Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2012, Az. V ZR 125/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9931

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

V [X.]
Verkündet am:

20. Januar 2012

Lesniak

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
WEG § 13 Abs. 2
Eine Regelung in der Teilungserklärung, durch die sich der teilende Eigentümer vorbehält, an Flächen des Gemeinschaftseigentums nachträglich Sondernut-zungsrechte zu begründen, muss dem [X.] Bestimmtheitsgrund-satz genügen.
[X.], Urteil vom 20. Januar 2012 -
V [X.] -
LG Berlin

[X.]

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-

2
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20.
Januar
2012
durch [X.] [X.], die
Richterin Dr.
Stresemann, den
Richter Dr.
Czub
und die Richterinnen
Dr.
[X.] und [X.] für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 3. Dezember 2010 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien sind Mitglieder
einer Wohnungseigentümergemeinschaft, welche
infolge der Teilung eines Grundstücks durch den [X.]n entstanden ist.
Diesem gehören unter anderem die im Erdgeschoss
gelegenen Wohnungs-
und [X.]einheiten Nr. 1, 2, 11, 20, 21
und 34. Die Kläger sind [X.] einer Wohnung im zweiten Obergeschoss.
Nach der

am 24. Juli 2000 geänderten

Teilungserklärung
ist der [X.] unwiderruflich befugt, den im Erdgeschoss gelegenen Wohnungen Teile der Gartenflächen als Terrassen zur Sondernutzung zuzuordnen. Die Befugnis erlischt für das jeweilige Sondernutzungsrecht nach dessen Eintragung in das Grundbuch des begünstigten Wohnungs-
bzw. [X.].
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Mit notarieller Urkunde vom 10. August 2009 wies der [X.] den [X.] Nr. 1, 11, 20 und 34 jeweils ein Sondernutzungsrecht an näher [X.] und in einem Lageplan eingezeichneten Hofflächen zu. Eine weitere Zu-weisung von Sondernutzungsflächen ist für die Einheiten Nr. 2 und 21 geplant.

Die Kläger verlangen von dem [X.]n, es zu unterlassen, künftig Sonderrechtszuweisungen in Bezug auf die im [X.] vorzunehmen. Ferner beantragen sie die Feststellung, dass die vorgenommene Zuweisung von [X.] zu den Einheiten 1, 11, 20 und 34 unwirksam ist.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des [X.] ist erfolglos
geblieben. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückwei-sung die Kläger beantragen,
verfolgt der
[X.] seinen
Klageabweisungsan-trag weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht
hält den Unterlassungs-
und den Feststellungsan-trag für begründet, weil der [X.] ohne Zustimmung der übrigen Miteigen-tümer nicht berechtigt
sei, Flächen des Gemeinschaftseigentums einzelnen Einheiten als Sondernutzungsrecht zuzuordnen. Der
Vorbehalt in der [X.] sei wegen Verstoßes gegen das sachenrechtliche Bestimmtheitsge-bot
unwirksam, da
Festlegungen zu Anzahl, Größe und Lage der zu
begrün-denden Sondernutzungsrechte fehlten.

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II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergeb-nis stand.

1. a) Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass sich der teilende Eigentümer in der Teilungserklärung ermächtigen kann, bei Verkauf der Wohnungseigentumseinheiten dem jeweiligen Erwerber das [X.] an bestimmten Flächen einzuräumen und dessen Inhalt nä-her zu bestimmen. Eine
solche Gestaltung ist rechtlich unbedenklich, sofern und solange der dadurch Begünstigte Eigentümer einer Wohnungs-
oder Tei-leigentümereinheit ist (vgl. Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011

[X.], [X.], 676, 677 Rn. 9 ff.). Das gilt nicht nur für die Ermächtigung, bereits bestehende Sondernutzungsrechte zu konkretisieren oder zu ändern, sondern auch für einen Vorbehalt, der es dem teilenden Eigentümer ermöglicht, die Tei-le des Gemeinschaftseigentums, von deren Mitgebrauch die übrigen [X.] ausgeschlossen und an denen [X.] werden sollen, zu einem späteren Zeitpunkt festzulegen (vgl. dazu
BayObLG,
[X.] 2005, 390 sowie KG, [X.], 384, 387 r.
Sp.).
b)
Richtig ist ferner, dass ein solcher Vorbehalt dem [X.] Bestimmtheitsgrundsatz genügen muss.
[X.]) Das Bestimmtheitserfordernis des Sachen-
und Grundbuchrechts gilt auch für das als Inhalt des Sondereigentums nach §
10 Abs. 3 WEG in das Grundbuch einzutragende Sondernutzungsrecht (zur dinglichen Wirkung dieses Rechts: Senat, Beschluss vom 24. November 1978

