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PDF anzeigen[X.] DES VOLKESURTEIL1 StR 233/02vom26. September 2002in der Strafsachegegenwegen Vergewaltigung u.a- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom26. September 2002, an der teilgenommen haben:[X.] am [X.]. [X.] die Richter am [X.],Dr. Wahl,[X.],[X.],Oberstaatsanwalt beim [X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstellefür Recht erkannt:- 3 -1.Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil [X.] München l vom 22. Oktober 2001 im Fall 1 [X.] sowie im [X.] mit [X.] aufgehoben.2.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andereStrafkammer des [X.] zurückverwiesen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung und wegen Vergewaltigung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf [X.] zehn Monaten verurteilt. Mit ihrer auf die Verletzung des § 264 StPO ge-stützten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft, daß der erste Vorfall(Fall 1) nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Vergewaltigung geprüftworden ist. Das auf den Fall 1 und den [X.] beschränkteRechtsmittel hat Erfolg.1. Gegenstand der Verurteilung sind Taten zum Nachteil der [X.] Angeklagten, J. S. , am 18. Dezember 2000 (Fall 1) und20. Dezember 2000 (Fall 2). Zu dem ersten Vorfall vom 18. Dezember 2000 [X.] -Die Geschädigte hatte den Angeklagten nach dessen Entlassung ausder Strafhaft in ihre Wohnung aufgenommen. Dabei hatte sie ihm erklärt, [X.] nur vorübergehend bei ihr wohnen, da sie eine neue Beziehung [X.] [X.]eingegangen sei. Nachdem S. [X.]am Morgen des18. Dezember 2000 die Wohnung verlassen hatte, kam der Angeklagte [X.] und legte sich neben die Geschädigte ins Bett. Ihrer Aufforde-rung, das Schlafzimmer zu verlassen, kam er nicht nach. Es kam zu einemKampf im Bett, bei dem der Angeklagte die Geschädigte massiv würgte. [X.] diese zu röcheln begann, löste der Angeklagte den Würgegriff mit denWorten "Ich bring Dich um". Dieser (erste) Teilakt war angeklagt und [X.] das [X.] den Angeklagten wegen gefährlicher [X.].Zu dem weiteren Geschehen ist festgestellt: "Anschließend führte er,gegen den ausdrücklich geäußerten Willen der Geschädigten, mit dieser [X.] aus." Danach verließ der Angeklagte die Wohnung. Die Nicht-aburteilung dieser sexuellen Handlung hat das [X.] damit begründet,daß "diese Vergewaltigung von der Geschädigten bei der Anzeigeerstattungnicht erwähnt worden und somit nicht Gegenstand der Anklage und des [X.]" gewesen sei.2. Die Revision rügt zu Recht einen Verstoß gegen § 264 StPO.a) Nach § 264 StPO ist Gegenstand der Urteilsfindung die in der [X.] bezeichnete Tat, und zwar so, "wie sie sich nach dem Ergebnis der [X.] [X.] als Gegenstand der Urteilsfindung ist der geschichtliche [X.], auf den Anklage und Eröffnungsbeschluß hinweisen und innerhalb des-- 5 -sen der Angeklagte einen Straftatbestand verwirklicht haben soll. Hierbei [X.] es sich um einen eigenständigen Begriff; er ist weiter als derjenige derHandlung im Sinne des sachlichen Rechts. Zur Tat im prozessualen Sinn ge-hört - unabhängig davon, ob Tateinheit (§ 52 StGB) oder Tatmehrheit (§ 53StGB) vorliegt - das gesamte Verhalten des [X.], soweit es nach der [X.] einen einheitlichen Vorgang darstellt. Somit umfaßt der [X.], aus dem die zugelassene Anklage einen strafrechtlichen Vorwurfherleitet, alle damit zusammenhängenden und darauf bezüglichen [X.], auch wenn diese Umstände in der Anklageschrift nicht ausdrücklich [X.] sind ([X.], 451; NStZ 1995, 46; NStZ-RR 1996, 98; [X.], 127; NStZ 1997, 446; [X.], 208; NStZ 2001, 440).Bei der Beurteilung dieser Frage kommt es auf die Umstände des [X.] an. Entscheidend ist, ob zwischen den in Betracht kommenden Ver-haltensweisen - unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung - einenger sachlicher Zusammenhang besteht; zeitliches Zusammentreffen der [X.] Handlungen ist weder erforderlich noch ausreichend ([X.],451).b) Nach diesen Maßstäben kommt in Betracht, daß das Würgen ([X.]) und die "anschließend" verübte sexuelle Handlung (zweiter Teilakt)einen einheitlichen geschichtlichen Lebensvorgang bilden. Wenn, was [X.] bedarf, der zweite Teilakt in engem zeitlichen und [X.] zu dem [X.] steht, bilden beide Teilakte eine Tat imSinne des § 264 StPO.Wenn der Angeklagte den Entschluß zur Ausübung des [X.] nicht schon bei der Gewaltausübung im ersten Teilakt gefaßt hätte(dann läge Gewalt im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB vor), sondern erst- 6 -nach dem [X.], käme eine - tateinheitlich begangene - Vergewalti-gung durch die beiden anderen in § 177 Abs. 1 StGB bezeichneten Nöti-gungsmittel in Betracht. Dann liegt es nahe, daß er die durch das vorausge-gangene Würgen geschwächte körperliche Konstitution der Geschädigten ganzbewußt zur Durchführung des Geschlechtsverkehrs ausgenutzt hat. Eine der-artige finale Verknüpfung der vorausgegangenen körperlichen Einwirkungkönnte als fortwirkende Gewalt zum einen das Merkmal der Drohung (§ 177Abs. 1 Nr. 2 StGB) erfüllen (std. Rspr., vgl. nur [X.] NStZ-RR 1996, 203;[X.]R StGB § 178 Abs. 1 Drohung 1; [X.]R StGB § 177 Abs. 1 Drohung 8;[X.], Beschluß vom 18. November 1997 - 4 StR 546/97). Zum anderen kommtin Betracht, daß der Angeklagte die schutzlose Lage (§ 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB)der Geschädigten ausgenutzt hat (vgl. [X.]St 45, 253; [X.] NStZ 1999, 30;[X.], 419).Aber selbst wenn zwischen dem ersten und dem zweiten Teilakt eingrößerer zeitlicher Abstand bestünde, der zur Annahme von Tatmehrheit zwi-schen der gefährlichen Körperverletzung und der Vergewaltigung führen müß-te, läge aufgrund der Gesamtumstände wohl noch eine Tat im [X.]) Die Verletzung des § 264 StPO zwingt deshalb zur Aufhebung [X.] im Fall 1. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungenkann der Senat den Schuldspruch nicht selbst ändern; auch eine Aufrechter-haltung von Feststellungen ist nicht möglich. Die danach gebotene Teilaufhe-bung des Urteils führt zugleich zum Wegfall der Gesamtstrafe.[X.] Wahl [X.] Kolz
Meta
26.09.2002
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2002, Az. 1 StR 233/02 (REWIS RS 2002, 1420)
Papierfundstellen: REWIS RS 2002, 1420
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
1 StR 648/11 (Bundesgerichtshof)
Notwendige Feststellungen im Strafurteil: Ausschöpfen des Unrechtsgehalts der angeklagten Tat
1 StR 648/11 (Bundesgerichtshof)
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