Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.03.2011, Az. 29 W (pat) 209/10

29. Senat | REWIS RS 2011, 8933

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Gypsy Mania" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 073 856.1

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 2. März 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie der Richterinnen [X.] und Dorn

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

[X.] [X.]

3

ist am 24. November 2008 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 9: Tonträger;

5

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen;

6

Klasse 35: Dienstleistungen des Einzelhandels über das [X.] in den Bereichen: Tonträger und Datenträger, Bekleidungsartikel, Schuhe und Textilwaren;

7

Klasse 41: Organisation und Durchführung von kulturellen und musikalischen Veranstaltungen.

8

Mit Beschluss vom 28. September 2010 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1 und 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die [X.] gebildete Zusammensetzung aus den auch im Inland bekannten [X.] Wörtern "[X.]" für "Zigeuner" und "[X.]" für "Manie, Leidenschaft, Sucht, Wahnsinn, Fimmel" von den angesprochenen breiten Verkehrskreisen im Sinne einer Begeisterung für die Kultur der Sinti und [X.] verstanden werde. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen liege daher ein beschreibender Hinweis auf deren Art und Thematik vor. Tonträger könnten Musik der Sinti und [X.] wiedergeben und spezielle Bekleidung könne in der Tradition dieser Personengruppe ausgestaltet sein. Einzelhandelsdienstleistungen könnten der Beschaffung der vorgenannten Waren dienen und kulturelle und musikalische Veranstaltungen könnten sich thematisch mit der Kultur der Sinti und [X.] befassen. Vergleichbare Begriffe wie "[X.]-Jazz, [X.]-Tanz, [X.], [X.], [X.]-Swing" sowie "Gothic [X.]; Beckham-[X.], Obama-[X.], Mambo [X.], ABBA-[X.], pyro-mania" würden bereits benutzt, wie eine [X.]recherche ergeben habe ([X.]. 29 – 40 VA). Im Übrigen hätten die vergleichbaren Anmeldungen 399 60 885.0 "Moviemania", 304 26 501.2 "[X.]", 307 79 168.8 "[X.]", 30 2008 040 415.9 "[X.] MANIA", 399 50 789.2 "[X.]", 305 28 129.1, "gypsyguitar" und 30 2008 013 051.2 "[X.] Passion" ebenfalls nicht zu einer Eintragung als Marke geführt.

9

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt,

den Beschluss der Markenstelle 35 des [X.]es vom 28. September 2010 aufzuheben,

hilfsweise,

den Beschluss der Markenstelle aufzuheben, soweit die Anmeldung in Bezug auf folgende Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist:

Klasse 9: Tonträger, die mit Musikaufnahmen bespielt sind;

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen;

Klasse 35: Dienstleistungen des Einzelhandels über das [X.] in den Bereichen: Tonträger und Datenträger, Bekleidungsartikel, Schuhe und Textilwaren;

Klasse 41: Organisation und Durchführung von musikalischen Veranstaltungen.

Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, der Grundsatz des rechtlichen Gehörs sei verletzt worden, weil ihm keine Gelegenheit gegeben worden sei, sich vor Erlass des angefochtenen Beschlusses zu der darin vertretenen Begriffsbedeutung des angemeldeten Zeichens im Sinne von "Begeisterung für die Kultur der Sinti und [X.]" zu äußern, die von der im Beanstandungsbescheid vorgenommenen Deutung "Leidenschaft zur Zigeunermusik" abweiche. Die einzige lexikalisch nachweisbare Bedeutung von "[X.]" sei "Zigeuner(in)". Die von der Markenstelle angeführte Bedeutung "Kultur der Sinti und [X.]" oder die vom Senat in seinem Hinweis angenommene Bedeutung eines bestimmten Jazzstils (sog. [X.]-Jazz) seien lexikalisch nicht nachweisbar. Die Jazzrichtung werde mit "[X.] Jazz" und nicht allein mit "[X.]" bezeichnet. Der [X.] sei weder zutreffend noch als Nachweis geeignet. "[X.]" bedeute auch "Besessenheit" im Sinne eines abwertenden Sprachgebrauchs für zwanghaften Enthusiasmus, Zustand exzessiver Aktivität, "Wahnsinn" im medizinischen Sinne (Anlage 2 und 3, [X.]. [X.]) oder "Raserei" im Sinne von unsinnigem, wütendem Toben (Anlage 4, [X.]. 50 [X.]). Die Bedeutungen "Leidenschaft", "Sucht", "Begeisterung" oder "Fieber" für "[X.]" würden auch nicht durch die [X.]recherche des Amtes belegt. Der angemeldeten Wortfolge lasse sich weder ein Hinweis auf "Kultur" noch auf "Sinti" oder "[X.]" entnehmen. "[X.]" werde allgemein für nomadische Gruppen verwendet, darunter auch Gruppen aus [X.], [X.] und [X.] (Anlage 5, [X.]. 51 [X.]; Anlage 6, [X.]. 52 [X.]). Die Wortfolge könne daher nur "Zigeunermanie, [X.], Zigeunerbesessenheit oder [X.]" bedeuten. Die verfahrensgegenständliche Wortkombination werde zudem kaum verwendet – eine Google-Recherche mit dem Suchbegriff "[X.] [X.]" habe nur Einträge ergeben, die auf seine Aktivitäten oder eine Musikgruppe verwiesen (Anlage 7, [X.]. 53 [X.]) – und sei in hohem Maße ungewöhnlich und phantasievoll. Bei den bekannten Verknüpfungen mit "[X.]" beziehe sich "[X.]" auf eine oder mehrere bestimmte Personen oder auf einen bestimmten Musik- oder Tanzstil. Bei der Kombination "[X.] [X.]" werde das Wort "[X.]" mit der Bezeichnung für eine Volksgruppe an sich und nicht mit bestimmten Personen verbunden. Es fehle auch der Hinweis, auf welche Eigenschaft oder welchen Aspekt der Volksgruppe sich die "[X.]" beziehen könnte. Der Sinn der Wortfolge bleibe also verschwommen, so dass sie sich auch nicht als Sachhinweis auf den Inhalt von Tonträgern oder von kulturellen und musikalischen Veranstaltungen eigne. Auch die in Klasse 25 beanspruchten Bekleidungswaren ließen sich nicht mit "Manie für Zigeuner" beschreiben. Die [X.]belege des Senats beträfen lediglich das Wort "[X.]", aber nicht den angemeldeten Gesamtbegriff. Demzufolge sei die Wortfolge auch nicht zur Beschreibung der beanspruchten Einzelhandelsdienstleistungen mit den vorgenannten Waren geeignet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.

Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge "[X.] [X.]" als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 [X.] steht hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen.

1. a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2008, 608, 611 [X.]. 66 f. – [X.]; [X.], 825, 826 [X.]. 13 – [X.]; 935 [X.]. 8 – [X.]; [X.], 850, 854 [X.]. 18 - [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.], 233, 235 [X.]. 45 - Standbeutel; 229, 230 [X.]. 27 - BioID; a. a. [X.]. 66 - [X.]; [X.], 710 [X.]. 12 - [X.]; [X.], 949 [X.]. 10 - My World; a. a. [X.] - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.];). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] - [X.]; [X.], 411 [X.]. 8 - [X.]; 778, 779 [X.]. 11 - [X.]; 949 [X.]. 10 - My World; a. a. [X.] - [X.]). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.], 411, 412 [X.]. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944 [X.]. 24 - [X.] 2; [X.] - [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.], 428, 431 [X.]. 53 - [X.]; [X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.] 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.], 674, 678 [X.]. 86 – Postkantoor; [X.] [X.], 952, 953 [X.]. 10 - [X.]; a. a. [X.] 854 [X.]. 19 - [X.]; [X.], 417, 418 – [X.]; a. a. [X.] - marktfrisch; [X.], 1153 - anti [X.]) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] - [X.]; [X.], 1050, 1051 - [X.]; [X.], 1043, 1044 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.] 855 [X.]. 28 f. - [X.]). Dabei gilt, dass je bekannter der beschreibende Begriffsgehalt für die Waren oder Dienstleistung ist, desto eher wird er auch nur als solcher erfasst, wenn er im Zusammenhang mit der Kennzeichnung der Ware oder Dienstleistung in Erscheinung tritt ([X.], 58, 60 – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.], 146, 147 [X.]. 32 - [X.]; 674, 678 [X.]. 97 - Postkantoor; 680, 681 [X.]. 38 - [X.]; [X.], 58, 59 [X.]. 21 - [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das [X.] nicht infolge einer ungewöhnlichen Veränderung – etwa syntaktischer oder semantischer Art – hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung ihrer schutzunfähigen Bestandteile abweicht ([X.] [X.] 2007, 204, 209 [X.]. 77 f. – [X.]; a. a. [X.]. 29 - BioID; a. a. [X.]. 98 - Postkantoor; a. a. [X.]. 39 f. – [X.]; a. a. [X.]. 28 – [X.] 2).

