Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.11.2012, Az. XII ZR 19/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 916

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 19/10
Verkündet am:

28. November 2012

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§
1601, 1603 Abs.
2 Satz
1, 1612, 2303, 528; ZPO §
852
Verletzt der Unterhaltspflichtige die Obliegenheit, Vermögenswerte zu realisieren, ist er unterhaltsrechtlich so zu behandeln, als habe er die Obliegenheit erfüllt. Ein ein-klagbarer Anspruch auf Rückforderung einer Schenkung oder Geltendmachung ei-nes [X.] besteht dagegen nicht.
[X.], Urteil vom 28. November 2012 -
XII ZR 19/10 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 28.
November 2012
durch den
Vorsitzenden
Richter Dose und [X.], Dr.
Klinkhammer, Schilling und Dr.
Nedden-Boeger
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 3.
Zivilsenats des [X.]-Holsteinischen [X.]s in [X.] vom 6.
Januar 2009 aufgehoben.
Auf die Berufung des [X.]n wird das Urteil der 17.
Zivil-kammer des [X.] vom 28.
März 2007 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Kläger verlangen von dem [X.]n die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen gegenüber seiner Schwester.
Der [X.] ist der Vater der am 2.
November 1996 bzw. am 23.
Januar 1998 geborenen Kläger. Er hat seine Vaterschaft sowie die Verpflichtung zur Zahlung des [X.] zuzüglich eines Zuschlags von 25
% bezüglich des Klägers zu
1 und von 10
% bezüglich des Klägers zu
2 jeweils durch voll-streckbare Jugendamtsurkunden anerkannt.
1
2
-
3
-
Im Januar 2001 tötete der [X.] die Mutter der Kläger; er verbüßt deshalb eine lebenslange Freiheitsstrafe. Die Kläger leben bei ihren Großeltern mütterlicherseits, die zu ihren Vormündern bestellt worden sind.
[X.] verstarben kurz nacheinander die Mutter und der Vater des [X.]n. Sie hatten sich testamentarisch gegenseitig zu Alleinerben einge-setzt und als Erben des [X.] die (einzige) Schwester des [X.] bestimmt. Der Nachlass
besteht im Wesentlichen aus einem Haus-grundstück, das an zwei Mietparteien vermietet ist. Mit Schreiben vom 12.
No-vember 2005 erklärte der [X.], dass er etwaige Pflichtteilsansprüche ge-genüber seiner Schwester nicht geltend machen werde. [X.] Verzicht angenommen.
Die Kläger haben in erster Instanz beantragt, den [X.]n zu verurtei-len, die ihm gegen seine Schwester zustehenden Pflichtteils-
und Pflichtteilser-gänzungsansprüche nach dem Tod der gemeinsamen Eltern geltend zu ma-chen, hilfsweise, den [X.]n zu verpflichten, gegenüber seiner Schwester zu erklären, dass er von
ihr die Schenkung in Höhe der vorgenannten Ansprüche zurückfordere und ihn weiter zu verurteilen, die Ansprüche gegenüber seiner Schwester geltend zu machen. Zur Begründung haben die Kläger sich auf die ihnen gegenüber bestehende gesteigerte Unterhaltspflicht des [X.]n ge-stützt.
Das [X.] hat den [X.] stattgegeben. Die hiergegen ge-richtete Berufung des [X.]n ist erfolglos geblieben. Auf die Anschlussberu-fung der Kläger hat das [X.] den [X.]n zusätzlich verurteilt, für den Fall, dass seine Schwester sich weigere, die Pflichtteilsansprüche zu erfüllen, die Ansprüche im Wege der Klage geltend zu machen.
Dagegen hat 3
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6
-
4
-
der [X.] zugelassene Revision eingelegt, mit der
er
seinen Klageabwei-sungsantrag weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und in Abänderung des Urteils des [X.]s zur Klageabwei-sung.

