Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2012, Az. 2 StR 640/11

2. Strafsenat | REWIS RS 2012, 8497

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2 StR 640/11
vom
7.
März 2012
in der Strafsa[X.]he
gegen

wegen des Verda[X.]hts der sexuellen Nötigung u.a.

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2
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Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 7.
März 2012, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Dr. [X.]
als Vorsitzender,

die [X.] am [X.]
Dr.
[X.],
Prof. Dr. [X.],
Dr.
Es[X.]helba[X.]h,
die [X.]in am [X.]
Dr.
[X.],

Oberst[X.]tsanwältin beim [X.]

,
St[X.]tsanwältin

als Vertreterinnen der [X.],

Re[X.]htsanwalt

als Verteidiger,

Re[X.]htsanwältin

als Vertreterin der Nebenklägerin,

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3
-
Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin der Ges[X.]häftsstelle,

für Re[X.]ht erkannt:

Die Revisionen der St[X.]tsanwalts[X.]haft und der Nebenklägerin
gegen das Urteil des [X.] vom 11.
Mai 2011
werden verworfen.
Die Kosten des Re[X.]htsmittels der St[X.]tsanwalts[X.]haft sowie die dem Angeklagten hierdur[X.]h und dur[X.]h die Revision der Neben-klägerin entstandenen notwendigen Auslagen werden der St[X.]ts-kasse auferlegt.
Die Nebenklägerin trägt die Kosten ihres Re[X.]htsmittels.
Die im Revisionsverfahren entstandenen geri[X.]htli[X.]hen Auslagen tragen die St[X.]tskasse und die Nebenklägerin je zur Hälfte.

Von Re[X.]hts wegen

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-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf der sexuellen Nöti-gung in zwei Fällen freigespro[X.]hen. Gegen diesen Freispru[X.]h wenden si[X.]h die Revisionen der St[X.]tsanwalts[X.]haft, deren Re[X.]htsmittel vom Generalbundesan-walt ni[X.]ht vertreten wird, und der Nebenklägerin R.

jeweils mit der Rüge der Verletzung materiellen Re[X.]hts.
Die Revisionen bleiben ohne Erfolg.

