Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.11.2011, Az. 3 StR 281/11

3. Strafsenat | REWIS RS 2011, 1018

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 281/11
vom
29. November 2011
in der Strafsache
gegen

wegen
Betruges

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am
29. November
2011 einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.]s
Wuppertal vom 17.
Februar 2011 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtferti-gung keinen Rechtsfehler zum Nachteil
des Angeklagten ergeben hat (§
349 Abs.
2 [X.]); jedoch wird der Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des Betruges in 44 Fällen sowie des versuchten Betruges in zwei Fällen schuldig ist.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen.

Ergänzend bemerkt der Senat zur Rüge der Verletzung von §
240
[X.], §
142 Abs. 1 Nr. 2, §
145 Abs. 2 [X.], Art. 6 [X.]:
a) Der [X.] macht geltend, die Beanstandung sei unzu-lässig, "soweit"
der Revisionsführer bestimmte Äußerungen und Verhaltenswei-sen der [X.] und des [X.] der Staatsanwaltschaft behauptet, da die Richtigkeit dieser Behauptungen ohne eine dem Revisions-gericht verschlossene Rekonstruktion der Hauptverhandlung nicht geklärt wer-den könne. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Das Verbot der [X.] betrifft zum einen das im Urteil festzustellende Er-gebnis der Beweisaufnahme, soweit es nicht -
wie etwa der Wortlaut von Ur-kunden -
der unmittelbaren Kenntnisnahme durch das Revisionsgericht offen-steht. Es gilt daher etwa für den Inhalt der Einlassung des Angeklagten oder -
3
-
der Aussagen von Zeugen und Sachverständigen
([X.], Urteil vom 7. Oktober 1966 -
1 [X.], [X.]St 21, 149, 151; KK/[X.], [X.],
6. Aufl.,
§ 351 Rn.
10). Zum anderen hat eine Rekonstruktion von [X.]n zu unterbleiben, die als wesentliche Förmlichkeiten der Hauptverhandlung (§
273
Abs.
1, 1a [X.]) protokollierungspflichtig sind und daher allein durch die Sitzungsniederschrift bewiesen werden können (§ 274 Abs. 1 Satz 1 [X.]; [X.], [X.], 54. Aufl., § 274 Rn. 8). Alle anderen [X.] in der Hauptverhandlung sind dagegen, soweit entscheidungserheblich, durch das Revisionsgericht im Freibeweis aufzuklären (s. etwa [X.], Urteil
vom 13.
Dezember 1967 -
2 StR 544/67, [X.]St 22, 26, 28; [X.] aaO). Das gälte daher auch für die vom Revisionsführer behaupteten Äußerungen der
[X.] und des [X.] der Staatsanwaltschaft, soweit sie nicht protokollierungspflichtig waren. So sieht es im Übrigen auch der Ver-treter des [X.], wenn er im Gegensatz zu seinen Ausführun-gen zur Zulässigkeit der Rüge deren Unbegründetheit auch aus der Darstellung der Vorgänge in der Hauptverhandlung herleiten will, die der [X.] der Staatsanwaltschaft in der Revisionsgegenerklärung vom 7. Juli 2011 abge-geben hat.

b) Die Rüge bleibt indes ohne Erfolg. Allerdings hat das [X.]
-
wie durch das Protokoll belegt wird -
der [X.] gesetzeswidrig in
der Hauptverhandlung Verfahrensrechte eingeräumt, indem es sie umfassend hat Fragen an Beweispersonen stellen lassen. Nach §
142 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, §
145 Abs. 2 [X.] dürfen Amtsanwälte das Amt der Staatsanwaltschaft nur bei den Amtsgerichten wahrnehmen.
In Verhandlungen vor den [X.]en [X.] ihnen -
unabhängig von ihrer persönlichen Qualifikation -
Verfahrensrechte der Staatsanwaltschaft nicht übertragen werden, auch nicht unter Aufsicht ei-nes Staatsanwaltes (vgl. KK/[X.]/Schoreit, [X.], 6. Aufl., §
145 [X.] -
4
-
Rn.
6). Dies ergibt sich schon daraus, dass einem Rechtsreferendar gemäß §
142 Abs. 3 [X.] im Einzelfall die Wahrnehmung der Aufgaben eines Staats-anwalts unter dessen Aufsicht beim [X.] übertragen werden kann, [X.] eine entsprechende
gesetzliche Regelung für Amtsanwälte fehlt.

Das gesetzliche Verbot für Amtsanwälte, Verfahrensrechte der [X.] vor den [X.]en wahrzunehmen, darf nicht durch die [X.] eines umfassenden Fragerechts in der Hauptverhandlung nach §
240 Abs. 2 Satz 1 [X.] umgangen werden. Der Vorsitzende kann nicht prozessbe-teiligten Personen lediglich gestatten, einzelne Fragen unmittelbar an den [X.], einen Zeugen oder einen Sachverständigen zu richten, wenn er dies nach pflichtgemäßem
Ermessen im Interesse der Wahrheitsfindung für zweck-mäßig hält und dadurch die berechtigten Interessen anderer Verfahrensbeteilig-ter nicht beeinträchtigt werden ([X.][X.], [X.], 26. Aufl., §
240 Rn. 9). Die Einräumung des Fragerechts bezieht sich dabei aber stets auf einzelne Fragen; sie darf nicht zu einer Übertragung von gesetzlich nicht vorgesehenen generel-len Teilnahme-
und Fragerechten an einen unzuständigen Amtsträger führen. Dem steht nicht entgegen, dass nach teilweise vertretener Ansicht Amtsanwälte in Verfahren, die sie nicht selbständig bearbeiten dürfen, als Ermittlungsassis-tenten zur Unterstützung des Staatsanwalts herangezogen werden können ([X.][X.], [X.], 26. Aufl., §
142 [X.] Rn. 30). Denn im Falle einer solchen Zuarbeit verbleibt die Wahrnehmung der Rechte der Anklagebehörde bei dem sachbearbeitenden Staatsanwalt.

Das angefochtene Urteil beruht jedoch nicht auf dem [X.]. Die [X.] hat sich ausweislich der Urteilsgründe ihre Überzeugung von den getroffenen Feststellungen aufgrund der in der Hauptverhandlung ver-nommenen
Zeugen und verlesenen Urkunden verschafft. Der Senat schließt -
5
-
aus, dass die Wahrnehmung von [X.] durch die [X.] sich auf das Urteil ausgewirkt hat. Der pauschale Vortrag der Revision, der Angeklagte sei in seinen Rechten verletzt worden, weil die Zeugen und Sach-verständigen durch die Fragen der nicht frageberechtigten [X.] beeinflusst worden seien, zeigt keinen Zusammenhang zwischen dem [X.] und der Verurteilung auf.
Dasselbe gilt für die Behauptung, die negative Einstellung des Gerichts zur Glaubwürdigkeit des Angeklagten sei durch dessen
Nichtbeantwortung der unberechtigten Fragen der Oberamtsan-wältin mitveranlasst worden.

[X.]

von [X.]Schäfer

Mayer Menges

Meta

3 StR 281/11

29.11.2011

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.11.2011, Az. 3 StR 281/11 (REWIS RS 2011, 1018)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1018

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