Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.11.2015, Az. XII ZB 257/15

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 2568

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]/15
vom
11. November
2015
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO §§ 233 Ga, 236 B
Der
Antrag auf Wiedereinsetzung muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten (§
236 Abs.
2 ZPO). Hierzu gehört eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe, aus der sich ergibt, auf welchen konkreten Umständen das Fristversäumnis be-ruht, und auf welche Weise und durch wessen Verschulden es zur Versäumung der Frist gekommen ist (im [X.] an [X.] Beschluss vom 3.
Juli 2008
-
IX
ZB 169/07
-
NJW 2008, 3501).
[X.], Beschluss vom 11. November 2015 -
XII [X.]/15 -
KG Berlin

[X.]

-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am
11.
November
2015
durch den
Vorsitzenden
Richter [X.],
die Richterin Weber-Monecke
und
die Richter [X.],
Dr. Nedden-Boeger
und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 12.
Zivilsenats des [X.] in Berlin
vom 13.
Mai
2015
wird auf Kosten der Beklagten
zu 1 und 2 verworfen.
[X.]: 58.718

Gründe:
I.
Mit Urteil vom 1.
September 2014, das den Beklagten
am 6.
September 2014
zugestellt
worden ist, hat das [X.] die Beklagte zu 3, eine
Gesell-schaft bürgerlichen Rechts,
sowie deren Gesellschafter, die Beklagten zu 1 und 2, zur Mietzahlung in Höhe von 58.717,52

an die Klägerin verur-teilt. Hiergegen ist am 2.
Oktober 2014 Berufung "namens der Beklagten und Berufungsklägerin"
eingelegt worden. Als Rechtsmittelführer
ist in der Beru-fungsschrift
bezeichnet:
"M... GbR, vertreten durch den Geschäftsführer [X.] und Petra S.
-
Beklagte und Berufungsklägerin
-
"

1
-
3
-

Durch einen weiteren, auf den 6.
Oktober 2014 datierten, aber erst am 9.
Oktober 2014 per Telefax bei Gericht eingegangenen Schriftsatz
hat der Pro-zessbevollmächtigte klargestellt, dass die Berufungseinlegung für "sämtliche Beklagten gemeint"
war. Am 15.
Oktober 2015 haben die Beklagten zu 1 und 2 vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Beru-fungsfrist beantragt. Zur Begründung haben sie glaubhaft gemacht, ihrem Pro-zessbevollmächtigten sei von seiner Kanzleiangestellten zunächst ein fehlerhaf-ter
Entwurf einer
Berufungsschrift vorgelegt worden, der die Beklagten zu 1 und 2 nicht aufgeführt habe. Der Prozessbevollmächtigte
habe daraufhin die Ferti-gung einer
korrigierten Fassung
der Berufungsschrift
unter Aufführung sämtli-cher Beklagten
angeordnet. Den ihm anschließend
korrigiert
vorgelegten
Schriftsatz habe er auf der zweiten Seite unterschrieben. Zu dem Zeitpunkt [X.] die beiden Blätter des Schriftsatzes jedoch noch nicht mit [X.] gewesen. Durch ein Büroversehen der
sonst zuverlässigen
Kanzleiangestellten
sei anstelle der korrigierten Seite die ursprünglich fehlerhaft
erstellte
erste Seite mit der die Unterschrift tragenden zweiten Seite zusam-mengefügt und an das Gericht übermittelt worden.
Auf richterlichen Hinweis, dass ausweislich seines weiteren Schriftsatzes vom 5.
Dezember
2014 das Versäumnis dem Prozessbevollmächtigten bereits am 6.
Oktober 2014 bekannt gewesen sei und zu dem Zeitpunkt die Frist noch durch ergänzende Berufungseinlegung
für die Beklagten zu 1 und 2 hätte ge-wahrt
werden können, hat der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt, dass der Schriftsatz zwar das Datum vom 6.
Oktober 2014 trage, tatsächlich jedoch erst am 9.
Oktober 2014 verfasst worden sei.
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung der Beklagten zu 1 und 2 als unzulässig verworfen, weil die 2

3
4
-
4
-

Berufungsbegründungsfrist nicht schuldlos versäumt
sei.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten zu 1 und 2.

II.
Die gemäß §§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, 522 Abs.
1 Satz
4, 238 Abs.
2 Satz
1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Vorausset-zungen des §
574 Abs.
2 ZPO nicht erfüllt sind.
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.]. Der angefochtene Beschluss verletzt den Beklagten
nicht
in seinem
verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Danach darf einer [X.] die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht auf-grund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtig-ten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den [X.]en den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung einge-räumten
Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtferti-gender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juni 2008 -
XII
ZB 184/07
-
FamRZ 2008, 1605 Rn.
6 mwN).
2. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei erkannt hat
und auch die
Rechtsbeschwerde nicht infrage stellt,
ist durch den Schriftsatz vom 2.
Oktober 2014 nur für die Beklagte zu 3 Berufung eingelegt
worden. Da weder Ord-nungsziffern aufgeführt sind, noch der Wortlaut auf mehrere Berufungsführer schließen lässt, kommt eine Auslegung
dahin, dass die Berufung für alle [X.] eingelegt worden sei, nicht in Betracht.
5
6
7
-
5
-

