Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.06.2023, Az. 2 C 21/21

2. Senat | REWIS RS 2023, 5821

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Tenor

Das Urteil des [X.] vom 29. Oktober 2021 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Anrechnung von [X.] auf die Arbeitszeit an solchen Tagen, an denen der Kläger infolge von Krankheit oder Erholungs- und Sonderurlaub keinen Dienst geleistet hat.

2

Der Kläger steht als Polizeioberkommissar (Besoldungsgruppe [X.]) im Dienst des beklagten [X.]. Er war im streitgegenständlichen Zeitraum als Kontroll- und Streifenbeamter einer Dienstgruppe bei der [X.]polizeiinspektion T. im Dienst zu wechselnden Zeiten eingesetzt. Die Dienstzeiten ergaben sich aus monatlichen Schichtplänen. Im Januar, März und April 2020 wurden die einzuhaltenden [X.] von 30 oder 45 Minuten nur an solchen Tagen auf die Arbeitszeit angerechnet, an denen der Kläger Schichtdienst leistete. An Tagen, an denen er wegen Erkrankung, Erholungs- oder Sonderurlaubs vom Dienst freigestellt war, unterblieb die Anrechnung.

3

Mit Anträgen vom 12. Mai 2020 verlangte der Kläger, ihm für die Monate Januar, März und April 2020 Pausenzeiten von insgesamt 15 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben. Mit Bescheid vom 22. Mai 2020 lehnte die Beklagte dies ab. Der nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verurteilen, ihm diese Stundengutschrift zu erteilen, hilfsweise ihn von Nacharbeit in dem entsprechenden Stundenumfang freizustellen, hat das Verwaltungsgericht im Hauptantrag stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Regelung über die Anrechnung von [X.] auf die Arbeitszeit in der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des [X.] geböten nicht, [X.] auch an solchen Tagen anzurechnen, an denen wegen Erkrankung oder Urlaubs kein Dienst geleistet worden sei. Ein Anspruch des [X.] auf weitere Zeitgutschrift folge auch nicht aus dem aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn abgeleiteten und in den [X.] Regelungen bei entschuldigtem Fernbleiben vom Dienst zum Ausdruck kommenden Grundsatz, dass ausgefallener Dienst nicht ersatzweise nachzuholen sei. Die Beklagte habe die jeweiligen Sollarbeitszeiten gutgeschrieben, die sich aus den im Schichtplan benannten reinen Anwesenheitszeiten abzüglich der [X.] ergeben hätten. Entstehe durch die Nichtberücksichtigung von Pausenzeiten an [X.] Tagen eine Differenz zum gesetzlichen [X.] am Ende eines Monats, werde diese über die Schichtplanung ausgeglichen. Nacharbeit sei nicht zu leisten. Deshalb sei auch der Hilfsantrag unbegründet.

4

Hiergegen wendet sich die vom Berufungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision des [X.], mit der er beantragt,

das Urteil des [X.] vom 29. Oktober 2021 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 7. Dezember 2020 zurückzuweisen.

5

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Berufungsurteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

Die zulässige Revision des [X.] ist mit der Maßgabe begründet, dass das [X.]erufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

7

Zwar hat das [X.]erufungsgericht zu Recht angenommen, dass dem Kläger gemäß § 87 Abs. 3 Satz 1 [X.] i. V. m. § 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Arbeitszeit der [X.]eamtinnen und [X.]eamten des [X.]undes (Arbeitszeitverordnung - [X.]) vom 23. Februar 2006 ([X.]) in der im streitgegenständlichen [X.]raum (vgl. [X.], Urteil vom 29. April 2021 - 2 [X.] 18.20 - [X.]E 172, 254 Rn. 16) geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 4 der [X.] zur Änderung der Arbeitszeitverordnung vom 11. Dezember 2014 ([X.] [X.]), zuletzt geändert durch Art. 49 der [X.] vom 19. Juni 2020 ([X.] I S. 1328), ein Anspruch auf Anrechnung von [X.] auf die Arbeitszeit in [X.]en der krankheits- oder urlaubsbedingten [X.] nicht zusteht (1.). Das [X.]erufungsgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass Anspruchsgrundlage für eine entsprechende [X.]gutschrift der aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn abzuleitende und in den Regelungen der §§ 9 und 9a [X.] zum Ausdruck kommende Grundsatz sein kann, dass krankheits- oder urlaubsbedingt nicht geleisteter Dienst vom [X.]eamten nicht nachzuholen ist (2.). Eine Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) liegt aber darin, dass die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht die Annahme des [X.]erufungsgerichts tragen, auch nach diesem beamtenrechtlichen Grundsatz bestehe kein Anspruch des [X.] auf Gutschrift zusätzlicher Stunden für die [X.]en seiner [X.] (3.). Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO, weil es für eine abschließende Entscheidung über den Hauptantrag des [X.] noch weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf, die der Senat nicht treffen kann (4.).

