Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2014, Az. 2 StR 20/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2014, 3868

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2
StR
20/14

vom
23. Juli 2014
in der Strafsache
gegen

wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung vom 9.
Juli 2014 in der Sitzung am 23.
Juli
2014, an denen
teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Prof. Dr. Fischer,

[X.] am [X.]
Dr. [X.],
Prof. Dr. [X.],
Prof. Dr. [X.],
[X.]in am [X.]
Dr.
[X.],

Staatsanwalt beim [X.]

in der Verhandlung,
Oberstaatsanwalt beim [X.]

bei der Verkündung

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Verteidiger,

Justizangestellte

in der Verhandlung,
Justizhauptsekretärin

bei der Verkündung

als Urkundsbeamtinnen
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
1.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird
das Urteil des [X.] vom 3.
Juli 2013
im Rechtsfol-genausspruch dahingehend ergänzt, dass der Verfall des sichergestellten Betrages in Höhe von 27.400
Euro
angeordnet wird.
2.
Die Revision des Angeklagten wird verworfen.
3.
Der Angeklagte trägt die durch sein Rechtsmittel und das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft entstandenen Kosten.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von [X.] in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem [X.] mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Außerdem hat es [X.], u.a. hinsichtlich zweier Kraftfahrzeuge, getroffen. Die Revision der Staatsanwalt-schaft, die sich allein gegen ein Absehen von einer Verfallsentscheidung richtet, hat Erfolg. Das
auf die Rüge der Verletzung von [X.] und materiellem Recht gestützte Rechtsmittel des Angeklagten
bleibt dagegen erfolglos.
1
-
4
-
I.
Nach den Feststellungen des [X.]s erwarb der Angeklagte in der [X.] zwischen der letzten Augustwoche des Jahres 2011 bis einschließlich 17.
Januar 2012 in zehn Fällen auf dem "Vietnamesen"-Markt
in [X.]

(Tschechien) jeweils 2
Kilogramm Marihuana sowie am 18.
Januar 2012 5,5
Kilogramm zum [X.] von 3.800
Euro, verbrachte es in einem ihm gehörenden Fahrzeug der Marke [X.] über die Grenze in die Wohnung seiner damaligen Freundin, wo er es verpackte und an die Adresse seiner Großmutter verschickte. Anschließend veräußerte er das dort wieder an sich genommene Rauschgift für 4.800
Euro pro Kilogramm weiter.
Am 23.
April 2012 fuhr der Angeklagte mit einem ihm gehörenden Fahr-zeug der Marke [X.] erneut nach [X.]