I.
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, im Oktober und Dezember 1999 die Nebenklägerin sexuell genötigt zu haben.
1. Das [X.] hat hierzu folgende Feststellungen getroffen:
a) Der Angeklagte betrieb im Jahr 1999 gemeinsam mit seiner Ehefrau einen Reiterhof, auf
dem die Nebenklägerin, die mit der Ehefrau des [X.]n befreundet war, ihr Pferd untergestellt hatte. Die verheiratete Nebenklägerin litt aufgrund traumatis[X.]her Erlebnisse in ihrer Jugend unter Ängsten vor körper-li[X.]hen Kontakten mit anderen Mens[X.]hen. Wenn jemand sie anfasste, war sie zunä[X.]hst zu einer Äußerung eines entgegenstehenden Willens ni[X.]ht in der [X.]. Sie verfiel in eine innere Starre, die es ihr für eine gewisse [X.] unmögli[X.]h ma[X.]hte, ihren Widerwillen gegen die körperli[X.]he Berührung verbal zu artikulie-ren oder dur[X.]h Gegenwehr auszudrü[X.]ken. Für einen Außenstehenden war [X.] ni[X.]ht zu erkennen, worauf die Passivität der Nebenklägerin beruhte.
Am 29.
August 1999 kam es zwis[X.]hen dem Angeklagten und der Neben-klägerin zu einer ersten körperli[X.]hen Annährung, die ni[X.]ht Gegenstand der An-1
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klage ist:
Der Angeklagte und die Nebenklägerin bra[X.]hten auf dem Reiterhof gemeinsam Pferde zurü[X.]k in den Stall. Bei dieser Gelegenheit hielt der Ange-klagte die Nebenklägerin fest, fasste ihr unter den Pullover und küsste sie. Die Nebenklägerin war aufgrund ihrer Ängste vor körperli[X.]hen Kontakten zunä[X.]hst ni[X.]ht in der Lage, auf das ihr unerwüns[X.]hte Verhalten des Angeklagten zu [X.]. Na[X.]hdem sie si[X.]h gefangen hatte, teilte sie ihm mit, dass er sie in Ruhe lassen solle. Daraufhin ließ der Angeklagte von ihr ab.
b) (Zu Fall 1 der Anklage:) An einem Tag im Oktober 1999 erklärte si[X.]h der Angeklagte auf Bitten seiner Ehefrau bereit, die Nebenklägerin abends mit seinem Pkw zu deren Wohnung zu fahren. [X.] wi[X.]h er
von der vorgese-henen Fahrstre[X.]ke ab. Als die Nebenklägerin dies bemerkte, verfiel sie in eine innere Starre, die es ihr s[X.]hon unmögli[X.]h ma[X.]hte, au[X.]h nur auf die Abwei[X.]hung von der Fahrstre[X.]ke zu reagieren. Ihre Ängste vor dem, was der Angeklagte beabsi[X.]htigen könnte, setzten sie außerstande, si[X.]h ihm gegenüber zu artikulie-ren. Der Angeklagte bemerkte davon ni[X.]hts und hielt das Fahrzeug so vor [X.] an, dass es von der Straße aus ni[X.]ht mehr zu sehen war. Sodann be-gann er, der Nebenklägerin, die äußerli[X.]h weiterhin keine Reaktion auf das Verhalten des Angeklagten zeigte, unter den Pullover zu fassen. Er küsste sie und strei[X.]helte sie an der Brust. Na[X.]h einiger [X.] gelang es der Nebenklägerin, ihre innere Starre zu überwinden und dem Angeklagten verbal und dur[X.]h kör-perli[X.]hes Wegstemmen zu verdeutli[X.]hen, dass sie sein Verhalten ni[X.]ht wün-s[X.]he. Dieser ließ daraufhin von der Nebenklägerin ab und fuhr sie na[X.]h [X.]. Obwohl ihr das Handeln des Angeklagten unangenehm war, hielt die Neben-klägerin weiterhin Kontakt zu ihm und seiner Ehefrau, deren Freunds[X.]haft ihr wi[X.]htig war.
