Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.08.2012, Az. 2 WDB 1/12

2. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2012, 4048

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Gegenstand

Gerichtlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss im Vorermittlungsverfahren; Beschwerdeverfahren


Gründe

I.

1

Der [X.]oldat wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss des Vorsitzenden der [X.] des [X.]s [X.]üd.

2

Der 1968 geborene Beschwerdeführer ist Berufssoldat und wird beim ... in ..., verwendet. [X.]eit dem 2. Dezember 2011 werden [X.] Vorermittlungen gegen ihn geführt, die bisher, soweit ersichtlich, nicht abgeschlossen wurden. Der [X.]oldat steht im Verdacht, gewerbsmäßig eine nicht genehmigte Betreuungseinrichtung in dem aus der Nutzung genommenen [X.] auf dem Gelände der [X.] in ... betrieben zu haben sowie seit geraumer Zeit in dem von ihm im [X.] eingerichteten Fotostudio einer nicht genehmigten Nebentätigkeit als Fotograf nachzugehen.

3

Mit [X.]chreiben vom 9. Dezember 2011, das ausweislich des [X.] am 8. Dezember 2011 beim [X.] [X.]üd - [X.] - zusammen mit einem [X.]chriftsatz "Ergänzende Angaben zum Antrag nach § 20 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.]" vom 8. Dezember 2011 einging, beantragte die [X.] für den Bereich des [X.]treitkräfteamtes ([X.]) eine Durchsuchung des [X.] innerhalb des Hangars 4 und die Beschlagnahme von Beweismitteln. Die Durchsuchung und/oder Beschlagnahme von Beweismitteln sollte sich auf elektronische Datenträger oder EDV-Anlagen erstrecken. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, die am 7. und 8. Dezember vor Ort gewonnenen Erkenntnisse erhärteten den dringenden Verdacht, eine Durchsuchung der persönlichen IT-Ausstattung des [X.]oldaten werde zum Auffinden von Beweismitteln führen, die geeignet seien, das Ausmaß und den [X.]chaden schwerwiegender Pflichtverletzungen zu belegen. Nach den bisher durchgeführten Ermittlungen stehe der [X.]oldat in Verdacht, gewerbsmäßig eine nicht genehmigte Betreuungseinrichtung in dem aus der Nutzung genommenen [X.] betrieben zu haben. Das Ausmaß der Nutzung und ein möglicher persönlicher Gewinn für den [X.]oldaten seien derzeit nicht abschätzbar, da der Betrieb ohne die erforderliche Dienstaufsicht und ohne Bindung an die kassenrechtlichen Bestimmungen der [X.] vorgenommen worden sei. Mindestens am 24. November 2011 habe der [X.]oldat ausweislich des aufgefundenen Kassenbons in der Betreuungseinrichtung höchstpersönlich bedient. Außerdem stehe der [X.]oldat im Verdacht, in einem nicht näher eingrenzbaren Rahmen einer nicht genehmigten Nebentätigkeit als Fotograf nachgegangen zu sein. Die Tätigkeit sei im sogenannten "Fotostudio" innerhalb des [X.] ausgeübt worden. In dem [X.]tudio sei eine nicht näher bestimmbare Anzahl weiblicher Models fotografiert worden. Mindestens drei Computersysteme seien eindeutig dem Privateigentum des [X.]oldaten zuzurechnen. Zudem sei durch die unberechtigte private Installation einer Videoüberwachungsanlage innerhalb des Hangars mindestens in zwei Fällen das Persönlichkeitsrecht Dritter verletzt worden. Zwei Zeugen seien ohne ihr Wissen und Einverständnis gefilmt worden, als sie im dienstlichen Auftrag den Hangar betreten hätten. Der vom [X.] genutzte Bereich befinde sich in einem in sich geschlossenen Containersystem innerhalb des Hangars mit einer Ausdehnung von ca. 500 bis 700 qm. Dieser Bereich könne grob unterteilt werden in eine "Betreuungseinrichtung", eine "Werkstatt" und ein "Fotostudio". Der Zugang zu diesem Containersystem sei lückenlos mit Videotechnik überwacht. Zudem sei innerhalb des [X.] ein Kameraüberwachungssystem installiert. Nur durch die Beschlagnahme und Durchsuchung der sich innerhalb des [X.] befindenden Rechneranlagen und [X.]peichermedien, die aufgrund der Kennzeichnung im Eigentum des [X.]oldaten ständen, könnten das Ausmaß des Betriebes und der damit verbundenen Einnahmen der ungenehmigten Betreuungseinrichtung, der Umfang der ungenehmigt durchgeführten Nebentätigkeit sowie die Verletzung der Persönlichkeitsrechte Dritter bewiesen werden.

