Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.03.2019, Az. 7 W (pat) 6/18

7. Senat | REWIS RS 2019, 8952

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 101 52 512

wegen Wiedereinsetzung

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des [X.] am 25. März 2019 durch [X.], die Richterin [X.] und die Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Die Beschwerde des [X.] zu 1) gegen den Beschluss der [X.] des [X.] vom 9. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Auf eine Anmeldung vom 24. Oktober 2001 wurde dem Patentinhaber zu 1) sowie den weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) das [X.] Patent 101 52 512 mit der Bezeichnung „Kommunikationsverfahren und -anordnung“ erteilt, dessen Erteilung am 3. April 2003 veröffentlicht wurde.

2

Auf Anfrage erläuterte das Patentamt dem Patentinhaber zu 1) mit Schreiben vom 17. September 2015, dass die zur Aufrechterhaltung des Schutzrechts zu entrichtende 15. Jahresgebühr am 31. Oktober 2015 zur Zahlung fällig werde und ohne Zuschlag i. H. v. 1.060,- € bis zum 31. Dezember 2015, mit Zuschlag i. H. v. weiteren 50,- € bis zum 30. April 2016 entrichtet werden könne. Den damaligen Verfahrensbevollmächtigten der vier Patentinhaber übersandte das Patentamt mit Bescheid vom 4. März 2016 eine zusätzliche Gebührenmitteilung.

3

Am 2. Mai 2016 entrichtete der Patentinhaber zu 1) auf der Zahlstelle des [X.] die 15. Jahresgebühr i. H. v. 1.060,- €, jedoch nicht den Verspätungszuschlag.

4

Nach Rückerstattung dieser Gebühr im Juli 2016 – abzüglich einer Erstattungsgebühr von 10,- € – bezahlte der Patentinhaber zu 1) per Inlandsüberweisung, die am 6. Dezember 2016 ausgeführt wurde, erneut die 15. Jahresgebühr sowie erstmals den Verspätungszuschlag, insgesamt einen Betrag in Höhe von 1.110,- €. Am 2. und 14. Dezember 2016 beantragte er unter Vorlage zweier eidesstattlicher Versicherungen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit dem Vortrag, dass er die Frist zur Zahlung der 15. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag schuldlos versäumt habe. Bei einer persönlichen Vorsprache am 2. Mai 2016 auf der Zahlstelle des [X.] habe er – wie schon zuvor telefonisch – die Auskunft erhalten, dass bis zum 2. Mai 2016 1.050,– € einzubezahlen seien, um das Patent aufrecht zu erhalten. Auf seine ausdrückliche Nachfrage habe die Kassiererin bestätigt, dass damit alles erledigt sei. Daraufhin habe er den genannten Betrag in bar eingezahlt und eine Quittung erhalten. Am 4. Oktober 2016 habe er in einem Gespräch mit der Leiterin der Auskunftsstelle des [X.], Frau [X.], erfahren, dass das Patent erloschen sei.

5

Mit dem Ziel, eine Verminderung bislang anfallender [X.] zu erwirken, gab der Patentinhaber zu 1) - auch im Namen aller anderen Patentinhaber – zusätzlich eine Lizenzbereitschaftserklärung ab.

6

In seinem Zwischenbescheid vom 9. Mai 2017 wies das Patentamt darauf hin, dass der Wiedereinsetzungsantrag voraussichtlich keinen Erfolg habe. Nach Rückfragen bei den zuständigen Bediensteten des [X.] könne ausgeschlossen werden, dass die Höhe der fälligen Gebühr dem Patentinhaber zu 1) mehrfach übereinstimmend falsch mitgeteilt worden sei. Die versäumte Handlung sei zudem nicht innerhalb der [X.] des § 123 Abs. 2 Satz 1 [X.] nachgeholt worden.

7

Nach weiterem Schriftwechsel wies die [X.] des [X.] den Wiedereinsetzungsantrag mit Beschluss vom 9. Oktober 2017 unter Verweis auf den Zwischenbescheid vom 9. Mai 2017 als unbegründet zurück.

8

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des [X.] zu 1), mit der er sinngemäß beantragt,

9

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 15. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag zu gewähren.

