Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2011, Az. XII ZB 561/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1985

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 561/10

vom

26. Oktober 2011

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 511 Abs. 2, 4
Hat das erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen, die Berufung nach §
511 Abs.
4 Satz
1 Nr.
1 ZPO zuzulassen, weil es von einer über 600

Beschwer ausgegangen ist, und hat das Berufungsgericht diese Entscheidung [X.], weil es von einer geringeren Beschwer ausgegangen ist (vgl. [X.] vom 21.
April 2010 -
XII
[X.] 128/09
-
FamRZ
2010, 964 und vom 23.
März 2011 -
XII [X.] 436/10
-
FamRZ 2011, 882), kann das Rechtsbeschwerdegericht nicht überprüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen des §
511 Abs. 4 Satz
1 Nr.
1 ZPO zutreffend beurteilt hat und eine Zulassung der Berufung geboten gewe-sen wäre.

[X.], Beschluss vom 26. Oktober 2011 -
XII [X.] 561/10 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 26. Oktober 2011 durch die Richter Dose, Weber-Monecke, [X.], Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des
Oberlandesge-richts [X.]
-
2.
Zivilsenat
-
Familiensenat
-
vom 4.
Oktober
2010
wird auf Kosten der
Klägerin
verworfen.
[X.]: 600
Euro

Gründe:
I.
Die Parteien streiten über die
Auskunftspflicht der
Klägerin.
Die
Klägerin
ist auf die Widerklage des
Beklagten
hin durch Teilurteil des Amtsgerichts zur Auskunftserteilung verurteilt worden.
Das Urteil wurde gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000

Gegen das Teilurteil hat
die
Klägerin
Berufung eingelegt. Das Oberlan-desgericht hat den Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz auf bis zu 600

festgesetzt und die Berufung als unzulässig verworfen.
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der
Klägerin, mit der sie
gel-tend macht, das [X.] habe die Entscheidung über die Zulassung der Berufung nachholen müssen, da das Amtsgericht von einer höheren Be-schwer der
Klägerin
ausgegangen sei und
daher keinen Anlass gehabt
habe, über die Zulassung der Berufung zu entscheiden.
Die Berufung hätte zugelas-1
2
3
4
-
3
-
sen werden müssen, weil das Amtsgericht den Anspruch der Klägerin
auf [X.] Gehör verletzt habe.

II.
Für das Verfahren ist gemäß Art.
111 Abs.
1 [X.] noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor [X.] Zeitpunkt eingeleitet worden ist (Senatsurteil vom 16.
Dezember 2009 -
XII
ZR 50/08
-
FamRZ 2010, 357 Rn.
7).

Die nach §§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, 522 Abs.
1 Satz
4
ZPO statthafte Rechtsbeschwerde der
Klägerin
ist nicht zulässig, weil der allein geltend ge-machte Zulassungsgrund der
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§
574 Abs.
2 Nr.
2 ZPO)
nicht vorliegt.
1. Unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung ist eine Rechtsbeschwerde zulässig, wenn einem Gericht bei der Rechtsanwendung Fehler unterlaufen, die die Wiederholung durch dasselbe Gericht oder die Nachahmung durch andere Gerichte erwarten lassen, und wenn dadurch so schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung zu entstehen oder fortzubestehen drohen, dass eine höchstrichterliche Leitent-scheidung notwendig ist. Dabei muss es sich um einen Rechtsfehler von [X.] Bedeutung handeln ([X.]Z 152, 182
= NJW 2003, 65, 66
f.). Diese Voraussetzungen sind also nicht schon dann erfüllt, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts fehlerhaft ergangen ist ([X.]Z 154, 288
= NJW 2003, 1943, 1945). Ein schwerer, das Vertrauen der Allgemeinheit in eine funktionierende Rechtsprechung gefährdender Rechtsfehler liegt erst dann vor, wenn das [X.] bei der Auslegung oder Anwendung von Vorschriften des materiel-5
6
7
-
4
-
len Rechts oder des Verfahrensrechts gegen grundlegende, verfassungsrecht-lich abgesicherte Gerechtigkeitsanforderungen verstoßen hat und die Entschei-dung deswegen von [X.] wegen der Korrektur bedarf. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer [X.] des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürver-bot (Art.
3 Abs.
1 GG) oder auf einer Verletzung der Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers -
insbesondere des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art.
103 Abs.
1 GG)
-
beruht ([X.]Z 154, 288
= NJW 2003, 1943, 1946). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
a)
Nach
ständiger
Rechtsprechung des [X.] ist
für die Bemessung des Werts des [X.] bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung das Interesse des [X.] maßgebend, die [X.] nicht erteilen zu müssen. Dabei ist -
von dem Fall eines besonderen Ge-heimhaltungsinteresses abgesehen
-
auf den Aufwand an Zeit und Kosten ab-zustellen, den die
sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (Senatsbeschlüsse vom 22.
April 2009 -
XII
[X.] 49/07
-
FamRZ 2009, 1211 Rn.
9 mwN
und vom 31.
Januar 2007 -
XII
[X.] 133/06
-
FamRZ 2007, 714
Rn.
4; [X.]Z -
GSZ
-
128, 85
= NJW 1995, 664
f.).

