Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.04.2010, Az. XII ZB 128/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 7407

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[X.]BESCHLUSS [X.] 128/09 vom 21. April 2010 in der Familiensache

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 511 Abs. 2, 4 Hat das erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen, die Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil es von einer Beschwer über 600 • ausgegangen ist, und hat das Berufungsgericht diese Entscheidung nicht [X.], obwohl es von einer geringeren Beschwer ausgegangen ist (vgl. [X.] Urteil vom 14. November 2007 - [X.]/06 - NJW 2008, 218 und Beschluss vom 3. Juni 2008 - [X.]/07 - [X.], 614), kann das Rechtsbeschwerdegericht im Rahmen der Erheblichkeit dieses Verfahrensfehlers prüfen, ob eine Zulassung der Berufung geboten gewesen wäre. [X.], Beschluss vom 21. April 2010 - [X.] 128/09 - OLG [X.]

AG Rendsburg - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 21. April 2010 durch die [X.] Richterin [X.], die Richterin [X.] und [X.], Schilling und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. [X.] des [X.] in [X.] vom 6. Juli 2009 wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Beklagte verurteilt ist, der Klägerin für die [X.] vom [X.] bis zum 31. Dezember 2007 Auskunft über sein Ein-kommen durch Vorlage von Einnahme-/Überschussrechnungen oder ersatzweise von Bilanzen zu erteilen. Von den Kosten der Rechtsmittelverfahren haben die Klägerin 1/3 und der Beklagte 2/3 zu tragen. [X.]: 300 • Gründe: Die [X.]en streiten über eine Auskunftspflicht des Beklagten zur Vorbe-reitung des Anspruchs der Klägerin auf Trennungsunterhalt. 1 Die [X.]en hatten am 5. September 1986 geheiratet und leben seit [X.] 2006 dauernd getrennt. Mit Urteil vom 17. Juli 2008 wurde ihre Ehe ge-schieden; die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. 2 - 3 - Der Beklagte ist als Zahnarzt tätig, die Klägerin war in seiner Praxis an-gestellt. Mit notariellem Vertrag vom 23. Februar 2007 haben sich die [X.]en u.a. über den Trennungsunterhalt und den nachehelichen Unterhalt verständigt. Der Beklagte hat sich verpflichtet, an die Klägerin Trennungsunterhalt sowie nachehelichen Unterhalt bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres der [X.] Tochter in Höhe von monatlich 1.700 • zu zahlen. Zugleich hatten die [X.]en versichert, "sich über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse wechselseitig Auskunft erteilt zu haben". Die Klägerin begehrt über den im [X.] vereinbarten Trennungsunterhalt hinaus weiteren Trennungsun-terhalt, weil die Vereinbarung einen unzulässigen Verzicht auf künftigen Unter-halt enthalte. 3 Der Beklagte ist im Besitz der Einnahme-/Überschussrechnungen für die Kalenderjahre 2005 bis 2007. Die Steuerbescheide für die Jahre 2005 und 2006, in denen die [X.]en noch gemeinsam veranlagt wurden, hatte die Klä-gerin bereits mit der Klageschrift eingereicht. 4 Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, 5 "der Klägerin für den [X.]raum vom 1. Mai 2005 bis zum 31. Dezember 2007 Auskunft über sein Einkommen durch Vorlage von Einnahme-/ Überschussrechnungen oder ersatzweise Bilanzen zu erteilen." Das Berufungsgericht hat den Streitwert für den [X.] auf bis zu 300 • festgesetzt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat es die Gegen-vorstellung des Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung zurückgewiesen und dessen Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbe-schwerde des Beklagten. 6 - 4 - Im Verfahren der Rechtsbeschwerde hat die Klägerin ihren Auskunftsan-trag hinsichtlich der Einkünfte während der [X.] vom 1. Mai bis 31. Dezember 2005 zurückgenommen und den Antrag nur noch für die [X.] und 2007 aufrechterhalten. 7 II. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, aber nicht zulässig, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeu-tung hat noch eine Entscheidung des [X.] zur Fortbil-dung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfor-dert (§ 574 Abs. 2 ZPO). 8 1. Die Rechtsbeschwerde ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung noch zur Fortbildung des Rechts zulässig. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des [X.] geklärt. 