Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2016, Az. EnVZ 55/15

Kartellsenat | REWIS RS 2016, 8388

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:120716BENVZ55.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
EnVZ 55/15
vom
12.
Juli 2016
in dem energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungsverfahren
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2
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Der Kartellsenat des [X.] hat am 12.
Juli 2016 durch die Präsidentin des [X.] [X.] und die Richter Prof.
Dr.
Strohn, Dr.
Grüneberg, Dr.
Bacher und Dr.
Deichfuß
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des 3.
Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21.
Oktober 2015
wird zurückgewiesen.
Die [X.] trägt die Kosten des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde einschließlich der notwendigen [X.] der Betroffenen.
Der Gegenstandswert für das Verfahren über die Nichtzulas-sungsbeschwerde wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

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3
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Gründe:
A.
Die Betroffene betreibt die örtlichen Verteilernetze für Strom und Gas in [X.].
Sie tritt im Verkehr bislang unter folgendem Zeichen auf:

Die mit ihr unternehmensrechtlich verbundene Vertriebsgesellschaft ver-wendet folgendes Zeichen:

In einem von der
[X.] eingeleiteten Verfahren wegen Verstoßes gegen §
7a Abs.
6 [X.] kündigte die Betroffene an, künftig unter folgendem Zeichen aufzutreten:

Die [X.] hielt diese Änderungen nicht für ausreichend.
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Mit dem angefochtenen Bescheid hat die [X.] festgestellt, dass die Verwendung des bisher eingesetzten Zeichens bei der Kommunikation der Betroffenen im [X.], in Musterverträgen und auf dem Geschäftspapier nicht gewährleiste, dass eine Verwechslung zwischen ihr als Verteilernetzbe-treiberin und den Vertriebsaktivitäten des vertikal integrierten [X.] ausgeschlossen sei. Zugleich hat die [X.] die Verpflichtung ausgesprochen, die Verwendung dieses Zeichens bei der Kommunikation im [X.], in Musterverträgen und auf dem Geschäftspapier spätestens drei Monate nach Bestandskraft des Bescheids zu unterlassen.
Das Beschwerdegericht hat den Bescheid aufgehoben. Die [X.] hat es nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Bundesnetzagen-tur mit der Nichtzulassungsbeschwerde, der die Betroffene entgegentritt.
B.
Das Rechtsmittel ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Mit der Verwendung des bisher eingesetzten Zeichens verstoße die Be-troffene zwar gegen die entflechtungsrechtlichen Vorgaben aus §
7a Abs.
6 [X.]. Der angefochtene Bescheid beruhe aber auf einem Ermessensfehler, weil die [X.] zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass das zur künftigen Verwendung vorgesehene Zeichen den Anforderungen der genannten Vorschrift ebenfalls nicht genüge.
Für den Begriff der [X.] seien markenrechtliche Maß-stäbe heranzuziehen. Ein Verstoß gegen §
7a Abs.
6 [X.] liege nur dann vor, wenn [X.] im engeren Sinne bestehe. Eine Verwechslungsge-fahr im weiteren Sinne reiche nicht aus.
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Im Streitfall sei eine [X.] im engeren Sinne hinsichtlich des zur künftigen Verwendung vorgesehenen Zeichens ausgeschlossen. Zwar
werde das neue Zeichen nicht allein durch den Bestandteil "[X.]" geprägt. Entgegen der Auffassung der [X.] scheide aber auch eine Prägung durch den [X.]
aus.
Angesichts dessen wiesen die zu vergleichenden Zeichen erhebliche Unterschiede auf, so dass eine [X.] nicht bestehe.
Der angekündigte Außenauftritt verstoße auch nicht im Hinblick auf den geplanten Fahrzeugeinsatz gegen die Vorgaben des §
7a Abs.
6 [X.]. Der Einsatz von Fahrzeugen bei der Erfüllung von Außendienstaufgaben falle nicht unter das [X.] oder die Markenpolitik im Sinne dieser Vorschrift. Zudem habe die [X.] weder die Feststellung noch die Untersagung auf den Einsatz von Fahrzeugen bezogen.
II.
Die
Beschwerdeentscheidung hält den Angriffen der Nichtzulas-sungsbeschwerde stand.
1.
Die Nichtzulassungsbeschwerde macht geltend, die Zulassung der Rechtsbeschwerde sei geboten, weil das Beschwerdegericht bei der Prüfung der Frage, ob eine Verwechslung ausgeschlossen ist, einen unzutreffenden Maßstab herangezogen habe.
Dies ist unzutreffend.
a)
Wie die Nichtzulassungsbeschwerde im Ansatz zutreffend aufzeigt, sind zur Prüfung der Frage, ob das [X.] oder die Marken-politik eines Verteilernetzbetreibers die Gefahr einer Verwechslung mit den [X.] des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens be-gründet, markenrechtliche Grundsätze heranzuziehen.
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Für eine Verletzung von §
7a
Abs.
6 [X.] reicht es nicht aus, wenn [X.] im weiteren Sinne (dazu etwa [X.], Urteil vom 18.
De-zember 2008 -
I
ZR
200/06, [X.], 772 Rn.
69 = [X.], 971, 978

