Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.10.2012, Az. XII ZR 17/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2261

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 17/11
Verkündet am:

17.
Oktober 2012

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §
1603 Abs.
1
a)
Angemessene Aufwendungen, die dem Unterhaltspflichtigen für Besuche eines unterhaltsberechtigten Elternteils im Heim entstehen, mindern grundsätzlich die Leistungsfähigkeit.
b)
Auch bei zusammenlebenden nichtehelichen Partnern ist bei [X.] bis zur Höhe des für Ehegatten geltenden Familienselbstbehalts keine [X.] zu berücksichtigen (im [X.] an Senatsurteil [X.]Z 186, 350 =
FamRZ 2010, 1535).
[X.], Urteil vom 17. Oktober 2012 -
XII ZR 17/11 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 17.
Oktober 2012 durch [X.] und [X.], Schilling, Dr.
Günter und Dr.
Botur
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 7.
Senats für Fami-liensachen des [X.] vom 27.
Januar 2011 wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die [X.] der Klage wegen der 95

n-terhaltsforderung für die [X.] von September 2008 bis April 2009 richtet.
Die weitergehende Revision
gegen das vorgenannte Urteil wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin macht als Trägerin der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend.
Die 1933 geborene Mutter der [X.] lebt in einem Seniorenheim. Da sie die Kosten des [X.] nur bis März 2001 selbst tragen konnte, erhält sie seit April 2001 Hilfe zur Pflege in einer die monatliche Unterhaltsfor-1
2
-
3
-
derung der Klägerin übersteigenden Höhe. Hiervon wurde die Beklagte durch Schreiben vom 11.
April 2001 unterrichtet. Die damalige Überprüfung ihrer per-sönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ergab, dass die Beklagte finanziell nicht in der Lage war, Unterhaltsleistungen für ihre Mutter zu erbringen.
Mit Schreiben vom 29.
August 2008 wurde die Beklagte erneut [X.], Auskunft über ihre Einkünfte zu erteilen, da die Mutter weiterhin Leistun-gen der Sozialhilfe erhalte. Nach Überprüfung der ihr übermittelten Unterlagen forderte die Klägerin die Beklagte zunächst zu einer monatlichen Zahlung von 95

Mit Schriftsatz vom 18.
März 2010 verlangte sie Beträge von monatlich 129

r-streckte die Forderung auf die [X.] bis Dezember 2009.
Die Beklagte erzielte in dem maßgeblichen [X.]raum Einkünfte aus [X.]. Sie bewohnt gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten eine im gemeinsamen Eigentum der Partner stehende Eigentumswohnung.
Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von insgesamt 1.932

n-sen gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist [X.] worden. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Klagefor-derung weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.

3
4
5
6
-
4
-
A.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, die in [X.], 1657 veröffentlicht ist, im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei bereits mangels Verzuges teilweise unbegründet. Nach §
1613 Abs.
1 BGB genüge für die rückwirkende Geltendmachung eines [X.] statt des Verzuges ein Auskunftsersuchen. Mit der nachfolgen-den Bezifferung von monatlich 95

darüber hinausgehende Forderungen beseitigt. Die Beklagte habe sich in der Folge darauf einrichten dürfen, jedenfalls bis zu einer erneuten Bezifferung nicht rückwirkend auf höhere Beträge in Anspruch genommen zu werden.
Im Übrigen scheitere die Forderung an der mangelnden [X.]. [X.] habe diese ein Erwerbseinkommen in Höhe von [X.]

in Höhe
von 337,55

monatlich 1.713,59

b-zugsbetrag von pauschal 5
%, also 85,68

u-ßerdem sei die Beklagte berechtigt, eine zusätzliche Altersvorsorge in Höhe von 5
% gemessen an dem jeweiligen Vorjahresbruttoeinkommen geltend zu machen. Diesen Betrag erreiche sie mit ihren
Sparraten sowie den Aufwendun-gen für eine Lebensversicherung, insgesamt 98,79

Die wei-teren Versicherungsbeiträge seien nicht vorab vom Einkommen abzuziehen, sondern aus dem Selbstbehalt zu bestreiten. Damit verbleibe ein Nettoeinkom-men von monatlich rund 1.529

t-zungsvorteil der Eigentumswohnung zu berücksichtigen. Auch bei gehobenen Verhältnissen am Wohnort der [X.] sei für eine Eigentumswohnung eine Größe von etwa 60
qm angemessen; bei einem Mietzins von 8,50