[X.]) Ein weiterer ni[X.]ht angeklagter sexueller Übergriff des Angeklagten auf die Nebenklägerin ereignete si[X.]h am 30.
November 1999. Dabei trat der Ange-7
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klagte auf dem Reiterhof von hinten an die Nebenklägerin heran und fasste ihr unter dem Pullover oberhalb des [X.] an die Brust. Dann drehte er die Nebenklägerin zu si[X.]h herum, küsste sie und forderte sie auf, seinen Kuss zu erwidern, was sie ni[X.]ht tat. Die Nebenklägerin war wiederum in eine innere Er-starrung verfallen, die sie außerstande setzte, dem Angeklagten Widerstand entgegen zu bringen. Der Angeklagte ließ die Nebenklägerin los, na[X.]hdem sie si[X.]h aus ihrer Erstarrung befreit und ihm gesagt hatte, dass im Stall ihre To[X.]hter auf sie warten würde. Am Folgetag, dem 1.
Dezember 1999, kam es wegen dieses Vorfalls zu einem gemeinsamen Gesprä[X.]h zwis[X.]hen beiden Ehep[X.]ren, in dessen Verlauf der Angeklagte erklärte, dass ihm alles sehr leid tue und er dur[X.]h sein Verhalten die Freunds[X.]haft der beiden Frauen ni[X.]ht zerstören wolle. Er verspra[X.]h, si[X.]h zukünftig der Nebenklägerin ni[X.]ht mehr zu nähern. Dass dem Angeklagten bei diesem Gesprä[X.]h die psy[X.]his[X.]he Befindli[X.]hkeit der [X.] erläutert worden wäre, hat das [X.] ni[X.]ht feststellen kön-nen.
d) (Zu Fall 2 der Anklage:) Mitte Dezember 1999 kam es erneut zu einer gemeinsamen Autofahrt des Angeklagten mit der Nebenklägerin. Unter dem Vorwand einer Bauplatzbesi[X.]htigung fuhr der Angeklagte zu einer einsam gele-genen Stelle in einem Feld, wo er sein Fahrzeug abstellte. Die an einer Bau-platzbesi[X.]htigung ni[X.]ht interessierte Nebenklägerin war wieder in eine innere Starre gefallen, die ihr jegli[X.]hes Handeln unmögli[X.]h ma[X.]hte. Der Angeklagte fasste die Nebenklägerin im Berei[X.]h ihres Oberkörpers an. Glei[X.]hzeitig forderte er sie auf, ihre Hand auf sein Ges[X.]hle[X.]htsteil oberhalb der Kleidung zu legen und führte ihre Hand dort hin, während er mit seiner anderen Hand an ihr Ge-s[X.]hle[X.]htsteil oberhalb der Kleidung fasste. Na[X.]h Überwindung ihrer inneren Erstarrung s[X.]haffte es die Nebenklägerin, eine Abwehrhaltung zum Ausdru[X.]k zu bringen und mit ihrem Aussteigen zu drohen. Daraufhin ließ der Angeklagte von ihr ab und fuhr sie na[X.]h [X.].
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2. Das [X.] hat zwar die in der Anklage bes[X.]hriebenen sexuellen Handlungen, die der Angeklagte bestritten hat, festgestellt. Es hat si[X.]h jedo[X.]h ni[X.]ht davon überzeugen können, dass der Angeklagte den psy[X.]his[X.]hen Zu-stand der Nebenklägerin gekannt und jeweils gewusst oder für mögli[X.]h gehal-ten habe, auf wel[X.]her psy[X.]his[X.]hen
Disposition das anfängli[X.]h passive Verhal-ten der Nebenklägerin bei seinen körperli[X.]hen Annäherungen beruhte. Der An-klagte habe seine Annäherungsversu[X.]he jeweils sofort beendet, wenn die [X.] ihm Ablehnung signalisiert oder Widerstand geleistet habe (UA
S.
13 f., 18).

