Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.10.2003, Az. I ZR 240/00

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 1389

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[X.] DES VOLKESTEILURTEILI ZR 240/00Verkündet am:2. Oktober 2003WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren, indem bis zum 4. September 2003 Schriftsätze eingereicht werden konnten,durch [X.] Dr. Ullmann und [X.],Prof. [X.], [X.] und Dr. Schaffertfür Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil des [X.] desOberlandesgerichts Rostock vom 27. September 2000, soweit eszwischen der Klägerin und dem [X.] zu 2 ergangen ist, imKostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klä-gerin hinsichtlich der vom [X.] abgewiesenen [X.] gegen den [X.] zu 2 zurückgewiesen worden ist.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision,an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Die Klägerin gehört der 140 bis 150 Unternehmen [X.]/S. -Gruppe an. Sie steht im Raum [X.]mit der [X.] zu 1 beimEinzelhandel mit Computern und Computerzubehör in Wettbewerb. Der [X.] zu 2 war bis zum [X.] der Geschäftsführer der [X.] zu 1 (imweiteren: die [X.] Beklagte bot am 6. März 1998 in einer für ihre bundesweit rund120 Filialen u.a. zusammen mit der "[X.]" verteilten [X.] unterder Überschrift "[X.]!" einen Computer mit [X.] 200 MHz zum Preis von 1.499 DM und einen Computer mit [X.] 233 MHz zum Preis von 1.999 DM - wie nachstehend verkleinertwiedergegeben - zum Kauf [X.] 4 -- 5 -Die Beklagte hatte die beworbenen Geräte am 6. März 1998 in ihrer Fi-liale in [X.]- wie auch in fünf anderen Filialen in [X.] - nicht vorrätigund konnte sie daher dort erst am 9. März 1998 verkaufen.Die Klägerin hat die Werbung als irreführend beanstandet. Die [X.], daß die Waren im Laden der [X.] vorhanden seien, [X.] durch den Hinweis in der Fußzeile der Werbung "Keine Mitnahmegarantie.Sofern nicht vorhanden, gleich bestellen. Wir liefern umgehend." ausgeräumtworden. Die Beklagte habe den Vorratsmangel grob fahrlässig verschuldet.Die Klägerin hat beantragt,1. den [X.] unter Androhung von [X.] zu verbie-ten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Compu-tergeräte blickfangartig hervorgehoben zu bewerben, soweit [X.] des Erscheinens der Werbung nicht zur sofortigen Mit-nahme vorrätig [X.] festzustellen, daß die [X.] verpflichtet sind, der Klägerin al-len durch die unter 1. geschilderte [X.] entstan-denen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen.Die [X.] sind der Klage entgegengetreten.Das [X.] hat das von ihm zunächst antragsgemäß [X.] auf den Einspruch der [X.] hin aufgehoben und die [X.] als unbegründet abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.Mit der Revision, deren Zurückweisung die [X.] beantragen, [X.] Klägerin ihre Klageanträge weiterverfolgt. Der Senat hat das [X.] insoweit angenommen, als das Berufungsgericht die Abweisung des [X.] bestätigt hat.Über das Vermögen der [X.] zu 1 ist am 1. Mai 2003 das Insol-venzverfahren eröffnet worden.Entscheidungsgründe:[X.] Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der[X.] zu 1 ist das zwischen dieser und der Klägerin anhängige Verfahrenunterbrochen worden (§ 240 Satz 1 ZPO). Da die beiden [X.] keine not-wendigen Streitgenossen i.S. des § 62 ZPO sind, ist über die Revision der Klä-gerin gegen den [X.] zu 2 durch Teilurteil zu entscheiden (§ 301 ZPO;vgl. [X.], 214, 216; [X.], [X.]. v. 19.12.2002 - [X.], NJW-RR2003, 1002, 1003, jeweils m.w.N.).I[X.] Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das [X.] mit dem Unterlassungsantrag aus sachlichen Gründen abweisende [X.]eildes [X.]s mit der Begründung zurückgewiesen, die Klage sei [X.] § 13 Abs. 5 UWG rechtsmißbräuchlich und daher unzulässig. Dazu [X.] ausgeführt:Das Vorgehen mehrerer zu einer Unternehmensgruppe oder einem [X.] gehörender Gesellschaften gegen einen bundesweit operierenden Verlet-zer, von denen jede einen (bundesweit vollstreckbaren) Titel erstrebe, könne,da ein Unterlassungsanspruch grundsätzlich nicht regional beschränkt sei, [X.] 7 -dern bundesweit gelte und durchsetzbar sei, den Tatbestand des Rechtsmiß-brauchs im Sinne des § 13 Abs. 5 UWG begründen. Eine Mehrfachverfolgungdesselben Wettbewerbsverstoßes könne insbesondere dann mißbräuchlichsein, wenn sie auf einem abgestimmten Verhalten der [X.] und wenn die ohne ersichtlichen vernünftigen Grund erfolgende Ver-vielfachung des mit der Rechtsverteidigung verbundenen [X.] sowiedie Bindung personeller und finanzieller Kräfte eine unangemessene Belastungdes Anspruchsgegners zur Folge hätten. Im Streitfall sei danach von einemrechtsmißbräuchlichen Verhalten der Klägerin auszugehen. Deren Schwester-gesellschaften hätten den gleichen oder einen ähnlichen Sachverhalt mit imselben Zeitraum vor den [X.]en [X.], [X.] und [X.] Klagen verfolgt, wobei dieses ausweislich des Rundschreibens [X.] vom 18. März 1997 sowie eines weiteren, als"Grundsätzliche Verhaltensregeln ..." bezeichneten Rundschreibens koordi-nierte Vorgehen, für das auch die Klägerin keinen anderen plausiblen Grundhabe angeben können, vor allem dazu gedient habe, die Beklagte ohne sachli-chen Grund mit Gebühren zu belasten und dadurch zu schädigen. Die Be-schränkung des vor dem [X.] [X.] gestellten [X.]auf den dortigen Wirtschaftsraum ändere daran nichts, da diese Beschränkungnach der Rechtsprechung des [X.] nicht erforderlich gewesensei. Für ein mißbräuchliches Verhalten der Klägerin spreche auch der Umstand,daß deren in [X.] ansässige Schwestergesellschaft nicht gegen die [X.] vorgegangen sei, obwohl sie gegen diese seit längerem über einen ent-sprechenden [X.] verfügt habe, wobei die Klägerin hierfür eben-falls keinen Grund habe angeben [X.] 8 -II[X.] Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung [X.]. Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs stellt sich nicht alsrechtsmißbräuchlich im Sinne des § 13 Abs. 5 UWG dar.1. Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt allerdings zutreffend [X.], ein Indiz für ein rechtsmißbräuchliches Vorgehen könne darin lie-gen, daß mehrere Konzernunternehmen, die ihr prozessuales Vorgehen gegenMitbewerber untereinander abstimmten und über denselben Rechtsanwalt ko-ordinierten, jeweils getrennt voneinander parallele Unterlassungsklagen [X.] und desselben Wettbewerbsverstoßes anhängig machten (vgl. [X.]Z 144,165, 171 - Mißbräuchliche Mehrfachverfolgung; [X.], [X.]. [X.], [X.], 713, 714 = [X.], 980 - Zeitlich versetzteMehrfachverfolgung, m.w.N.). Wie der [X.] entschieden hat,werden durch eine Abstimmung des prozessualen Vorgehens von Konzernun-ternehmen und durch eine zentrale Koordinierung der Rechtsverfolgung gestei-gerte Rücksichtnahmepflichten ausgelöst. Bedienen sich Konzernunternehmen- wie dies nach den unbeanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts [X.] geschieht - eines Rechtsanwalts, der die Verfolgung von [X.] auf der Grundlage der bei ihm zusammenfließenden [X.] koordiniert, so obliegt es den Konzernunternehmen grundsätzlich, [X.] erwachsenden Möglichkeiten zu einer den Gegner weniger belastendenVerfahrenskonzentration zu nutzen und ihr Vorgehen für den [X.] scho-nender zu gestalten. Auch Konzernunternehmen, die in verschiedenen Städtenansässig sind, sind danach in der Regel gehalten, unnötige Parallelprozesse zuverhindern, indem sie sich beispielsweise darauf verständigen, nur durch [X.] vorzugehen, die Muttergesellschaft zur Klage als Pro-zeßstandschafterin zu ermächtigen oder - wenn jedes Konzernuntennehmen- 9 -einen eigenen Titel erwirken möchte - gemeinsam am Sitz des [X.] zuklagen ([X.] [X.], 713, 714 - Zeitlich versetzte [X.] Das Berufungsgericht hat jedoch nicht berücksichtigt, daß der [X.] aufweist, die ein getrenntes Vorgehen mehrerer [X.] an verschiedenen Orten als gerechtfertigt erscheinen lassen. [X.] dann, wenn die [X.] und ihre Konzernschwestern eine Werbungwegen mangelnder Verfügbarkeit der beworbenen Waren als irreführend bean-standen und einen unzureichenden Warenvorrat in verschiedenen Filialen der[X.] behaupten, geht es - anders als bei den Sachverhalten, die den Ent-scheidungen "Mißbräuchliche Mehrfachverfolgung" und "Zeitlich versetzteMehrfachverfolgung" sowie den weiteren insoweit zu § 13 Abs. 5 UWG ergan-genen Senatsentscheidungen zugrunde lagen (vgl. [X.], [X.]. v. 6.4.2000- I ZR 67/98, [X.], 82 = [X.], 1263 - Neu in [X.]; [X.]. [X.] - I ZR 114/98, [X.], 84 = [X.], 1266 - Neu in [X.]I;[X.]. v. 24.5.2000 - I ZR 222/97, [X.], 78 = [X.], 1402 - [X.]; [X.]. v. 20.12.2001 - I ZR 215/98, [X.], 715 =[X.], 977 - Scanner-Werbung) - nicht um die Verfolgung desselben(identischen) Wettbewerbsverstoßes, sondern lediglich um gleichartige, [X.] Verstöße. Jedenfalls bei Fällen wie dem hier in Rede stehenden, die sichdurch einen zweigliedrigen Sachverhalt (Anzeigenwerbung, tatsächliche Vor-ratsmenge in der jeweiligen Filiale) auszeichnen, kann grundsätzlich nicht voneinem mißbräuchlichen Vorgehen ausgegangen werden, wenn verschiedeneKonzernunternehmen das werbende Unternehmen an verschiedenen Standor-ten in Anspruch nehmen, ohne ihr prozessuales Vorgehen zu bündeln. Dennbei dieser Fallkonstellation hat grundsätzlich jedes Konzernunternehmen einberechtigtes Interesse daran, den Wettbewerber jeweils an dem Ort, an [X.] eine Filiale mit unzureichendem Warenvorrat betreibt, in Anspruch zu- 10 -nehmen. Dies liegt darin begründet, daß sich derartige Wettbewerbsverstöße,auch wenn ihnen eine überregional verbreitete Werbung zugrunde liegt, nichteinheitlich feststellen lassen. Denn die Annahme einer Irreführung über [X.] setzt eine doppelte Prüfung voraus: Zum einen sind die durch [X.] ausgelösten [X.], zum anderen die tatsächlichenVerhältnisse in einer bestimmten Filiale festzustellen. Dieselbe überregionalverbreitete Werbeaussage kann daher hinsichtlich bestimmter Filialen zutreffenund hinsichtlich anderer irreführend sein. Deshalb sind derartige Fälle für eingebündeltes Vorgehen - etwa am Gerichtsstand der beklagten [X.] - in allerRegel nicht geeignet, weil für alle Klagen bedeutsame [X.] hinsichtlich der einheitlich zugrundezulegenden Werbung, nicht aber hin-sichtlich der Verhältnisse in den einzelnen Filialen getroffen werden können. [X.] dieser Art würde, wenn der Prozeß nicht am Ort der jeweiligen Filialegeführt würde, die Aufklärung des Sachverhalts unter Umständen dadurch er-schwert, daß Zeugen oder Wissensvertreter (§ 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO) anrei-sen müßten. Damit ist hier ein vernünftiger Grund für ein getrenntes Vorgehengegeben, der den Vorwurf des mißbräuchlichen Verhaltens im [X.] ([X.] [X.], 713, 714 - Zeitlich versetzte [X.]. Das Berufungsgericht hat zu der behaupteten Irreführung keinerleiFeststellungen getroffen. Der Rechtsstreit ist deshalb hinsichtlich des gegenden [X.] zu 2 weiterverfolgten [X.] zurückzuverweisen.Dessen Haftung kommt als handelndes Organ der werbenden [X.] zu 1 [X.].Das Berufungsgericht wird zu beachten haben, daß das begehrte Verbotohne eine Beschränkung auf die beanstandete Werbeanzeige nicht ausgespro-- 11 -chen werden darf. Mit dem Unterlassungsantrag werden auch [X.] erfaßt, die wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden sind (vgl. [X.], [X.].v. 10.12.1998 - [X.], [X.], 509, 511 = [X.], 421 - Vorrats-lücken).Ullmann[X.]BornkammBüscherSchaffert

Meta

I ZR 240/00

02.10.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.10.2003, Az. I ZR 240/00 (REWIS RS 2003, 1389)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1389

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