V
ZB 11/77, [X.]Z 73, 145, 148). Regelungen in Teilungserklärungen, mit denen Sondernutzungs-rechte verbindlich festgelegt werden, müssen daher hinreichend bestimmt
sein (Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011

V
ZR 74/11, [X.],
676, 677 7
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10
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Rn.
13). Einer verbindlichen Festlegung steht es gleich, wenn die [X.] durch die Teilungserklärung von dem Mitgebrauch einer im Gemein-schaftseigentum stehenden Fläche

sogleich oder aufschiebend bedingt

aus-geschlossen werden (negative Komponente des Sondernutzungsrechts) mit der Folge, dass ihre Mitwirkung bei der späteren Zuweisung eines Sondernutzungs-rechts an dieser Fläche entbehrlich ist ([X.] 1985, 124, 128; BayObLG, Rpfleger 2001, 587; [X.] 2005, 390, 391; [X.], [X.], 673, 674; [X.], NJW-RR 1987, 1491, 1492).
bb) Auch eine Ermächtigung, durch die sich der teilende Eigentümer vorbehält, Sondernutzungsrechte
zu einem späteren Zeitpunkt zu begründen, muss dem [X.] Bestimmtheitserfordernis genügen (ebenso: [X.], NJW-RR 1998, 1707, 1708; Armbrüster, [X.], 244, 245; [X.], [X.] 2001, 433, 439). Denn dieses
verlangt, dass jedermann den
Inhalt eines dinglichen Rechts anhand der Eintragungen im Grundbuch eindeutig er-kennen kann
(vgl. Senat, Beschluss vom 28. April 2011 -
V
ZB 194/10, NJW 2011, 1958 Rn.
10; Beschluss vom 26. Januar 2006 -
V
ZB 143/05, [X.], 1341 Rn. 12); das gilt für den Inhalt des Sondereigentums entsprechend. Zu diesem Inhalt gehören alle Regelungen
der Teilungserklärung mit Vereinba-rungscharakter
(vgl. §
10 Abs. 3 WEG sowie [X.] in Bärmann, WEG, 11. Aufl., §
10 Rn. 132
und [X.]/v. Oefele, GBO, 2.
Aufl., [X.] Rn. 102 ff.)
und damit auch Ermächtigungen, durch die Entscheidungen, welche nach dem Gesetz einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer
bedürfen, auf den
teilenden Ei-gentümer übertragen werden.
Da Sondernutzungsrechte
nach Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft nur durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer begründet werden können (Senat, Beschluss vom 20. September 2000

V
ZB 58/99, [X.]Z 145, 158, 167
f.), hat eine
Regelung, mit der diese Kompetenz dem teilenden Eigentümer vorbehalten bleibt, Verein-11
-

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barungscharakter
und gehört, wenn sie in das Grundbuch eingetragen wird, zu dem Inhalt des Sondereigentums.

[X.]) Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht an, dass der hier zu beurteilende Vorbehalt dem [X.] Bestimmtheitsgrundsatz nicht genügt. Die Formulierung, der [X.] sei befugt "Teile der Gartenflächen als Terrassen zur Sondernutzung"
zuzuordnen, lässt offen, auf welche Flächen des Gemeinschaftseigentums sich die
Befugnis bezieht. Diese sind weder aus ei-nem Lageplan ersichtlich noch in anderer Form beschrieben. Infolge der [X.] auf "Teile"
der Gartenflächen kann der Vorbehalt auch nicht als [X.] verstanden werden, an sämtlichen Gartenflächen Sondernutzungsrechte zu begründen (zu weitgefassten Änderungsvorbehalten
vgl. [X.], NJW-RR 1998, 1707, 1708
f.
sowie
Krause, [X.] 2001, 433, 440); dem [X.] wäre auch dann allerdings nur genügt, wenn zweifelsfrei feststünde, welche Teile des Gemeinschaftseigentums
als Gartenflächen anzu-sehen sind. Ein bestimmter Inhalt der Ermächtigung lässt sich deshalb