II.
Der Freispru[X.]h hält sa[X.]hli[X.]h-re[X.]htli[X.]her Prüfung stand.
1. Die Ausführungen des [X.]s werden den gemäß §
267 Abs.
5 Satz
1 [X.] an ein freispre[X.]hendes Urteil zu stellenden [X.] gere[X.]ht.
a) Soweit die St[X.]tsanwalts[X.]haft rügt, das angefo[X.]htene Urteil enthalte nur unzurei[X.]hende Feststellungen zu den persönli[X.]hen und wirts[X.]haftli[X.]hen Verhältnissen, liegt darin kein Re[X.]htsfehler. Zwar ist der Tatri[X.]hter au[X.]h bei freispre[X.]henden Urteilen verpfli[X.]htet, Feststellungen zu Werdegang, Vorleben und Persönli[X.]hkeit des Angeklagten zu treffen und im Urteil mitzuteilen, wenn diese für die Beurteilung des [X.] eine Rolle spielen können und des-halb zur Überprüfung des Freispru[X.]hs dur[X.]h das Revisionsgeri[X.]ht erforderli[X.]h sind ([X.]St
52, 314, 315; [X.], NStZ
2010, 529, 530). Hier bestand jedo[X.]h keine Notwendigkeit, etwa die wirts[X.]haftli[X.]hen Verhältnisse oder den berufli-[X.]hen Werdegang des Angeklagten in den Bli[X.]k zu nehmen, da der Tatvorwurf 10
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ein Verhalten in dessen
privatem
Lebensberei[X.]h betrifft. Soweit für einen [X.] der Gestaltung sonstiger außereheli[X.]her sexueller Annäherungen an Frauen Bedeutung zukommen konnte, hat si[X.]h die [X.] mit diesem Aspekt seiner Persönli[X.]hkeit unter Bezugnahme auf die Angaben mehrerer hierzu gehörter Zeuginnen auseinandergesetzt (UA S.
16).
b) Entgegen dem [X.] weisen die Urteilsgründe au[X.]h im Hinbli[X.]k auf den psy[X.]his[X.]hen Zustand der Nebenklägerin und auf die [X.] ihrer Kontaktängste keinen Darstellungsmangel auf. Hierzu hat die Kammer festgestellt, dass die Nebenklägerin aufgrund traumatis[X.]her Ereignisse in ihrer Jugend an einer neurotis[X.]hen Depression, einer Persönli[X.]hkeitsstörung und einer [X.] Phobie litt. Diese Erkrankung hatte zur Folge, dass die [X.] bei ihr unerwüns[X.]hten körperli[X.]hen Annäherungen zunä[X.]hst ni[X.]hts sagte, si[X.]h ni[X.]ht bewegte und au[X.]h ni[X.]ht auf andere Weise zum Ausdru[X.]k bra[X.]hte, dass sie die Berührung ablehnte (UA S.
6
f., 14). Dass eine no[X.]h ein-gehendere Bes[X.]hreibung ihres Zustands in Situationen, in denen die Nebenklä-gerin in eine innere Starre verfiel, na[X.]h dem Ergebnis der Beweisaufnahme überhaupt mögli[X.]h gewesen wäre, ist fernliegend. Die Urteilsgründe geben ne-ben der Erörterung der guta[X.]hterli[X.]hen Stellungnahme des geri[X.]htli[X.]hen Sa[X.]h-verständigen und neben den zusammengefassten Angaben der langjährigen Therapeutin der Nebenklägerin jedenfalls deren eigene Darstellung zu ihrem inneren Abs[X.]halten in no[X.]h hinrei[X.]hendem Umfang wieder.
[X.]) Die weitere Beanstandung, der Inhalt eines zwis[X.]hen dem [X.]n und seiner Ehefrau sowie der Nebenklägerin und ihrem Ehemann geführten "Vierergesprä[X.]hs" sei ni[X.]ht ausführli[X.]h dargestellt worden, greift ebenfalls ni[X.]ht dur[X.]h. Na[X.]h den Feststellungen fand am 1.
Dezember 1999 zwar ein Gesprä[X.]h zwis[X.]hen beiden Ehep[X.]ren statt, na[X.]hdem es am Vortag zu dem weiteren
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ni[X.]ht von der Anklage erfassten
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körperli[X.]hen Übergriff des Angeklagten ge-14
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genüber der Nebenklägerin gekommen war. In dieser Unterredung erklärte der Angeklagte, "dass ihm alles sehr leid tue", und er verspra[X.]h, si[X.]h künftig der Nebenklägerin ni[X.]ht mehr zu nähern (UA S.