8

1. Rechtsgrundlage für das [X.]egehren ist § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Da streitgegenständlich hier [X.] sind, in denen der Kläger krankheits- oder urlaubsbedingt keinen Dienst geleistet hat, kommt eine [X.]ewertung als Arbeitszeit nach den Grundsätzen des [X.] vom 13. Oktober 2022 - 2 [X.] 24.21 - (NVwZ 2023, 833 Rn. 12) nicht in [X.]etracht. Die Anrechnung von [X.] als Arbeitszeit ist deshalb nur möglich, soweit mit § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] eine ausdrückliche Rechtsgrundlage besteht. Danach werden [X.] auf die Arbeitszeit angerechnet, wenn die Voraussetzungen des § 17a der Erschwerniszulagenverordnung mit der Maßgabe von monatlich mindestens 35 zu leistenden Nachtdienststunden gegeben sind (Nr. 1), oder die zuständige [X.]ehörde die Anrechnung bei operativen Tätigkeiten in Einsatzbereichen, in denen die ständige Einsatzfähigkeit gewährleistet werden muss, zum Ausgleich der damit verbundenen [X.]elastungen zulässt (Nr. 2). Nach den Angaben der [X.]eklagten werden die Arbeitszeitkonten fortlaufend geführt, sodass eine Gutschrift der Pausenzeiten auch zum jetzigen [X.]punkt möglich ist.

9

a) Allerdings sind auch die Anrechnungstatbestände des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 [X.] bei einer [X.] infolge von Krankheit, Erholungs- oder Sonderurlaub nicht erfüllt. Sie setzen eine tatsächliche Dienstausübung voraus. Eine [X.]gutschrift auch für solche Tage, an denen der [X.]eamte wegen Erkrankung oder Urlaubs keinen Dienst geleistet hat, ist danach ausgeschlossen. Dies folgt aus dem Wortlaut der Norm und dem mit ihr nach der Intention des Verordnungsgebers verfolgten Sinn und Zweck.

aa) [X.]ereits der Wortlaut des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] bringt deutlich zum Ausdruck, dass die Anrechnung von [X.] auf die Arbeitszeit nur erfolgen kann, wenn der [X.]eamte tatsächlich Dienst geleistet hat. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] ermöglicht dem Dienstherrn, ausnahmsweise die Anrechnung von Pausenzeiten auf die Arbeitszeit bei "operativen Tätigkeiten in Einsatzbereichen" zuzulassen, "in denen die ständige Einsatzfähigkeit gewährleistet werden muss". Aus der Formulierung dieser Tatbestandsmerkmale folgt, dass die Anrechnung eine tatsächliche Dienstleistung voraussetzt.

Dieses Verständnis entspricht auch der Intention des Verordnungsgebers. Er hat mit der Einführung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] durch Art. 1 Nr. 4 der [X.] zur Änderung der Arbeitszeitverordnung vom 11. Dezember 2014 ([X.] [X.]) den Zweck verfolgt, eine Kompensation in Form einer [X.]gutschrift für operative Einsatzbereiche zu schaffen, bei denen durch die Dienstgestaltung Zusatzbelastungen hervorgerufen werden, weil [X.] nicht verlässlich planbar und oft nur kurzfristig oder anlassbezogen möglich sind oder angetretene Pausen unter- oder abgebrochen werden müssen. Ziel der Regelung war damit, eine einsatzbedingte tatsächliche individuelle [X.]elastung durch [X.] auszugleichen (vgl. Verordnungsentwurf zur [X.] zur Änderung der Arbeitszeitverordnung 2014, [X.]egründung S. 6).