4

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 8. Dezember 2011 ordnete der Vorsitzende der [X.] des [X.]s [X.]üd die Durchsuchung von "- 3 Rechner mit Kennzeichnung des [X.]oldaten, U[X.]B-[X.]ticks, mobile Festplatten einschließlich Festplatten, die in zwei nicht mehr genutzte dienstliche [X.]erverracks eingebaut wurden,

- 2 Rechner im Kassenbereich, die möglicherweise als dienstliche Rechner der ehemaligen [X.] überlassen worden sind, aber möglicherweise auch im Besitz des [X.]oldaten stehen, sowie 1 Laptop des [X.]oldaten,

- 2 Rechner im "Fotostudio", die mangels Kennzeichnung weder als dienstlich noch privat identifiziert werden können, aber mutmaßlich im Eigentum des [X.]oldaten stehen" im [X.] der [X.] in ... an.

Zugleich wurde die Beschlagnahme der elektronischen Datenträger oder EDV-Anlagen angeordnet, die Gegenstände/Daten enthalten, die als Beweismittel in Betracht kommen. Der anordnende Vorgesetzte habe dem [X.]oldaten - soweit möglich - die Anwesenheit während der Durchsuchung und der Beschlagnahme zu gestatten. Die Gründe für die Durchsuchung und Beschlagnahme seien dem [X.]oldaten mündlich zu eröffnen, soweit der [X.] nicht gefährdet werde.

Zur Begründung heißt es in dem Beschluss, der [X.]oldat sei eines Dienstvergehens hinreichend verdächtig. Es stehe zu erwarten, dass die im [X.] befindlichen und in der Antragsbegründung erwähnten 8 Rechner/Laptops Daten beinhalten, die nähere Erkenntnisse über das "Fotostudio/ungenehmigte Betreuungseinrichtung" erbringen, eine Durchsuchung also zum Auffinden von Beweismaterial führen werde. Durchsuchung und Beschlagnahme seien verhältnismäßig und für die [X.]n Ermittlungen des [X.] notwendig zur Feststellung des Ausmaßes des Betriebes der ungenehmigten Betreuungseinrichtung.

Die Durchsuchung wurde am 9. Dezember 2011 von 11.55 Uhr bis 19.30 Uhr durch einen Wehrdisziplinaranwalt in Gegenwart eines [X.]tabsfeldwebels der ..../... Feldjägerbataillon durchgeführt. Über die beschlagnahmten [X.]achen wurde ein [X.]achverzeichnis mit insgesamt 30 Positionen aufgestellt.

