Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2006, Az. XII ZR 63/04

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 821

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 15. November 2006 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB §§ 535 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Zur Aufklärungspflicht des Vermieters von nicht haftpflichtversicherungspflichti-gen Baufahrzeugen, wenn für ihn erkennbar der Mieter damit auch am öffentli-chen Straßenverkehr teilnehmen will und diesem die versicherungsrechtliche Situation unklar ist. [X.], Urteil vom 15. November 2006 - [X.]/04 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren ge-mäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 6. September 2006 am 15. November 2006 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richter [X.], Prof. Dr. [X.], Dr. [X.] und die Richterin Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 19. März 2004 aufgeho-ben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche gel-tend, die ihm von seinem [X.] abgetreten worden sind. 1 Der [X.] des [X.], der Zeuge [X.], mietete am 18. Oktober 2001 von der Beklagten einen [X.]. Hierbei handelte es sich um eine selbst fahrende Arbeitsmaschine, der nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 a Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung kein amtliches Kennzeichen zugeteilt war. Außerdem war das Gerät nicht haftpflichtversichert und auch nicht haftpflichtversicherungspflichtig, da 2 - 3 - seine Höchstgeschwindigkeit 20 km/h nicht überstieg (§ 2 Nr. 6 b [X.]). Mit dem Mietvertrag wurde eine Kaskoversicherung für die Maschine abgeschlossen. Der [X.] des [X.] verursachte, als er mit dem [X.] auf öffentlichen Straßen zu einer Baustelle fuhr, allein schuldhaft ei-nen Verkehrsunfall. Er hat deswegen Schadensersatz an seinen Unfallgegner und die Kosten eines [X.] in Höhe von insgesamt 4.314,36 • zahlen müssen. Diesen Betrag macht der Kläger aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] blieb erfolglos. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Entscheidungsgründe: Die Revision des [X.] führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. 3 1. Das [X.] meint eine Pflichtverletzung der Beklagten, auf die der Kläger seinen Anspruch stützen könnte, liege nicht vor: 4 a) Der Kläger habe nämlich seine Behauptung nicht bewiesen, der [X.] [X.], der für die Beklagte tätig gewesen sei, habe auf die Nachfrage des [X.]n [X.] wahrheitswidrig erklärt, der [X.] sei haftpflichtversichert. Die dem-entsprechende Beweiswürdigung des Amtsgerichts sei nicht zu beanstanden. 5 b) Darüber hinaus habe das Amtsgericht zu Recht eine Verpflichtung der Beklagten verneint, ohne konkrete Nachfrage des [X.]s des [X.] darauf hinzuweisen, dass der [X.] bei Benutzung im öffentlichen Straßenverkehr 6 - 4 - nicht haftpflichtversichert sei. Vielmehr habe der [X.] des [X.] als Inhaber einer gültigen Fahrerlaubnis selbst wissen müssen, dass er solche Schäden zunächst selbst zu ersetzen habe, die er [X.] - und sei es auch mit dem [X.] - schuldhaft zufüge, und zwar ganz unabhängig davon, ob dies im öffentli-chen Straßenverkehr oder z.B. auf einer Baustelle geschehe. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, von sich aus auf das Fehlen einer [X.] hinzuweisen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der [X.] des [X.] nachgefragt habe, weshalb der [X.] kein Nummern-schild aufweise. Vielmehr habe sich der [X.] des [X.] mit der Erklärung zufrieden gegeben, dass ein solches bei Fahrzeugen mit einer Maximalge-schwindigkeit von 20 km/h nicht erforderlich sei. Hätte der [X.] des [X.] wegen des Bestehens einer Haftpflichtversicherung weiteren Aufklärungsbedarf gehabt, wäre es seine Sache gewesen, den Mitarbeiter der Beklagten entspre-chend zu befragen. Der Beklagten habe es somit nach [X.] und Glauben nicht oblegen, umfassend über den Umfang des Versicherungsschutzes zu [X.]