Eine ergänzende Heranziehung des am 9.
Oktober 2014 eingegangenen Schriftsatzes für die Bestimmung des Rechtsmittelführers scheidet aus, weil der Rechtsmittelführer noch innerhalb der laufenden Rechtsmittelfrist eindeutig [X.] werden muss (ständige Rechtsprechung, [X.] Beschluss vom 22.
Januar 2013 -
VIII
ZB 46/12
-
FamRZ 2013, 695 Rn.
9 mwN; Senatsbe-schluss
vom 24.
Juli 2013 -
XII ZB 56/13
-
FamRZ 2013, 1571 Rn.
7
f. und
Se-natsurteil
vom 15.
Dezember 2010
-
XII
ZR 18/09
-
FamRZ 2011, 281 Rn.
10).

3. Im Ergebnis zu
Recht hat das Berufungsgericht auch eine Wiederein-setzung in den vorigen Stand versagt.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss die Angabe der die Wiederein-setzung begründenden Tatsachen enthalten (§
236 Abs.
2 ZPO). Hierzu gehört eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe, aus der
sich ergibt, auf welchen konkreten Umständen das
Fristver-säumnis beruht, und
auf
welche Weise und durch wessen Verschulden es zur Versäumung der Frist gekommen ist (vgl. [X.] Beschlüsse vom 10.
Januar 2013 -
I
ZB 76/11
-
AnwBl 2013, 233 Rn.
7 und vom 3.
Juli 2008 -
IX
ZB 169/07
-
NJW 2008, 3501 Rn.
15 mwN).
Diesen Anforderungen wird
der Wiedereinsetzungsantrag vom 15.
Oktober 2015 nicht gerecht. Denn nach dem bis dahin gegebenen
Akten-stand
musste davon ausgegangen werden, dass
dem Prozessbevollmächtigten der
Beklagten bereits am 6.
Oktober 2014 bewusst war, Berufung nur für die Beklagte zu 3 eingelegt zu haben. Auf diesen Tag datiert sein "klarstellender"
Schriftsatz, wonach die Berufungseinlegung für "sämtliche Beklagten gemeint"
war.
Zwar hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten nachträglich mit Schriftsatz vom 5.
November 2011 weiter ausgeführt, dass der Schriftsatz vom 8
9
10
11
12
-
6
-

6.
Oktober 2014 ein falsches Datum trage und in Wahrheit erst am 9.
Oktober 2014 verfasst worden sei, nachdem der Prozessbevollmächtigte frühestens am 8.
Oktober 2014 eine -
nicht richterlich veranlasste
-
Rückfrage der Geschäfts-stelle des Berufungsgerichts bezüglich der zu erfassenden Berufungsparteien erhalten habe.
Diese
Ausführungen, die den objektiven Erklärungswert des auf den 6.
Oktober 2014 datierten Schriftsatzes
zu widerlegen
suchen, waren [X.] bereits Teil des notwendigen Inhalts
einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe, welche noch innerhalb der [X.] vollständig hätten vorgetragen werden müssen.
Denn nur die nachgeschobenen Ausführungen lassen einen Ablauf als
möglich erscheinen, nach dem der Prozessbevollmächtigte nicht schon während der noch laufenden Berufungsfrist Kenntnis von der unvollständigen [X.] hatte.
Da der Prozessbevollmächtigte die Umstände des auf den 6.
Oktober 2014 datierten Schriftsatzes erst mit weiterem Schriftsatz vom 5.
November 2014
dargelegt
hat, lag innerhalb der [X.] die erforderliche
13
-
7
-

geschlossene Darstellung
der tatsächlichen Abläufe, die die Umstände des
Versäumnisses
vollständig erklärte und dem Berufungsgericht eine Entschei-dung über die Wiedereinsetzung aus sich heraus ermöglichte, nicht vor.
[X.] Weber-Monecke Klinkhammer

Nedden-Boeger Guhling

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.09.2014 -
12 O 322/13 -

KG Berlin, Entscheidung vom 13.05.2015 -
12 [X.] -

Meta

XII ZB 257/15

11.11.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.11.2015, Az. XII ZB 257/15 (REWIS RS 2015, 2568)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2568

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 257/15 (Bundesgerichtshof)

Versäumung der Berufungsfrist: Notwendiger Inhalt eines Wiedereinsetzungsantrages


IV ZB 14/15 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist: Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung des Wiedereinsetzungsgrundes


XII ZB 559/12 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Erforderliche organisatorische Vorkehrungen des Prozessbevollmächtigten zur Einhaltung von Fristen und …


IV ZB 14/15 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 559/12 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 257/15

XII ZB 56/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.