I.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Das [X.] habe den [X.]n unter Rückgriff auf die §§
1601, 1603 Abs.
2 [X.] zu Recht verpflichtet, seine in dem Verzicht auf [X.] liegende Schenkung gegenüber der Schwester nach §
528 [X.] zu-rückzufordern und anschließend die ihm
dann wieder zustehenden Ansprüche geltend zu machen. Zwar sei die Entscheidung, ob der Pflichtteilsanspruch ge-gen den Erben durchgesetzt werden solle, grundsätzlich dem [X.] überlassen. Bei Bestehen einer gesteigerten Unterhaltspflicht
sei aber anerkannt, dass der Unterhaltspflichtige zur Herstellung seiner [X.] auch Pflichtteilsansprüche geltend zu machen habe, soweit dies nicht aus besonderen Gründen unzumutbar sei. Insofern sei der Unterhaltsberechtigte als "Minus" zu seinem Unterhaltsanspruch berechtigt, die Geltendmachung des [X.] und hier zusätzlich des Schenkungsrückforderungsan-spruchs zu verlangen. Der vorliegende Fall zeige nämlich, dass es nicht ausrei-7
8
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-
5
-
che, den Pflichtteilsanspruch fiktiv bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit ein-zubeziehen. Denn dem langjährig inhaftierten [X.]n sei es auf lange Sicht nicht möglich, seinen Unterhaltspflichten anders als durch Geltendmachung seines [X.] nachzukommen.
Trotz der vorliegenden
Unterhaltstitel fehle es nicht am [X.] der Kläger, weil sie derzeit ihre Unterhaltsansprüche nicht durchsetzen könnten. Nach §
852 Abs.
1 ZPO sei der Pflichtteilsanspruch der Pfändung nur unterworfen, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden sei.
Das Gleiche gelte nach §
852 Abs.
2 ZPO für den Anspruch aus §
528 [X.]. Die Pfändung der Ansprüche im Hinblick auf die gesteigerte Unterhaltspflicht gleichwohl zuzulassen, widerspreche dem Grundsatz, dass das [X.] formal streng durchzuführen sei und bei der Auslegung der Normen die vom Wortlaut gesetzte Grenze nicht überschritten werden dürfe. Deshalb sei auch dem mit der Anschlussberufung verfolgten Begehren zu ent-sprechen, den [X.]n zu verpflichten, den Pflichtteilsanspruch [X.] geltend zu machen. Denn nur auf diese Weise könne die Grundlage für eine Pfändung und damit für die Durchsetzung der [X.] der Kläger geschaffen werden. Auch über die zuvor notwendige Rück-forderung der Schenkung nach §
528 [X.] habe der [X.] zwar grundsätz-lich allein zu entscheiden, weil es sich um einen höchstpersönlichen Anspruch handle. Bei einer gesteigerten Unterhaltspflicht sei der Unterhaltspflichtige aber gehalten, alle Vermögensbestandteile zu realisieren. Insofern könne daher für den Anspruch aus §
528 [X.], dessen Voraussetzungen erfüllt seien, nichts anderes gelten als für die Geltendmachung des [X.].
Soweit der [X.] seine Unterhaltspflicht in Abrede gestellt habe, [X.] dies nicht durch. Dem Unterhaltspflichtigen sei zwar das sozialhilferechtliche Schonvermögen zu belassen, das sich nach §
1 Abs.
1 Ziff.
1
a der Verordnung 10
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6
-
zur Durchführung von §
90 Abs.
2 Nr.
9 SGB
XII auf derzeit 1.600

Der
mögliche Pflichtteilsanspruch, den der [X.] mit ca. 5.000

habe, übersteige diesen Betrag jedoch. Die Kläger seien auch trotz der ihnen zustehenden Halbwaisenrente, der Leistungen nach dem Opferentschädi-gungsgesetz und des [X.] unterhaltsbedürftig. Der [X.] schulde als verbleibender Elternteil Bar-
und Betreuungsunterhalt. Letzterer könne wegen der Gleichwertigkeit mit dem Barunterhalt in dessen Höhe mone-tarisiert werden. Ausgehend von dem Mindestunterhalt nach der [X.] Tabelle (Stand:
1.
Januar 2008) ergebe sich deshalb ein Unterhaltsbedarf von 730

