Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.05.2015, Az. IV ZR 138/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 11134

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 138/14

Verkündet am

13. Mai 2015

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z:

nein

[X.]R: ja

BGB § 2303 Abs. 1 Satz 2, § 2311 Abs. 1 Satz 1

Der im Rahmen eines [X.] zu bestimmende Wert einer nach-lassgegenständlichen Miteigentumshälfte an einem Hausgrundstück entspricht dem hälftigen Wert des Gesamtobjekts, wenn der Alleinerbe bereits Eigentümer der anderen ideellen Miteigentumshälfte ist.

[X.], Urteil vom 13. Mai 2015 -
IV ZR 138/14 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren gemäß §
128 Abs.
2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 20.
April 2015

für Recht erkannt:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 3. Zi-vilsenats des [X.] in [X.] vom 1. April 2014 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Streitwert: 7.69

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Pflichtteilsansprüche der Klägerin, ins-besondere über die Bewertung des Miteigentumsanteils an einem [X.].

Die Klägerin ist das einzige Kind der im Mai 2006 verstorbenen Erblasserin. Diese war geschieden und lebte seit 1998 mit dem [X.] zusammen. Mit Grundstückskaufvertrag vom Oktober 1999 erwarben
sie zum Kaufpreis von 235.000 DM ein Reihenhaus
als Miteigentümer je zur ideellen Hälfte, das sie in der Folge gemeinsam bewohnten. Die Erb-1
2
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-

lasserin errichtete im April 2001 ein notarielles Testament, mit dem sie den Beklagten zu ihrem Alleinerben
bestimmte.

Die Klägerin hat in der Folge mit einer Stufenklage gegen den Beklagten Pflichtteils-
und Pflichtteilsergänzungsansprüche, auf erster Stufe einen Anspruch auf Auskunft unter anderem
betreffend die
Finan-zierung des mit der Erblasserin erworbenen [X.]
geltend gemacht. In der Berufungsinstanz haben die Parteien die erste Stufe der Klage übereinstimmend für erledigt erklärt.

Auf der zweiten
Stufe hat die Klägerin Zahlung vonebst
Zinsen verlangt. Das [X.] hat nach Einholung eines Sach-verständigengutachtens zum Verkehrswert des [X.] durch Schlussurteil den Beklagten zur Zahlung von

nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das [X.] das Urteil teilweise abgeändert und ihn zur Zahlung von 7.693,nebst Zinsen verurteilt; im Übrigen hat es die Klage ab-
und die Berufung zurückgewiesen.
Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision, mit der er weiterhin die Abweisung der gesamten Klage erstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

[X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts
sind
als Wert für das Haussgegenstände der Erblas-3
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4
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t-eigentumsanteil an dem Hausgrundstück sei nur schwer zu verkaufen
und daher mit einem deutlichen Abschlag anzusetzen, ist
es der Ansicht, dass jedenfalls dann, wenn wie hier der Erbe der ideellen [X.] an dem Hausgrundstück bereits Eigentümer der anderen [X.] sei und mit dem Erbfall Alleineigentümer des [X.] werde, der im Rahmen eines [X.] zu [X.] einer nachlassgegenständlichen Miteigentumshälfte in der Regel dem hälftigen Wert des Gesamtobjekts entspreche.

I[X.] Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der im Rahmen eines [X.] zu bestimmende Wert einer nach-lassgegenständlichen Miteigentumshälfte an einem Hausgrundstück dem hälftigen Wert des Gesamtobjekts entspricht, wenn der Alleinerbe bereits Eigentümer der anderen ideellen Miteigentumshälfte ist.

1. Der Pflichtteilsberechtigte hat nach § 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB einen Geldanspruch in Höhe der Hälfte des Werts seines gesetzlichen Erbteils. Eine bestimmte Wertberechnungsmethode für die Ermittlung des [X.] ist nicht vorgeschrieben (Senatsurteil vom 26. April 1972

IV ZR 114/70,
NJW 1972, 1269
Rn. 8). Für die Bemessung des Anspruchs stellt §
2311 Abs. 1 Satz
1 BGB auf den Bestand und den Wert des Nachlasses zur Zeit des [X.] ab. Der Pflichtteilsberechtig-te ist demnach wirtschaftlich so zu stellen, als sei der Nachlass beim Tod
des Erblassers in Geld umgesetzt worden (Senatsurteile vom 30. Sep-tember 1954
[X.], [X.]Z 14, 368, 376; vom 13. März 1991
IV 7
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5
-

ZR 52/90, NJW-RR 1991, 900, 901; vom 14. Oktober 1992

IV ZR 211/91, NJW-RR 1993, 131
unter 2 a; vom 10. November 2010

IV ZR 51/09, [X.], 375 Rn. 6
und Senatsbeschluss vom 25. November 2010

IV ZR 124/09, NJW 2011, 1004 Rn. 5). Die Ermittlung des [X.] zum Stichtag besagt, dass die für den Verkaufswert maßge-benden Bewertungsdaten aus der Sicht des Stichtags zu ermitteln sind. Zu berücksichtigen sind daher alle naheliegenden und wirtschaftlich fassbaren zum Stichtag im Keim angelegten Entwicklungen ([X.]/[X.], Neub. [2015]
§ 2311 Rn.
100
m.w.[X.]; vgl. auch Senatsurteil vom 30. September 1954

[X.] aaO). Bei der Berechnung des Pflicht-teils ist zu ermitteln, welchen Verkaufserlös der Nachlass am Tag
des [X.] tatsächlich erbracht hätte; dabei ist grundsätzlich der Verkaufs-erlös, den die Erben inzwischen bereits erzielt haben, zu berücksichtigen
(vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 8. April 2015
IV ZR 150/14, juris Rn.
4 m.w.[X.])