. Deshalb könne ihr auch eine Vertragsverletzung wegen Unterlassung einer solchen Aufklärung nicht vorgeworfen werden. 2. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 7 Die Revision macht mit Erfolg geltend, das Berufungsurteil beruhe auf der Verkennung der Informations- und Aufklärungspflichten, die die Beklagte als Vermieterin fahrbarer Baumaschinen gegenüber ihren Kunden treffe. 8 Nach der Rechtsprechung des [X.] (vgl. Senatsurteil vom 28. Juni 2006 - [X.] ZR 50/04 - NJW 2006, 2618, 2619 m.N.) trifft den Vermieter grundsätzlich eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Mieter hinsichtlich derje-nigen Umstände und Rechtsverhältnisse mit Bezug auf die Mietsache, die - für 9 - 5 - den Vermieter erkennbar - von besonderer Bedeutung für den Entschluss des Mieters zur Eingehung des Vertrages sind und deren Mitteilung nach [X.] und Glauben erwartet werden kann. Das Bestehen der Aufklärungspflicht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Person des Mieters und dessen für den Vermieter erkennbare Geschäftserfahrenheit oder -unerfahrenheit. Allerdings ist der Vermieter nicht gehalten, dem Mieter das [X.] abzunehmen und dessen Interessen wahrzunehmen. Der Mieter muss selbst prüfen und entscheiden, ob der beabsichtigte Vertrag für ihn von Vorteil ist oder nicht. Es ist seine Sache, sich umfassend zu informieren und zu klärungsbedürftigen Punkten in den Vertragsverhandlungen Fragen zu stellen. Nach Maßgabe dieser Grundsätze musste die Beklagte den [X.] des [X.] im vorliegenden Fall nach [X.] und Glauben darüber aufklären, dass der gemietete [X.] nicht haftpflichtversichert war. 10 Zwar wird der durchschnittliche Mieter von selbst fahrenden Baumaschi-nen diese öfters anmieten und aufgrund seiner Erfahrung mit den Gegebenhei-ten am Bau auch wissen, dass solche Maschinen auch im öffentlichen Straßen-verkehr nicht pflichtversichert sind. Für den Zeugen [X.], der für die Beklagte handelte, war jedoch erkennbar, dass der [X.] des [X.] insoweit unerfah-ren war. Denn unstreitig fragte dieser beim Zeugen nach, weshalb die [X.], obwohl er sie im Straßenverkehr führen wollte, kein amtliches Kennzeichen aufweise. Aus dieser Frage musste der Zeuge weiter schließen, dass dem [X.] des [X.] die versicherungsrechtliche Situation nicht bekannt und somit nicht bewusst war, welchen haftungsrechtlichen Risiken er sich aussetzte, wenn er mit dem [X.] am öffentlichen Straßenverkehr teilnehme. In einem sol-chen Fall aber gebieten es [X.] und Glauben, dass der (wissende) Vermieter den (unwissenden) Mieter über die versicherungsrechtliche Situation aufklärt. 11 - 6 - Dem Kläger steht daher aus abgetretenem Recht ein Schadensersatzan-spruch gegen die Beklagte aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2, § 249 BGB) zu. Dabei ist davon auszugehen, dass sich der [X.] des [X.], wenn er aufgeklärt worden wäre, "aufklärungsrichtig" verhalten (vgl. Senatsurteil vom 28. Juni 2006 aaO 2621) und somit den [X.] nicht ohne Haftpflichtversicherung im öffentlichen Straßenverkehr geführt hätte. 12 Der Senat kann jedoch in der Sache nicht selbst entscheiden. Denn vom Schadensersatzanspruch des [X.] sind gegebenenfalls die Kosten abzuzie-hen, die bei Abschluss einer Haftpflichtversicherung entstanden wären. Die Hö-he dieser Kosten ist jedoch nicht dargelegt. Das [X.] wird außerdem zu prüfen haben, ob der Kläger auch die Kosten des [X.] ersetzt verlan-gen kann. 13 Hahne [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 29.04.2003 - 3 [X.] - [X.], Entscheidung vom 19.03.2004 - 2 S 100/03 -

Meta

XII ZR 63/04

15.11.2006

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2006, Az. XII ZR 63/04 (REWIS RS 2006, 821)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 821

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