b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung beachtet.
Dass das Berufungsgericht bei der Festsetzung des [X.]s von einem erforderlichen Zeitaufwand für die Klägerin
von 6 Arbeitsstunden ausgegangen ist und die zusätzlich anfallenden Kosten, etwa für die Fertigung von Kopien, auf 100

m-ten tatrichterlichen Ermessens, das vom Rechtsbeschwerdegericht nur einge-8
9
10
-
5
-
schränkt überprüft werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 31.
Januar 2007 -
XII
[X.] 133/06
-
FamRZ 2007, 714 mwN),
und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffen.
2.
Unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung ist eine Rechtsbeschwerde ferner dann zulässig, wenn die anzufech-tende Entscheidung von der Entscheidung eines höher
-
oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in [X.] Sinne liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und [X.] Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin ei-nen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung auf-gestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt ([X.]Z 154, 288, 292
f. = NJW 2003, 1943). Eine solche Divergenz in Form einer Abweichung des Be-rufungsgerichts von der Rechtsprechung des [X.] ergibt sich hier nicht.
a) Nach der Rechtsprechung des [X.] hat das [X.] -
bevor es die Berufung mangels ausreichender Beschwer verwer-fen darf
-
eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung nachzuholen, wenn das erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen hat, die [X.] nach §
511 Abs.
4 ZPO zuzulassen, weil es von einer Beschwer der
unter-legenen Partei ausgegangen ist, die 600

(Senatsbeschlüsse
vom 23. März 2011 -
XII
[X.] 436/10
-
FamRZ
2011, 882 Rn.
14 und vom 20.
April 2010 -
XII
[X.] 128/09
-
FamRZ 2010, 964 Rn.
18; [X.] Urteil vom 14.
November 2007 -
VIII
ZR 340/06
-
NJW 2008, 218, 219 und Beschluss vom 3.
Juni 2008 -
VIII
[X.] 101/07
-
WuM 2008, 614).
b) Diese Rechtsprechung des [X.] stand hier einer Ver-werfung der Berufung indes nicht entgegen.
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13
-
6
-
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Amtsgericht im Hinblick auf die
Höhe der
von ihm festgesetzten Sicherheitsleistung
von der Anfechtbarkeit sei-ner Entscheidung
ausgegangen ist und deshalb über die Zulassung der [X.] nicht ausdrücklich entschieden hat (vgl. auch Senatsbeschluss vom 26.
Oktober 2011 -
XII
[X.] 465/11
-
zur Veröffentlichung bestimmt).

Denn das Berufungsgericht, das die Beschwer lediglich auf bis zu 600

festgesetzt hat, hat die Entscheidung über eine Zulassung der Berufung nach §
511 Abs.
4 ZPO jedenfalls nachgeholt
(vgl. hierzu auch [X.] Urteil vom 10.
Februar 2011 -
III
ZR 338/09
-
NJW
2011, 926). In den Gründen des
ange-griffenen Beschlusses
führt das Berufungsgericht aus, dass eine nachträgliche Zulassung der Berufung nicht veranlasst sei, weil keine Zulassungsgründe nach §
511 Abs.
4 ZPO vorlägen.
Dies zeigt, dass das Berufungsgericht die erstin-stanzliche Zulassungsentscheidung nach §
511 Abs.
2, 4
ZPO nachholen [X.], weil
es den [X.] anders als das Amtsgericht in geringerer Höhe festgesetzt hatte. Eine Abweichung von der Rechtsprechung des [X.] liegt daher nicht vor.
c) Soweit die Rechtsbeschwerde die Auffassung vertritt, das Berufungs-gericht hätte die Berufung zulassen müssen, weil das Amtsgericht den An-spruch der Klägerin
auf rechtliches Gehör verletzt habe, kann sie damit im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden. Die Entscheidung über die Zulassung der
Berufung ist
grundsätzlich unanfechtbar
(MünchKomm-ZPO/[X.] 3.
Aufl. §
511 Rn.
88; [X.]/[X.] ZPO 29.
Aufl. §
511 Rn.
41; Musielak/[X.] ZPO 8.
Aufl. §
511 Rn.
42).
Dies gilt auch dann, wenn die Zulassungsentscheidung vom Berufungsgericht nachgeholt wurde.
Das 14
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-
7
-
Rechtsbeschwerdegericht kann daher nicht überprüfen, ob das Berufungsge-richt die Voraussetzungen des §
511 Abs.
4 Nr.
1 ZPO zutreffend beurteilt hat und die Zulassung der Berufung geboten gewesen wäre.

Dose

Weber-Monecke

Ri[X.] Dr.
Klinkhammer

ist im Urlaub und deswegen

an einer Unterschrift gehindert.

Dose

Schilling

Günter

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.03.2010 -
1 F 720/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 04.10.2010 -
2 UF 574/10 -

Meta

XII ZB 561/10

26.10.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2011, Az. XII ZB 561/10 (REWIS RS 2011, 1985)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1985

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