Versicherungsnehmerin und der [X.].

[X.] Das Berufungsgericht hat der Tatsache, dass die [X.] der Versi-cherungsnehmerin die
Frachtvergütung für den gesamten Transport von der 22
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[X.] [X.] zur [X.] Empfängerin entsprechend der Rah-menvereinbarung in Rechnung gestellt hat, entscheidende Bedeutung für den von ihm angenommenen Vertragsschluss beigemessen. Die Revision rügt mit Recht, das Berufungsgericht habe dabei den Vortrag der [X.]n unberück-sichtigt gelassen, wonach diese der Versicherungsnehmerin die Gesamtfracht im Auftrag von U.

Inc. für die für [X.] zuständigen U.
-Gesellschaft in Rechnung gestellt habe. Die [X.] hat in diesem Zusam-menhang des Weiteren vorgetragen, der Grund für diese Abrechnungsweise bestehe darin, dass bei grenzüberschreitenden Beförderungsaufträgen keine Rechtsbeziehungen zwischen den nationalen U.

-Schwestergesellschaften begründet würden. Vielmehr vermittle U.

Inc. die Auftragserteilun-gen. Sie
die [X.]
sei im Streitfall auch ausschließlich für U.

Inc. tätig geworden. Mit diesem erheblichen Verteidigungsvorbringen der [X.] hat sich das Berufungsgericht ebenfalls nicht auseinandergesetzt. Allein der Umstand, dass die [X.] der Abrechnung die Sondertarife der [X.] zugrunde gelegt hat, rechtfertigt nicht den Schluss, die Versende-rin und die für [X.] zuständige Schwestergesellschaft hätten den [X.] namens der Versicherungsnehmerin und der [X.]n abgeschlossen.

(2) Der weitere Umstand, dass die [X.] bei der Versicherungsneh-merin für die Verzollung erforderliche Informationen eingeholt
und diese weiter-geleitet hat, sagt ebenfalls nichts darüber aus, ob zwischen der Versicherungs-nehmerin und der [X.]n ein [X.] zustande gekommen ist. Die [X.] hat dargelegt, dass sie die genannte Tätigkeit für ihre für [X.] zu-ständige Schwestergesellschaft bzw. in Ausführung des ihr von der U.

Inc. erteilten Auftrags ausgeführt habe. Auch die Tatsache, dass die [X.] im [X.] vom 28.
November 2005 als Vertreterin der Versiche-rungsnehmerin benannt ist, lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass es [X.]
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-
schen der [X.]n und der Versicherungsnehmerin zum Abschluss eines Be-förderungsvertrags über die streitgegenständliche Sendung gekommen ist.

2. Auf den Abschluss eines Beförderungsvertrags zwischen der Versi-cherungsnehmerin und der [X.]n käme es allerdings nicht an, wenn die [X.] auf der Grundlage ihres eigenen Vortrag
Auftragserteilung durch die U.

Inc.

als ausführende Frachtführerin gemäß §
437 Abs.
1 Satz
1 HGB oder nach §
421 Abs.
1 Satz
2 HGB für den Verlust des [X.] ein-stehen müsste. Das Berufungsgericht hat dazu
aus seiner Sicht folgerichtig

keine Feststellungen getroffen.

a) Eine Einstandspflicht der [X.]n nach §
437 Abs.
1 Satz
1 HGB kommt im Streitfall nicht in Betracht. Eine Haftung nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass auf den Hauptfrachtvertrag
nach dem Vortrag der [X.]n ist dies der zwischen der [X.] und der für [X.] zuständigen U.-Gesellschaft geschlossene Beförderungsvertrag
[X.]
Recht zur Anwen-dung kommt, weil sich die Haftung des ausführenden Frachtführers stets am Verhältnis zwischen dem Absender und dem vertraglichen ([X.] und nicht an den vertraglichen Beziehungen des Letzteren zum ausführenden Frachtführer orientiert ([X.], Urteil vom 30.
Oktober 2008
I
ZR
12/06, [X.] 2009, 130 Rn.
24
f. = [X.], 1141). Dass auf den nach Behauptung der [X.]n zwischen der [X.] und der für [X.] zuständigen Schwes-tergesellschaft abgeschlossenen Hauptvertrag [X.] Recht anwendbar sein könnte, ist auf der Grundlage des Parteivortrags nicht ersichtlich.