bb) Der Erlass des zuständigen [X.] zur [X.] zur Änderung der Arbeitszeitverordnung vom 9. Mai 2017 (Aktenzeichen [X.]-30105/2#2), der ergänzende Erlass des [X.], für [X.]au und Heimat vom 25. Juni 2018 (Aktenzeichen [X.] - 30105/1#3) über die generelle Pausenanrechnung in den [X.] bei den [X.]undespolizeiinspektionen sowie die auf der Grundlage des § 16 Satz 2 [X.] ergangene Umsetzungsverfügung des [X.] vom 13. September 2018 (Aktenzeichen [X.] - 11 01 01 - 0028) halten sich in dem durch § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] vorgegebenen Rahmen.

Nach dem vom [X.]erufungsgericht angenommenen Verständnis sehen diese Dienstvorschriften vor, dass die Anrechnung von [X.] auf die Arbeitszeit nur bei tatsächlich wahrgenommenen Dienstgeschäften, nicht aber bei Abwesenheit vom Dienst infolge von Krankheit oder Erholungs- und Sonderurlaub in [X.]etracht kommt. An diese vom [X.]erufungsgericht angenommene Auslegung ist der Senat gebunden. [X.]ei den Dienstvorschriften handelt es sich um Willenserklärungen der [X.]ehörde. Die Ermittlung des Inhalts von Erklärungen im Wege der Auslegung gilt revisionsrechtlich als Tatsachenfeststellung i. S. d. § 137 Abs. 2 VwGO (vgl. zuletzt etwa [X.], Urteil vom 21. Februar 2019 - 2 [X.] 50.16 - [X.] 230 § 126 [X.]RRG Nr. 27 Rn. 15 m. w. N.). Ihre Auslegung unterliegt der revisionsgerichtlichen Prüfung nur insoweit, als es um die Einhaltung allgemeiner Erfahrungssätze, von Denkgesetzen oder sonstigen allgemeinen Auslegungsgrundsätzen geht (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 21. September 1993 - 2 [X.]09.93 - [X.] 310 § 137 VwGO Nr. 181 S. 33, vom 2. Februar 2010 - 2 [X.] 86.09 - [X.] 2011, 33 Rn. 8 und vom 8. Dezember 2022 - 2 [X.]9.22 - NVwZ-RR 2023, 411 Rn. 7). Solche Fehler lässt die Auslegung der Dienstvorschriften durch das [X.]erufungsgericht nicht erkennen.

Verwaltungsvorschriften sind nicht wie Rechtsvorschriften aus sich heraus, sondern als Willenserklärung der anordnenden Stelle unter [X.]erücksichtigung der tatsächlichen Handhabung auszulegen. Maßgebend ist, in welchem Sinne die betreffende [X.]ehörde die von ihr herausgegebenen Richtlinien in einem maßgebenden Punkt verstanden wissen wollte und tatsächlich verstanden und angewandt hat ([X.], Urteile vom 2. Februar 1995 - 2 [X.] 19.94 - [X.] 237.6 § 75 NdsL[X.]G Nr. 3 S. 2 f., vom 2. März 1995 - 2 [X.] 17.94 - [X.] 240 § 17 [X.] Nr. 7 S. 8, vom 10. April 1997 - 2 [X.] 38.95 - [X.] 236.1 § 3 SG Nr. 16 S. 34, vom 21. September 2006 - 2 [X.] 5.06 - [X.] 240 § 40 [X.] Nr. 38 Rn. 19 und vom 17. September 2020 - 2 [X.] 2.20 - [X.]E 169, 254 Rn. 19).

Nach Wortlaut und Sinnzusammenhang der erlassenen Dienstvorschriften der [X.]eklagten bezweckt die darin zugelassene Anrechnung von Pausenzeiten auf die Arbeitszeit, einen Ausgleich für eine tatsächliche [X.]elastung während tatsächlich wahrgenommener Dienstgeschäfte in operativen Einsatzbereichen - wie in den [X.] bei den [X.]undespolizeiinspektionen - oder bei besonderen operativen Einsatzlagen im Einzelfall zu schaffen. Die Anrechnung ist erlaubt, wenn konkrete Einsatzgeschehen im Voraus nicht planbar und der Dienstablauf einschließlich Lage und Dauer der [X.] unvorhersehbar sind. In diesen Fällen kann eine Kompensation in Form einer [X.]gutschrift erfolgen, weil unter solchen Einsatzbedingungen genommene Pausen wegen der zeitlichen und sonstigen [X.]edingungen nicht den Erholungswert einer Ruhepause ermöglichten.

