Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.11.2021, Az. 2 StR 219/21

2. Strafsenat | REWIS RS 2021, 1226

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Strafverurteilung eines betäubungsmittelabhängigen Angeklagten: Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils einer Gesamtfreiheitsstrafe bei erneuter Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 22. September 2020 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der [X.] eines Teils der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe angeordnet worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Der Angeklagte ist durch Urteil des [X.] vom 20. Dezember 2016 wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge jeweils in 30 Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des [X.] vom 25. März 2015 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt worden. Auf die Revision des Angeklagten ist das Urteil durch Beschluss des [X.] vom 6. Juni 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben worden, soweit von einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist. Das [X.] hat nunmehr die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und eine Entscheidung über den teilweisen [X.] der Gesamtfreiheitsstrafe getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Die Anordnung einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt weist Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht auf.

3

2. Hingegen begegnet die Anordnung des [X.]s eines Teils der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das [X.] hat in seine zu treffende Ermessensentscheidung nicht erkennbar einbezogen, dass sich der Angeklagte aufgrund des Urteils des [X.] vom 20. Dezember 2016 im Vollzug einer Maßregel nach § 64 StGB befindet, die nach den hierzu getroffenen Feststellungen fortdauert und positiv verläuft.

4

Nach § 67 Abs. 2 Satz 1 StGB bestimmt das Gericht den [X.] der Strafe oder eines Teils der Strafe, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Ist wie hier eine zeitige Freiheitsstrafe von über drei Jahren zu vollstrecken, soll das Gericht regelmäßig bestimmen, dass ein Teil der Freiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollstrecken ist (§ 67 Abs. 2 Satz 2 StGB). Mit Rücksicht auf die besondere Vollzugssituation des Angeklagten (positiv verlaufende Unterbringung nach § 64 StGB in anderer Sache) hätte die [X.] hier aber prüfen müssen, ob ausnahmsweise von der [X.] des § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB abzuweichen und von der Anordnung des [X.]s abzusehen war. Denn die nunmehr erneut angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt hätte nach § 67f StGB im Fall ihrer Rechtskraft die Erledigung der bereits vollzogenen Unterbringung zur Folge. Die in deren Rahmen erfolgversprechend begonnene Therapie könnte gemäß § 67 Abs. 1 StGB dann nur fortgesetzt werden, wenn sie nicht zum Zwecke eines [X.]s unterbrochen wird. In einem solchen Fall kann von der Entscheidung über den [X.] abgesehen werden ([X.], 209; weitere Nachweise bei [X.], StGB, 68. Aufl., § 67 Rn. 12).

5

Über die Anordnung eines [X.]s ist daher erneut zu entscheiden. Dem [X.] ist es verwehrt, in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst darüber zu befinden, weil die Entscheidung Wertungen und Beurteilungen erfordert, die dem Tatgericht vorbehalten sind.

[X.]     

      

[X.]     

      

Meyberg

      

Grube     

      

Schmidt     

      

Berichtigungsbeschluss vom 1. Februar 2022

Der Beschluss des [X.]s vom 10. November 2021 wird dahingehend berichtigt, dass das unter Rdn. 3 der Beschlussgründe genannte Datum der Entscheidung des [X.] richtig lauten muss: „30. Juli 2018“.

 

[X.]     

   

[X.]     

   

Meyberg

   

Grube     

   

Schmidt     

   

Meta

2 StR 219/21

10.11.2021

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Wiesbaden, 22. September 2020, Az: 2 KLs - 3351 Js 16090/15

§ 64 StGB, § 67 Abs 1 StGB, § 67 Abs 2 S 2 StGB, § 67f StGB, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.11.2021, Az. 2 StR 219/21 (REWIS RS 2021, 1226)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 1226

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 StR 144/17 (Bundesgerichtshof)

Unterbringungsanordnung neben einer Freiheitsstrafe: Bemessung des Vorwegvollzuges vor Unterbringung


2 StR 362/21 (Bundesgerichtshof)

Erneute Anordnung einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: Fehlerhafte Anordnung eines teilweisen Vorwegvollzugs einer zeitigen Freiheitsstrafe; …


2 StR 65/20 (Bundesgerichtshof)

Reihenfolge der Vollstreckung: Vorwegvollzug bei mehreren in einem Urteil verhängten Gesamtfreiheitsstrafen


2 StR 322/11 (Bundesgerichtshof)

Reihenfolge der Vollstreckung: Beschwer durch Nichtanordnung des teilweisen Vorwegvollzugs einer Maßregel


2 StR 518/18 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: Begründung der hinreichend konkreten Erfolgsaussicht der Unterbringung


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.