7
8
9
-
5
-
sich damit ein angemessener Mietwert von monatlich 510

ngen seien lediglich die Zins-
und Tilgungsleistungen zu berücksichtigen, nicht dage-gen alle mit dem Grundeigentum verbundenen weiteren Kosten. Die [X.] für Zinsen und Tilgung beliefen sich
auf
1.134

rund 567

)
auf die Beklagte entfielen. Unter Einbeziehung der Eigenheimzulage von 106,52

rund 50

(510

-
[567

-
106,52

]). Damit sei die Beklagte an sich in Höhe von monatlich rund 90

50

1.579

-
Selbstbehalt von 1.400

=
179

2) leistungsfähig. Eine weitergehende Leistungsfähigkeit ergebe sich auch nicht durch das Zusammenleben mit ihrem Lebensgefährten, da [X.] der Höhe der beiderseitigen Einkünfte nicht von einer Kostenersparnis ausgegangen werden könne. [X.] sei der Lebensgefährte der [X.] noch erwerbstätig gewesen und habe nach Abzug des pauschal berechne-ten berufsbedingten Aufwands monatlich bereinigt 1.083

Wohnvorteil hinzuzurechnen sei. Er liege damit
nur unwesentlich über dem Selbstbehalt von 1.050

Allerdings entstünden der [X.] zusätzliche Aufwendungen für die wöchentlichen Besuchsfahrten zu ihrer Mutter. Wegen dieser Kosten sei ein Anspruchsübergang in Höhe der vorgenannten 90

nach §
94 Abs.
3 Satz
1 Nr.
2 SGB
XII ausgeschlossen, weil insoweit eine unbillige Härte vorlie-ge. Der Begriff der unbilligen Härte umfasse Sachverhalte, in denen durch den [X.] Belange berührt würden. Das sei hier der Fall. Dem auch durch Art.
6 GG geschützten Gebot der Rücksichtnahme auf Belange und Beziehungen
in der Familie werde nicht Genüge getan, wenn der Anspruchs-übergang zu der Frage führe, ob die Besuche reduziert würden oder sich der Unterhaltsverpflichtete über seinen Selbstbehalt hinaus einschränke. Insoweit seien hier familiäre Belange nachhaltig berührt, weil der wöchentliche Besuch der Tochter der Erhaltung der familiären Bindung diene. Die Mutter selbst sei
10
-
6
-
nicht in der Lage, den Umgang mitzufinanzieren. Die Kosten für die Besuchs-fahrten berechneten sich nach den [X.] Leitlinien bei einer einfachen Entfernung von insgesamt 58
km mit insgesamt 126,53

Im Jahr 2009 habe die Beklagte unter Berücksichtigung der Steuererstat-tung ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.735,58

Hiervon seien über berufsbedingten Aufwand sowie zusätzliche Altersvorsorge hinaus die Kosten der kieferorthopädischen Behandlung der [X.] abzu-ziehen, die sich auf 186,35

. Auch in Kenntnis ihrer grundsätzlich bestehenden Unterhaltsverpflichtung habe die Beklagte eine sol-che Behandlung nicht zurückstellen oder gänzlich unterlassen müssen. Nach dem Wegfall der Eigenheimzulage hätten die Aufwendungen für die Eigen-tumswohnung den
angemessenen Wohnwert um 57

überstiegen. Damit ver-bleibe ein Einkommen von rund 1.307

die Beklagte nicht leistungs-fähig sei. Das Einkommen ihres Lebensgefährten habe im Monatsdurchschnitt 947,59

gen der [X.] monatlich 891

Selbstbehalt von 1.050

hätte.

