Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2020, Az. IV ZR 5/19

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11673

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:290420U[X.]5.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 5/19
Verkündet am:

29. April 2020

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R:

ja

[X.] § 5a; [X.] § 818 Abs. 1 Alt. 1

Im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung nach einem [X.] gemäß § 5a [X.] kann der Anspruch des Versicherungsnehmers auf Herausgabe von Nutzungen aus [X.] nicht anhand der [X.] berechnet werden.

[X.], Urteil vom 29. April 2020 -
IV ZR 5/19 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterinnen [X.] und Dr. [X.]
im schriftlichen Ver-fahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 15. April 2020

für Recht erkannt:

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 20.
Zivilsenats des [X.] vom 7.
Dezember 2018 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 66.240,52

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger fordert von der [X.] aus ungerechtfertigter Berei-cherung Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge und Herausgabe von Nutzungen.

Der
Kläger schloss mit der Rechtsvorgängerin der [X.] im Jahr 1997 einen Vertrag über eine kapitalbildende Lebensversicherung mit eingeschlossener [X.] nach dem sogenannten [X.] des §
5a [X.] in der seinerzeit gültigen [X.] (im Folgenden: §
5a [X.]) ab.
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-
3
-

Nachdem der Kläger den Vertrag zunächst
gekündigt hatte, [X.] er mit Schreiben vom 2.
Februar 2016 den Widerspruch.

Mit der Klage verlangt er
von der [X.] die Rückerstattung der geleisteten Prämien abzüglich der Risikokosten sowie ausgekehrter Be-träge zuzüglich Nutzungen,
insgesamt 76.079,01

außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten und Zahlung
von Verzugszin-sen.

Der
Kläger meint, die Widerspruchsbelehrung sei unzureichend und die Verbraucherinformationen seien unvollständig gewesen, sodass er noch im [X.] zum Widerspruch berechtigt gewesen sei.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung in Höhe von 3.294,90

. Es hat die Revision zugelassen, soweit die Klage in Höhe eines Betrages von 66.240,52

Kläger geltend gemachte "Nutzungen im Eigenkapital"
entfällt, abgewie-sen worden ist. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegeh-ren in diesem
Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

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4
-

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung -
soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse
-
im Wesentlichen ausgeführt:

Der Vertrag sei nach den §§
812 ff. [X.] rückabzuwickeln. Der Kläger habe dem Vertragsschluss mangels ordnungsgemäßer [X.]sbelehrung noch im [X.] widersprechen können. §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] sei auf Lebens-
und [X.] nicht anwendbar. Ferner sei das Widerspruchsrecht nicht verwirkt und seine Ausübung verstoße auch nicht gegen [X.] und Glauben.

[X.] könne, ob der Kläger ausreichend dargelegt habe, dass die Beklagte aus den [X.]n, die auf die Abschluss-
und Verwaltungskosten entfielen, Nutzungen gezogen habe. Jedenfalls
seien sie mit einer Forderung von 66.240,52

legt. Der Prämienanteil, der auf die Abschluss-
und Verwaltungskosten entfallen sei, mache auch nach der Darstellung des [X.] nur einen Bruchteil der Gesamtprämie aus. Wie es der [X.] möglich gewesen sein sol-le, aus
einem Betrag von 4.300,68

knapp 20 Jahren Nutzungen in Höhe von 66.240,52

schlechterdings nicht nachzuvollziehen. Zur Berechnung der Höhe gezo-gener Nutzungen aus dem Abschluss-
bzw. Verwaltungskostenanteil der Prämie könne insbesondere nicht auf die Eigenkapitalrendite abgehoben werden. Notwendig sei ein Vortrag zur Höhe der Nutzungen, der
sich auf die Ertragslage des Unternehmens beziehe. Dazu sei der Verweis auf die Eigenkapitalrendite ersichtlich ungeeignet. Diese gebe alleine das [X.] von Gewinn zum Eigenkapital an und möge betriebswirtschaftlich einen
Indikator für die Leistungsfähigkeit des Unternehmens darstellen. Aus der Höhe der Eigenkapitalrendite lasse sich indes nicht -
auch nicht im Wege
einer Schätzung
-
darauf schließen, welche Erträge ein Unter-9
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-
nehmen mit von ihm vereinnahmten Geldern konkret habe erzielen [X.]. Schon die vorliegend jährlich stark schwankende [X.] (von -1,73
% bis 90,29
% vor Steuern) belege anschaulich, dass ein Rückgriff auf diese rein betriebswirtschaftliche Kennzahl zur Ermittlung tatsächlich gezogener Nutzungen im Sinne von §
818 Abs.
1 [X.] nicht in Betracht kommen könne.