Folglich hat das [X.]undesministerium des Innern, für [X.]au und Heimat die Anfang 2019 im Geschäftsbereich des [X.] festgestellten rechtswidrigen Pausengutschriften mit Erlass vom 8. Juli 2019 (Aktenzeichen [X.]1 - 30105/1#3-VS-NfD) beanstandet und angeordnet, dass eine Pausenanrechnung bei [X.] infolge Krankheit oder Urlaub zu unterlassen und für die Vergangenheit aus Gründen der [X.] ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ab Juli 2019 zu korrigieren ist.

b) Die in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] vorgesehene Anrechnung von [X.] auf die Arbeitszeit, die keiner Zulassungsentscheidung des Dienstherrn bedarf, setzt ebenfalls eine tatsächliche Dienstleistung voraus. Dies folgt zwar nicht bereits aus dem Wortlaut der Norm, aber aus ihrem Sinn und Zweck, die unter Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte und die Gesetzessystematik zu bestimmen sind.

Der Wortlaut der Regelung ist indifferent. Es lässt auch eine Deutung zu, die nicht auf die tagesbezogene [X.]elastung im Dienst, sondern auf eine [X.]elastung abstellt, die für den Kalendermonat auszugleichen ist, wenn in diesem Monat die Voraussetzungen des § 17a Erschwerniszulagenverordnung und das [X.] von 35 Stunden erfüllt sind.

Eine solche Deutung entspricht jedoch nicht der Intention des Verordnungsgebers. Die Ausnahmebestimmung des heutigen § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] wurde durch Art. 4 Nr. 2 der Verordnung zur Änderung von Vorschriften für Dienst zu wechselnden [X.]en vom 20. August 2013 ([X.] I S. 3286) in die Arbeitszeitverordnung als § 5 Abs. 1 [X.] aufgenommen und hat die bis dahin für Wechselschichtdienst geltende Anrechnungsregelung ersetzt. Intention des Verordnungsgebers war es, den Ausgleich in Form der Gutschrift von Pausenzeiten an der tatsächlichen individuellen [X.]elastung im Dienst zu wechselnden [X.]en auszurichten (vgl. Verordnungsentwurf zur Verordnung zur Änderung von Vorschriften für Dienst zu wechselnden [X.]en vom 24. Mai 2013, [X.]egründung S. 1, 15 f.). Diesen, mit der Pausenanrechnung verfolgten Zweck, hat der Verordnungsgeber bei der Einführung der Neuregelung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] durch Art. 1 Nr. 4 der [X.] zur Änderung der Arbeitszeitverordnung vom 11. Dezember 2014 ([X.] [X.]) bekräftigt. Die Neuregelung, die unverkennbar an eine tatsächliche Dienstleistung in operativen Einsatzbereichen anknüpft, hat er damit begründet, dass ein vergleichbares Regelungsinteresse wie in den Fällen des bisherigen § 5 Abs. 1 [X.] 2013 besteht (vgl. Verordnungsentwurf zur [X.] zur Änderung der Arbeitszeitverordnung 2014, [X.]egründung S. 6). Dementsprechend hat der Verordnungsgeber den bisherigen § 5 Abs. 1 [X.] 2013 nunmehr in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] geregelt und damit beide Anrechnungstatbestände in einen engen systematischen Zusammenhang gestellt.