2) für den Kläger zu
1 und von 644

2) für den Kläger zu
2. Nach Abzug von Halbwaisenrente und Kindergeld verbleibe ein Bedarf von 367,85

(Kläger zu
1) bzw. von 281,90

2). Soweit für die Klä-ger Kosten der Erziehung als Bestandteil des Pflegegeldes gewährt würden, handle es sich nicht um Einkommen des Pfleglings, sondern um solches der Pflegeperson.
Daher komme es auch nicht darauf an, ob die Leistungen nach
dem Opferentschädigungsgesetz von jeweils 265

seien; denn es verbleibe in jedem Fall ein ungedeckter Bedarf der Kläger.

II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings ein Rechtsschutzbedürf-nis für die Klage bejaht.
a) Die Kläger besitzen zwar bereits Unterhaltstitel gegen den [X.]n, aus denen sie die Zwangsvollstreckung betreiben könnten. Aufgrund der lang-12
13
14
-
7
-
jährigen Inhaftierung des [X.]n verfügte
dieser aber nur über die [X.] gemäß §
2303 Abs.
1 [X.] nach dem Tod seiner Eltern
als ein-zigen Vermögenswert, mit dem er die Unterhaltsansprüche jedenfalls teilweise hätte erfüllen können. Nachdem er auf die Ansprüche zugunsten seiner Schwester als testamentarischer Alleinerbin verzichtet und diese den Verzicht nach den getroffenen Feststellungen angenommen hat, besteht jedoch [X.] ein Anspruch auf Rückforderung einer Schenkung gemäß §
528 [X.] ge-gen die Schwester.
Erst nach dessen erfolgreicher Geltendmachung kommen die Pflichtteilsansprüche zur Befriedigung der Unterhaltsansprüche in Betracht. Ein solcher Anspruch ist der Pfändung indessen nur unterworfen, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist (§
852 Abs.
1 und 2 ZPO). Denn mit Rücksicht auf die familiäre Verbundenheit von Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem soll allein Letzterem die Entscheidung überlassen wer-den, ob der Anspruch gegen den Erben durchgesetzt werden soll ([X.]Z 123, 183 =
FamRZ 1993, 1307, 1308 und Senatsurteil vom 7.
Juli 1982

IVb
ZR
738/80
-
FamRZ 1982, 996, 997).
Trotz des Wortlauts des §
852 Abs.
1 ZPO ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein Zugriff der Gläubiger auf den Pflichtteilsanspruch
möglich, bevor die Voraussetzungen der Norm vorliegen. [X.] wird dann der in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit durch die Erfüllung der Vorausset-zungen des §
852 Abs.
1 ZPO aufschiebend bedingte Anspruch ([X.]Z 123, 183 =
FamRZ 1993, 1307, 1308 und [X.]
Beschluss vom 26.
Februar 2009