10). Dass dem Angeklagten bei diesem Gesprä[X.]h näher erläutert worden wäre, was es mit der psy[X.]his[X.]hen Befindli[X.]hkeit und den Ängsten der Nebenklägerin vor Berührungen auf si[X.]h hatte, hat das [X.] jedo[X.]h ebenso wenig festzustellen vermo[X.]ht wie eine sonstige Kenntnisnahme des Angeklagten von einer seelis[X.]hen Störung der Nebenklägerin. Diese und ihr Ehemann unterri[X.]hteten -
ihren eigenen vom [X.] zusammenfassend wiedergegebenen Angaben in der Hauptver-handlung zufolge
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den Angeklagten hierüber ni[X.]ht (UA S.
11, 14
f.). Daher war die [X.] zu einer umfängli[X.]heren inhaltli[X.]hen Wiedergabe der [X.] ni[X.]ht gehalten.
2. Au[X.]h die Beweiswürdigung als sol[X.]he ist revisionsre[X.]htli[X.]h ni[X.]ht zu beanstanden.
a) Gemäß §
261 [X.] ents[X.]heidet über das Ergebnis der Beweisauf-nahme das Geri[X.]ht. Spri[X.]ht es einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täters[X.]haft ni[X.]ht zu überwinden vermag, so
ist dies dur[X.]h das Revisionsgeri[X.]ht in der Regel hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sa[X.]he des Tatri[X.]hters. Die revisionsgeri[X.]htli[X.]he Prüfung bes[X.]hränkt si[X.]h darauf, ob dem Tatri[X.]hter bei der Beweiswürdigung Re[X.]htsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung von einem re[X.]htli[X.]h unzutreffenden Ansatz ausgeht, etwa hinsi[X.]htli[X.]h des Umfangs und der Bedeutung des Zweifelssatzes, wenn sie
lü[X.]kenhaft, widersprü[X.]hli[X.]h oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder ge-si[X.]herte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforder-li[X.]he Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr., vgl. Senat, NStZ
2010, 102, 103 mwN).
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b) Sol[X.]he Re[X.]htsfehler liegen hier ni[X.]ht vor. Das [X.] hat alle re-levanten Umstände berü[X.]ksi[X.]htigt und jedenfalls mögli[X.]he S[X.]hlussfolgerungen gezogen.
[X.]) Dies gilt insbesondere, soweit es vorsätzli[X.]hes Handeln des Ange-klagten hinsi[X.]htli[X.]h des Tatbestandes des sexuellen Missbrau[X.]hs einer wider-standsunfähigen Person gemäß §
179 Abs.
1 StGB ni[X.]ht festzustellen vermo[X.]h-te. Aufgrund der psy[X.]his[X.]hen Disposition der Nebenklägerin und ihres [X.] einer inneren Erstarrung bei der Anbahnung ihr unerwüns[X.]hter körperli[X.]her Kontakte ist die S[X.]hlussfolgerung des [X.]s revisionsre[X.]htli[X.]h ni[X.]ht zu beanstanden, dass es für Außenstehende und somit au[X.]h für den Angeklagten ni[X.]ht zu erkennen war, worauf die Passivität der Nebenklägerin beruhte. Bei Prüfung des Vorsatzes des Angeklagten in Bezug auf eine Widerstandsunfä-higkeit der Nebenklägerin konnte das [X.] au[X.]h den Umstand berü[X.]k-si[X.]htigen, dass die Nebenklägerin während der sexuellen Annäherungen des Angeklagten aus ihrem Zustand der Starre jeweils wieder zu si[X.]h kam und so-dann die Übergriffe verbal und körperli[X.]h abwehrte. Der Angeklagte hätte daher erkannt haben müssen, dass die Nebenklägerin nur bei der Anbahnung und in den ersten Momenten seiner sexuellen Annäherung ihre von ihm im weiteren Verlauf erfahrene grundsätzli[X.]he Abwehrbereits[X.]haft ni[X.]ht umsetzen konnte. Hierfür bieten die Urteilsgründe keine Anhaltspunkte.
bb) Entgegen dem [X.] enthält das angefo[X.]htene Urteil keine Lü[X.]ke in der Beweiswürdigung, soweit es si[X.]h mit den Angaben der [X.]