2. Der Anspruch des [X.] auf Gutschrift zusätzlicher Stunden auf dem Arbeitszeitkonto für die [X.] seiner krankheits- und urlaubsbedingten [X.] kann sich aber aus dem aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn abzuleitenden und in den Regelungen der §§ 9 und 9a [X.] zum Ausdruck kommenden Grundsatz ergeben, dass nicht geleisteter Dienst vom [X.]eamten nicht ersatzweise nachzuholen ist. Im Krankheitsfall und im Urlaubsfall ist der [X.]eamte von seiner Dienstleistungspflicht freigestellt. Die in diesen [X.]räumen angefallene "[X.][X.]" ist bei der Arbeitszeiterfassung als "Ist-[X.]" zu berücksichtigen (vgl. [X.], Urteile vom 1. April 2004 - 2 [X.] 14.03 - [X.] 232 § 72 [X.] Nr. 40 S. 14 und vom 27. Oktober 2011 - 2 [X.] 73.10 - [X.] 240 § 47 [X.] Nr. 13 Rn. 7; [X.]eschluss vom 26. November 2012 - 2 [X.] 2.12 - Schütz, [X.]eamtR, [X.]/[X.] I 2.4 Nr. 102 Rn. 13).

a) Der geschuldete Dienst bestimmt sich nach der formalen Dienstleistungspflicht des [X.]eamten, während eines bestimmten [X.]raums an einem bestimmten Ort die jeweils übertragenen Dienstpflichten zu erfüllen (vgl. [X.], Urteile vom 24. April 1980 - 2 [X.] 26.77 - [X.]E 60, 118 <119 f.>, vom 10. April 1997 - 2 [X.] 29.96 - [X.]E 104, 230 <232>, vom 25. September 2003 - 2 [X.] 49.02 - [X.] 240 § 9 [X.] Nr. 26 S. 42 und vom 1. April 2004 - 2 [X.] 14.03 - [X.] 232 § 72 [X.] Nr. 40 S. 14).

Die Arbeitszeitverordnung regelt den Umfang der Dienstleistungspflicht in zeitlicher Hinsicht. Gemäß § 87 Abs. 3 Satz 1 [X.] i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 und § 2 Nr. 1 [X.] betrug im streitgegenständlichen [X.]raum die regelmäßige, innerhalb von zwölf Monaten durchschnittlich zu erbringende wöchentliche Arbeitszeit des vollzeitbeschäftigten [X.]eamten 41 Stunden. [X.]ei Verteilung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf Montag bis Freitag (§ 3 Abs. 2 Satz 1 [X.]) belief sich die tägliche Regelarbeitszeit auf 8:12 Stunden.

Im Arbeitszeitmodell des [X.], wie des Dienstes zu wechselnden [X.]en, bleibt das zu erfüllende Arbeitszeitvolumen des vollzeitbeschäftigten [X.]eamten gleich ([X.], Urteil vom 1. April 2004 - 2 [X.] 14.03 - [X.] 232 § 72 [X.] Nr. 40 S. 12). Die von der täglichen Regelarbeitszeit abweichenden Schichtdienstregelungen dürfen nicht zu Mehrleistungen der betroffenen [X.]eamten führen, sondern nur zu einer zeitlichen Umschichtung der Arbeitszeit. Mehr- oder Minderleistungen werden über einen längeren [X.]raum durch früher erbrachte oder später noch zu erbringende gleich hohe Entlastung oder Mehrbelastung ausgeglichen (vgl. [X.], Urteil vom 28. November 2002 - 2 [X.]N 1.01 - [X.]E 117, 219 <225 f.> und [X.]eschluss vom 26. November 2012 - 2 [X.] 2.12 - Schütz, [X.]eamtR, [X.]/[X.] I 2.4 Nr. 102 Rn. 9).