Mit [X.]chreiben vom 2. Januar 2012, beim [X.] am selben Tage eingegangen, hat der [X.]oldat unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 8. Dezember 2011 gegen die Durchsuchung und die damit verbundene Beschlagnahme von Material Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er aus, der Vorwurf, gewerbsmäßig eine nicht genehmigte Betreuungseinrichtung betrieben zu haben, sei unzutreffend. Nutzer der durchsuchten Räume sei die [X.] ([X.]), der es untersagt sei, Gewinne zu erzielen. Die der [X.] 1995 erteilte Genehmigung für die Eigenbewirtschaftung sei nicht widerrufen worden. Das fragliche Gebäude sei ihm durch die konsequente Übertragung von typischen Nutzeraufgaben bzw. Aufgaben eines Gebäudeverantwortlichen durch das [X.] ... konkludent übergeben worden. Insbesondere sei auch Mobiliar zur Nutzung überlassen worden. Die Wehrbereichsverwaltung [X.] habe im Jahr 2010 im Rahmen einer Besprechung festgestellt, dass die [X.] Anspruch auf Überlassung einer geeigneten Infrastruktur habe. Der Vorwurf des "[X.] und Betreibens privater IT in dem Dienstgebäude" sei fundamental fehlerhaft. Die Nutzung privater IT in Betreuungseinrichtungen sei durch keinerlei Vorschrift eingeschränkt. Der Vorwurf "einer nicht genehmigten Nebentätigkeit als Fotograf" verkenne, dass die von ihm betriebene Fotografie eine künstlerische Tätigkeit und damit nach § 20 Abs. 6 Nr. 2 [X.] nicht genehmigungspflichtig sei. [X.]ie falle unter den [X.]chutz des Art. 5 Abs. 3 [X.]atz 1 GG. Die Begleitumstände vor der Durchsuchung ließen den Verdacht aufkommen, dass gezielt Vorwürfe gegen ihn aufgebaut werden sollten. Auch die Entscheidung und die Gründe des angefochtenen Beschlusses seien im Gesamtkontext zumindest teilweise unzutreffend oder vorgreifend. [X.]o unterstelle die Formulierung die nicht belegbare Behauptung, die "zwei nicht mehr genutzten dienstlichen [X.]erverracks" seien dienstlichen Ursprungs; auch sei der Verein der [X.] ... zu keinem Zeitpunkt aufgelöst worden. Die Formulierung "über das Ausmaß des Betriebes einer ungenehmigten Betreuungseinrichtung" greife der Frage vor, ob es sich überhaupt um eine ungenehmigte Betreuungseinrichtung handele. Insgesamt liege dem Beschluss und damit der Durchsuchung ein in weiten Teilen unzutreffender [X.]achverhalt zugrunde; die Durchsuchung sei also im Zweifel nicht geboten gewesen. Zudem schließe § 1 Abs. 2 VereinsG die Anwendung der [X.] für eine Durchsuchung gegen den Verein aus. Das [X.] habe deshalb die Durchsuchung der Räume der [X.] und die Beschlagnahme nicht anordnen dürfen.

Der [X.]oldat beantragt,

den Beschluss vom 8. Dezember 2011 aufzuheben, hilfsweise die Rechtswidrigkeit der Durchsuchung festzustellen und die sofortige Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände anzuordnen.

