Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2013, Az. XII ZB 559/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8774

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 559/12

vom

23. Januar
2013

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO §
233
Fc
Die Übergabe des vom Prozessbevollmächtigten unterschriebenen Schriftsat-zes an die Kanzleiangestellte am Tag des Fristablaufs mit der Bitte, den [X.] noch am selben Tag auszufertigen und einem auf der Akte angehefteten Zettel "Frist! Heute noch an [X.] faxen", macht ausreichende Vorkehrun-gen zur Ausgangs-
und Fristenkontrolle am Tagesende nicht entbehrlich.
[X.], Beschluss vom 23. Januar 2013 -
XII [X.] 559/12 -
[X.]

[X.]

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
23.
Januar
2013
durch den
Vorsitzenden
Richter Dose,
die Richterin Weber-Monecke
und
die Richter Dr.
Klinkhammer, Schilling
und Dr.
Nedden-Boeger
beschlossen:Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des
2.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 17.
Juli 2012 wird auf Kosten des Beklagten
verworfen.
[X.]: 5.500

Gründe:
I.
Mit Urteil vom 20.
April 2012, das dem Beklagten am 27.
April 2012 zu-gestellt
wurde, hat das [X.] sein zuvor verkündetes Anerkenntnisvorbe-haltsurteil für vorbehaltlos erklärt.
Hiergegen hat der Beklagte rechtzeitig Beru-fung eingelegt
und diese mit einem auf den 27.
Juni 2012 datierten, bei Gericht per Telefax am 28.
Juni 2012, somit verspätet
eingegangenen Schriftsatz [X.].
Mit Schriftsatz vom gleichen Tag hat der Beklagte
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte
Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er glaubhaft
gemacht, sein Prozessbevollmächtigter habe die Berufungsbegründung am 27.
Juni 2012 fertig gestellt und unterschrieben, den Schriftsatz auf die Akte geheftet und
diese seiner ansonsten zuverlässigen Kanzleiangestellten übergeben.
Auf der Akte sei

wie in der Kanzlei üblich

ein gesonderter farblicher Zettel angebracht gewesen, auf dem die Bitte geäußert worden sei, den Schriftsatz auszufertigen, wobei auf dem Zettel der Zusatz 1
-
3
-

"Frist! Heute noch an [X.] faxen"
vermerkt gewesen sei. Bei der [X.] habe der Rechtsanwalt seine Kanzleiangestellte auch noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Schriftsatz noch am selben Tag an das [X.] gefaxt werden müsse.
Nach der Übergabe der [X.] er die Kanzlei wegen eines auswärtigen Termins verlassen müssen und sei an diesem Tag auch nicht mehr in die Kanzlei zurückgekehrt. Aufgrund eines Versehens habe die Kanzleiangestellte vergessen, den Schriftsatz noch am selben Tag an das [X.] per Fax zu übersenden.
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Die Berufungsbegründungsfrist sei nicht schuldlos versäumt. Die Weisung seines Prozessbevollmächtigten, den Schriftsatz mittels Telefax an das Gericht zu übermitteln, mache ausreichende büroorganisatorische Maßnahmen einer wirksamen Ausgangskontrolle nicht entbehrlich. Eine qualifizierte Einzelweisung, welche die üblichen büroorganisa-torischen Maßnahmen hätte überflüssig machen können,
habe der [X.] nicht erteilt.

II.
Die gemäß §§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, 522 Abs.
1 Satz
4, 238 Abs.
2 Satz
1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Vorausset-zungen des §
574 Abs.
2 ZPO nicht erfüllt sind.
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Siche-rung
einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.]. Der angefochtene Beschluss verletzt den Beklagten
weder in seinem
verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen 2
3
4
-
4
-

Rechtsschutz (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in seinem
Anspruch auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG). Danach darf einer [X.] die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den [X.]en den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten In-stanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 11.
Juni 2008

XII
[X.]
184/07

FamRZ 2008, 1605 Rn.
6 mwN).
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss die Angabe der die Wieder-einsetzung begründenden Tatsachen enthalten (§
236 Abs.
2 ZPO). Hierzu ge-hört eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsäch-lichen Abläufe, aus der
sich ergibt, auf welchen konkreten Umständen die Frist-versäumnis beruht, und
auf welche Weise und durch wessen Verschulden es zur Versäumung der Frist gekommen ist (vgl. [X.] Beschluss vom 3.
Juli 2008