Hat ein Verkauf nicht stattgefunden und fehlt es an einem gängi-gen Marktpreis für den [X.], muss der Wert geschätzt werden (§ 2311 Abs. 2 Satz 1 BGB). Da das Gesetz keine Bewertungs-methode vorschreibt, obliegt die sachgerechte Auswahl dem Tatrichter (MünchKomm-BGB/[X.], 6.
Aufl. § 2311 Rn. 31).

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war das Berufungs-gericht zutreffend der Ansicht, dass der zu bestimmende Wert des in den Nachlass fallenden hälftigen Miteigentumsanteils an dem [X.] der Erblasserin dem hälftigen Wert des Gesamtobjekts entspricht.

a) In der Literatur wird -
worauf auch das Berufungsgericht
hinge-wiesen hat -
ganz überwiegend vertreten, dass dann, wenn ein halber 10
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6
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Miteigentumsanteil einer vom anderen Miteigentümer eigengenutzten Immobilie in den Nachlass fällt, die Verkehrswertbestimmung des [X.] Miteigentumsanteils besondere Schwierigkeiten bereite und es in al-ler Regel unzulässig sei, den halben Verkehrswert des Grundstücks samt Gebäude anzusetzen, da die Chance, diesen unter marktwirtschaftlichen Bedingungen zu veräußern, sehr gering sei. Es sei daher ein deutlicher Abschlag vorzunehmen ([X.], ZMR 1994, 552; [X.]/[X.], BGB [2006] § 2311 Rn. 79; [X.]/[X.], [2015] § 2311 Rn. 118; [X.] in [X.]/[X.], Beck'scher Online-Kommentar BGB
Stand: 1.02.15
§ 2311 Rn. 20; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/Wälzholz, Handbuch Pflichtteilsrecht 3. Aufl. § 5 Rn. 154; [X.] in [X.]/[X.], Praxiskommentar Erbrecht 3. Aufl. § 2311 Rn.
129; [X.] in [X.], [X.] Erbrechtsberatung, 2. Aufl. C VI Rn.
88; [X.], [X.] Erbrecht 4. Aufl. § 46 Rn. 91; und so auch [X.], [X.], 190, 192).

b) Demgegenüber vertritt das Berufungsgericht
die Auffassung, dass der Wert des hälftigen Miteigentumsanteils jedenfalls dann dem hälftigen Wert der Immobilie insgesamt entspreche, wenn der bisherige Eigentümer der einen ideellen Hälfte mit dem Erbfall auch die andere Hälfte des Eigentums erlangt
(so bereits mit Urteil vom 12. Oktober 1999, [X.] 2000, 175, 176; ähnlich auch [X.], Beschluss vom 2. Juli 2008

[X.]/07, juris Rn. 12 f.;
vgl. auch [X.] in einer Anmerkung zu [X.] (s.o.), nach dem es sich um eine Frage der Beweislast [X.], [X.], 106, 107).

Die
Ansicht des Berufungsgerichts
trifft zu. Eine Verwertung des Miteigentums an einer
Immobilie ist mit dem Erbfall bei dieser
Sachlage problemlos möglich und es sind keine Gründe ersichtlich, die es rechtfer-13
14
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7
-

tigen könnten, einen Abschlag vorzunehmen. Das Berufungsgericht hat überzeugend ausgeführt, dass anderenfalls dem Erben zwar im Moment des [X.] der volle Wert der ideellen Miteigentumshälfte im Sinne des hälftigen Verkehrswerts zufließt, weil er nun als Alleineigentümer den vollen Verkehrswert realisieren kann, der Pflichtteilsberechtigte aber nichts oder jedenfalls deutlich weniger als den seinem Pflichtteil [X.] Anteil am hälftigen Verkehrswert der Immobilie erhielte. [X.] der Revision ist auch nicht etwa ein deutlicher Abschlag vorzuneh-men, weil nur ein Miteigentumsanteil zum Nachlass gehört und deshalb nur darauf abzustellen ist, zu welchem Preis dieser im Zeitpunkt des [X.] der Erblasserin hätte verkauft werden können, sondern für eine sachgerechte Bewertung des [X.] an dem hälftigen [X.] der Erblasserin ist bei Alleineigentum des Erben im Zeitpunkt des [X.] auf den hälftigen Wert der [X.]. Ein Abschlag vom hälftigen Wert ist

entgegen der Ansicht der Revision

auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Erbe zur [X.] des Anspruchs des Pflichtteilsberechtigten gezwungen sein könnte, die gesamte Immobilie zu verkaufen. Dies ist ein regelmäßig mit [X.] verbundenes Risiko. Soweit der Sachverständige schließlich der Ansicht war, die Hälfte des Verkehrswerts der Immobilie sei nur

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schwer zu erlangen, ihm seien Werte von Verkäufen von Bruchteilen nicht bekannt, hat er nicht berücksichtigt, dass der Beklagte mit dem Erbfall Alleineigentümer des Einfamilienhauses geworden ist.

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.04.2013 -
2 O 24/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 01.04.2014 -
3 U 38/13 -

Meta

IV ZR 138/14

13.05.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.05.2015, Az. IV ZR 138/14 (REWIS RS 2015, 11134)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 11134

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