Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.11.2012, Az. V ZR 9/12

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1307

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V [X.]
Verkündet am:
16. November 2012
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
WEG § 5 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. WEG § 10 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3
Eine in der Teilungserklärung getroffene Regelung, wonach Balkone, die zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind, auf dessen Kosten instandzusetzen und instandzuhalten sind, ist nicht einschränkend dahin auszulegen, dass hiervon Kosten ausgenommen sind, die die im [X.]seigentum stehenden Balkonteile betreffen.

[X.], Urteil vom 16. November 2012 -
V [X.] -
LG [X.]

[X.]

2

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. November 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, [X.]
Dr.
Schmidt-Räntsch
und
Dr.
Roth
sowie die Richterinnen Dr.
[X.] und Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2.
Zivilkammer des Land-gerichts [X.] vom 13. Dezember 2011 wird auf Kosten des Beklagten zu 1 zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien bilden die im Rubrum näher bezeichnete [X.]. Einige der Eigentumswohnungen verfügen über Balkone.
In der Teilungserklärung heißt es in §
5.2.:

Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder
gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind (z.B. Balkone, Terrassen, Veranden, Einstellplätze),
sind von ihm auf seine Kosten instandzusetzen und in-standzuhal

1
3

Auf der Eigentümerversammlung vom 10.
März 2010 beschlossen die Wohnungseigentümer
zu dem Tagesordnungspunkt ([X.]) 4, dass die Kosten der Rechnung der Fa. M.
vom 23. November 2009

anteilsmäßig auf sämtli-che Eigentümer umgelegt,
und zu [X.] 8, dass die (anstehenden) Kosten für die Sanierung der Balkone der Beklagten zu 1 und 2 von der [X.] übernommen werden. Die Rechnung der [X.]betrifft eine sog. Ursa-chenanalyse, in der von einer schadhaften Balkon-
und Fugenabdichtung sowie von einem größtenteils losen und starke Rissbildungen
aufweisenden Fliesen-belag die Rede ist.
Die gegen die Beschlüsse zu [X.] 4 und 8 erhobene Anfechtungsklage ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Mit der zugelassenen Revision möchte der Beklagte zu 1 die Abweisung der Klage erreichen. Die Klägerin [X.] die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht
ist der Auffassung,
die gefassten Beschlüsse
entsprächen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil sie gegen §
5.2. der [X.] verstießen. Die Regelung sei nächstliegend dahin auszulegen,
dass Eigentümer von Wohnungen, die mit einem Balkon ausgestattet seien, für sämtliche diesbezüglich entstehenden
Instandsetzungs-
und Instandhaltungs-kosten aufkommen müssten. Der Wortlaut enthalte keine Einschränkung und biete keine
Anhaltspunkte für eine irgendwie geartete -
im Übrigen auch nur zu [X.] führende -
Unterscheidung.
Damit seien die Kos-ten für die Isolierung und die Abdichtungsanschlüsse
von den betroffenen 2
3
4
4

Wohnungseigentümern zu tragen. Sie dürften nicht auf sämtliche Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft umgelegt werden.
II.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht beanstandet die angefochtenen Beschlüsse zu Recht. Diese verstoßen gegen §
5.2. der Teilungserklärung.
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass bei der Ausle-gung einer Teilungserklärung maßgebend auf den Wortlaut und den Sinn abzu-stellen ist, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegend ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. nur Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2004

V
ZB 22/04, NJW 2004, 3413 mwN; ebenso für Beschlüsse Senat, Beschluss vom 10. September 1998 -
V [X.], [X.]Z
139, 288, 291
f.; vgl. auch Urteil vom 18. Juni 2010 -
V [X.], NJW
2010, 2801 Rn.
1).
b) Die auf dieser Grundlage vorgenommene, ausführlich und überzeu-gend begründete Auslegung macht sich der Senat zu Eigen. Insbesondere hebt das Berufungsgericht zu Recht hervor, dass die Überbürdung der gesamten Kostenlast schon nach der sprachlichen Fassung von §
5.2. der Teilungserklä-rung daran anknüpft, dass

durch den jeweiligen Wohnungseigentümer bestimmt ist, die übrigen [X.] mithin von der Nutzung ausgeschlossen sind.

[X.], NJW-RR 1998, 515
f., 5
6
7
8
9
5

OLG Schleswig, [X.], 963
f.) beruft, ist der
Teilungserklärung auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck, wie er sich bei [X.] einem unbefangenen Betrachter erschließt, keine Einschränkung zu entnehmen. Danach ist nicht ersichtlich,
dass die das [X.]seigentum betreffenden
Sanierungskosten
nicht von dem jeweiligen Wohnungseigentümer
getragen werden sollen (gegen eine solche Einschränkung auch BayObLG, [X.], 56, 58
f.; [X.], [X.], 395, 396). Es
ist
zwar richtig, dass den Eintritt von Feuchtigkeit verhindernde Maßnahmen auch der Erhaltung des gesamten Gebäudes zugutekommen (können). Nur knüpft die Regelung hieran nicht an. In Übereinstimmung mit dem klaren und eindeutigen Wortlaut, dem insbesondere keine Differenzierung zwischen Sonder-
und Ge-meinschaftseigentum
zu entnehmen ist, besteht der Sinn der Regelung viel-mehr darin, dass die übrigen -
von der Nutzung der Balkone ausgeschlosse-nen
-
Wohnungseigentümer deshalb von der Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung aller Balkonteile befreit sein sollten, weil diese Lasten bei einer Bauweise ohne Balkone nicht angefallen wären. Eine solche Regelung zu treffen, liegt im privatautonomen Gestaltungsspielraum der [X.] bzw. des teilenden Eigentümers. Das Wohnungseigentumsrecht lässt den Wohnungseigentümern weitgehend freie Hand, wie sie ihr Verhältnis unterei-nander ordnen wollen (Senat, Urteil vom 13.
Oktober 2006 -
V [X.], [X.], 2374, 2376 mwN).
2. Ob der in dem Verstoß gegen §
5.2 der Teilungserklärung liegende Rechtsfehler nur zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse führt oder zu
deren Nichtig-keit wegen fehlender Beschlusskompetenz zur erstmaligen Begründung einer Kostenlast der [X.] (vgl. Senat, Urteil vom 1. Juni 2012 -
V [X.], [X.], 2578, 2579), bedarf hier keiner Klärung, weil der [X.] innerhalb der Ausschlussfristen nach §
46 Abs. 1 Satz 2 WEG geltend ge-macht worden ist (dazu und zur Frage der Tenorierung Senat, Urteil vom 10
6

2.
Oktober 2009 -
V [X.], [X.]Z 182, 307, 314 ff.; vgl. auch Urteil vom 20. Mai 2011 -
V [X.], NJW-RR 2011, 1232).
III.
Die Kostenentscheidung
beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann

Schmidt-Räntsch

Roth

[X.]

Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.05.2011 -
300 C 10/10 WEG -

LG [X.], Entscheidung vom 13.12.2011 -
2 S 31/11 -

11

Meta

V ZR 9/12

16.11.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.11.2012, Az. V ZR 9/12 (REWIS RS 2012, 1307)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1307

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V ZR 9/12

V ZR 193/09

V ZR 225/11

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