B.
Die Revision ist teilweise unzulässig, im Übrigen ist sie unbegründet.

I.
Die Revision ist unzulässig, soweit sie die Klageforderung wegen eines 95

11
12
13
-
7
-
April 2009 weiterverfolgt. Denn insoweit fehlt es an einer hinreichenden Revisi-onsbegründung (§
551 Abs.
3 Satz
1 Nr.
2
a ZPO).
Bei einer

wie hier erfolgten

umfassenden Anfechtung des [X.] muss die Revisionsbegründung das gesamte Urteil in Frage stellen. So-weit bezüglich quantitativ abgrenzbarer Teile des Streitgegenstandes oder hin-sichtlich eines von mehreren Streitgegenständen kein konkreter Angriff erfolgt, muss wenigstens eine alle Ansprüche durchgehend erfassende Rüge erhoben werden ([X.] Urteile vom 14.
Dezember 1994

VIII
ZR
46/94

NJW 1995, 722 und vom 11.
November 1999

III
ZR
98/99

NJW 2000, 947). Ist
die Klageab-weisung (insoweit) auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig [X.] rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Revisionsbegründung auch für jede dieser Erwägungen darlegen, warum sie unrichtig sein sollen ([X.] Urteil vom 11.
November 1999

III
ZR
98/99

NJW 2000, 947; für die [X.]: Senatsbeschluss vom 15.
Juni 2011

XII
ZR
572/10

NJW 2011, 2367 Rn.
10; [X.] Beschluss vom 18.
Oktober 2005

VI
ZB
81/04
-
NJW-RR 2006, 285 Rn.
8 und Urteil vom 5.
Dezember 2006

III
ZR
288/05

NJW-RR 2007, 414 Rn.
10). Die Neugestaltung des [X.] durch das Zivilprozessreformgesetz
vom 27.
Juli 2001 ([X.]
I S.
1887) hat an diesen Anforderungen
nichts geändert ([X.] Beschluss vom 28.
Februar 2007

V
ZB
154/06

NJW 2007, 1534 Rn.
11 mwN).
Nach diesen Maßstäben genügt es hinsichtlich des vorgenannten Teils der Klageforderung nicht, dass die Revisionsbegründung nur zur [X.] der [X.] und zum Übergang der Unterhaltsansprüche auf die Klä-gerin Stellung nimmt. Das Berufungsgericht hat die Abweisung der nur rück-ständigen Unterhalt betreffenden Klage insoweit auch darauf gestützt, dass die Klage mangels des erforderlichen Verzuges unbegründet sei. Diese die Kla-geabweisung
insoweit selbständig tragende Begründung hat die Revision
14
15
-
8
-
nicht angegriffen
(vgl. auch Senatsbeschluss vom 7.
November 2012

XII
ZB
229/11
Z 2013, 109 Rn.
38
ff.).

II.
Die weitergehende Revision ist nicht begründet, da Unterhaltsansprüche der Mutter, die auf die Klägerin hätten übergehen
können, nicht bestehen.
1. Über die

aus §
1601 BGB folgende

grundsätzliche Unterhaltspflicht der [X.] besteht zwischen den Parteien ebenso wenig Streit wie über die Unterhaltsbedürftigkeit der Mutter. Gegen die vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Einkommensverhältnisse der [X.] hat die Revision keine Ein-wendungen erhoben. Die angestellten Berechnungen sind revisionsrechtlich auch nicht zu beanstanden. Es steht mit der Rechtsprechung des Senats ins-besondere in
Einklang, dass die Kosten einer zusätzlichen Altersversorgung bis zu einer Höhe von 5
% des [X.] des Unterhaltspflichtigen als abzugsfähig anerkannt werden können (Senatsurteile [X.]Z 186,
350
=
FamRZ 2010, 1535 Rn.
25
ff. und vom 19.
Februar 2003

XII
ZR 67/00

FamRZ
2003, 860, 862
f.). Dass das Berufungsgericht im Hinblick auf die im Miteigentum der [X.] und ihres Lebensgefährten stehende [X.] einen zusätzlichen Abzug für Zins-
und Tilgungsleistungen gebilligt hat, begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Die Aufwendungen für das Miteigen-tum lassen die übrigen monatlichen Leistungen zur zusätzlichen Altersversor-gung in Höhe von 98,79