Von diesen Grundsätzen ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen auszugehen, ohne dass unterschiedliche Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Wortfolgen gegenüber anderen Wortmarken gerechtfertigt sind ([X.] GRUR 2010, 228, 231 [X.]. 36 - Vorsprung durch Technik; [X.], 1027, 1029 [X.]. 32 u. 36, 1030 [X.]. 44 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] a. a. [X.]. 12 - My World; [X.], 778, 779 [X.]. 12 - [X.]). Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt ([X.] – My World u. [X.]).

b) Das [X.] hat in seinem Beschluss die Eintragung der angemeldeten Wortfolge zu Recht versagt, weil diese nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat.

http://dict.leo.org ) und "[X.]" mit den Übersetzungsmöglichkeiten "Manie, Fimmel, Raserei, Wahnsinn und Wahn" ( http://dict.leo.org ) zusammen. Die Wortkombination "[X.] [X.]" lässt sich zwar lexikalisch nicht nachweisen (http://dict.leo.org). Dennoch werden die angesprochenen inländischen Verkehrskreise die Wortkombination mit "Zigeunermanie, [X.] oder [X.]" übersetzen und als Begeisterung oder Leidenschaft für die Kultur, die (Tanz-)Musik oder den traditionellen Kleidungsstil der Zigeuner bzw. der Sinti und [X.] verstehen, zumal "gypsy" ein in [X.] bekannter [X.] Begriff und "[X.]" mit dem [X.] Wort "Manie" fast identisch ist. Das Wort "[X.]" stammt ursprünglich aus dem [X.] mit der Bedeutung "Raserei" ( http://de.wikipedia.org/wiki/[X.] ) und wird, wie eine [X.]recherche des Amtes und des Senats gezeigt hat, bereits zahlreich im Inland im Sinne von Leidenschaft, Begeisterung oder Fieber verwendet (vgl. "Gothic [X.]", "Beckham-[X.]", "Obama-[X.]", "Mambo [X.]", "ABBA-[X.]", "pyro-mania”, Anlagen zum angefochtenen Bescheid, [X.]. 35 – 40 VA; oder "Disco [X.]”, Anzeige in [X.]Stadthalle Fürth: Disco [X.] – Das Tanzfieber greift um sich”).

bb) In Bezug auf die in Klasse 9 beanspruchten Tonträger und die in Klasse 41 angemeldete Organisation und Durchführung von kulturellen und musikalischen Veranstaltungen weist die angemeldete Wortfolge darauf hin, dass sich die Tonträger und die Veranstaltungen inhaltlich sehr intensiv mit der Kultur oder der (Tanz-)Musik der Sinti und [X.] (Anlage zum Beanstandungsbescheid vom 14. Mai 2009, [X.]. 8 – 11 VA; Anlagen zum angefochtenen Beschluss, [X.]. 30 - 33 VA) befassen und damit der Begeisterung ihrer Anhänger Ausdruck verleihen können. Der Begriff "gypsy music" oder "Zigeunermusik" ist seit Jahrhunderten allgemein bekannt ([X.], [X.], 20 Bände, 1980, Stichwort: [X.] music; [X.] [X.] des [X.], 2. Aufl. 2005, Stichwort: [X.]; von [X.]/Reiß/Noll, [X.] - Daten, Fakten und Zusammenhänge, 2. Aufl. 1996, Stichwort: Zigeunermusik; [X.] - Komponisten, Interpreten, Sachbegriffe, 3. Aufl. 2006, Stichwort: Zigeunermusik, Anlagen zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. März 2011, [X.]. 61 - 81 [X.]). Auch der "[X.] Jazz" bzw. "Zigeunerjazz" ist seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts eine bekannte Musikstilrichtung (Anlage zum angefochtenen Bescheid, [X.]. 29 VA, sowie Anlage zum o. g. Protokoll, [X.]. 82 - 84 [X.]; [X.], a. a. [X.], Stichwort: Zigeunerjazz; von [X.]/Reiß/Noll, a. a. [X.] Stichwort: Zigeunermusik a. E.). Die angesprochenen breiten Verkehrskreise werden bei Tonträgern oder musikalischen Veranstaltungen, die mit "[X.] [X.]" gekennzeichnet sind, davon ausgehen, dass sie entweder für leidenschaftliche Fans von "Zigeunermusik" oder "Zigeunerjazz" bestimmt sind oder sich überaus intensiv dieser Musik widmen. Aus diesem Grund wirkt sich auch die hilfsweise geringfügige Einschränkung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses auf "Tonträger, die mit Musikaufnahmen bespielt sind", nicht zugunsten des Anmelders aus.