Wird in einem Schichtplan die Dienstleistungspflicht der betroffenen [X.]eamten zeitlich konkretisiert, sind diese [X.]en tägliche [X.]Arbeitszeit (vgl. [X.], Urteil vom 24. April 1980 - 2 [X.] 26.77 - [X.]E 60, 118 <119> und vom 25. September 2003 - 2 [X.] 49.02 - [X.] 240 § 9 [X.] Nr. 26 S. 42). Außerhalb dieser [X.]en hat der [X.]eamte keine Dienstleistung zu erbringen ([X.], [X.]eschluss vom 26. November 2012 - 2 [X.] 2.12 - Schütz, [X.]eamtR, [X.]/[X.] I 2.4 Nr. 102 Rn. 10). Erkrankt ein [X.]eamter innerhalb einer verbindlichen Schichtplanung, erfolgt eine [X.]gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto in dem Umfang, in dem der [X.]eamte gemäß dem Dienstplan zur Dienstleistung verpflichtet war. Folglich entsteht eine Differenz zur täglichen Regelarbeitszeit von 8:12 Stunden an solchen Tagen, an denen die nach dem Schichtplan festgesetzte Dienstzeit dahinter zurückbleibt. Die nicht im Schichtplan als Dienst ausgewiesene [X.] steht dem [X.]eamten als Freizeit zu Verfügung und wird durch eine früher oder später noch zu erbringende Mehrleistung im Schichtmodell ausgeglichen. Im Krankheitsfall innerhalb einer verbindlichen Dienstplanung besteht ein Anspruch auf Gutschrift dieser arbeitsfreien [X.]en nicht. Damit steht der [X.]eamte bei Erkrankung nicht schlechter, als er ohne die Dienstunfähigkeit gestellt wäre. Er wird arbeitszeitrechtlich so behandelt, als habe er die vorgesehene Dienstleistung im Schichtdienst erbracht und damit seine reguläre Dienstpflicht erfüllt. Gleiches gilt, wenn dem [X.]eamten innerhalb einer verbindlichen Schichtplanung Erholungs- oder Sonderurlaub gewährt wird. Im Krankheits- und im Urlaubsfall wird nicht geleistete Arbeitszeit als "Ist-[X.]" bewertet, sodass diese auch nicht nachgeholt werden muss (vgl. [X.], Urteile vom 1. April 2004 - 2 [X.] 14.03 - [X.] 232 § 72 [X.] Nr. 40 S. 14 und vom 27. Oktober 2011 - 2 [X.] 73.10 - [X.] 240 § 47 [X.] Nr. 13 Rn. 8 ff. sowie [X.]eschluss vom 26. November 2012 - 2 [X.] 2.12 - Schütz, [X.]eamtR, [X.]/[X.] I 2.4 Nr. 102 Rn. 12 f.).

b) Ein über diese Grundsätze hinausgehendes allgemeines Verschlechterungsverbot, nach dem der [X.]eamte im Krankheits- oder Urlaubsfall in jeder Hinsicht so zu stellen ist, als hätte er Dienst geleistet, existiert nicht. Darauf abzielende [X.]egehren - wie beispielsweise die Gutschrift wegen Krankheit nicht geleisteter Mehrarbeit (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 1. März 2018 - 6 Z[X.]7.2184 - juris) oder einer nicht geleisteten Anzahl von Wochenend- oder Feiertagsdiensten im Schichtsystem (vgl. [X.], Urteil vom 19. November 2019 - 4 S 533/19 - Justiz 2020, 238) - liefen darauf hinaus, dass der [X.]eamte besser stünde, als er im Fall der erbrachten Dienstleistung gestanden hätte. Er erhielte über die reguläre Dienstzeit hinaus eine Gutschrift, ohne der entsprechenden besonderen tatsächlichen dienstlichen [X.]eanspruchung ausgesetzt gewesen zu sein.

3. Von diesen Maßstäben ist das [X.]erufungsgericht zwar zutreffend ausgegangen. Es hat aber seine Überzeugung, dass dem Kläger danach ein Anspruch auf Gutschrift zusätzlicher Stunden für die [X.] seiner [X.] infolge von Krankheit oder Urlaub nicht zusteht, unter Verstoß gegen die hierfür geltenden Verfahrensregeln (§ 86 Abs. 1 Satz 1 und § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gewonnen. Die in dem angefochtenen [X.]erufungsurteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen die Ablehnung des Hauptantrags nicht.

a) Nach den Darlegungen des [X.] bleibt unklar, ob im Fall der regulären [X.] in den [X.] bei den [X.]undespolizeiinspektionen die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (§ 3 Abs. 1 Satz 1 und § 2 Nr. 1 [X.]) stets ohne oder nur mit Anrechnung der Pausen erreicht wird.