e-rung als Maßnahme der Vermögensbildung erscheinen (vgl. Senatsurteil [X.]Z 186, 350 =
FamRZ 2010, 1535 Rn.
27). Denn unter Berücksichtigung des [X.] wendet die Beklagte insgesamt nicht mehr für eine zusätzliche Al-tersversorgung auf als 5
% ihres [X.]. Die Nichtberück-16
17
-
9
-
sichtigung von Aufwendungen für sonstige Versicherungen der [X.] ist für die Klägerin günstig, entspricht aber auch der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil [X.]Z 186, 350 =
FamRZ 2010, 1535 Rn.
22).
2. Die verbleibenden Vorteile aus der Nutzung der Eigentumswohnung sowie die
hieraus resultierende Belastung hat das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend in die Einkommensberechnung einbezogen.
a) Den Wohnwert der von der [X.] und ihrem Lebensgefährten ge-nutzten Eigentumswohnung hat das Berufungsgericht zu Recht nicht mit
der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete, sondern auf der Grundlage des unter den gegebenen Verhältnissen ersparten Mietzinses be-messen (vgl. hierzu Senatsurteil [X.]Z 154, 247 =
FamRZ 2003, 1179, 1180
ff.). Von dem nach §
287 ZPO geschätzten Betrag von 510

u-treffend die Zins-
und Tilgungsleistungen
(vgl. hierzu Senatsurteile vom 21.
April 2004
XII
ZR
326/01
FamRZ 2004, 1184, 1187 und vom 19.
März 2003
XII
ZR
123/00

FamRZ 2003, 1179, 1181
f.), nicht jedoch die mit der Eigentumswohnung verbundenen weiteren Kosten in Abzug gebracht (vgl. [X.] vom 27.
Mai 2009

XII
ZR
78/08

FamRZ 2009, 1300 Rn.
33
ff.). Auf diese Weise hat das Berufungsgericht für das [X.]

unter Berücksichti-gung der der [X.] seinerzeit gewährten Eigenheimzulage

einen [X.] von monatlich rund 50

nach dem Wegfall der Ei-genheimzulage

eine monatliche Belastung von 57

b) Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
aa) Sie führt aus, das Berufungsgericht habe bei der Schätzung der an-gemessenen
Miete zu Unrecht auf gehobene Verhältnisse abgestellt. Unter Zu-grundelegung einfacher, dem Einkommen der [X.] entsprechender
Ver-hältnisse sei von einer erheblich höheren Kostenersparnis auszugehen. Dieser 18
19
20
21
-
10
-
Einwand vermag nicht zu überzeugen. Das Berufungsgericht hat ersichtlich [X.] abgestellt, dass trotz am Wohnort der [X.] bestehender gehobener Verhältnisse für sie eine Wohnung mit einer Größe von 60
qm angemessen sei. Ausgehend hiervon hat es eine ersparte Miete von 510

es

worauf die Revision abhebt

insofern zu einem geringeren Betrag gelangt, würden die zu berücksichtigenden Aufwendungen für Zinsen und Tilgung den Nutzungswert der Wohnung bei Weitem übersteigen, was eine zusätzliche Ein-schränkung der Leistungsfähigkeit der [X.] zur Folge haben könnte.
[X.]) Entgegen der Auffassung der Revision ist auch die Behandlung der Eigenheimzulage nicht zu beanstanden. Diese ist für das [X.] nicht nur teilweise, sondern in voller Höhe von dem Zins-
und Tilgungsaufwand abgesetzt worden. Dadurch errechnet sich ein Wohnvorteil von rund 50

der Eigenheimzulage von 106,57

übersteigende Kosten von rund 57

c) Die Revision beanstandet ferner, die im Selbstbehalt des Lebensge-fährten enthaltenen Wohnkosten müssten als Einkommen der [X.] be-handelt werden, wenn diesem

wie vom Berufungsgericht festgestellt

die [X.] kostenlos zur Verfügung gestellt werde. Auch dieser Einwand ist nicht gerechtfertigt. Das Berufungsgericht ist nicht von einer kostenlosen Überlas-sung der Wohnung an den Lebensgefährten ausgegangen, sondern von [X.] hälftiger Beteiligung an den Kosten. Die alternativ angestellte Überlegung der Revision, im Fall der hälftigen Kostenbeteiligung des Lebensgefährten übersteige der
Aufwand für die Wohnung die Kosten einer angemessenen Wohnung um das Doppelte, verkennt, dass der Betrag von 510

s-sen ersparte Miete allein auf die Beklagte bezogen ist.