[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Der Kläger hat den im Revisionsverfahren noch streitgegen-ständlichen Nutzungsherausgabeanspruch berechnet, indem er den von ihm vorgetragenen Verwaltungskostenanteil der Versicherungsprämie sowie vermeintliche
Kostengewinne, die sich aus einer behaupteten [X.] zwischen kalkulierten und tatsächlich angefallenen Abschluss-
und Risikokosten ergeben
sollen,
nach der Eigenkapitalrendite der [X.] verzinst hat. Letztere hat der Kläger
für die jeweiligen Geschäfts-jahre der [X.] nach dem Verhältnis ihres Ergebnisses
der "gewöhn-lichen"
Geschäftstätigkeit (Jahresüberschuss ohne außerordentliche Er-träge und Aufwendungen
sowie Steuern)
zum Eigenkapital ermittelt.

2. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger damit den in Rede stehenden Anspruch aus §
818 Abs.
1 [X.] nicht schlüssig dargelegt hat.

a) Dies gilt im Hinblick auf die vermeintlichen Kostengewinne der [X.] aus dem Risikoanteil der vom Kläger gezahlten Prämien be-reits deswegen, weil dieser Prämienanteil
bei der Bestimmung der gezo-genen Nutzungen keine Berücksichtigung finden kann. Nach der gefes-tigten Senatsrechtsprechung stehen dem Versicherungsnehmer Nutzun-11
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-
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-
gen aus dem Risikoanteil, der dem Versicherer als Wertersatz für den vom Versicherungsnehmer faktisch genossenen Versicherungsschutz verbleibt, nicht zu (vgl. Senatsurteile vom 26.
September 2018

IV
ZR 304/15, [X.], 1367 Rn.
31; vom 1.
Juni 2016

IV
ZR 482/14, [X.], 275 Rn.
30; vom 11.
November 2015

IV
ZR 513/14, [X.], 33 Rn.
42). Der zur Bestreitung von Verwaltungskosten [X.] Prämienanteil kann
hingegen zur Berechnung von Nutzungszin-sen herangezogen werden, soweit der Versicherer auf diese Weise den Einsatz sonstiger Finanzmittel ersparte, die er zur Ziehung von Nutzun-gen verwenden konnte (Senatsurteile vom 26.
September 2018 aaO; vom 11.
November 2015 aaO Rn.
47
m.w.N.). Der auf die [X.] entfallende Prämienanteil bleibt indes für Nutzungsersatzansprüche regelmäßig außer Betracht; mangels abweichender Anhaltspunkte ist da-von auszugehen, dass der Versicherer diesen Prämienanteil nicht zur Kapitalanlage nutzen konnte (vgl. Senatsurteile
vom 26.
September 2018 aaO; vom 1.
Juni 2016 aaO; vom 11.
November 2015 aaO Rn.
44
f.).
Hinsichtlich der beiden zuletzt genannten [X.] konnte das Be-rufungsgericht offenlassen, ob der Kläger hier -
wie er geltend macht
-
zum Grund ausreichend vorgetragen hat.

b) Jedenfalls hat er
seiner Darlegungslast hinsichtlich der Höhe der von der [X.] aus den Beitragszahlungen tatsächlich gezogenen Nutzungen nicht genügt.
Die von ihm herangezogene Eigenkapitalrendite gibt hierüber keine Auskunft.

aa) Ein Versicherungsnehmer, der vom beklagten Versicherer die Herausgabe von Nutzungen aus [X.] geleisteten [X.] verlangt, ist für Anfall und Höhe tatsächlich gezogener Nutzungen darlegungs-
und beweisbelastet. Dies verlangt ihm, wie der [X.] entschieden hat, einen Tatsachenvortrag ab, der nicht ohne Be-15
16
-
7
-
zug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe gestützt werden kann (Senatsurteil vom 19.
Dezember 2018

IV
ZR 255/17, [X.]Z 220, 297 Rn.
20 m.w.N.).
Da sich die Herausgabepflicht nach §
818 Abs.
1 [X.] auf die Nutzungen beschränkt, die der Bereicherte aus
dem ohne Rechtsgrund erlangten Gegenstand oder aus einem Surrogat im Sinne des §
818 Abs.
1 [X.] gezogen hat ([X.], Urteil vom 10.
Februar 2004

X
ZR 117/02, [X.]Z 158, 63 unter 4 [juris Rn.
14]), muss die Ertragsla-ge des Versicherers, auf die sich der Versicherungsnehmer zur Darle-gung des
Nutzungsherausgabeanspruchs bezieht, die Verwendung der [X.] erbrachten Beitragszahlungen abbilden.