Die [X.] tritt der Beschwerde entgegen. Ihrem Antrag habe der Verdacht eines Dienstvergehens des [X.]oldaten zugrunde gelegen. Die Ermittlungen richteten sich ausdrücklich nicht gegen den [X.]oldaten in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der [X.] Daher sei das [X.] für die Beantragung und den Erlass des [X.] und [X.] zuständig gewesen. Der [X.]oldat stehe im Verdacht, das im Antrag näher bezeichnete Dienstvergehen begangen zu haben. Ihm sei lediglich im Rahmen seiner dienstlichen Auftragserfüllung "Erstellung einer Nutzungskonzeption für das ..." Zutritt zu dem [X.] ermöglicht worden. [X.]oweit er behaupte, Nutzer der durchsuchten Räume sei die [X.] ... e.V., sei dies unzutreffend. Das der [X.] mittels Überlassungsvertrag 1996 zur Bewirtschaftung überlassene [X.] sei aufgrund der vorgesehenen Veräußerung des Gebäudes zum 31. März 2008 freizumachen gewesen. In Ermangelung eines anderen geeigneten Gebäudes sei ein Interim für die bewirtschaftete Betreuung der Offiziere geschaffen worden, in dem die Eigenbewirtschaftung nicht mehr möglich sei, weil die Heimbetreiberin des [X.] die Bewirtschaftung des Interims für die Offiziere [X.] habe. Einen Rechtsanspruch auf die Bereitstellung einer anderen Infrastruktur habe die [X.] nicht. Der [X.] sei für den Betrieb einer gastronomischen Einrichtung auch in keiner Weise geeignet. Der Vorwurf des [X.] und Betreibens von privater IT in ein Dienstgebäude beziehe sich auf die IT-Ausstattung, die im Eigentum des [X.]oldaten stehe und die der [X.]oldat u.a. dafür genutzt habe, die Daten der privat installierten Videoüberwachungsanlage zu speichern. Nur durch die Beschlagnahme und Durchsuchung der auf der IT-Hardware gespeicherten Daten (Lieferscheine, Abrechnungen etc.), deren Urheber bzw. Empfänger der [X.]oldat sei, ließen sich Art und Umfang seiner Dienstpflichtverletzung beweisen. Die Durchsuchung der im Eigentum des [X.]oldaten stehenden IT-Ausstattung diene auch dazu, die genauen Umstände (Art, Umfang und Zeitpunkte) des Betreibens des semiprofessionellen Fotostudios durch den [X.]oldaten innerhalb der Liegenschaft aufzuklären. Es könne derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass der [X.]oldat das Fotostudio nicht nur zur Ausübung seiner künstlerischen Freizeitbeschäftigung genutzt, sondern auch im [X.]inne einer Nebentätigkeit betrieben habe. Auch wenn eine künstlerische Tätigkeit gemäß § 20 Abs. 6 [X.] nicht genehmigungspflichtig sei, sei die ungenehmigte private Nutzung dienstlicher Infrastruktur sehr wohl genehmigungspflichtig.

Die [X.] des [X.]s [X.]üd hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23. Januar 2012 nicht abgeholfen und sie dem [X.] zur Entscheidung vorgelegt. Der Bundeswehrdisziplinaranwalt und der [X.]oldat haben im Beschwerdeverfahren ergänzend [X.]tellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des [X.]achverhaltes wird auf den Inhalt der dem Gericht vorliegenden Akten, insbesondere der Akten des [X.]s [X.]üd ([X.] [X.] und [X.]-BLd 001/12) Bezug genommen, die dem [X.]enat bei der Entscheidung vorgelegen haben.

II.

Der [X.]enat entscheidet gemäß § 80 Abs. 3 [X.]atz 1 Halbs. 2 [X.] in der Besetzung von drei Richtern.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. [X.]ie ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

a) Nach § 114 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] ist gegen Beschlüsse des [X.]s und gegen richterliche Verfügungen die Beschwerde an das [X.] gegeben, soweit das Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt. Nach der systematischen [X.]tellung der Vorschrift im [X.] regelt sie das Rechtsmittel gegen Beschlüsse und richterliche Verfügungen im Rahmen eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens. Dazu gehören auch die in § 92 [X.] und damit ebenfalls im [X.] geregelten Vorermittlungen der [X.]. Die Rechtsmittelvorschrift des § 114 [X.] ist daher auch auf gerichtliche Entscheidungen im Rahmen eines Vorermittlungsverfahrens anzuwenden (vgl. Beschluss vom 10. März 2009 - BVerwG 2 [X.] 3.08 - BVerwGE 133, 231 <232>; s. auch Beschluss vom 19. April 2000 - BVerwG 2 [X.] 2.00 - [X.] 235.0 § 16 [X.] Nr. 1 = [X.], 209). [X.]oweit nach § 114 Abs. 1 [X.]atz 2 [X.] Entscheidungen, die der Urteilsfällung vorausgehen, von der [X.]tatthaftigkeit der Beschwerde ausgenommen sind, betrifft dies ausdrücklich nicht Entscheidungen über eine Beschlagnahme oder Durchsuchung.