IX
[X.]
169/07

NJW 2008, 3501 Rn.
15 mwN).
Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein frist-gebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt
wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Rechtsanwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und
insbesondere einen Fristenka-lender führen. Die Fristenkontrolle muss gewährleisten, dass die fristgebundene Maßnahme rechtzeitig ergriffen wird. Erst wenn dies geschehen
ist, darf die fristwahrende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden. Die Erledigung fristgebundener Sachen ist am Abend eines jeden Arbeitstages an-hand des [X.]s zu überprüfen ([X.] Beschluss vom 12.
April 2011

VI
[X.]
6/10

NJW 2011, 2051 Rn.
7
mwN). Es muss sichergestellt sein, dass 5
6
-
5
-

die im [X.] vermerkten Fristen erst gestrichen oder in anderer Weise als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristgebundene Maßnahme durchgeführt, der fristwahrende Schriftsatz also rechtzeitig vor
Ablauf der [X.] postfertig gemacht und nötigenfalls vorab
per Telefax übermittelt worden ist. Dabei muss der Prozessbevollmächtigte auch Vorkehrungen treffen, die geeignet sind, versehentliche Erledigungsvermerke im [X.] zu [X.] (vgl. [X.] Beschluss vom 10.
Juli 1997

IX
[X.]
57/97

NJW
1997, 3177, 3178
mwN).
3. Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte
die Fristversäumung nicht ausreichend entschuldigt. Der Wiedereinsetzungsantrag enthielt keinerlei
An-gaben darüber, welche organisatorischen Vorkehrungen der [X.] zur Einhaltung von Fristen
und zur Ausgangskontrolle getroffen hatte, auch nicht darüber, ob die konkrete Frist in einem
Kalender eingetragen
und
die Fristenkontrolle an dem Tag durchgeführt worden war.
Ausreichende allgemeine Organisationsanweisungen waren auch nicht dadurch entbehrlich und für die Entscheidung über den [X.] unerheblich geworden, dass der Prozessbevollmächtigte die Akte mitsamt dem unterschriebenen Schriftsatz seiner
Kanzleiangestellten übergeben und ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass der Schriftsatz noch am selben Tag an das [X.] gefaxt werden müsse. Denn dieser Hinweis wie-derholt lediglich
die Frist, die im Kalender ohnehin eingetragen war oder hätte eingetragen gewesen sein müssen. Sie macht ausreichende Vorkehrungen zur
Ausgangs-
und Fristenkontrolle
am Tagesende nicht entbehrlich.
Zwar kann der Rechtsanwalt seinen Sorgfaltspflichten
unabhängig von allgemeinen Organisationsanweisungen dadurch
genügen,
dass er seiner Kanzleiangestellten
eine Einzelanweisung
erteilt. Auch dann müssen aber aus-7
8
9
-
6
-

reichende Sicherheitsvorkehrungen dagegen getroffen werden, dass diese nicht in Vergessenheit gerät und die zu treffende Maßnahme unterbleibt (vgl. Se-natsbeschluss vom 7.
März 2012

XII
[X.]
277/11

FamRZ 2012, 863 Rn.
11 und vom 25.
März 2009

XII
[X.]
150/08

FamRZ 2009, 1132 mwN).
Das ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Die Übergabe der Akte an die Kanzleiangestellte mit dem Hinweis, dass der Schriftsatz noch am selben Tag an das [X.]
gefaxt werden müsse, bedeutet keine Anwei-sung
zur sofortigen Erledigung vor allen anderen Arbeiten,
auf deren Befolgung sich der Prozessbevollmächtigte unabhängig von allgemeinen büroorganisatori-schen Maßnahmen einer wirksamen Fristen-
und Ausgangskontrolle hätte ver-lassen dürfen.

Dose

Weber-Monecke

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.04.2012 -
8 O 1816/10 -

[X.], Entscheidung vom 17.07.2012 -
2 U 452/12 -

10

Meta

XII ZB 559/12

23.01.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2013, Az. XII ZB 559/12 (REWIS RS 2013, 8774)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8774

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen
Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 559/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.