Bundesfinanzhof, Beschluss vom 06.10.2015, Az. V B 23/15

5. Senat | REWIS RS 2015, 4379

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Gegenstand

Unzulässigkeit einer Anfechtungsklage - Darlegungserfordernisse bei der Rüge eines qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers


Leitsatz

1. NV: Eine erst nach der Zusendung des Prüfungsberichtes gegen die Prüfungsanordnung erhobene Anfechtungsklage ist mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig.

2. NV: Ein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler wird nicht mit der Behauptung dargelegt, das Finanzgericht habe die Verfassungskonformität einer Norm prüfen müssen, wenn für die Entscheidung über diesen Antrag der Finanzrechtsweg nicht eröffnet ist.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 10. März 2015  9 K [X.] wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist unzulässig und daher durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

2

1. Die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde erfordert, dass die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 [X.]O i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O "dargelegt" werden. Dies setzt voraus, dass die Klägerin das Vorliegen eines der Zulassungsgründe substantiiert und schlüssig vorträgt.

3

a) Die Klägerin hat in ihrer Beschwerdebegründung vorgetragen, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, "weil es der Bundesregierung bisher noch nicht gelungen sei, den Missbrauch des [X.] und des § 6 Abs. 3 der [X.] ([X.]) wirksam zu begegnen und zu erwarten ist, dass der Staat und damit das Berufungsgericht zum Schutz künftiger Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen nach Art. 20 A des Grundgesetzes mit dieser Entscheidung sichern, damit in anderen Berufungsverfahren nach § 6 Abs. 3, 2 und 1 [X.], z.B. vor dem Finanzgericht ([X.]) [X.] gemäß Urteil vom 4. Juni 1996 IV 6/94 (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1996, S. 311) die angegriffene Handlung nicht mehr dazu dienen kann, dass Käufer von [X.] z.B. für Exportwaren nach … nicht mehr über die geschäftlichen Verhältnisse '… Systembetreiber' getäuscht werden (...)". Es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, weil die Klage ohne Prüfung der Verfassungskonformität des § 6 Abs. 3 [X.], auf deren Gültigkeit es im Verfahren ankomme, abgewiesen worden sei. Das [X.] habe der Klage voll umfänglich stattgeben müssen.

4

b) Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) ist erforderlich, dass die Klägerin in der Beschwerdebegründung eine bestimmte --abstrakte-- klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausstellt. Sie muss darlegen, weshalb es in dem angestrebten Revisionsverfahren auf die Klärung der hervorgehobenen Rechtsfrage ankommt (Klärungsbedürftigkeit) und dass dem Revisionsgericht eine Klärung auch möglich ist --Klärbarkeit-- (vgl. Beschluss des [X.] --BFH-- vom 25. Januar 2011 V B 144/09, [X.] 2011, 863). Diesen formellen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht, da es an der Formulierung einer abstrakten und entscheidungserheblichen Rechtsfrage fehlt.

5

c) Die Ausführungen der Klägerin sind auch nicht geeignet, die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Dazu hätte ein offensichtlicher (materieller oder formeller) Rechtsanwendungsfehler des [X.] von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung dargetan werden müssen (vgl. [X.] vom 3. Februar 2012 IX B 126/11, [X.] 2012, 741, und vom 10. Februar 2010 IX B 163/09, [X.] 2010, 887). Die bloße Behauptung, dass erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden und der Klage vollumfänglich stattgegeben werden müsse, reicht hierfür nicht aus.

6

aa) Soweit die Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren beantragt hatte, die Anordnung der [X.] aufzuheben, hat das [X.] die Klage zu Recht abgewiesen. Die Anordnung einer Außenprüfung gemäß § 196 der Abgabenordnung ([X.]) ist Verwaltungsakt (§ 118 [X.]). Darin wird dem betroffenen Steuerpflichtigen aufgegeben, die Außenprüfung in dem in der Anordnung näher umschriebenen Umfang zu dulden. Die sich aus der Anordnung ergebende Duldungspflicht des Steuerpflichtigen endet mit dem Abschluss der Außenprüfung. Die Außenprüfung ist abgeschlossen, wenn die prüfende Behörde den Abschluss ausdrücklich oder konkludent erklärt. In der Regel kann die Außenprüfung mit der Zusendung des [X.] (§ 202 Abs. 1 [X.]) als abgeschlossen angesehen werden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt erledigt sich deshalb die Prüfungsanordnung als Verwaltungsakt in der Hauptsache. Eine nach diesem Zeitpunkt gegen die Prüfungsanordnung erhobene Anfechtungsklage ist unzulässig, weil der Kläger an der nachträglichen Aufhebung der Prüfungsanordnung kein rechtliches Interesse mehr geltend machen kann. Der Anfechtungsklage fehlt somit das allgemeine Rechtsschutzinteresse (BFH-Urteile vom 4. Februar 1988 V R 57/83, [X.] 152, 217, BStBl II 1988, 413, sowie vom 17. Juli 1985 I R 214/82, [X.] 144, 333, BStBl II 1986, 21; [X.] Köln, Urteil vom 27. November 2013  12 K 3723/11, [X.]Entscheidungsdienst 2015, 1082).

7

bb) Einen qualifizierten Rechtsanwendungsfehler des [X.] legt die Klägerin auch nicht mit der Behauptung dar, das [X.] habe die Verfassungskonformität des § 6 [X.] prüfen müssen. Sie hat zwar im finanzgerichtlichen Verfahren beantragt, die Verfassungswidrigkeit des § 6 [X.] festzustellen. Hierfür fehlt es jedoch an der Zuständigkeit des [X.]. Für eine Entscheidung über diesen Antrag ist nicht der [X.] (§ 33 [X.]O), sondern der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 der Verwaltungsgerichtsordnung) eröffnet. Der Feststellungsantrag betrifft eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit über die Gültigkeit einer Rechtsverordnung. Dies gilt auch dann, wenn die Verfassungswidrigkeit mit der Verletzung von Grundrechten begründet wird (Beschluss des [X.] vom 22. März 2000  1 BvR 1500/93, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - [X.] 2000, 473).

8

2. Von einer weiteren Begründung, insbesondere der Wiedergabe des Tatbestands, sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O ab.

9

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V B 23/15

06.10.2015

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend FG Düsseldorf, 10. März 2015, Az: 9 K 3245/14 AO, Urteil

§ 118 AO, § 196 AO, § 202 AO, § 33 FGO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 116 Abs 3 FGO, § 40 Abs 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 06.10.2015, Az. V B 23/15 (REWIS RS 2015, 4379)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4379

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