Das [X.]erufungsgericht hat einerseits angenommen, dass die Dienstplanung der Frage nach der Anrechnung von [X.] vorgelagert sei, von einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 41 Stunden und darauf bezogen von einer täglichen [X.]Arbeitszeit ausgehe, die sich jeweils aus der im Schichtplan benannten reinen Anwesenheitszeit nach Abzug der arbeitszeitrechtlich vorgesehenen [X.] von 30 oder 45 Minuten ergebe ([X.] f.). Andererseits ist es davon ausgegangen, durch die Nichtberücksichtigung von [X.] an [X.] Tagen könne es dazu kommen, dass die auf den Monat bezogene Stundensollzeit unterschritten werde und dadurch eine negative [X.]uchungsdifferenz entstehe, die nachfolgend auszugleichen sei ([X.]). Damit hat es gedanklich darauf abgestellt, dass die [X.] in die Arbeitssollzeit eingerechnet werden.

Diese sich widersprechenden Ausführungen haben sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht durch die informatorische [X.]efragung der [X.]eteiligten auflösen lassen. Die [X.]eklagtenvertreter führten zur Erläuterung aus, die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der im Schichtdienst tätigen [X.]eamten werde stets ohne Anrechnung der Pausenzeiten erreicht. Auf die Arbeitszeit anzurechnende [X.] würden auf einem Überarbeitszeitkonto geführt. Diese [X.]en seien zur Ableistung der geschuldeten Arbeitszeit nicht erforderlich. Die Klägerbevollmächtigte ist dieser Darstellung indes substantiiert entgegengetreten. [X.]ereits nach den [X.] ergebe sich im Krankheitsfall eine negative [X.]uchungsdifferenz zwischen [X.] und [X.] für den betroffenen [X.]eamten, die entgegen der Angaben der [X.]eklagtenvertreter auch nicht nachträglich bei der Arbeitszeiterfassung bereinigt werde. Das fünfwöchige Schichtplanmodell führe erst nach fünf Jahren zu einem ausgeglichenen Arbeitszeitkonto. Durch Krankheit versäumte [X.], die im Falle der Dienstleistung auf die Arbeitszeit angerechnet würden, seien daher faktisch nachzuarbeiten, weil andernfalls die geschuldete regelmäßige Arbeitszeit nicht erfüllt werde.

b) Für die Entscheidung kommt es auf die Klärung der Frage an, ob im Fall der regulären Dienstpflichterfüllung die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ([X.]Arbeitszeit) stets ohne oder nur mit Anrechnung der Pausen erreicht wird. Im ersteren Fall hätte die [X.]eklagte die Pausen als [X.]gutschrift zusätzlich zu der regelmäßig zu erbringenden wöchentlichen Arbeitszeit gewährt. Es würde sich um einen reinen [X.]bonus als Ausgleich für erschwerte Pausenbedingungen im Dienst handeln, der dem Kläger für die [X.] der krankheits- und urlaubsbedingten [X.] nicht zusteht. Der arbeitstagsbezogenen [X.]elastung ist der dienstabwesende [X.]eamte nicht ausgesetzt. Dagegen kann der Kläger im letzteren Fall eine [X.]gutschrift im Umfang der [X.] als "Ist-[X.]en" beanspruchen. Andernfalls müsste er diese [X.]en zwangsläufig nacharbeiten, um die [X.]Arbeitszeit zu erfüllen. Eine solche Verpflichtung besteht nach dem [X.] für den vom Dienst wegen Krankheit oder Urlaubs freigestellten [X.]eamten nicht.

4. Da der Senat die erforderlichen weiteren Tatsachenfeststellungen nicht selbst treffen kann, ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Dabei wird - ggf. mit sachverständiger Hilfe - aufzuklären sein, von welchen [X.]erechnungsparametern das elektronische [X.]erfassungssystem "e-Plan [X.]und" bei der prognostischen Vorausplanung des Dienstes ausgeht, wie diese Vorausplanung bei der Festlegung der [X.] in den monatlichen Dienstplänen umgesetzt wird und wie davon ausgehend die individuelle Arbeitszeiterfassung der im Schichtdienst tätigen [X.]eamten in [X.] und Ist-[X.]en oder Überzeit erfolgt.

Meta

2 C 21/21

22.06.2023

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 29. Oktober 2021, Az: 10 A 10224/21, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.06.2023, Az. 2 C 21/21 (REWIS RS 2023, 5821)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 5821

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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