Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2007, Az. V ZR 281/06

V. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 962

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 281/06 Verkündet am: 9. November 2007 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2007 durch [X.] Dr. [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] Czub und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 22. Zivilsenats des [X.] vom 26. September 2006 aufge-hoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Beklagte zu 1, deren Komplementär der Beklagte zu 2 ist, kauft [X.] an und veräußert diese nach Durchführung von Renovierungs-maßnahmen als Wohnungseigentum weiter. Mit notariellem Vertrag vom 9. September 2000 kauften der Kläger und seine Ehefrau (im Folgenden Käu-fer) eine solche Wohnung in [X.]und traten einem [X.] bei. [X.] wurde der Kauf von der [X.] [X.]eG. Den Vertragsab-schlüssen waren Beratungsgespräche mit dem von der [X.] zu 1 [X.] - 3 - schalteten Zeugen [X.]vorangegangenen, der den Eheleuten eine [X.] vorgelegt und auch die Finanzierung vorgeschlagen hatte. Der Kläger verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau die Rückabwicklung des Kaufvertrages sowie die Feststellung, dass die [X.] zum Ersatz weiteren Schadens verpflichtet sind und sich im [X.] befinden. Hierzu macht er geltend, seine Ehefrau und er seien zu ihrem Nachteil in mehrfacher Hinsicht falsch beraten worden. Mit der Drittwider-klage erstreben die [X.] die Feststellung, dass der Ehefrau des [X.] keine Ansprüche zustehen im Zusammenhang mit dem Abschluss des [X.] den [X.]en geschlossenen Kaufvertrags. Das [X.] hat der [X.] stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision verfolgen die [X.] ihre Anträge weiter. Der Kläger und die Drittwiderbeklagte bean-tragen die Zurückweisung des Rechtsmittels. 2 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Schadensersatzklage sei unter dem Blickwinkel der Schlechterfüllung des zwischen der [X.] zu 1 und den Käufern konkludent zustande gekommen Beratungsvertrages begrün-det, wobei die Haftung des [X.] zu 2 aus § 161 Abs. 2 i.V.m. § 128 Satz 1 [X.] folge. Die Beklagte zu 1 habe die Käufer unzutreffend über die [X.] informiert. Den Käufern sei ein Ertrag von 8,32 DM/qm als nachhaltig aus dem [X.] erzielbare Rendite versprochen worden. Die [X.] hätten aber weder im Verkaufs- noch in den Folgejahren ausgereicht, um 3 - 4 - die berechnete Ausschüttung zu zahlen und Instandhaltungsrücklagen zu [X.]. Das Abrutschen des [X.]s in die Verlustzone sei für die Beklagte als ein im Bereich der Wohnungswirtschaft erfahrenes Unternehmen voraussehbar gewesen, weil der [X.] schon im Verkaufsjahr 2000 —strukturell [X.] gewesen sei und sich insbesondere aus der von den [X.] selbst vorgeleg-ten [X.] (Ausgabe August 1998) mit Blick auf den dort zitierten —Miet-spiegel für die Stadt [X.]
ab 1. April 1998fi ergebe, dass jedenfalls Mie-ten im Spitzensegment - um solche handele es sich hier - deutlich —abgebrö-ckeltfi seien. Dass die [X.]abrechnung für das Jahr 2000 erst im November 2001 - und damit erst nach Abschluss des Kaufvertrages - vorgelegen habe, entlaste die [X.] nicht. Wenn die Beklagte zu 1 den Käufern ohne genaue Kenntnis über die [X.]situation eine bestimmte Rendite habe vorrechnen lassen und nicht überprüft habe, ob diese Rendite nachhaltig zu erzielen sei, habe sie Angaben ins Blaue hinein gemacht. Die Kausalität zwischen Bera-tungspflichtverletzung und [X.] sei zu bejahen. Die [X.] hätten nicht den Nachweis geführt, dass die Käufer den Kaufvertrag auch bei zutreffender Information geschlossen hätten. Auch die Voraussetzungen des Annahmeverzugs lägen vor. I[X.] 1. Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht in [X.] stand. 4 5 a) Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass eine Verletzung des [X.] vorliegt, wenn der Verkäufer ein in tatsächli-cher Hinsicht [X.], zu positives Bild der [X.] der [X.] 5 - bilie gibt ([X.]. v. 14. Januar 2005, [X.], [X.], 205, 207) und dies auch dann gilt, wenn der Käufer auf Empfehlung des Verkäufers ei-nem [X.] beitritt. In solchen Fällen muss nicht nur das Risiko erhöhter In-standsetzungskosten, sondern auch das [X.] fremder Wohnun-gen nicht nur angesprochen, sondern auch - etwa durch Abschläge bei den Einnahmen oder durch Zuschläge bei den monatlichen Belastungen - ange-messen bei der Darstellung der Erträge berücksichtigt werden ([X.]. v. 13. Oktober 2006, [X.], [X.], 174, 176 m.w.[X.]). Dabei hat der [X.] im Zeitpunkt der Beratung bereits abzusehende ungünstige Veränderun-gen der Mieteinnahmen oder Unterhaltungskosten zu berücksichtigen (Senat, [X.], 371, 378). Der Einwand der Revision, Änderungen des [X.] und der Zahlungsmoral zeichneten sich vorher nicht ab, geht fehl, weil der Verkäufer schon unabhängig von konkreten Anhaltspunkten das - immer bestehende - Vermietungs- und [X.] angemessen in die Kalkulation einstellen muss. Bestehen darüber hinaus konkrete Anhaltspunkte für ein erhöhtes Ertragsrisiko - etwa weil der Markt den zugrunde gelegten [X.] bei Neuvermietungen erkennbar nicht mehr hergibt -, ist diesem Umstand durch weitere Abschläge bei den Einnahmen oder durch Zuschläge bei den [X.] zu tragen. b) Ist das Berufungsurteil danach im rechtlichen Ausgangspunkt nicht zu beanstanden, kann es gleichwohl keinen Bestand haben, weil es auf verfah-rensfehlerhaften Feststellungen beruht. 6 [X.]) Das Berufungsgericht hat eine schuldhafte Pflichtverletzung bejaht und dabei die Voraussehbarkeit zunächst wesentlich darauf gestützt, dass schon im Verkaufsjahr der von der [X.] zu 1 vorgerechnete [X.] von 8,32 DM/qm nicht zu erlösen und dies für die Beklagte zu 1 zumindest 7 - 6 - erkennbar gewesen sei. [X.] hätten nach Abzug der [X.] nur monatliche Einnahmen von 9,54 DM/qm zur Verfügung gestanden, womit weder eine Instandhaltungsrücklage für das Sondereigentum nach § 3 Nr. 1 Abs. 2 des [X.]vertrages noch die für das Gemeinschaftseigentum in Höhe von 0,70 DM/qm vorgesehene Instandhaltungsrücklage habe gebildet werden können. Insoweit rügt die Revision zu Recht, dass sich das Berufungsgericht nicht mit dem Vorbringen der [X.] befasst hat, wonach die (beiden) In-standhaltungsrücklagen bereits in der von dem Berufungsgericht abgezogenen Position 500 (—Abführung Hausgeld an [X.]) enthalten gewesen seien (§ 286 ZPO). Da bei der revisionsrechtlich gebotenen Zugrundelegung dieser Behaup-tung ein nochmaliger Abzug der Instandhaltungsrücklagen nicht in Betracht kommt, fällt das zentrale Argument des Berufungsgerichts, es habe bereits im Verkaufsjahr eine strukturelle Unterdeckung vorgelegen, in sich zusammen. b) Zudem hat das Berufungsgericht die Vorhersehbarkeit des Abgleitens des [X.]s in die Verlustzone wesentlich auch damit begründet, dass die [X.]entwicklung deshalb für die [X.] nicht überraschend gewesen sei, weil Mieten im Spitzensegment - um solche handele es sich hier - deutlich zu-rückgegangen seien (so die von den [X.] vorgelegte [X.] [X.] 1998). Da Mieten im Spitzensegment nur für Wohnungen gezahlt werden, die über entsprechend gehobene Ausstattungsmerkmale und