, bestellte dort 5
Kilogramm Marihua-
na, das er am 27.
April 2012 dort abholte und in die [X.] verbrachte. Der Angeklagte, der von seiner ehemaligen
Freundin zwischenzeitlich ange-zeigt worden war, wurde von der Polizei observiert. Als er dies bemerkte, ge-lang es ihm, sich von dem Polizeifahrzeug abzusetzen und in einem Waldstück das Marihuana zu verstecken. Dort wurde es später sichergestellt.
Der Angeklagte wurde auf der Fahrt nach [X.] festgenommen, in sei-nem Fahrzeug wurden 350
Euro sichergestellt. Im Haus seiner Großmutter fand die Polizei in einem Schließfach in einer Schrankwand 27.050
Euro, die [X.] sichergestellt und wie auch das im Auto aufgefundene Geld einige Tage später bei der [X.] eingezahlt wurden. Von der Anordnung erwei-terten Verfalls (des sichergestellten Geldes
bzw. von [X.] für die für den Verkauf des Marihuana erlangten Erlöse) hat das [X.] gemäß §
73c StGB abgesehen, weil die bei der [X.] eingezahlten Gelder nicht 2
3
4
-
5
-
mehr
im
Vermögen des Angeklagten vorhanden seien und ihm auch keine [X.] gegen die Staatskasse zustünden.
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat
Erfolg.
1. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist -
ungeachtet des
Wort-lauts der Begründungsschrift, die beantragt, gemäß § 73a StGB auf Verfall von [X.] in Höhe von 27.400 Euro zu erkennen
-
nicht auf das Unterbleiben der Anordnung des Verfalls von [X.] nach § 73a StGB beschränkt. Aus der Begründung des Rechtsmittels ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Staatsanwaltschaft -
ohne Beschränkung auf eine bestimmte rechtliche Einord-nung
-
eine Verfallsentscheidung anstrebt, die im wirtschaftlichen Ergebnis zur Abschöpfung des sichergestellten Bargeldbetrags führt (§
300 StPO). Mit die-sem Anfechtungsumfang -
Überprüfung des [X.] jeglicher Verfallsent-scheidung
-
ist die Rechtsmittelbeschränkung auch wirksam (vgl. [X.], Urteil vom 2. Dezember 2004 -
3 [X.], [X.], 104).
2. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Das [X.] hat zu Unrecht von einer Verfallsentscheidung hinsichtlich des sichergestellten Geldbetrages in Höhe von 27.400
Euro abgesehen. Der [X.] holt dies in entsprechender Anwen-dung von §
354 Abs.
1 StPO nach.
Das beim Angeklagten bzw. seiner Großmutter sichergestellte Geld im Wert von 27.400
Euro stammte -
wie das [X.] rechtsfehlerfrei festge-stellt hat
-
aus strafbaren Verkäufen von Betäubungsmitteln, wobei der Erlös konkreten Taten, insbesondere den angeklagten Taten, nicht zugeordnet wer-den konnte. Damit liegen grundsätzlich die Voraussetzungen für die Anordnung 5
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8
-
6
-
eines erweiterten Verfalls gemäß §§
33 Abs.
1 BtMG i.V.m. 73d Abs.
1 Satz
1 und 2 StGB vor (UA S.
98).
Dieser ist auch nicht -
entgegen der Ansicht des [X.]s
-
deshalb ausgeschlossen, weil der sichergestellte Betrag bei der Gerichtskasse einge-zahlt worden ist. Dadurch ist nämlich die Verfallsanordnung im Sinne von §
73d Abs.
2 StGB (mit der Maßgabe, dass allenfalls der Verfall von [X.] im Sinne von §
73a StGB angeordnet werden könnte) nicht unmöglich geworden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das für die Tat oder aus ihr Erlangte damit nicht mehr als solches "bei dem Angeklagten"
vorhanden wäre (vgl. [X.], [X.] vom 21.
Oktober 2008 -
4 StR 437/08,
NStZ
2010, 85). Davon aber ist nicht auszugehen. Die strafprozessuale Sicherstellung von aus Drogengeschäf-ten erlangten Kauferlösen als solche bewirkt nicht die Aufhebung der unmittel-baren Zuordnung von sichergestellten Geldern zum Täter. Aber auch die [X.] führt diese Wirkung nicht herbei. Denn nach der maßgeblichen Anschauung des täglichen Lebens macht es keinen Unterschied, wenn eine bestimmte Banknote als vertretbare Sache durch einen gleichwerti-gen Anspruch auf den entsprechenden Geldbetrag gegen die Staatskasse er-setzt wird (vgl. [X.], Urteil vom 14.
Juli 1993 -
3 [X.], [X.]R StGB §
74 Identität 1 zum vergleichbaren Problem bei der Einziehung).
Schließlich steht auch §
73c StGB der Anordnung des erweiterten Ver-falls nicht
entgegen, wenn -
wie dargelegt
-
das aus [X.] Erlangte auch nach Einzahlung der sichergestellten Geldscheine auf der Gerichtskasse nach maßgeblicher Anschauung des täglichen Lebens beim [X.] als Täter verblieben ist. Dies gibt
dem [X.] Anlass, in der Sache selbst zu entscheiden und den (erweiterten) Verfall selbst anzuordnen.
9
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-
7
-
III.
Die Revision des Angeklagten bleibt hingegen erfolglos.
1.
Die Verfahrensrügen sind aus den vom [X.] in [X.] Antragsschrift im Einzelnen dargelegten Gründen nicht begründet.
2.
Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand. Er beruht auf einer tragfähigen Beweiswürdigung. Das [X.] hat sich ohne [X.] auf die Angaben der ehemaligen Freundin des Angeklagten
gestützt, die hinreichende, durch andere Umstände bestätigte Angaben zu den einzelnen Taten gemacht hat.
3.
Auch der Rechtsfolgenausspruch ist frei von [X.].
Dies gilt zunächst hinsichtlich der Einziehungsentscheidung der [X.], bei denen das [X.] (noch) nachvollziehbar dargelegt hat, dass sie im Eigentum des Angeklagten standen. Soweit der Angeklagte den PKW der Marke [X.] am 23.
April 2012 benutzt hat, um in [X.]

Betäu-
bungsmittel für den 27.
April 2012 zu bestellen, genügt dies (noch), um eine Einziehung nach §
74 Abs.
1 StGB zu rechtfertigen. Es handelt sich bei der Nutzung des Fahrzeugs entgegen der Ansicht der Revision nicht lediglich um eine gelegentliche Verwendung im Zusammenhang mit der Tat (vgl. [X.], [X.] vom 9.
Juli 2002 -
3 [X.], [X.]R StGB §
74 Abs.
1 Tatmittel
7), auch wenn der Angeklagte, der nach der Bestellung nicht zugleich ins Bundes-gebiet zurückkehrte, offensichtlich noch andere Dinge erledigte.
11
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14
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-
8
-
Es gilt aber auch im Hinblick auf den Strafausspruch, bei dem das [X.] ausdrücklich den Entzug des gesamten Vermögens aufgrund der [X.] berücksichtigt (UA S.
94, 100
f.) und damit erkennbar in (noch) genü-gender Weise die (strafähnliche) Wirkung der die Kraftfahrzeuge betreffenden [X.] in seine [X.] eingestellt hat.
Fischer [X.] [X.]

[X.]

[X.]
16

Meta

2 StR 20/14

23.07.2014

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2014, Az. 2 StR 20/14 (REWIS RS 2014, 3868)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3868

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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