22
23
-
11
-
3. Das Berufungsgericht hat es abgelehnt, im Hinblick auf das Zusam-menleben der [X.] mit einem Partner von einer höheren [X.] auszugehen. Auch diese Annahme begegnet revisionsrechtlich keinen Be-denken.
Allerdings ist bei der [X.] die durch eine gemeinsame Haushaltsführung eintretende Ersparnis zu berücksichtigen, da sich die [X.] des Unterhaltspflichtigen durch eine solche Entlastung erhöht. Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob die Partner miteinander verheira-tet sind oder nichtehelich zusammenleben (Senatsurteil vom 9.
Januar 2008

XII
ZR
170/05

FamRZ 2008, 595 Rn.
36
f.). Nach der Rechtsprechung des Senats wird bei einem verheirateten Unterhaltsschuldner der [X.] in Höhe eines dem Selbstbehalt entsprechenden Teilbetrages des Familien-einkommens
im Falle der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt aber bereits durch die unterschiedlichen Selbstbehaltssätze der Ehegatten (in dem hier maßgeblichen [X.]raum: 1.400

a-belle) Rechnung getragen. Nur bezogen auf das den Familienselbstbehalt übersteigende Einkommen ist die [X.] zusätzlich zu berücksich-tigen und mit 10
% dieses Mehreinkommens zu bemessen (Senatsurteil [X.]Z 186, 350 =
FamRZ 2010, 1535 Rn.
43
ff.). Die Grundsätze der Synergie und [X.] sind auf die Lebensverhältnisse nichtehelicher Partner zu übertragen, auch wenn ihnen kein Familienselbstbehalt zukommt. Denn auch nichtehelichen Partnern ist gegenüber der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt zuzugestehen, ihre Lebensstellung
aufrechtzuerhalten (Senatsurteil [X.]Z 152, 217 =
FamRZ 2002, 1698, 1700
f. für den Unterhaltsschuldner).
Danach hat das Berufungsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass das Einkommen des Lebensgefährten der
[X.] den Betrag, der bei Ehegatten dem Selbstbehalt entspricht, im [X.] nur unwesentlich überschritten und 24
25
26
-
12
-
im Jahr 2009 sogar unter dem Betrag von 1.050

s-ersparnis ist deshalb nicht gesondert zu berücksichtigen.
Insgesamt bestehen deshalb keine Bedenken gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte sei

ohne die Berücksichtigung der Kosten für die Besuche der Mutter

im [X.] in Höhe von rund 90

gewesen.
4. Ob der Auffassung des Berufungsgerichts
zu folgen ist, in Höhe dieses Betrages sei ein Übergang der Ansprüche nach §
94 Abs.
3 Satz
1 Nr.
2 SGB
XII ausgeschlossen, weil hiermit eine unbillige Härte verbunden wäre, [X.] keiner Entscheidung. Die vorgenannten Aufwendungen vermindern viel-mehr bereits die Leistungsfähigkeit der [X.].
a) Nach §
1603 Abs.
1 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei [X.] seiner sonstigen Verbindlichkeiten außerstande ist, ohne Gefähr-dung des eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Zu den danach berücksichtigungsfähigen
Verpflichtungen gehören auch solche, die aufgrund einer sittlichen Verpflichtung des [X.] worden sind. Ob eine Verpflichtung unterhaltsrechtlich als abzugsfähig an-zuerkennen ist, ist im Einzelfall unter umfassender Interessenabwägung zu [X.]. Dabei kommt es insbesondere auf den Zweck der Verbindlichkeit, den [X.]punkt und die Art ihrer Entstehung, die Kenntnis des Unterhaltspflichtigen von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und andere Umstände an (Senatsur-teile vom 18.
März 1992
XII
ZR
1/91