VII
ZB 30/08
-
FamRZ 2009, 869 Rn.
7). Der gepfändete Anspruch darf jedoch nur unter den Voraussetzungen des §
852 Abs.
1 ZPO verwertet werden. Damit hängt nicht die Pfändbarkeit, sondern erst die Verwertbarkeit von einem
ver-traglichen Anerkenntnis bzw. von der Rechtshängigkeit ab ([X.]
Urteil vom 26.
Februar 2009 -
VII
ZB 30/08
-
FamRZ 2009,
869 Rn.
7).
15
-
8
-
b) In Rechtsprechung und Schrifttum wird vertreten, die Voraussetzun-gen des §
852 Abs.
1 ZPO seien ebenso zu beachten,
wenn die Pfändung we-gen Unterhaltsansprüchen erfolge ([X.], 414, 415;
Musielak/[X.] ZPO
9.
Aufl. §
852 Rn.
1). Für diese Auffassung spricht, dass eine Lücke im Gesetz oder ein Versehen des Gesetzgebers, die Voraussetzung für eine dem Wortlaut der Norm zuwiderlaufende einschränkende Auslegung sind, nicht ersichtlich sind. Dem Gesetzgeber war die Möglichkeit der Privilegie-rung von [X.] gegenüber anderen Gläubigern bewusst, wie sich aus der Bestimmung des §
850
d Abs.
1 ZPO ergibt. Gleichwohl hat er von einer solchen Privilegierung im Rahmen des §
852 ZPO abgesehen (ebenso OLG Celle
OLGR 2004, 414, 415). Deshalb ist am Wortlaut des §
852 ZPO auch für Unterhaltsansprüche festzuhalten, so dass
ein Rechtsschutzbedürfnis der Kläger
für ihr Begehren, eine Verurteilung des [X.]n zur Geltendma-chung eines Anspruchs aus §
528 [X.] sowie
im Weiteren zur Geltendma-chung der Pflichtteilsansprüche zu
erreichen,
zu bejahen
ist.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts besteht für
das Kla-gebegehren aber keine Anspruchsgrundlage. Insbesondere aus den §§
1601
ff. [X.] lassen sich die Ansprüche nicht herleiten. Dabei kann dahinstehen, ob der vom Berufungsgericht festgestellte Verzicht des [X.]n auf die [X.] nach dem Tod seiner Eltern eine Schenkung an seine Schwester darstellt und dem [X.]n gemäß §
528 [X.] ein Rückforderungsanspruch zusteht.
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der [X.] den minderjährigen Klägern gegenüber dem Grunde nach gemäß §§
1601
ff. [X.] unterhaltspflichtig ist. Unter der Voraussetzung, dass kein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist, der den Unterhalt der Kinder ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Bedarfs aufbrin-16
17
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-
9
-
gen könnte, trifft den [X.]n sogar eine gesteigerte Unterhaltspflicht. Er hat in diesem Fall alle verfügbaren Mittel zu seinem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (§
1603 Abs.
2 Satz
1 [X.]). Ob die vorgenannte Voraussetzung erfüllt ist, hat das Berufungsgericht indessen
nicht festgestellt. Aber selbst wenn eine gesteigerte
Unterhaltspflicht zugrunde gelegt
wird, kann dem Klagebegehren nicht entsprochen werden.
b) Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass der [X.] nach dem Tod der Mutter der Kinder diesen sowohl Bar-
als auch Be-treuungsunterhalt schuldet, weil der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf der Kinder umfasst (§
1610 Abs.
2 [X.]). Dabei ist der Betreuungsunterhalt wegen der Gleichwertigkeit mit dem Barunterhalt (§
1606
Abs.
3 Satz
2 [X.]) grund-sätzlich pauschal in dessen Höhe zu monetarisieren (vgl. Senatsurteil vom 30.
August 2006 -
XII
ZR 138/04
-
FamRZ
2006, 1597 Rn.
11, 15).
c) Der Unterhalt ist grundsätzlich durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren (§
1612 Abs.
1 Satz
1 [X.]). Im Rahmen der Unterhaltspflicht treffen den Unterhaltspflichtigen indessen verschiedene
Obliegenheiten, die dazu füh-ren sollen, dass er finanziell in der Lage ist, den Unterhalt zu gewähren. Für die Eltern besteht insbesondere eine Obliegenheit zur gesteigerten Ausnutzung ihrer Arbeitskraft. Insoweit haben sie alle zumutbaren Erwerbsmöglichkeiten auszuschöpfen (Senatsurteil vom 3.
Dezember 2008 -
XII
ZR
182/06
-
FamRZ 2009, 314 Rn.
20), müssen sich besonders intensiv um eine Erwerbstätigkeit bemühen und dabei auch Gelegenheitsarbeiten oder berufsfremde Tätigkeiten unterhalb ihrer gewohnten Lebensstellung übernehmen (Senatsurteil vom 15.
Dezember 1993 -
XII
ZR 172/92
-
FamRZ 1994, 372, 373). Darüber hinaus obliegt es dem Unterhaltspflichtigen, vorhandenes Vermögen in zumutbarem Rahmen so ertragreich wie möglich anzulegen,
gegebenenfalls umzuschichten oder
erforderlichenfalls zu verwerten (vgl. etwa Senatsurteile vom 19.
Dezem-19
20
-
10
-
ber 1989 -
IVb
ZR
9/89
-
FamRZ 1990, 269, 271
und vom 21.
April 1993