9 a) Nach der Rechtsprechung des [X.] ist für die Bemes-sung des Wertes des [X.] das Interesse des Rechtsmit-telführers maßgebend, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist - von dem vorliegend nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinte-resses abgesehen (vgl. insoweit [X.]sbeschluss [X.] 164, 63, 66 ff. = [X.], 1986 f.) - auf den Aufwand an [X.] und Kosten abzustellen, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert ([X.]sbeschluss vom 31. Januar 2007 - [X.] 133/06 - FamRZ 2007, 714; [X.] - [X.] - 128, 85, 87 f.). 10 b) Die Klägerin hat ihren Auskunftsantrag hinsichtlich der Einkünfte des Beklagten in der [X.] von Mai bis Dezember 2005 im [X.] - 5 - ren wirksam zurückgenommen (vgl. insoweit [X.] 14, 210, 211 f. und [X.] Beschluss vom 19. Oktober 1988 [X.] Œ [X.]R ZPO § 269 Abs. 1 Einwilligung 1). Die Zustimmung des Beklagten zur teilweisen Klagrücknahme gilt nach § 269 Abs. 2 Satz 4 ZPO als erteilt, weil er dieser trotz Belehrung über die Folgen nicht binnen zwei Wochen widersprochen hat. Die Klägerin verfolgt ihren Antrag somit nur noch hinsichtlich der Einkünfte des Beklagten in den Jahren 2006 und 2007 weiter (vgl. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO). 2. Eine Entscheidung des [X.] ist nicht zur Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. 12 a) Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn einem Gericht bei der Rechtsanwendung Fehler unterlaufen sind, die die Wiederholung durch [X.] oder die Nachahmung durch andere Gerichte erwarten lassen, und wenn dadurch so schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung zu entstehen oder fortzubestehen drohen, dass eine höchstrichterliche Leitent-scheidung notwendig ist. Dabei muss es sich um einen Rechtsfehler von sym-ptomatischer Bedeutung handeln ([X.] 152, 182, 187 = NJW 2003, 65). Diese Voraussetzungen sind also nicht schon dann erfüllt, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts, gemessen an der Rechtsprechung des [X.]s, fehlerhaft ergangen ist ([X.] 154, 288, 293 = NJW 2003, 1943). Ein schwerer, das [X.] der Allgemeinheit in eine funktionierende Rechtsprechung gefährdender Rechtsfehler liegt erst dann vor, wenn das Berufungsgericht bei der Auslegung oder Anwendung von Vorschriften des materiellen Rechts oder des [X.] gegen grundlegende, verfassungsrechtlich abgesicherte Gerechtigkeits-anforderungen verstoßen hat und die Entscheidung deswegen von [X.] wegen der Korrektur bedarf. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Rechtsbe-schwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des allgemeinen Gleichheits-13 - 6 - satzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) oder auf einer Verletzung der Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers - insbesondere des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) - be-ruht ([X.] 154, 288, 296 = NJW 2003, 1943). Auch solches ist hier aber nicht der Fall: 14 Der Beklagte wird durch das angefochtene Urteil, soweit das Verfahren nach teilweiser Klagrücknahme noch rechtshängig ist, nicht in einem über 300 • hinausgehenden Umfang beschwert. Danach ist er noch verpflichtet, Auskunft über sein Einkommen für die [X.] vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2007 durch Vorlage von Einnahme- und Überschussrechnungen oder ersatz-weise Bilanzen zu erteilen. Unstreitig liegen dem Beklagten seine Einnahme- und Überschussrechnungen für die [X.] und 2007 bereits vor. Um seiner noch fortbestehenden Verpflichtung aus dem Urteil des [X.], muss er davon lediglich Ablichtungen anfertigen und diese mit einer geordneten Aufstellung über die erzielten Einkünfte in der [X.] von Januar 2006 bis Dezember 2007 an die Klägerin übersenden. Dadurch entstehen allenfalls Kosten, die 300 • nicht erreichen. b) Unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung ist eine Rechtsbeschwerde ferner dann zulässig, wenn die anzufech-tende Entscheidung von der Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in die-sem Sinne liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und [X.] Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin ei-nen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung auf-gestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt ([X.] 154, 288, 292 f. = NJW 2003, 1943). Eine solche Divergenz in Form einer Abweichung des [X.] - 7 - rufungsgerichts von der Rechtsprechung des [X.] ergibt sich hier nicht. 