Eigenschaften verfügen, setzt die Zuordnung zu diesem Segment voraus, dass die hier in [X.] stehenden Poolwohnungen solche Merkmale und Eigenschaften aufweisen. Vor diesem Hintergrund rügt die Revision der Sache nach zu Recht, dass das Berufungsgericht auf die von ihm vorgenommene Zuordnung hätte hinweisen müssen (§ 139 ZPO). Die [X.]wohnungen wurden in den Jahren 1969 bis 1972 erbaut. Im Küchen- und Sanitärbereich ist ein erheblicher Investitionsbe-darf hervorgetreten. Vor diesem Hintergrund musste eine auf Wahrung ihrer prozessualen Belange bedachte [X.] eine Zuordnung zum Spitzensegment 8 - 7 - nicht in Rechnung stellen. Dann aber kommt es auf die nunmehr im Rahmen der Verfahrensrüge erhobene Behauptung der [X.] an, zum Spitzenseg-ment zählten nur Wohnungen ab dem Baujahr 1990. Im Übrigen ergebe sich gerade aus der von dem Berufungsgericht zugrunde gelegten [X.], dass im mittleren und einfacheren Segment noch deutliche Steigerungsraten zu verzeichnen gewesen seien. Davon sei auch die Beklagte ausgegangen. 2. Entgegen der Revisionserwiderung steht dem Kläger kein Anspruch auf Vertragsaufhebung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss zu. Zwar mag man vor dem Hintergrund, dass die Beklagte zu 1 im Kaufvertrag erklärt hat, sie habe bereits eine Instandhaltungsrücklage von insgesamt 100.000 DM gebildet, obwohl die Zahlung unstreitig erst später erfolgt ist, an einen solchen Anspruch denken können. Indessen ist schon zweifelhaft, ob die Formulierung —Instand-haltungsrücklage gebildet [X.] so zu verstehen ist, dass der Betrag [X.] über eine unternehmensinterne Rückstellung hinaus [X.] dem Pool bereits zur Verfügung gestellt worden ist. Die Frage kann jedoch offen bleiben. Da es bei Ansprüchen aus culpa in contrahendo [X.] anders als bei § 123 BGB [X.] nicht um den Schutz des Selbstbestimmungsrechts unter dem Blickwinkel der Entschließungsfreiheit geht (dazu grundlegend [X.]. v. 26. September 1997, [X.], [X.], 302, 303 f. m.w.[X.]), scheitert der Anspruch an der unstreitig nach [X.] erfolgten Einzahlung. 9 3. Nach allem unterliegt das Berufungsurteil der Aufhebung (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen getroffen werden können. 10 - 8 - 4. Für den Fall, dass das Berufungsgericht erneut zu der Annahme einer schuldhaften Beratungspflichtverletzung gelangen sollte, weist der Senat darauf hin, dass die Vermutung der Kausalität des Beratungsfehlers für den Kaufent-schluss (dazu Senat, Urt. v. 6. April 2001, [X.], NJW 2001, 2021, 2022; Urt. v. 15. Oktober 2004, [X.], NJW 2005, 983, 985; Urt. v. 14. Januar 2005, [X.], [X.], 205, 207) zwar nur eingreift, wenn es für den anderen Teil vernünftigerweise nur eine bestimmte Möglichkeit der Reaktion auf die Aufklärung gibt und die Möglichkeit eines Entscheidungskonflikts ausschei-det (vgl. [X.]. v. 6. April 2001, [X.]O, 2021 f.). Für die Möglichkeit eines [X.] fehlt hier jedoch jeder Anhaltspunkt. Insbesondere gibt die von der Revision geltend gemachte jederzeitige Kündbarkeit des [X.]vertrages hierfür nichts her (vgl. [X.]. v. 20. Juli 2007, [X.], [X.] f. des Um-drucks). 11 [X.] [X.] Stresemann
Czub Roth Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 16.01.2006 - 4 O 120/05 - [X.], Entscheidung vom 26.10.2006 - 22 U 33/06 -

Meta

V ZR 281/06

09.11.2007

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2007, Az. V ZR 281/06 (REWIS RS 2007, 962)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 962

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22 U 33/06

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