Augsburger Puppenkiste) vorliegt, also die Gefahr besteht, dass der Verkehr zwar die Unterschiede zwischen den Marken erkennt, aber organisatorische oder wirtschaftliche Verbindungen zwischen den Markeninhabern herstellt. Unzulässig
ist lediglich ein Verhalten, das geeignet ist, den Eindruck zu erwe-cken, dass der Netzbetreiber und das Versorgungsunternehmen identisch sind.
Zur Prüfung, ob zwischen zwei Zeichen [X.] in diesem Sinne besteht, ist der Gesamteindruck der beiden Zeichen zu ermitteln. Für den Gesamteindruck eines komplexen Zeichens sind hierbei grundsätzlich alle Be-standteile zu berücksichtigen. Unter bestimmten Voraussetzungen können ein-zelne Bestandteile aber prägenden Charakter haben. Ob diese Voraussetzun-gen vorliegen, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab.
b)
Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde
lassen sich der Beschwerdeentscheidung keine Anzeichen dafür entnehmen, dass das Beschwerdegericht von diesen Grundsätzen abgewichen ist oder zusätzliche, unzutreffende Kriterien
herangezogen hat.
Das Beschwerdegericht hat sich insbesondere mit der Frage befasst, ob das zur zukünftigen Verwendung vorgesehene Zeichen durch den Bestandteil
geprägt wird. Es hat hierbei berücksichtigt, dass diesem Bestandteil ge-steigerte Kennzeichnungskraft zukommt, diesen Umstand jedoch nicht als aus-reichend angesehen. Diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet [X.] Würdigung hält sich im Rahmen der oben aufgezeigten Grundsätze.
Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde
läuft die Beur-teilung durch das Beschwerdegericht nicht auf eine zergliedernde semantische Betrachtungsweise hinaus. Das Beschwerdegericht hat sich vielmehr zutreffend 17
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mit dem Gesamteindruck des Zeichens befasst und auf dieser Grundlage eine [X.] im Streitfall verneint.
2.
Die Nichtzulassungsbeschwerde macht geltend, der Streitfall werfe die Frage auf, ob die Verwendung von Fahrzeugen, die aus einem "[X.] stammen und mit dem Firmenlogo des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens versehen sind, zum Kommunikationsverhal-ten oder zur Markenpolitik im Sinne von §
7a Abs.
6 [X.] gehören.
Dies ist ebenfalls unzutreffend. Die in Rede stehende Frage ist nicht ent-scheidungsrelevant.
Das Beschwerdegericht hat zwar ausgeführt, die Verwendung solcher Fahrzeuge könne auch dann nicht zu einer
Verwechslung führen, wenn sie für Einsätze beim Letztverbraucher benutzt würden. Es hat seine Entscheidung aber ergänzend auf die Erwägung gestützt, dass der angefochtene Bescheid lediglich die Verwendung der Zeichen im [X.], in Musterverträgen und auf dem Geschäftspapier betrifft. Diese Erwägung ist selbständig tragfähig. Damit ist die eingangs genannte Frage für die rechtliche Überprüfung der [X.] nicht relevant.
Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Ein-satz von Fahrzeugen
für die Entscheidung des Streitfalls nicht deshalb relevant, weil die [X.] bei ihrer Entscheidung das gesamte [X.] berücksichtigen muss. Selbst wenn die Verwendung des Zeichens auf Fahrzeugen eine [X.] begründen sollte, rechtfertigte dies nicht ohne weiteres ein Verbot der Verwendung des Zeichens im [X.], in Musterverträgen und auf dem Geschäftspapier. Besondere Umstände, aus de-nen sich im Streitfall eine abweichende Beurteilung ergeben könnte, sind weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
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3.
Die Nichtzulassungsbeschwerde macht geltend, der Streitfall werfe die Frage auf, ob eine Entscheidung nach §
65 Abs.
1 und §
7a Abs.
6 [X.] ermessensfehlerhaft sei, obwohl der Betroffene lediglich
für Teile seines Kom-munikationsverhaltens und seiner Markenpolitik eine Änderung des [X.] angeboten habe.
Diese Frage ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich.
Die [X.] hat in dem angefochtenen Bescheid zwar einlei-tend ausgeführt, zu
den
besonders
relevanten
Bereichen
des
Kommunikations-verhaltens,
in
denen
es
vermehrt
zu
einer
[X.]
mit
der
Ver-triebsgesellschaft
kommen
könne, zähle auch die Kennzeichnung von
Firmen-fahrzeugen. Bei der Beurteilung des Streitfalls hat sie sich mit diesem Aspekt aber nicht näher befasst. Sie hat den Erlass der angefochtenen Verfügung vielmehr schon deshalb für rechtmäßig und geboten erachtet, weil die Betroffe-ne durch die Verwendung der beanstandeten Zeichen im [X.], in Musterver-trägen und auf dem Geschäftspapier gegen §
7a Abs.
6 [X.] verstoße. Hierin hat das Beschwerdegericht einen Ermessensfehler gesehen, der zur Aufhe-bung des angefochtenen Bescheids führt. Die Frage, ob die [X.] ihre [X.] in zulässiger Weise auf andere Gesichtspunkte hätte stützen können, ist für die rechtliche Überprüfung der [X.] mithin nicht von Bedeutung.
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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
90 Satz
2 [X.], die Festset-zung des Gegenstandswerts auf §
50 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2
GKG und §
3 ZPO.

[X.]
Strohn
Grüneberg

Bacher
Deichfuß
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 21.10.2015 -
VI-3 Kart 128/14 [V] -

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Meta

EnVZ 55/15

12.07.2016

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2016, Az. EnVZ 55/15 (REWIS RS 2016, 8388)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 8388

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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