bb) Das ist bei der vom Kläger angeführten Eigenkapitalrendite nicht der Fall
(vgl. [X.], Urteil vom 27.
September 2019

12
U 78/18, juris Rn.
61
f.; [X.], 342 unter C
III
5 [juris Rn.
110]; [X.], Urteil vom 5.
Juni 2019

10
U 1133/18
unter II
3
b (n.v.); [X.], Urteil vom 13.
Dezember 2018

7
U 79/18, juris Rn.
78; [X.], 803 unter 3
b
bb
(2) [juris Rn.
69]; a.A. [X.], Urteil vom 21.
Dezember 2017

7
U 80/17, juris Rn.
103; [X.], Urteil vom 28.
März 2017

4
U 1624/16, juris Rn.
15; [X.], Urteil vom 28.
September 2016

10
U 453/15
unter II 3 [X.] (n.v.)).

(1) Indem sie auf das Ergebnis der normalen -
in der Terminologie des [X.] "gewöhnlichen"
-
Geschäftstätigkeit der [X.]
im Sinne von Abschnitt
II Nr.
3 des
Formblatts
3 der Verordnung über die [X.]
([X.]) vom 8.
November 1994 ([X.]l.
I S.
3378) abstellt, berücksichtigt sie Erträge, die sich unter keinen Umständen als das Resultat der Verwendung der vom Kläger [X.] erbrachten Beitragszahlungen verstehen [X.]. Das gilt im Hinblick auf die Beitragszahlungen des [X.] selbst 17
18
-
8
-
sowie diejenigen der übrigen Versicherungsnehmer
der [X.].
Die
Beiträge fließen ohne Differenzierung nach Prämienbestandteilen insge-samt nach Abschnitt
I Nr.
1 Buchst.
a) des Formblatts
3 [X.] als "Gebuchte [X.]" (vgl. §
36 [X.])
in das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit
der [X.]
ein.

(2) Ferner liegt der
Berechnung des [X.] die
Vorstellung
zu-grunde, er habe aufgrund der Zahlung des Verwaltungskostenanteils der Versicherungsprämie sowie aufgrund des
behaupteten Anfalls von [X.] bei der [X.]
eine Investition in das in ihrer Bilanz ausgewiesene Eigenkapital getätigt. Diese Vorstellung ist unzutreffend. Zwar mögen die genannten Vorgänge die Höhe des bilanzierten Eigen-kapitals etwa dadurch beeinflusst haben, dass sie einen Jahresüber-schuss vergrößert oder einen Jahresfehlbetrag verringert haben
(vgl. Formblatt
1 Passivseite Buchst.
A Ziffer
V.
[X.]). Aber dies führt nicht dazu, dass der Kläger einem
Aktionär der [X.] gleichzustellen wäre, dem die Eigenkapitalrendite, die als betriebswirtschaftliche Kenn-zahl den Gewinn im Verhältnis zum eingesetzten Eigenkapital kenn-zeichnet,
Aufschluss über die Verzinsung seiner Investition geben mag (vgl. [X.], [X.] 2.
Aufl. S.
253).

[X.]) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus der bis-herigen Senatsrechtsprechung nichts anderes. Dass der [X.] hat, aus der durchschnittlich von [X.] Lebensversicherern in einem bestimmten Zeitraum erzielten Verzinsung könne kein auf die [X.] des Versicherers bezogener Gewinn abgeleitet werden (vgl. Senatsurteile vom 26.
September 2018

IV
ZR 304/15, [X.], 1367 Rn.
34; vom 11.
November 2015

IV
ZR 513/14, [X.], 33 Rn.
50), bedeutet nicht, dass zur Berechnung des [X.] auf das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit des Versi-19
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-
9
-
cherers abzustellen wäre.
Das folgt bereits daraus, dass es in den ge-nannten Entscheidungen jeweils nur um die Frage erzielter Zinsgewinne ging (Senatsurteile aaO).
-
10
-

3. Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge, das Berufungs-gericht hätte den Kläger darauf hinweisen müssen, dass die [X.] anhand der jeweiligen
jährlichen Eigenkapitalrendite der [X.] unzulässig ist, hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§
564 Satz
1 ZPO).

[X.]
[X.]
[X.]

[X.]
Dr. [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.04.2018 -
26 O 269/17 -

O[X.], Entscheidung vom 07.12.2018 -
20 [X.]/18 -

21

Meta

IV ZR 5/19

29.04.2020

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2020, Az. IV ZR 5/19 (REWIS RS 2020, 11673)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11673

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IV ZR 5/19

20 U 76/18

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