b) Für eine Haftung der [X.]n käme allerdings auf der Grundlage ih-res Vortrags ein auf die Klägerin übergegangener oder abgetretener (vertragli-cher) Schadensersatzanspruch der Empfängerin gegen die [X.] aus dem [X.] nach §
421 Abs.
1 Satz
2 HGB in Betracht, sofern auf den 25
26
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12
-
[X.] [X.] Recht zur Anwendung käme. Die Unanwendbar-keit von §
437 HGB steht einem solchen vertraglichen Anspruch des [X.] gegen den Unterfrachtführer nicht entgegen, da die Haftung des [X.] gegenüber dem Empfänger aus einem anderen Rechtsverhältnis folgt. Während der ausführende Frachtführer nach Maßgabe des (Haup[X.]
zwischen dem Absender und dem vertraglichen ([X.] haftet, richtet sich die Haftung des Unterfrachtführers ge-genüber dem Empfänger allein nach dem den Empfänger begünstigenden Un-terfrachtvertrag ([X.], Urteil vom 14.
Juni 2007
I
ZR
50/05, [X.]Z 172, 330 Rn.
30; [X.], [X.] 2009, 130 Rn.
29).

Die [X.] hat allerdings geltend gemacht, dass der ihr von der U.

Inc. erteilte Auftrag nicht dem [X.] Recht unterliegt, so dass eine Haftung nach §
421 Abs.
1 Satz
2 HGB nicht in Betracht käme. Die Kläge-rin hat sich demgegenüber darauf berufen, dass auf einen der [X.]n erteil-ten [X.] gemäß Art.
28 Abs.
4 Satz
1 EGBGB [X.] Recht zur Anwendung kommt, weil die [X.] ihren Sitz in [X.] hat und sie hier auch die streitgegenständliche Sendung zur Weiterbeförderung zu der ebenfalls in [X.] ansässigen Versicherungsnehmerin übernommen hat. Sollte es danach im wiedereröffneten Berufungsverfahren auf einen Anspruch aus §
421 Abs.
1 Satz
2 HGB ankommen, wird das Berufungsgericht gegebenenfalls der Frage nachzugehen haben, welchem Recht ein mit der [X.]n abgeschlos-sener [X.] unterliegt.

3. Die Revision wendet sich auch gegen die vom Berufungsgericht fest-gestellte Höhe des durch den Verlust des Pakets entstandenen Schadens. [X.] dringt sie nicht durch.

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13
-
a) Die Revision rügt vergeblich, das Berufungsgericht habe nicht berück-sichtigt, dass die [X.] die von der Klägerin behauptete Aufteilung der Schaltungen auf die beiden Pakete bestritten habe.

b) Unstreitig waren in den beiden auf dem [X.] ange-kommenen Paketen zehn Schaltungen des Typs Barcelona
A
62S Quad Board und zwei Schaltungen des Typs Barcelona
A
67S Quad Board enthal-ten, die auch verzollt wurden. Nach den tatbestandlichen Feststellungen im Be-rufungsurteil enthielt das erste bei der Versicherungsnehmerin angelieferte [X.] vier Schaltungen des Typs Barcelona
A
62S Quad Board und zwei Schal-tungen des Typs Barcelona
A
67S Quad Board. Diese Feststellung hat die [X.] nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag gemäß §
320 Abs.
1 ZPO angegriffen. Sie steht daher aufgrund der Beweiskraft des Tatbestands nach §
314 Satz
1 ZPO fest. Gleiches gilt für die weitere ebenfalls im unstreiti-gen Tatbestand des Berufungsurteils enthaltene
folgerichtige
Feststellung, sechs Schaltungen des Typs Barcelona
A
62S Quad Board mit einem Ge-samtwert von 61.927,20
US-Dollar (=
52.542,80

s-nehmerin nicht ausgeliefert worden und nicht mehr auffindbar. Die Revision rügt daher ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe [X.] Vorbringen zum Nach-teil der [X.]n als unstreitig behandelt.