16 aa) Zwar hat das Berufungsgericht - bevor es die Berufung mangels aus-reichender Beschwer verwerfen darf - eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung nachzuholen, wenn das erstinstanzliche Gericht davon [X.] ist, dass die Beschwerde der unterlegenen [X.] 600 • übersteigt und deswegen keine solche Prüfung vorgenommen hat. Nach § 511 Abs. 2 ZPO ist die Berufung gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile nur zulässig, wenn der Wert des [X.] 600 • übersteigt (Nr. 1) oder das Gericht des ersten [X.] die [X.] im Urteil zugelassen hat (Nr. 2). Gemäß § 511 Abs. 4 ZPO lässt das [X.] des ersten [X.] die Berufung zu, wenn die Rechtssache grund-sätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die unterlegene [X.] durch das Urteil nicht mit mehr als 600 • beschwert ist. 17 Hat das erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen, die [X.] nach § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen, weil es von einer Beschwer der unter-legenen [X.] ausgegangen ist, die 600 • übersteigt, muss das Berufungsge-richt, wenn es von einer geringeren Beschwer ausgeht (zur fehlenden Bindung vgl. [X.] Beschluss vom 9. Juli 2004 - [X.]/04 - NJW-RR 2005, 219 m.w.[X.]), die Entscheidung darüber nachholen, ob die Voraussetzungen für die Zulas-sung der Berufung nach § 511 Abs. 4 ZPO erfüllt sind ([X.] Urteil vom 14. November 2007 - [X.]/06 - NJW 2008, 218, 219 und Beschluss vom 3. Juni 2008 - [X.]/07 - [X.], 614). 18 - 8 - bb) Diese Rechtsprechung des [X.] stand hier einer Ver-werfung der Berufung aber nicht entgegen. 19 20 Zwar hat das Amtsgericht seiner Entscheidung über die vorläufige Voll-streckbarkeit eine Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO hinzugefügt, was im Hinblick auf § 713 ZPO dafür spricht, dass es nicht von einer offensichtlichen Unanfechtbarkeit seines Urteils ausgegangen ist. Das Berufungsgericht, das die Beschwer auf lediglich 300 • festgesetzt hat, hätte deswegen die Entscheidung über eine Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 ZPO nachholen müssen ([X.] Urteil vom 14. November 2007 - [X.]/06 - NJW 2008, 218, 219). Eine solche Entscheidung hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Der [X.] kann die Erheblichkeit der fehlenden Zulassungsentscheidung durch die Instanzgerichte im Rechtsbeschwerdeverfahren selbst prüfen. Die fehlende Prüfung der Zulassung durch die Instanzgerichte ist hier unerheblich, weil eine Zulassung der Berufung ohnehin nicht in Betracht gekommen wäre. Der Beklagte ist der Klägerin nach § 1361 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 1605 BGB zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse verpflichtet. [X.] haben sich die Beteiligten auch im Rahmen des [X.] ge-genseitig Auskunft über ihre Einkünfte und ihr Vermögen zu erteilen, soweit dies zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflich-tung erforderlich ist. Die Auskunftspflicht besteht nach ständiger Rechtspre-chung des [X.]s nur dann nicht, wenn sie den Unterhaltsanspruch unter kei-nem Gesichtspunkt beeinflussen kann ([X.]surteile vom 3. April 1985 - [X.] - FamRZ 1985, 791, 792 f. und vom 7. Juli 1982 - [X.] - FamRZ 1982, 996, 997; vgl. auch [X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der fami-lienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 [X.]. 662). 21 - 9 - Solches ist hier nicht der Fall. Zwar haben die [X.]en eine notarielle Vereinbarung zum Trennungsunterhalt und zum nachehelichen Unterhalt [X.]. Dadurch ist die Klägerin aber nicht gehindert, für die Zukunft - abhängig vom Einkommen des Beklagten - einen weitergehenden Anspruch auf Trennungsunterhalt geltend zu machen. Denn nach § 1361 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. §§ 1360 a Abs. 3, 1614 BGB ist ein Verzicht auf künftigen Trennungsun-terhalt unwirksam (zum Verwandtenunterhalt vgl. [X.]surteil vom 4. März 2009 - [X.] ZR 18/08 - FamRZ 2009, 768, 769 f.). Die Frage, ob der gesetzliche Unterhaltsanspruch der Klägerin über den vereinbarten Trennungsunterhalt hi-nausgeht und die Vereinbarung deswegen einen unwirksamen teilweisen Un-terhaltsverzicht enthält, kann aber nur auf der Grundlage der [X.] des Beklagten beantwortet werden, sodass deren Höhe nach wie vor von Bedeutung ist. 22 Hahne [X.] Dose Schilling Günter Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 30.12.2008 - 13 [X.]/08 - OLG [X.], Entscheidung vom 06.07.2009 - 8 UF 22/09 -

Meta

XII ZB 128/09

21.04.2010

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.04.2010, Az. XII ZB 128/09 (REWIS RS 2010, 7407)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7407

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