FamRZ 1992, 797, 798 und vom 9.
Mai 1984
IVb
ZR
74/82
FamRZ 1984, 657, 658).
b) Unter Heranziehung dieser Kriterien handelt es sich bei den Kosten, die für die Besuche der [X.] bei ihrer Mutter angefallen sind, um [X.], die die Leistungsfähigkeit mindern. Die Besuche dienen der Aufrecht-27
28
29
30
-
13
-
erhaltung der familiären Beziehungen, die durch Art.
6 Abs.
1 GG verfassungs-rechtlich geschützt sind. Sie entsprechen zudem dem Bedürfnis, der Mutter auch im Heim und trotz der Entfernung zum Wohnort der [X.] Fürsorge zuteilwerden zu lassen, sich von ihrem Wohlergehen zu überzeugen sowie eventuelle Wünsche der Mutter zu erfragen. Der Zweck der Aufwendungen be-ruht deshalb auf einer unterhaltsrechtlich anzuerkennenden sittlichen Verpflich-tung gegenüber der Mutter. Insofern stehen die Interessen von Unterhaltsbe-rechtigtem und [X.] auch nicht im Widerstreit; vielmehr ent-sprechen solche Besuche grundsätzlich dem wechselseitigen Bedürfnis auf Pflege der familiären Verbundenheit. Selbst wenn der [X.] die Möglichkeit der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt bekannt war, brauchte sie von den Kosten verursachenden
Besuchen bei ihrer Mutter deshalb nicht abzusehen.
Denn das Unterhaltsrecht darf dem Unterhaltspflichtigen finanziell nicht die Möglichkeit nehmen, seinen Umgang zur Erhaltung der Eltern-Kind-Beziehung auszuüben ([X.] FamRZ 2003, 1370, 1377 zum Umgangsrecht mit minder-jährigen Kindern). Darin liegt keine Ungleichbehandlung mit denjenigen Ab-kömmlingen, die mangels ausreichender Mittel solche Kosten aus dem Selbst-behalt bestreiten müssen. Dieses Ergebnis ist nicht Folge einer Ungleichbe-handlung, sondern bedingt durch die unterschiedlichen Lebens-
und Einkom-menslagen, die entsprechend auch zu unterschiedlichen Belastungen von Un-terhaltspflichtigen führen ([X.] FamRZ 2003, 1370, 1373).
Soweit sich die Aufwendungen in einem angemessenen Rahmen halten, reduzieren sie folglich die Leistungsfähigkeit der [X.] (vgl. auch [X.], 572, 573; [X.]/[X.] in [X.] Familienrecht 3.
Aufl. §
11 Rn.
63; [X.] Elternunterhalt 4.
Aufl. Rn.
373; [X.] FamRZ 2002, 123, 124).

31
-
14
-
c) Gegen die Feststellung der Kosten durch das Berufungsgericht mit monatlich 126,53

hoben; sie begeg-net auch keinen rechtlichen Bedenken. Nach Abzug dieses Betrages verbleibt der [X.] aber kein für den Elternunterhalt einzusetzendes nennenswertes Einkommen, da das den Selbstbehalt übersteigende Einkommen nur etwa zur Hälfte für den Elternunterhalt einzusetzen ist (vgl. Senatsurteil [X.]Z 186, 350 =
FamRZ 2010, 1535 Rn.
46).
5. Für das Jahr 2009 ist das Berufungsgericht wegen der Belastungen durch die Eigentumswohnung und der Kosten der kieferorthopädischen [X.] der [X.] zu einem unterhaltsrelevanten Einkommen gelangt, das bereits ohne die Fahrtkosten für Besuche den Selbstbehalt unterschreitet. Gegen die Berücksichtigung der Arztkosten hat die Revision keine Einwendun-

32
33
-
15
-
gen erhoben. Dagegen ist revisionsrechtlich auch nichts
zu erinnern. Die [X.] ist deshalb auch für 2009 zu Unterhaltsleistungen für die Mutter nicht in der Lage.

Dose

[X.]

Schilling

Günter

Botur

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.05.2010 -
50 [X.]/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 27.01.2011 -
II-7 [X.] -

Meta

XII ZR 17/11

17.10.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.10.2012, Az. XII ZR 17/11 (REWIS RS 2012, 2261)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2261

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZR 17/11 (Bundesgerichtshof)

Elternunterhalt: Minderung der Leistungsfähigkeit durch Kosten des Besuchs des Elternteils im Heim; Berücksichtigung einer Haushaltsersparnis …


XII ZR 140/07 (Bundesgerichtshof)

Elternunterhalt: Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners


XII ZR 140/07 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 43/11 (Bundesgerichtshof)

Geltendmachung von Elternunterhalt durch einen Sozialhilfeträger: Pflicht zum Einsatz des Taschengeldes eines Ehegatten


XII ZB 25/13 (Bundesgerichtshof)

Leistungsfähigkeitsprüfung bei Geltendmachung eines Anspruchs auf Elternunterhalt: Maßgeblicher Familienbedarf bei erheblicher Einkommensdifferenz zwischen dem Unterhaltspflichtigen …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZR 17/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.