b) Die Beschwerde wurde form- und fristgerecht eingelegt. Nach § 114 Abs. 2 [X.]atz 1 [X.] ist die Beschwerde innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe der Entscheidung bei dem [X.] einzulegen. Die Beschwerde des [X.]oldaten gegen den Beschluss vom 8. Dezember 2011 ging am 2. Januar 2012 per Telefax beim [X.] [X.]üd ein. Damit war zugleich die [X.]chriftform (§ 114 Abs. 2 [X.]atz 3 i.V.m. § 112 [X.]atz 1 [X.]) gewahrt.

c) Für die Beschwerde besteht auch ein Rechtsschutzinteresse. [X.] für die Beschwerde nach § 114 Abs. 1 [X.] ist, dass die angefochtene Entscheidung sich nicht erledigt hat, sondern noch Wirkung auf das weitere Verfahren entfalten kann (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 10. März 2009 - a.a.[X.]). Das ist hier der Fall. Die aufgrund der Durchsuchung beschlagnahmten Gegenstände können im weiteren Verlauf des gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen den [X.]oldaten verwendet werden. Durchsuchung und Beschlagnahme haben sich daher nicht erledigt.

2. Die Beschwerde ist aber unbegründet. Der angefochtene Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss ist rechtmäßig.

a) Der Beschluss findet seine Rechtsgrundlage in § 20 [X.]. Die Regelung des § 20 [X.] über die Durchsuchung und Beschlagnahme steht im [X.] (Allgemeine Bestimmungen) des [X.] (Ahndung von Dienstvergehen durch Disziplinarmaßnahmen) der [X.] und gilt daher nach allgemeiner [X.]ystematik für alle Arten der in den folgenden Abschnitten des [X.] geregelten Disziplinarverfahren. Als spezielle Regelung über Durchsuchung und Beschlagnahme in der [X.] geht die Vorschrift dem lediglich ergänzenden und damit subsidiären Verweis in § 91 Abs. 1 [X.] auf die Vorschriften der [X.]trafprozessordnung vor, zumal § 20 Abs. 5 [X.] nur einzelne aufgezählte Vorschriften der [X.]trafprozessordnung für entsprechend anwendbar erklärt. Dies schließt die Bezugnahme auf weitere Vorschriften der [X.]trafprozessordnung über Durchsuchung und Beschlagnahme im Rahmen von Disziplinarverfahren aller Art nach der [X.] aus. Weder dem Wortlaut noch der [X.]ystematik des § 20 Abs. 5 [X.] lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass diese Vorschrift nur auf Beschlagnahmen durch den [X.] im Rahmen einfacher Disziplinarmaßnahmen, nicht aber auf Maßnahmen im Rahmen eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens Anwendung finden soll. Nichts anderes folgt aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, insbesondere aus der Begründung (BTDrucks 14/4660 [X.]. 26 f. zu Nr. 20 a.E.) des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zu dem [X.] des Wehrdisziplinarrechts und zur Änderung anderer Vorschriften, durch das § 20 [X.] seine jetzige Fassung erhalten hat. Die dortigen Ausführungen zu Abs. 5 verdeutlichen nur, dass die Verweisung auf einzelne Vorschriften der [X.]trafprozessordnung trotz des subsidiären Verweises in § 91 Abs. 1 [X.] erforderlich ist, weil § 91 Abs. 1 [X.] nur im Rahmen gerichtlicher Disziplinarverfahren, nicht aber für einfache Disziplinarmaßnahmen gilt. Dies ändert nichts daran, dass § 20 Abs. 5 [X.] gegenüber § 91 Abs. 1 [X.] eine [X.]pezialregelung enthält, die die uneingeschränkte entsprechende Anwendung der Vorschriften der [X.]trafprozessordnung über die Durchsuchung und Beschlagnahme verdrängt (vgl. Beschluss vom 10. März 2009, a.a.[X.] [X.]. 233 f.).

b) Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] liegen vor.

aa) Die Maßnahme ist zur Aufklärung eines Dienstvergehens ergangen, nämlich des Verdachts des gewerbsmäßigen Betreibens einer nicht genehmigten Betreuungseinrichtung in dem aus der Nutzung genommenen [X.] der [X.] in ... sowie des Nachgehens einer nicht genehmigten Nebentätigkeit als Fotograf in einem im [X.] eingerichteten Fotostudio. Für diesen Verdacht lagen konkrete tatsächliche Anhaltspunkte vor, weil eine nach der Meldung einer möglichen Zweckentfremdung der Räumlichkeiten durch einen Vertreter des [X.] in der [X.] an das [X.] ([X.]) ... durchgeführte Überprüfung durch Feldjäger ergeben hatte, dass mit den vom [X.] des [X.] mitgebrachten [X.]chlüsseln und Codekarten die Eingangstür des Hangars nicht geöffnet werden konnte. Nach der Öffnung mittels Werkzeugs wurde festgestellt, dass der Eingangsbereich durch drei Kameras überwacht war, die in Betrieb zu sein schienen. Des Weiteren wurden nach der Überwindung weiterer verschlossener Türen ein komplett eingerichteter Betreuungsraum mit Couchgarnitur, Ausschanktresen und zum Teil adventlich geschmückten Tischen mit [X.]tühlen, einer Kasse und Elektronikartikeln wie Laptop, Musikanlage, Lautsprecher etc. gefunden. Hinter einer weiteren [X.]chleuse befand sich ein vollständig eingerichtetes Fotostudio. Der [X.]oldat hatte nach eigenen Angaben Zugang zu den Räumen, sodass auch hinreichender Verdacht bestand, dass die den Verdacht der dienstpflichtwidrigen Nutzung begründenden Gegenstände von ihm eingebracht wurden und die Nutzung durch ihn erfolgte. Damit war ein weitere Ermittlungen durch Durchsuchung und Beschlagnahme rechtfertigender Verdacht begründet. Auf die mit der Beschwerde und dem [X.]chriftsatz vom 28. März 2012 vorgebrachten Argumente zu einer denkbaren Rechtfertigung der Nutzung kommt es in diesem Verfahrensstadium noch nicht an. Da weder die [X.] noch das [X.] von einer offensichtlich rechtmäßigen Nutzung ausgehen mussten, ist erst im weiteren Verfahren - insbesondere bei der Entscheidung der Einleitungsbehörde über die Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens und über die Einreichung einer Anschuldigungsschrift - zu prüfen, ob die Nutzung der Räume durch den Betreuungsauftrag der [X.] abgedeckt ist bzw. ob der [X.]oldat über eine Genehmigung für die Nutzung des Hangars zu privaten künstlerischen Zwecken verfügt. Diese Fragen stehen aber nicht schon der [X.]achaufklärung entgegen.

bb) Die Anordnung erging auf Antrag eines [X.]. Disziplinarvorgesetzter (§ 1 Abs. 4 [X.]) ist auch die Einleitungsbehörde. [X.]oweit diese nach § 92 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] den Wehrdisziplinaranwalt um die Vornahme von Vorermittlungen ersucht, für die nach § 92 Abs. 2 [X.] die allgemeinen Ermittlungsgrundsätze des § 97 [X.] entsprechend gelten, handelt der Wehrdisziplinaranwalt als Vertreter der Einleitungsbehörde (vgl. § 81 Abs. 2 [X.]atz 1 [X.]) und ist deswegen auch befugt, im Rahmen der Vorermittlungen die Anordnung einer Durchsuchung und Beschlagnahme beim [X.] zu beantragen (vgl. Beschluss vom 10. März 2009 - a.a.[X.] [X.]. 234).

cc) Die Durchsuchung fand außerhalb von Wohnungen und auf Anordnung des Vorsitzenden [X.] der zuständigen [X.] des [X.]s [X.]üd statt. Das ... ist eine Außenstelle des [X.] in ....

c) [X.]owohl die Bezeichnung der zu durchsuchenden Gegenstände als auch die Beschlagnahmeanordnung sind noch hinreichend konkret und bedurften keiner weitergehenden Beschränkung.