, [X.]

, [X.]

, Ro.

, B.

und F.

befasst. Na[X.]h den knapp zusammengefassten Aussagen dieser Zeuginnen hat der [X.] außereheli[X.]he sexuelle Annäherungsversu[X.]he ni[X.]ht gewaltsam dur[X.]hgeführt und von sol[X.]hen Abstand genommen, soweit sie ni[X.]ht erwidert wurden, bzw., wenn ihm deren Unerwüns[X.]htheit signalisiert wurde. Vor diesem Hintergrund ist 18
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ni[X.]ht ersi[X.]htli[X.]h, inwiefern si[X.]h dem Tatri[X.]hter bei einer detaillierten Würdigung der Aussagen dieser Zeuginnen relevante, dem Angeklagten na[X.]hteilige S[X.]hlüsse hätten aufdrängen müssen.
Soweit die St[X.]tsanwalts[X.]haft bemängelt, das [X.] habe die Aussage der Zeugin Re.

ni[X.]ht in ihre Beweiswürdigung eingestellt, zeigt sie mit ihrer allein auf die Sa[X.]hbes[X.]hwerde gestützten Revision keinen Re[X.]htsfehler auf. Denn für die sa[X.]hli[X.]h-re[X.]htli[X.]he Na[X.]hprüfung steht dem Revisionsgeri[X.]ht allein die [X.] zur Verfügung ([X.]St 35, 238, 241; [X.], [X.], 54.
Aufl., §
337 Rn.
22). Aus den Urteilsgründen, die diese Zeugin ni[X.]ht erwähnen, ergibt si[X.]h eine Lü[X.]kenhaftigkeit der Beweiswürdigung indes ni[X.]ht.
[X.][X.]) Im Übrigen wird zu den weiteren Beanstandungen der Revisionen auf die au[X.]h insoweit zutreffenden Ausführungen in der Antragss[X.]hrift des [X.] verwiesen.
3. S[X.]hließli[X.]h ist au[X.]h die re[X.]htli[X.]he Würdigung der [X.] ni[X.]ht zu beanstanden.
Aufgrund der getroffenen Feststellungen hat das [X.] in beiden Anklagefällen zutreffend bereits den objektiven Tatbestand des §
177 Abs.
1 Nr.
3 StGB verneint, da die Nebenklägerin jeweils ni[X.]ht erst unter dem Eindru[X.]k eines s[X.]hutzlosen Ausgeliefertseins auf einen ihr grundsätzli[X.]h mögli[X.]hen Wi-derstand verzi[X.]htet hat, sondern s[X.]hon aufgrund ihrer psy[X.]his[X.]hen Disposition vor Beginn der sexuellen Handlungen des Angeklagten vorübergehend wider-standsunfähig war. Damit fehlte es an dem für den objektiven Tatbestand des §
177 Abs.
1 Nr.
3 StGB erforderli[X.]hen funktionalen und finalen Zusammen-hang zwis[X.]hen objektivem Nötigungselement, Opferverhalten und Täterhand-lung (zu dieser Voraussetzung vgl. [X.]St 50, 359, 368; [X.], Bes[X.]hluss vom 21.
Dezember 2011 -
4 StR 404/11 Rn.
15 mwN).
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Eine Versu[X.]hsstrafbarkeit war entgegen der Auffassung beider Be-s[X.]hwerdeführerinnen ni[X.]ht in Betra[X.]ht zu ziehen. Der subjektive Tatbestand des §
177 Abs.
1 Nr.
3 StGB setzt zumindest bedingten Vorsatz dahingehend vo-raus, dass das Tatopfer in die sexuelle Handlung ni[X.]ht einwilligt und es gerade im Hinbli[X.]k auf seine S[X.]hutzlosigkeit auf mögli[X.]hen Widerstand verzi[X.]htet (vgl. [X.]St 50, 359, 368). Gegen ein sol[X.]hes [X.] spri[X.]ht ent-s[X.]heidend, dass der Angeklagte mit der Vornahme sexueller Handlungen sofort aufhörte, sobald die Nebenklägerin ihre Ablehnung zum Ausdru[X.]k gebra[X.]ht [X.].

III.
Da sowohl die Revision der St[X.]tsanwalts[X.]haft als au[X.]h die der Neben-klägerin erfolglos geblieben sind, hat die Nebenklägerin außer der [X.] au[X.]h die Hälfte der geri[X.]htli[X.]hen Auslagen zu tragen. Die dur[X.]h die Re[X.]htsmittel verursa[X.]hten notwendigen Auslagen des Angeklagten hat allein
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die St[X.]tskasse zu tragen (§
473 Abs.
1 und 2 [X.]; vgl. Senat, Urteil vom 9.
März 2011 -
2
StR 467/10; [X.], Urteil vom 28.
Oktober 2010 -
4
StR 285/10).

[X.]

[X.]

[X.]

Es[X.]helba[X.]h

[X.]

Meta

2 StR 640/11

07.03.2012

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2012, Az. 2 StR 640/11 (REWIS RS 2012, 8497)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8497

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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