Der Patentinhaber zu 1) ist der Ansicht, dass er auf irrtümlich durch das Patentamt zur Gebührenhöhe erteilte Auskünfte habe vertrauen dürfen. Er vergleicht die Situation mit Preisangaben eines Verkäufers gegenüber dem Käufer und zieht daraus folgenden Schluss: Versäume es ein handlungsbevollmächtigter Bediensteter des [X.], bei Erteilung einer Gebührenauskunft den zusätzlich fälligen Verspätungszuschlag zu erwähnen, handele sich um ein negatives Schuldanerkenntnis mit der Folge, dass über den vom Bediensteten geforderten Betrag hinaus nichts mehr offen sei.

Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

Mit Verfügung vom 16. Juli 2018 hat der Senat den als Rechtsanwalt zugelassenen Patentinhaber zu 1) und die weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) auf Zweifel an den Erfolgsaussichten des [X.] hingewiesen. Die weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) haben Abschriften des angefochtenen Beschlusses, des Zwischenbescheides vom 9. Mai 2017 einschließlich einer Rechtsmittelbelehrung erhalten, sich jedoch nicht zur Sache geäußert.

II.

Die gemäß § 73 Abs. 1 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet, denn die [X.] des [X.] hat den Wiedereinsetzungsantrag des [X.] zu 1) im angefochtenen Beschluss zu Recht zurückgewiesen.

1. Die Patentinhaber haben die Frist zur Zahlung der 15. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil [X.] § 123 Abs. 1 Satz 1 [X.] erlitten. Die 15. Jahresgebühr in Höhe von 1.060,- € war – ausgehend vom Anmeldetag, dem 24. Oktober 2001 – am 31. Oktober 2015 zur Zahlung fällig, § 3 Abs. 2 PatKostG, und konnte, da sie bis zum 31. Dezember 2015 nicht gezahlt worden war, mit Verspätungszuschlag in Höhe von 50,– €, Nr. 312 150, 312 152 des Gebührenverzeichnisses, Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG, noch bis zum Ablauf der Nachfrist am Montag, den 2. Mai 2016 gezahlt werden, § 7 Abs. 1 Satz 2 PatKostG, § 99 Abs. 1 [X.], § 222 Abs. 1 und 2 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2, § 193 [X.]. Tatsächlich wurde die Gebühr am 2. Mai 2016 ohne Verspätungszuschlag unvollständig entrichtet. Der Gesamtbetrag von 1.110,– € ist beim Patentamt erst am 6. Dezember 2016 und somit verspätet eingezahlt worden. Auf Grund der verspäteten Zahlung ist das Patent erloschen, § 20 Abs. 1 Nr. 2 [X.].

Die vom Patentinhaber zu 1) angesprochene Gebührenermäßigung im Falle der Abgabe einer Lizenzbereitschaftserklärung steht dem nicht entgegen. Eine solche Ermäßigung tritt erst für nach Eingang der Erklärung fällig werdende [X.] ein, so dass die 15. Jahresgebühr hier nicht betroffen ist.

2. Der wegen dieses Rechtsnachteils [X.] § 123 Abs. 1 Satz 1 [X.] gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung ist statthaft, aber nicht zulässig.

Als einer von vier Patentinhabern ist der Patentinhaber zu 1) zwar zur Stellung des [X.] befugt, § 744 Abs. 2 [X.], nachdem mehrere Patentinhaber ohne besondere weitere Absprachen eine Rechtsgemeinschaft im Sinne der §§ 741 ff. [X.] bilden (vgl. § 6 Satz 2 [X.], [X.]/Melullis, [X.], 11. Aufl., § 6 Rdn. 56, 68; [X.], 663 - Gummielastische Masse II).

Die versäumte Handlung hat er jedoch nicht innerhalb der zweimonatigen, mit Wegfall des Hindernisses zu laufen beginnenden Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 [X.] nachgeholt, § 123 Abs. 2 Satz 3 erster Halbsatz [X.].

