Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.11.2011, Az. III R 76/09

3. Senat | REWIS RS 2011, 1191

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Keine Minderung der als Bezüge anzusetzenden Ehegatten-Unterhaltsleistungen wegen Versicherungsaufwendungen


Leitsatz

Die als Bezüge i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG anzusetzenden Unterhaltsleistungen, die ein verheiratetes Kind von seinem Ehegatten erhält, sind nicht deshalb zu mindern, weil der Ehegatte Aufwendungen für die Versicherung eines PKW sowie für eine sog. Unfall-Prämienrückgewähr-Versicherung getragen hat.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) bezog zunächst Kindergeld für ihre verheiratete, im Jahr 1980 geborene [X.]ochter ([X.]), die ein Studium absolvierte. [X.] und ihr [X.]hemann ([X.]) haben die gemeinsame [X.]ochter [X.] Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) war der Ansicht, die [X.]inkünfte und Bezüge von [X.] hätten im [X.] den Jahresgrenzbetrag von 7.680 € nach § 32 Abs. 4 Satz 2 des [X.]inkommensteuergesetzes in der Fassung für das [X.] ([X.]StG) überschritten und hob deshalb durch Bescheid vom 6. November 2006 die Festsetzung für das [X.] auf. Die Familienkasse errechnete als Bezüge anzusetzende Unterhaltsleistungen des [X.] an [X.] in Höhe von 6.320,54 €. Hinzu kamen weitere Bezüge der [X.] von 1.608 €, so dass sich nach der Berechnung der Familienkasse ein Betrag von 7.928,54 € ergab. Der gegen den Aufhebungsbescheid gerichtete [X.]inspruch der Klägerin hatte keinen [X.]rfolg.

2

Das Finanzgericht (FG) wies die anschließend erhobene Klage ab, mit der die Klägerin geltend gemacht hatte, die als Bezüge der [X.] anzusetzenden Unterhaltsleistungen seien herabzusetzen ([X.]ntscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1620). [X.]s war der Ansicht, die zusätzlich geltend gemachten Aufwendungen des [X.] hätten dessen Unterhaltsleistungen an [X.] nicht gemindert. [X.]s berücksichtigte nicht die Aufwendungen für eine Kfz-Haftpflichtversicherung von 412,64 €, ebenso wenig für eine sog. [X.] von 652,40 € und errechnete [X.]inkünfte und Bezüge der [X.] von 7.886,29 €.

3

Zur Begründung der Revision trägt die Klägerin vor, die von [X.] getragene Lohnsteuer in Höhe von 241,92 € sei abzuziehen, da [X.] in Höhe dieses Betrages keinen Unterhalt habe zahlen können. [X.]ntsprechendes gelte für die Kfz-Haftpflichtversicherung, weil [X.] das Fahrzeug zwingend für seine berufliche [X.]ätigkeit benötigt habe sowie für die [X.]. Bei einer Berücksichtigung dieser Aufwendungen ergäben sich Bezüge von 7.362,31 €.

4

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil, den Aufhebungsbescheid vom 6. November 2006 sowie die dazu ergangene [X.]inspruchsentscheidung vom 15. Januar 2007 aufzuheben.

5

Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision ist unbegründet und wird daher zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Die Klägerin hat für [X.] im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Kindergeld.

7

1. Für ein über 18 Jahre altes Kind, das --wie [X.] im Streitzeitraum 2005-- das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird, besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a [X.]StG ein Anspruch auf Kindergeld.

8

2. Voraussetzung für die Kindergeldgewährung ist nach § 32 Abs. 4 Satz 2 [X.]StG u.a., dass die [X.]inkünfte und Bezüge des Kindes den für das [X.] maßgeblichen Jahresgrenzbetrag von 7.680 € nicht überschreiten.

9

a) Ist das Kind, für das Kindergeld beansprucht wird, bereits verheiratet, so besteht wegen der gesetzlichen Unterhaltspflicht des [X.]hepartners (§ 1608 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB-- i.V.m. §§ 1360, 1360a BGB) eine Unterhaltspflicht der [X.]ltern gegenüber ihrem verheirateten Kind nur dann, wenn das [X.]inkommen des [X.]hepartners so gering ist, dass dieser zum vollständigen Unterhalt nicht in der Lage ist --sog. [X.] (Senatsurteile vom 19. April 2007 [X.]/06, [X.], 70, [X.], 756, und vom 4. August 2011 III R 48/08, [X.], 310, [X.], 975). [X.]in solcher Mangelfall ist anzunehmen, wenn die eigenen [X.]inkünfte und Bezüge des Kindes einschließlich der Unterhaltsleistungen des [X.]hepartners den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 [X.]StG nicht überschreiten (Senatsurteil in [X.], 310, [X.], 975).