auch im Wege der Auslegung

nicht feststellen.
c) Das Berufungsgericht hat allerdings versäumt, Feststellungen dazu zu treffen, ob die am 24. Juli 2000 vorgenommene Änderung der Teilungserklä-rung, die den maßgeblichen Änderungsvorbehalt enthält, in das Grundbuch eingetragen worden ist. Nur dann ist er Inhalt des Sondereigentums geworden und muss dem [X.] Bestimmtheitsgrundsatz genügen.
2. Dieser Rechtsfehler hat sich indes nicht ausgewirkt (§
561 ZPO).
a) Ist die Änderung der Teilungserklärung weder in das Grundbuch ein-getragen noch mit schuldrechtlicher Wirkung zwischen den Parteien vereinbart worden, fehlt es im Verhältnis zu den Klägern
von vornherein an einer Berech-tigung des [X.]n, Sondernutzungsrechte
zu begründen.
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b) Wäre der Änderungsvorbehalt (nur) schuldrechtlich vereinbart
worden, stünde seiner Wirksamkeit der

von dem [X.] Bestimmtheitsge-bot zu trennende

Grundsatz
entgegen, dass die Übertragung einer nach dem Gesetz den Wohnungseigentümern vorbehaltenen Kompetenz auf einzelne Wohnungseigentümer einer Ermächtigung bedarf, die Ausmaß und Umfang der daraus folgenden Belastungen für die Wohnungseigentümer zweifelsfrei erken-nen lässt (vgl. Senat, Beschluss vom 20. September 2000

[X.], [X.]Z 145, 158, 164; kritisch: [X.], Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, [X.] ff.). Ein Vorbehalt,
der den teilenden Ei-gentümer
berechtigt, einzelnen Wohnungen nachträglich Sondernutzungsrech-te zuzuordnen, ist demnach nur wirksam, wenn er erkennen lässt, welche [X.] für die Begründung von [X.] herangezogen werden können.

Die Festlegung des betroffenen Gemeinschaftseigentums
kann zwar weit gefasst sein, also große Teile des Gemeinschaftseigentums umfassen. Denn der Bestimmtheitsgrundsatz soll nur gewährleisten, dass Inhalt und Um-fang der Kompetenzübertragung zweifelsfrei feststehen, nicht aber die

einer gesonderten
Prüfung vorbehaltenen

Inhaltskontrolle der Klausel (vgl. zu
einer solchen:
Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011

V
ZR 74/11, [X.], 676, 677 Rn.
14
ff.)
ersetzen. Unerlässlich ist aber, dass der Vorbehalt dem unbe-fangenen Betrachter eine klare Vorstellung davon vermittelt, welche Teile des Gemeinschaftseigentums durch einseitige Erklärung des Berechtigten dem [X.] (§
13 Abs.
1 WEG) entzogen werden können (vgl. [X.] 1974, 294, 298; Armbrüster, [X.], 244, 247).
Diesen Anforderungen genügt der hier zu beurteilende Vorbehalt nicht. Wie bereits dargelegt
(oben zu II. 1. b) [X.]), lässt er die für die Begründung von [X.] vorgesehenen
Flächen
nicht erkennen. Auch der Be-16
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griff der "Terrasse"
(vgl. [X.], Urteil vom 8. Juli 2009

VIII ZR 218/08, [X.], 2880 Rn.
12) eignet sich nicht dazu, den Umfang der Ermächtigung [X.], da es Terrassen unterschiedlichster Größen gibt. Andere Anhalts-punkte, anhand deren
sich bestimmen ließe, in welchem Ausmaß die im Ge-meinschaftseigentum stehenden Gartenflächen

insgesamt oder je Woh-nungseinheit

aufgrund der Ermächtigung der Sondernutzung zugeführt wer-den können,
enthält die
Teilungserklärung nicht.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
97 Abs. 1 ZPO.
Krüger

Stresemann

Czub

[X.]

[X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.03.2010 -
77 C 480/09 WEG -

LG Berlin, Entscheidung vom 03.12.2010 -
85 S 97/10 WEG -

19

Meta

V ZR 125/11

20.01.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2012, Az. V ZR 125/11 (REWIS RS 2012, 9931)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9931

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZR 125/11

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