Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.06.2012, Az. V ZR 73/11

5. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 5338

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Gegenstand

Wohnungseigentum: Ermächtigung des teilenden Eigentümers zur Zuweisung einer als Außenstellplatz bezeichneten Fläche an Erwerber zur Nutzung als Terrasse


Tenor

Auf die Rechtsmittel des [X.] werden die Urteile der 29. Zivilkammer des [X.] vom 10. März 2011 und des [X.] vom 26. Juli 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben bzw. geändert, als hinsichtlich des Stellplatzes Nr. 13, in der Anlage 2 zum Kaufvertrag vom 16. Januar 2009 (Notar Dr. F.       , URNr.       F) mit M-.          bezeichnet, zum Nachteil des [X.] entschieden worden ist; die weitergehenden [X.] werden zurückgewiesen.

Der Beklagte wird verurteilt, die auf der genannten Fläche aufgebrachte Terrasse nebst Aufbauten zu beseitigen und die Fläche als Stellplatz mit Rasengittersteinen wiederherzustellen.

Die Kosten des [X.] sämtlicher Instanzen tragen der Kläger zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Da sich die teilende Eigentümerin die Möglichkeit erhalten wollte, über die Verwendung und Zuteilung der zunächst als Außenstellplätze bezeichneten Flächen je nach Bedarf und Interesse zu entscheiden, wurden in die Teilungserklärung verschiedene Regelungen über die Ausgestaltung und Zuweisung von Sondernutzungsrechten aufgenommen. Insbesondere behielt sich die teilende Eigentümerin vor, durch Nachtragsurkunde dem jeweiligen Eigentümer einer Sondereigentumseinheit das Sondernutzungsrecht an den in einer Anlage zur Teilungserklärung bestimmten [X.] einzuräumen; bis dahin waren die [X.] - mit Ausnahme der teilenden Eigentümerin - von Gebrauch und Nutzen dieser Flächen ausgeschlossen. Darüber hinaus sollte die teilende Eigentümerin ermächtigt und bevollmächtigt sein, die Ausgestaltung der noch nicht verkauften Einheiten sowie auch die Teilungserklärung zu ändern.

2

Der Beklagte erwarb seine Eigentumswohnung (Einheit Nr. 17) aufgrund des mit der teilenden Eigentümerin am 16. Januar 2009 geschlossenen notariellen Kaufvertrags. Unter Änderung der Teilungserklärung wurden u.a. zugeteilt die Fläche Nr. 13 zur Nutzung als Stellplatz und die Flächen Nr. 11 und 12 als Garten- und Terrassenfläche mit den Befugnissen, diese durch eine Hecke in Pflanzkästen aus Holz abzugrenzen. Der Beklagte errichtete auf den gesamten von den genannten Sondernutzungsrechten umfassten Flächen eine Holzterrasse und grenzte diese durch einen Zaun und Begrenzungssteine mit Bepflanzungen ab. Das hält der Kläger für rechtswidrig und verlangt Beseitigung der Terrassenanlage und Wiederherstellung des vorherigen Zustands.

3

In den Tatsacheninstanzen ist seine Klage ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt er seinen Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

4

Das Berufungsgericht steht auf dem Standpunkt, die Nutzung des [X.]n halte sich im Rahmen des wirksam begründeten [X.]. Die Verkäuferin habe die Teilungserklärung im notariellen Kaufvertrag geändert. Die in der Teilungserklärung der teilenden Eigentümerin erteilte [X.] sei wirksam. Nach dem klaren Wortlaut erfasse sie Änderungen “ohne jede Einschränkung“ und sei daher hinreichend bestimmt. Einer Mitwirkung sämtlicher Wohnungseigentümer habe es nicht bedurft, weil diese aufgrund der im Grundbuch eingetragenen Teilungserklärung von der Mitwirkung bei der Einräumung und Veränderung von Sondernutzungsrechten bereits ausgeschlossen gewesen seien. Da sich die Gestaltung der [X.]n innerhalb des von der geänderten Teilungserklärung vorgegebenen Rahmens halte, sei auch eine Zustimmung unter dem Blickwinkel einer baulichen Veränderung entbehrlich gewesen.

II.

5

Die Revision hat nur teilweise Erfolg.

6

1. Das Berufungsgericht hat Ansprüche des [X.] nach § 1004 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3, § 22 Abs. 1 [X.] jedenfalls im Ergebnis zu Recht verneint, soweit dem [X.]n Flächen zur Terrassen- und Gartennutzung zugewiesen worden sind.

7

a) Die Terrasse mit der vorgenommenen Gestaltung hält sich innerhalb des von der geänderten Teilungserklärung gesteckten Rahmens. Zwar bedürfen bauliche Veränderungen nach § 22 Abs. 1 [X.] grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Der [X.] hat jedoch bereits entschieden, dass eine solche Zustimmung bereits in der Zuweisung des [X.] enthalten ist, soweit bauliche Veränderungen Eingang in die Beschreibung des [X.] gefunden haben oder wenn sie nach dem Inhalt des jeweiligen [X.] üblicherweise vorgenommen werden und der [X.] dadurch kein anderes Gepräge verleihen (Urteil vom 2. Dezember 2011 - [X.], [X.], 676 mwN). So verhält es sich hier.

