Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.08.2013, Az. XII ZB 671/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 3576

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 671/12

vom

7. August 2013

in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1896 Abs. 2 Satz 2
Ein Vorsorgebevollmächtigter ist auch dann ungeeignet, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, wenn er
auch unverschuldet

objektiv nicht in der Lage ist, die Vorsorgevollmacht zum Wohle des Betroffenen auszuüben (im [X.] an Senatsbeschluss vom 7.
März 2012
XII
ZB
583/11
amRZ
2012, 868).
BGH, Beschluss vom 7. August 2013 -
XII ZB 671/12 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 7.
August 2013
durch
den
Vorsitzenden Richter Dose,
die Richterin [X.] und [X.],
Dr.
Nedden-Boeger
und Dr. Botur
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 5.
Zivilkammer des [X.] vom 30.
Okto-ber 2012 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
[X.]: 3.000

Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 1 wendet sich gegen die Anordnung der Betreuung für ihre Mutter.
Die Betroffene leidet an Demenz. [X.] erteilte sie ihrer Tochter, der Beteiligten zu 1, eine notarielle Vorsorgevollmacht. Die Beteiligte zu 1 orga-nisierte daraufhin die Versorgung
ihrer Mutter. Im Juli 2011 zog die Beteiligte zu
2, eine weitere Tochter der Betroffenen, in den Haushalt der Betroffenen ein. Seither kommt es wegen der Versorgung der Betroffenen
zu erheblichen [X.] zwischen den Schwestern.
Das Amtsgericht hat
die Betreuung für die Betroffene für die [X.] Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung und Vermögenssorge angeordnet und ihr eine Berufsbetreuerin bestellt. Das [X.] hat die
Be-1
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3
-
schwerde der Beteiligten zu
1 zurückgewiesen, wogegen sie sich mit ihrer Rechtsbeschwerde
wendet.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die gemäß §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1 FamFG ohne Zulassung statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Vor allem ist die Beteiligte zu
1 nach
§
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG beschwerdebefugt.
2. [X.] hat indes in der Sache keinen Erfolg. Die Instanzge-richte sind zu Recht
von der Erforderlichkeit der Betreuung ausgegangen, deren weitere Voraussetzungen von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen werden.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht der Umstand, dass die Betroffene der Beteiligten zu 1 eine notarielle Vorsorgevollmacht erteilt hat, der Anordnung der Betreuung nicht entgegen; auf die Frage, ob die [X.] möglicherweise bereits wirksam widerrufen wurde, kommt es danach nicht an.
a) Allerdings hat die Rechtsbeschwerde zu Recht darauf hingewiesen, dass die Betreuung gemäß §
1896 Abs.
2 Satz
2 BGB nicht erforderlich ist, so-weit die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten [X.] gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Aufgrund dieser [X.] ist die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung grundsätzlich nachrangig zu einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht (Senatsbeschluss vom 28.
März 2012
XII
ZB
629/11
FamRZ
2012, 969 Rn.
10). Eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers jedoch dann nicht entgegen, wenn der Bevoll-4
5
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-
4
-
mächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch jenen eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründen (Senatsbeschluss vom 7.
März 2012
XII
ZB
583/11

FamRZ
2012, 868 Rn.
12).
Auch wenn die Redlichkeit des Vorsorgebevollmächtigten außer Zweifel steht, erfordert der Vorrang des Bevollmächtigten gegenüber der Anordnung einer Betreuung seine objektive Eignung, zum Wohl des Betroffenen zu han-deln (vgl. etwa [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
1896 Rn.
61). Fehlt es [X.], weil der Bevollmächtigte

etwa wie hier wegen eines eigenmächtigen und störenden Verhaltens eines Dritten

nicht in der Lage
ist, zum Wohle des Be-troffenen zu handeln, bleibt die Anordnung einer Betreuung erforderlich.
b) Gemessen hieran ist es nicht zu beanstanden, dass das Beschwerde-gericht
von einer fehlenden Eignung der Beteiligten zu 1
ausgegangen ist.
Dabei hat das [X.] zutreffend auf die gegenwärtige Situation [X.], wonach die Beteiligte zu 1
keine ernst zu nehmenden Anstrengungen mehr unternommen hat, die Versorgung der Betroffenen
sicherzustellen, nach-dem die Beteiligte zu 2 bei der Betroffenen eingezogen war, die ursprünglich von der Beteiligten zu 1 organisierten Pflegeleistungen durch den Pflegedienst bzw. durch Nachbarn und Bekannte weitgehend verdrängt sowie durch eigene

eigenmächtig veranlasste
Pflegeleistungen ersetzt hat.
Wegen der damit einhergehenden erheblichen Streitigkeiten zwischen den Beteiligten sah sich
die Beteiligte zu 1 ersichtlich gehindert, ihre Vorsorgevollmacht zum Wohle der Betroffenen
weiterhin auszuüben.
Auf den Umstand, dass die Beteiligte zu
1
nach den getroffenen Feststellungen die Versorgung der Betroffenen
in der Vergangenheit trotz der relativ weiten Entfernung von ihrem Wohnsitz 9
10
11
-
5
-
(Oberbayern) zu dem Wohnsitz der Betroffenen ([X.]) zufriedenstellend organisiert hat, kommt es dagegen nicht an.
c) Zwar verkennt der Senat die Bedenken der Rechtsbeschwerde nicht, wonach ein redlicher Bevollmächtigter durch das eigenmächtige Verhalten ei-nes Dritten aus der Vorsorgevollmacht gedrängt werden kann. Dieses Ergebnis ist indessen nicht zwingend. Vielmehr sind auch Fallkonstellationen vorstellbar, in denen der Vorsorgebevollmächtigte etwa aufgrund seiner Persönlichkeit bzw. der ihm erteilten Vollmachten durchaus in der Lage ist, ein die Ausübung der Vorsorgevollmacht störendes eigenmächtiges Verhalten eines anderen zu un-terbinden. Maßgebend muss im Ergebnis immer das Wohl des Betroffenen bleiben. Dabei ist schließlich auch zu beachten, dass nicht etwa

wie die Rechtsbeschwerde anklingen lässt
der sich eigenmächtig verhaltende Dritte im Ergebnis von seinem störenden Verhalten profitiert. Denn die Konsequenz ist nicht, dass er zum Betreuer bestellt wird. Vielmehr ist ein unbeteiligter Dritter als Betreuer zu bestellen, der im Zweifel besser dazu in der Lage ist, das stö-rende Verhalten zu unterbinden.
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-
6
-
Von einer weiteren Begründung wird gemäß §
74 Abs.
7 [X.].

Dose
[X.]
Schilling

Nedden-Boeger
Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.03.2012 -
10 [X.] 1368/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 30.10.2012 -
5 [X.]/12 -

13

Meta

XII ZB 671/12

07.08.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.08.2013, Az. XII ZB 671/12 (REWIS RS 2013, 3576)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3576

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