http://out-of-india.de ; Kostüme "Tänzerin [X.]" (http://cgi.ebay.de), "[X.]" ([X.]), mehrere "[X.]-Damenkostüme" ( [X.]) ). In der Modebranche wird sogar vom "[X.]" gesprochen ([X.]: [X.], [X.]) ). Der Zusatz "[X.]" bringt entweder zum Ausdruck, dass der Erwerber oder Träger dieser Bekleidung eine große Leidenschaft für den "Zigeuner(mode)stil" empfindet oder dass die Bekleidung in besonders ausgeprägtem Maße diesem Modestil entspricht.

dd) Alle vorgenannten Ausführungen lassen sich auch auf die in Klasse 35 angemeldeten Einzelhandelsdienstleistungen übertragen, weil diese sich auf dieselben Waren sowie auf vergleichbare Produkte, nämlich Datenträger und Textilwaren, beziehen.

c) Die Bezeichnung "[X.] [X.]" ist zwar eine sprachliche Neuschöpfung, aber der Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Der Durchschnittsverbraucher wird auch bisher noch nicht verwendete, ihm aber gleichwohl verständliche Sachaussagen als solche und nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen (BPatG 26 W (pat) 90/09 – brand broadcasting m. w. N.). So liegt der Fall auch bei der hier angemeldeten, nicht ungewöhnlich gebildeten Wortkombination.

d) Unterscheidungskraft erlangt die Wortfolge "[X.] [X.]" auch nicht durch eine gewisse inhaltliche Unschärfe, weil sich sämtliche mögliche Bedeutungen auf ohne weiteres verständliche Sachaussagen beschränken (vgl. [X.] [X.], 778, 780 [X.]. 17 - [X.]; [X.], 882 f. - Bücher für eine bessere Welt).

e) Das Anmeldezeichen vermittelt dem angesprochenen breiten Publikum daher nur einen Sachhinweis auf Art, Thema oder Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen, nämlich dass sie im Zusammenhang mit einer großen Begeisterung für die Kultur, die (Tanz-)Musik oder den traditionellen Kleidungsstil der Sinti und [X.] stehen. Damit eignet sich die angemeldete Wortfolge für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis.

2. Da es bereits an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben, ob der angemeldeten Bezeichnung auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an seiner freien Verwendbarkeit entgegen steht (§ 8 Abs.2 Nr. 2 [X.]).

3. Soweit der Anmelder eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs rügt, weil ihm keine Gelegenheit gegeben worden sei, sich vor Erlass des angefochtenen Beschlusses zu der vom Beanstandungsbescheid abweichenden Deutung des angemeldeten Zeichens zu äußern, ist ein etwaiger Verstoß geheilt, weil er im Beschwerdeverfahren ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Er konnte mit seiner Beschwerdebegründung auf den ausführlichen Hinweis des Senats reagieren und hätte an der mündlichen Verhandlung teilnehmen können.

Meta

29 W (pat) 209/10

02.03.2011

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.03.2011, Az. 29 W (pat) 209/10 (REWIS RS 2011, 8933)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8933

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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