Der Wegfall des Hindernisses tritt ein, sobald das Ereignis seine hindernde Wirkung auf den Säumigen verliert. Das ist der Fall, sobald die [X.] bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht mehr gehindert ist, die versäumte Handlung vorzunehmen oder das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann ([X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 123 Rdn. 26).

Positive Kenntnis von seiner Säumnis erhielt der Patentinhaber zu 1) spätestens in dem am 4. Oktober 2016 mit der Leiterin der Auskunftsstelle des [X.], Frau [X.], geführten Gespräch, so dass die 15. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag spätestens innerhalb der sich anschließenden zwei Monate, mithin bis Montag, den 5. Dezember 2016, dem Konto der zuständigen Bundeskasse hätte gutgeschrieben werden müssen, um dort rechtzeitig einzugehen, § 123 Abs. 2 Satz 1 [X.], § 123 Abs. 2 Satz 3 erster Halbsatz [X.] i. V. m. § 2 Nr. 2 PatKostZV, § 99 Abs. 1 [X.], § 222 Abs. 1 und 2 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2, § 193 [X.]. Dies war jedoch erst einen Tag später der Fall.

3. Im Übrigen ist der Antrag auf Wiedereinsetzung auch in der Sache nicht begründet. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 [X.] darf Wiedereinsetzung nur gewährt werden, wenn der Säumige die Frist ohne Verschulden versäumt hat. Der Vortrag des [X.] zu 1) ist jedoch nicht geeignet, ein Verschulden an der Versäumung der Frist zur Zahlung der 15. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag auszuschließen.

Dies gilt unabhängig davon, ob der Patentinhaber zu 1), wie er vorträgt, anlässlich einer telefonischen Auskunft sowie erneut bei einem Besuch auf der Zahlstelle des [X.] am 2. Mai 2016 eine unvollständige oder unzutreffende Gebühreninformation erhalten hat. Die korrekte Berechnung der [X.] und der Zahlungsfristen liegt im Verantwortungsbereich eines Patentanmelders bzw. -inhabers ([X.]/[X.], a. a. O., § 123 Rdn. 126). Dieser muss hinreichende Maßnahmen zur Berechnung und Überwachung von Fristen zur Zahlung fälliger [X.] treffen, wozu hier nichts vorgetragen ist.

Kommt es bei der Gebührenzahlung zu Fehlern, so kann sich der Gebührenschuldner grundsätzlich nicht auf eine (angeblich) falsche mündliche Auskunft von Mitarbeitern des [X.] verlassen. Dies gilt umso mehr in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Patentinhaber zu 1), wie sich aus der Akte des [X.] ergibt, mit patentamtlichem Schreiben vom 17. September 2015 auf seine Nachfrage bereits eine sachlich zutreffende Information zur Höhe der fällig werdenden Gebühren einschließlich des Verspätungszuschlags erhalten hatte. Hinzu kommt, dass der Patentinhaber zu 1) gerade als Rechtsanwalt ohne weiteres in der Lage war, sich über die Höhe fälliger [X.] einschließlich des Verspätungszuschlags zu informieren.

Die durch den Patentinhaber zu 1) geschilderte Kommunikation mit Bediensteten des [X.] unterscheidet sich deutlich von den in diesem Zusammenhang von ihm vergleichsweise herangezogenen Verkaufsgesprächen. Ein für Verkaufsgespräche charakteristisches Informationsgefälle zwischen Verkäufer und Käufer besteht in Bezug auf [X.] des [X.] gegenüber einem Rechtsanwalt gerade nicht. Die Fehlerhaftigkeit der behaupteten Aussagen hätte der Patentinhaber zu 1) erkennen können – und als Ergebnis der ihm als Anwalt gebotenen rechtlichen Überprüfung auch erkennen müssen.

Innerhalb der Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 [X.] hat der Patentinhaber zu 1) somit nicht glaubhaft gemacht, dass er ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Zahlung der 15. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag einzuhalten.

Aus diesen Gründen haben der Wiedereinsetzungsantrag und die Beschwerde keinen Erfolg.

Meta

7 W (pat) 6/18

25.03.2019

Bundespatentgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.03.2019, Az. 7 W (pat) 6/18 (REWIS RS 2019, 8952)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 8952

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