4. Die Angriffe der Revision gegen die Beurteilung des Berufungsge-richts, die unbeschränkte Haftung der [X.]n gemäß §
435 HGB werde nicht nach §
452a Satz
1 HGB durch Art.
22 Abs.
3 [X.] (Haftung nur bis zu einem Höchstbetrag von 17
und ab 1.
Januar 2010
von
19
Sonderziehungsrechten, je Kilogramm) ersetzt, greifen nicht durch. Es steht nicht fest, dass der Verlust des streitgegenständlichen Pakets während der Luftbeförderung im Sinne von Art.
18 Abs.
1 und 3 [X.] eingetreten ist. Das Paket mit den darin enthaltenen sechs Schaltungen kann auch während der Landbeförderung vom Flughafen 30
31
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-
Köln/[X.] zur Versicherungsnehmerin, die in M.

ansässig ist, abhanden-gekommen sein. Gemäß Art.
18 Abs.
4 Satz
1 [X.] umfasst der Zeitraum der Luftbeförderung grundsätzlich nicht die Beförderung zu Land, zur See oder auf Binnengewässern außerhalb eines Flughafens. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Beförderung bei Ausführung des [X.] zum Zweck der Verladung, der Ablieferung oder der Umladung (Zubringerdienst) erfolgt. In einem solchen Fall wird gemäß Art.
18 Abs.
4 Satz
2 [X.] bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass der Schaden durch ein während der Luftbeförderung [X.] Ereignis verursacht worden ist.

Bei einem Transport vom [X.] in die Nähe von [X.] (M.

) handelt es sich nicht um einen Zubringerdienst im Sinne von Art.
18 Abs.
4 Satz
2 [X.]. Oberflächenbeförderungen gemäß Art.
18 Abs.
4 Satz
2 [X.] kommt lediglich eine reine Hilfsfunktion für die Luftbeförderung zu. Echte Hilfsfunktion hat nur diejenige Oberflächenbeförderung auf einer Teilstre-cke, für die eine Luftbeförderung
beispielsweise wegen Fehlens eines [X.] benachbarten geeigneten Flugplatzes oder in Ermangelung passender Verkehrsverbindungen am Ausgang oder Endpunkt der Teilstrecke
nicht möglich ist. Unterbleibt eine Luftbeförderung auf der Teilstrecke, obwohl eine solche technisch und verbindungsmäßig möglich wäre, hat die Oberflächenbe-förderung keine Hilfsfunktion mehr, sondern einen eigenständigen Alternativ-charakter (vgl. [X.], [X.] Übereinkommen, 2.
Aufl., Art.
18 Rn.
41; Koller, Transportrecht, 7.
Aufl., Art.
18 [X.] 1955 Rn.
13; Müller-Rostin in: Frank-furter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Bd.
3 [X.] Übereinkommen, Art.
18 Rn.
89; [X.], [X.] [2009], S.
73
ff.).

Da die streitgegenständliche Sendung vom [X.] nach [X.]
also in die Nähe des bestimmungsgemäßen Ablieferungsortes

auch per Luftfracht hätte befördert werden können, kommt einer Oberflächen-33
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15
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beförderung per LKW keine bloße Hilfsfunktion
mehr
zu. Sie hat vielmehr im Verhältnis zur vorangegangenen Luftbeförderung einen eigenständigen, die Luftbeförderung ersetzenden Charakter.

5. Ohne Erfolg
wendet sich die Revision der [X.]n auch gegen die vom Berufungsgericht festgelegte Mithaftungsquote der Versicherungsnehme-rin. Die Revision macht insoweit geltend, das Mitverschulden der Versiche-rungsnehmerin hätte mit mehr als 50% bemessen werden müssen, weil zwei Mitverschuldenstatbestände
§
254 Abs.
1 und §
254 Abs.
2 Satz
1 BGB
er-füllt seien. Einen revisiblen Rechtsfehler des Berufungsgerichts hat die Revision damit nicht aufgezeigt.