XII
ZR
248/91
-
FamRZ 1993, 1065, 1066 zur Obliegenheit des [X.], einen Pflichtteilsanspruch geltend zu machen).
d) Verletzt der Unterhaltspflichtige die ihn treffenden Obliegenheiten, hat dies zur Folge, dass er so behandelt wird, als habe er die Obliegenheit erfüllt. Im Fall eines Verstoßes gegen die Erwerbsobliegenheit muss der [X.] sich deshalb fiktiv das erzielbare Einkommen anrechnen lassen. Er kann zwar nicht zur Aufnahme einer Tätigkeit verpflichtet werden, muss aber als Sanktion unterhaltsrechtlich die Folgen seines Unterlassens tragen (st.Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 20.
Januar 1982
IVb
ZR
651/80
-
FamRZ
1992, 365, 366
und vom 8.
April 1981 -
IVb
ZR
566/80
-
FamRZ 1981, 539, 540; [X.]/Gutdeutsch
Das
Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis
8.
Aufl.
§
4 Rn.
605; [X.]/[X.]/[X.] [X.] [2000] §
1603 Rn.
148; MünchKomm-[X.]/Maurer
5.
Aufl. §
1581 Rn.
4 für den [X.]). Darin erschöpfen sich allerdings die Auswirkungen einer Obliegen-heitsverletzung. Den Unterhaltspflichtigen trifft -
außer der Verpflichtung zur Unterhaltszahlung
-
keine einklagbare Pflicht zu einem bestimmten Handeln oder Unterlassen (vgl. auch BVerfG
FamRZ 1985, 143, 145: mittelbarer Zwang zur Berufstätigkeit).
e) Dem entspricht auch die Rechtsprechung des Senats, soweit er mit der unterhaltsrechtlichen Obliegenheit zur Geltendmachung eines [X.] befasst war. In diesen Fällen ist der Frage nachzugehen, ob trotz der grundsätzlich freien Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten, ob er einen ihm zustehenden Pflichtteil verlangen will, unterhaltsrechtlich eine anderweitige [X.], nämlich eine solche zur Durchsetzung des Anspruchs, besteht ([X.]surteile vom 21.
April 1993 -
XII
ZR
248/91
-
FamRZ 1993, 1065, 1066 und vom 7.
Juli 1982 -
IVb
ZR
738/80
-
FamRZ 1982, 996, 997
f.). Ist das der Fall, 21
22
-
11
-
so ist der Pflichtteilsberechtigte
lediglich
fiktiv so zu behandeln, als habe er den Anspruch geltend gemacht. Dementsprechend hatte schon
das Reichsgericht es nicht beanstandet, dass ein für seine minderjährigen Kinder [X.] Vater mit Rücksicht auf einen Pflichtteilsanspruch als leistungsfähig be-handelt und zur Zahlung von Kindesunterhalt verurteilt worden ist ([X.] 1919 Nr.
88, 151
f.).
3. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Der [X.] kann in der Sache abschließend entscheiden. Da die geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen, ist die Klage abzuweisen.

Dose

[X.]

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.03.2007 -
17 [X.]/06 -

OLG [X.], Entscheidung vom [X.] -
3 U 69/07 -

23

Meta

XII ZR 19/10

28.11.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.11.2012, Az. XII ZR 19/10 (REWIS RS 2012, 916)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 916

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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11 UF 61/18 (Oberlandesgericht Hamm)


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XII ZR 19/10

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