Ziel der Untersuchung und Beschlagnahme war, Art, Umfang und Zeitpunkte des Betreibens sowohl der Betreuungseinrichtung als auch des Fotostudios durch den [X.]oldaten innerhalb der Liegenschaft aufzuklären. Welche Daten und welche Datenträger dafür im Einzelnen relevant waren, konnte ohne nähere Kenntnis der IT-Ausstattung, der konkreten Datenträger und ihrer Inhalte nicht vorher festgelegt werden. Deshalb musste sich die Beschlagnahmeanordnung in allgemeiner Form halten und konnte dies in der gewählten Formulierung tun. Dass die Beschlagnahme nach Nr. 2 des angegriffenen Beschlusses nur die nach Nr. 1 des Beschlusses zu durchsuchenden Gegenstände betreffen konnte, ergibt sich aus dem [X.]achzusammenhang eindeutig und grenzte den Kreis der zu beschlagnahmenden Gegenstände hinreichend ein.

Durchsuchung und Beschlagnahme standen in einem angemessenen Verhältnis zur [X.]chwere des vermutlichen Dienstvergehens - nicht genehmigte Nutzung des Hangars 4 sowohl für eine Betreuungseinrichtung als auch für ein Fotostudio und [X.]chutz dieser Nutzung durch umfangreiche [X.]icherungs- und Überwachungsmaßnahmen - sowie zur [X.]tärke des Tatverdachts. Die mit der Beschlagnahme zu erlangenden Dateien und Unterlagen waren erforderlich, um über das Ausmaß und den Betrieb der ungenehmigten Nutzung Aufschluss zu geben. [X.]oweit der [X.]oldat vorträgt, es sei mehr beschlagnahmt worden als durch den angefochtenen Beschluss des [X.]es gestattet, betrifft dies allenfalls den Vollzug des Beschlusses, macht den angefochtenen Beschluss als solchen aber nicht rechtswidrig. Gegenstand der fristgerecht erhobenen Beschwerde ist nur die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des [X.]s vom 8. Dezember 2011, nicht die Rechtmäßigkeit seiner Durchführung. Diese kann im Verfahren nach § 114 [X.], das auf Beschlüsse des [X.]s und richterliche Verfügungen beschränkt ist, nicht überprüft werden. Ebenfalls nicht in diesem Verfahren zu prüfen ist, inwieweit Beweismittel, die bei einer über die richterliche Anordnung hinausgehenden Durchsuchung und Beschlagnahme erhoben werden, einem Beweisverwertungsverbot unterliegen (vgl. dazu Urteil vom 15. Oktober 2008 - BVerwG 2 WD 16.07 - BVerwGE 132, 100 <106f.> Rn. 33).

Auch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des [X.]oldaten, die er u.a. für seine Tätigkeit als Fotograf anführt, musste das [X.] bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht berücksichtigen. [X.]ie sind gegebenenfalls im Rahmen des Disziplinarverfahrens zu würdigen, machen den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss aber nicht rechtswidrig.

Meta

2 WDB 1/12

07.08.2012

Bundesverwaltungsgericht 2. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WDB

vorgehend Truppendienstgericht Süd, 8. Dezember 2011, Az: S 7 DsL 012/11, Beschluss

§ 20 Abs 1 WDO 2002, § 20 Abs 5 WDO 2002, § 91 Abs 1 WDO 2002, § 114 WDO 2002

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.08.2012, Az. 2 WDB 1/12 (REWIS RS 2012, 4048)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4048

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