II. Revision der Klägerin

Die Revision der Klägerin,
die sich gegen die vom Berufungsgericht vor-genommene Kürzung des Schadensersatzanspruchs der Versicherungsnehme-rin um 50% wegen eines unterbliebenen Hinweises auf die Gefahr eines [X.] hohen Schadens richtet, hat ebenfalls Erfolg.

1. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Mitverschulden der Versicherungsnehmerin können schon deshalb keinen Bestand haben, weil die Annahme des Berufungsgerichts zum Zustandekommen eines [X.] zwischen der Versicherungsnehmerin und der [X.]n keinen Bestand hat. Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen ist nicht ausge-schlossen, dass der [X.] zwischen der für [X.] zuständigen U.-Gesellschaft und der [X.] abgeschlossen worden ist.

2. Die Revision der Klägerin wendet sich aber auch mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass 35
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die [X.] oder deren für [X.] zuständige Schwestergesellschaft bei An-nahme der streitgegenständlichen Sendung deren Wert gekannt hätten. Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin nicht berücksichtigt hat, die [X.] habe der [X.] Schwesterge-sellschaft der [X.]n den Wert der Sendung bereits bei Übergabe für eine ordnungsgemäße Ausfuhr-Zollbehandlung der Ware mitgeteilt. Soweit die [X.] [X.]n demgegenüber geltend macht, dem Vortrag der Klägerin könne nicht entnommen werden, dass der Schwestergesellschaft der [X.]n bei Übergabe des [X.] Unterlagen zur Verfügung gestanden [X.], trifft dies nicht zu. Die Revision der Klägerin weist mit Recht darauf hin, dass der Schwestergesellschaft der [X.]n unstreitig die [X.] zusammen mit den beiden Paketen ausgehändigt wurde. Das Berufungsgericht wird gegebenenfalls zu prüfen haben, ob dies für eine rechtzeitige Information der Schwestergesellschaft der [X.]n ausreichend war.

C. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revisionen der Klägerin und der [X.]n aufzuheben. Da die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO), ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen.

Sollte das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu dem Ergebnis gelangen, dass die [X.] und die für [X.] zuständige Schwestergesellschaft
der [X.]n
keinen [X.] mit Wirkung für die Versicherungsnehmerin und die [X.] abgeschlossen haben, wird es [X.] zu prüfen haben, ob sich auf der Grundlage der Rahmenvereinba-rung von Mai 2004 die in Rede stehenden Ansprüche der Versicherungsnehme-rin gegen die [X.] ergeben. Nach Nr. 1 der Rahmenvereinbarung ("Über-blick über die Dienstleistungen") sind die der Versicherungsnehmerin von der 40
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-
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[X.]n angebotenen Dienstleistungen in der jeweils gültigen U.

-
Tariftabelle angeführt. Danach gewährte die [X.] der Versicherungsnehme-rin Sondertarife auch für den Empfang von Paketen (Anlage B der Rahmenver-einbarung Sondertarife). Hierin könnte der Abschluss eines Vertrags über einen Schuldbeitritt der [X.]n zu den Frachtverträgen mit Gesellschaften des
U.

-Konzerns in anderen Ländern liegen, wenn diese Frachtverträge unter Verwendung der von der [X.]n vergebenen Kundennummer
der Versiche-rungsnehmerin geschlossen werden und der Auslieferungsort für [X.] sich bei der Versicherungsnehmerin in [X.] befindet. Die Regelun-gen des Rahmenvertrags könnten auch in dem Sinne aufzufassen sein, dass -
18
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ein gesonderter Vertrag mit der [X.]n für alle Güter zustande kommt, die die [X.] auf dem letzten Teilstück vom Flughafen zur Versicherungsneh-merin befördert.

Büscher

Pokrant

Schaffert

Koch

Löffler
Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom [X.] -
8 [X.] 21444/06 -

OLG [X.], Entscheidung vom 18.08.2010 -
7 [X.] -

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I ZR 161/10

13.06.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.06.2012, Az. I ZR 161/10 (REWIS RS 2012, 5679)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5679

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