b) Die Unterhaltsleistungen können bei [X.]hepartnern, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, regelmäßig nur geschätzt werden. Bei einer kinderlosen [X.]he, in der ein [X.]hepartner allein verdient und ein durchschnittliches Nettoeinkommen erzielt, entspricht es der Lebenserfahrung, dass dem nicht verdienenden [X.]hepartner in etwa die Hälfte des Nettoeinkommens in Form von Geld- und Sachleistungen als Unterhalt zufließt; allerdings muss dem unterhaltsverpflichteten [X.]hepartner ein verfügbares [X.]inkommen in Höhe des steuerrechtlichen [X.]xistenzminimums verbleiben (Senatsurteil in [X.], 70, [X.], 756, m.w.N.). Verfügt das Kind auch über eigene Mittel, so ist zu unterstellen, dass sich die [X.]heleute ihr verfügbares [X.]inkommen teilen. Haben die [X.]hegatten eigene Kinder, so sind die [X.]inkünfte und Bezüge desjenigen [X.]hegatten, für den Kindergeld begehrt wird, allenfalls in Höhe der halben Unterhaltsbelastung gegenüber den Kindern zu mindern (Senatsurteil in [X.], 310, [X.], 975).

c) Im Streitfall sind die als Bezüge anzusetzenden Unterhaltsleistungen des [X.] an [X.] entgegen der Rechtsansicht der Klägerin nicht deshalb zu kürzen, weil [X.] wegen der Aufwendungen für eine [X.] von 412,64 € und für eine [X.] von 652,40 € nur zu einem verminderten Unterhalt in der Lage gewesen sei. Die Aufwendungen für die [X.] gehören zum Familienunterhalt (s. Urteil des [X.] vom 24. Februar 1983 [X.], Neue Juristische Wochenschrift 1983, 1113). Der Umstand, dass der unterhaltsverpflichtete [X.]hegatte den PKW (auch) aus beruflichen Gründen benötigt, ändert hieran nichts. Soweit der PKW im Rahmen der [X.]inkünfte des [X.] aus nichtselbständiger Arbeit eingesetzt wurde und hierfür Werbungskosten anfielen, kommt eine bezügemindernde Berücksichtigung ohnehin nicht in Betracht.

Auch die Aufwendungen für die [X.] mindern nicht die Unterhaltsleistungen des [X.]. Bei dieser Versicherung handelt es sich um eine Kombination aus einer Unfall- und einer Lebensversicherung (s. Urteil des [X.] vom 23. Mai 1991  8 U 1687/90, Verbraucher und Recht 1991, 274). Auch wenn allein Risiken des [X.] versichert gewesen sein sollten, handelte es sich dennoch im weiteren Sinne um Aufwendungen für den Familienunterhalt, da die Familie gegen die finanziellen Folgen eines Unfalls oder Versterbens des [X.] abgesichert werden sollte.

3. [X.]ine Vorwegkürzung der als Bezüge der [X.] anzusetzenden Unterhaltsleistungen wegen der von [X.] getragenen Aufwendungen von 412,64 € für die [X.] und von 652,40 € für die [X.] scheidet nach den vorstehenden Ausführungen aus. Die Klägerin hat --nach Abzug der Versicherungsaufwendungen sowie der für [X.] abgeführten [X.] [X.]inkünfte und Bezüge der [X.] von 7.362,31 € errechnet. Ohne Berücksichtigung der Versicherungsaufwendungen liegen die [X.]inkünfte und Bezüge von [X.] über dem Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 [X.]StG von 7.680 €. Auf die --vom [X.] verneinte-- Frage, ob die als Bezüge anzusetzenden Unterhaltsleistungen im Hinblick auf die für [X.] abgeführte Lohnsteuer zu mindern sind, kommt es nicht an.

Meta

III R 76/09

23.11.2011

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 2. April 2008, Az: 2 K 286/07 (Kg), Urteil

§ 32 Abs 4 S 2 EStG, § 1360 BGB, § 1360a BGB, § 1608 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.11.2011, Az. III R 76/09 (REWIS RS 2011, 1191)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1191

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III R 55/12 (Bundesfinanzhof)

Unterhaltsleistungen des Kindsvaters als Bezüge


III R 43/10 (Bundesfinanzhof)

Kindergeld: Nicht erfüllter Unterhaltsanspruch ist kein Bezug


III R 8/08 (Bundesfinanzhof)

Nicht erfüllte Unterhaltsansprüche sind kein Bezug - Unterhaltsleistungen von Eltern gegenüber verheirateten Kindern


III R 5/08 (Bundesfinanzhof)

Kindergeld: Minderung einer als Bezug anzusetzenden Verletztenrente um den Behinderten-Pauschbetrag


VI R 99/10 (Bundesfinanzhof)

(Kindergeld: Minderung der Einkünfte um Zuzahlungen im Sinne des SGB V - Begriff der Einkünfte …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.