8

aa) Die Gestaltung und Nutzung der dem Sondereigentum des [X.]n zur Sondernutzung als Terrasse und Garten zugewiesenen Flächen ist schon aufgrund der ursprünglichen Fassung der Teilungserklärung, die durch die Änderung der Teilungserklärung lediglich konkretisiert worden ist, nicht zu beanstanden. Auch das hat der [X.] bereits mit Urteil vom 2. Dezember 2011 (aaO), dem insoweit eine zumindest vergleichbare - dieselbe Eigentumsanlage betreffende - Fallgestaltung zugrunde liegt, im Einzelnen ausgeführt. Insbesondere hat er hervorgehoben, dass die in Rede stehenden und damals noch als Außenstellplätze bezeichneten Flächen unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer allein der Verkäuferin als teilender Eigentümerin zugewiesen worden sind und die Verkäuferin bei nächstliegender Auslegung der Teilungserklärung nicht darauf beschränkt war, die Flächen Erwerbern von Wohnungseigentum nur zur Nutzung als Außenstellplätze zuzuweisen (aaO S. 677).

9

bb) Allerdings muss eine dahin gehende Ermächtigung - soll sie im Wege der Grundbucheintragung nach § 10 Abs. 3 [X.] verdinglicht werden - dem sachen- und grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügen ([X.], Urteil vom 2. Dezember 2011, aaO; Urteil vom 20. Januar 2012 - [X.], zur [X.] vorgesehen). Das ist hier jedoch der Fall, weil sich die Abänderungsbefugnis auf in einer Anlage gekennzeichnete Flächen bezieht und die Befugnisse klar umrissen sind.

cc) Dass die Ermächtigung einer Inhaltskontrolle standhält und sich die Zuteilung des [X.] mit dem hier in Rede stehenden Inhalt innerhalb des der teilenden Eigentümerin nach § 315 BGB zustehenden [X.] hält, hat der [X.] ebenfalls schon ausgesprochen. Auch insoweit wird auf das [X.]surteil vom 2. Dezember 2011 (aaO) Bezug genommen.

dd) Soweit der Kläger in tatsächlicher Hinsicht darauf verweist, er habe mit Nichtwissen bestritten, dass die nach der Bauordnung für das [X.] notwendige Zahl von Stellplätzen auch nach der vorgenommenen Änderung noch eingehalten werde, führt dies nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Denn für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach § 1004 BGB trägt der Kläger die Darlegungslast ([X.], Urteil vom 2. Dezember 2011, aaO).

ee) Dass sich der [X.] nicht an die gestalterischen Vorgaben des zugewiesenen [X.] gehalten hat, führt nicht zu einer zumindest teilweise rechtswidrigen Nutzung. Allerdings sieht die Nutzungszuweisung durch die teilende Eigentümerin als Begrenzung der Terrassenfläche eine Hecke in Pflanzkästen aus Holz vor, während der [X.] u.a. einen Stahlgitterzaun und Begrenzungssteine verwendet hat. Die Beseitigung einer solchen baulichen Änderung kann der Kläger indes nur dann verlangen, wenn sie ihn über das in § 14 Nr. 1 [X.] bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt (§ 22 Abs. 1 [X.]). Eine solche Beeinträchtigung haben die [X.] - der Sache nach - rechtsfehlerfrei verneint.

b) Eine wirksame Zuweisung des [X.] scheitert nicht daran, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob dingliche Gläubiger der Zuweisung zugestimmt haben. Da der Kläger auf kein diesbezügliches Parteivorbringen verweist, kommt es nicht mehr darauf an, dass eine Zustimmung nach § 5 Abs. 4 Satz 2 [X.] schon deshalb entbehrlich sein dürfte, weil durch den Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer bereits die negative Komponente des [X.] dinglicher Inhalt der Wohnungs- und Teileigentumsrechte geworden ist und daher die Rechtstellung dinglicher Gläubiger durch die nachfolgende Zuweisung eines [X.] an Erwerber unter Konkretisierung oder Änderung des [X.] zumindest im Regelfall keine Verschlechterung mehr erfahren dürfte ([X.], Urteil vom 2. Dezember 2011 - [X.], [X.], 676, 677; vgl. auch BayObLG, NJW 2005, 444, 445; KG, [X.], 384, 387; [X.]/[X.]/[X.], aaO, § 5 Rn. 100 mwN).

2. Vor diesem Hintergrund scheidet auch ein Anspruch auf die Wiederherstellung eines ca. 1 m breiten plattierten [X.] zwischen der [X.] und den Einstellplätzen aus.

3. Begründet ist die Klage dagegen, soweit der [X.] die ihm nur als Außenstellplatz zugewiesene Fläche ebenfalls mit einer Holzterrasse versehen hat. Da diese bauliche Veränderung weder von der Beschreibung des zugewiesenen [X.] (Nutzung als Stellplatz) gedeckt ist noch nach dessen Inhalt üblicherweise vorgenommen wird, wäre nach § 22 Abs. 1 [X.] die Zustimmung auch des [X.] notwendig gewesen, weil dieser über das in § 14 Nr. 1 [X.] bestimmte Maß hinaus in seinen Rechten beeinträchtigt wird. Dass Garten- und Terrassennutzungen üblicherweise mit einer stärkeren Belastung einhergehen als dies bei der typischen Nutzung einer Fläche als Stellplatz der Fall ist (zum besonderen Störungspotential von Holzterrassen vgl. auch [X.], Urteil vom 14. Oktober 2011 - [X.], [X.], 27, 28), liegt auf der Hand.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Krüger                                        [X.]t-Räntsch                                           Roth

                      Brückner                                                     Weinland

Meta

V ZR 73/11

22.06.2012

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Köln, 10. März 2011, Az: 29 S 188/10, Urteil

§ 14 Nr 1 WoEigG, § 15 WoEigG, § 22 Abs 1 WoEigG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.06.2012, Az. V ZR 73/11 (REWIS RS 2012, 5338)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5338

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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