Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.03.2016, Az. IX ZB 32/15

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 13923

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:240316BIXZB32.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB
32/15
vom

24. März 2016

in dem Insolvenzverfahren
über das Vermögen der

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
GmbHG § 35 Abs. 2 Satz 1, §§ 38, 49, 51; [X.] §§ 241 ff
Gesellschafterbeschlüsse, die in Räumen eines verfeindeten Gesellschafters gefasst werden, sind in der Regel wirksam, aber anfechtbar, sofern ein bestimmtes Be-schlussergebnis festgestellt ist.

[X.] §§ 15, 212
Zur Befugnis einer juristischen Person, einen Antrag auf Einstellung des Insolvenz-verfahrens
zu stellen.

[X.], Beschluss vom 24. März 2016 -
IX ZB 32/15 -
LG [X.]

AG [X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.]
Dr.
Kayser, die Richterin [X.], [X.] [X.], [X.] und die Richterin Möhring

am 24.
März 2016
beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde
der Schuldnerin wird der Beschluss der 23.
Zivilkammer des [X.]s [X.] vom 14.
April 2015
aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten
Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens,
an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000

t-gesetzt.

Gründe:

I.

Die Schuldnerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Stammkapital in Höhe von 50.000

weiteren Beteiligten zu
2 und 3 mit jeweils 50
v.[X.] beteiligt sind. Sie wurde im Mai 2013 gegründet und im Juni 2013 im Handelsregister eingetragen. Sie ist die persönlich haftende [X.]
-

3

-
schafterin der n.

GmbH
&
Co.
KG, die im Juli 2013 im [X.] eingetragen wurde. Kommanditisten sind die weiteren Beteiligten zu 2 und 3 mit einem Kommanditanteil von jeweils 5.000

f-ten haben ihren Sitz in [X.]

in der E.

straße
4a. Bis zur Entscheidung des [X.] waren im Handelsregister als Geschäftsführer der Schuld-nerin
die beiden Gesellschafterinnen, die weiteren Beteiligten zu
2 und 3,
einge-tragen; die Schuldnerin wurde durch beide Geschäftsführerinnen gemeinsam vertreten. Schon kurz nach der Gründung der Gesellschaften
kam es zwischen den weiteren Beteiligten zu
2 und 3 zu einem Zerwürfnis, so dass der [X.] nicht aufgenommen wurde.

Am 21.
Oktober 2013 stellte
die weitere Beteiligte zu
3 die Anträge, so-wohl über das Vermögen der Schuldnerin als auch über das Vermögen der n.

GmbH & Co.
KG das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Als Insolvenzgrund gab sie an, sowohl die Schuldnerin als
auch die Kommanditge-sellschaft seien zahlungsunfähig. Dem trat die weitere Beteiligte zu
2 entgegen
und bestritt die von der weiteren Beteiligten zu
3 angegebenen Forderungen gegen die Kommanditgesellschaft. Nach Einholung von Gutachten eröffnete das Insolvenzgericht am 22.
August 2014 die Insolvenzverfahren über das Vermögen beider Gesellschaften und ernannte den weiteren Beteiligten zu
1 zum Insolvenzverwalter. Die sofortigen Beschwerden der Schuldnerin und der Kommanditgesellschaft gegen die [X.], eingelegt durch die weitere Beteiligte zu
2, verwarf das Beschwerdegericht jeweils als unzulässig.

Mit Einschreiben vom 16.
September 2014 lud die weitere Beteiligte zu
2 die weitere Beteiligte zu
3 zu einer Gesellschafterversammlung für den 30.
September 2014 in die Büroräume der Schuldnerin in [X.]

und für den Fall, dass der Zutritt
zu diesen Räumen durch den Vermieter, den Ehemann der 2
3
-

4

-
weiteren Beteiligten zu
3, verweigert werde, in die
Wohnung der weiteren Betei-ligten zu
2
ein. Einziger in der Ladung angegebener
Tagesordnungspunkt war
die Abberufung der weiteren Beteiligten zu
3 als Geschäftsführerin aus wichti-gem Grund. Die weitere Beteiligte zu
3 widersprach der Einladung in die Woh-nung der weiteren Beteiligten zu
2, weil ihr dort die Teilnahme an der [X.] nicht zuzumuten
sei. Dennoch fand die Gesellschafter-versammlung in der Wohnung der weiteren Beteiligten zu
2 in Abwesenheit der weiteren Beteiligten zu
3 statt und sie wurde als Geschäftsführerin abberufen.

Am 21.
Oktober 2014 haben die Schuldnerin
und die Kommanditgesell-schaft, wobei die Schuldnerin allein durch die weitere Beteiligte zu
2
vertreten worden ist, beantragt, beide Insolvenzverfahren nach §
212 [X.] einzustellen, weil die Forderungen, derentwegen die
Insolvenzverfahren eröffnet worden [X.], nicht bestünden.
Das Insolvenzgericht hat beide Anträge
als unzulässig ab-gelehnt, weil sie nicht von beiden Geschäftsführerinnen der Schuldnerin gestellt worden seien. Die Rechtsmittel der Schuldnerin und der Kommanditgesell-schaft, wobei wiederum allein die weitere
Beteiligte
zu
2
die Schuldnerin vertrat, hat das [X.] durch Beschlüsse vom 14.
April 2015 als unzulässig ver-worfen
und
die Rechtsbeschwerden zugelassen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO, §§
212, 216 Abs.
2 [X.])
und
auch im Übrigen zulässig (§
575 Abs.
1 und 2 ZPO). Insbesondere ist die Schuldnerin im Rechtsbeschwerdeverfahren gesetz-lich durch die weitere Beteiligte zu
2 wirksam vertreten, auch [X.]n der Be-schluss der Gesellschafterversammlung vom 30.
September
2014, durch den 4
5
-

5

-
die weitere Beteiligte zu
3 als gemeinsam mit der weiteren Beteiligten zu
2 [X.] Geschäftsführerin abberufen worden ist, unwirksam sein sollte. Ist die Partei-
oder Prozessfähigkeit, die Existenz einer Partei oder ihre gesetz-liche Vertretung im Streit, gilt sie bis zur rechtskräftigen Feststellung des Man-gels als partei-
oder prozessfähig, existent oder gesetzlich vertreten
([X.], Ur-teil vom 11.
April 1957 -
VII
ZR 280/56, [X.]Z
24, 91, 94; Beschluss vom 25.
Januar 1978 -
IV
ZB 9/76, [X.]Z
70, 252, 255; vom 13.
Juli 1993 -
III
ZB 17/93, NJW
1993, 2943, 2944; vom 3.
Mai 1996 -
BLw 54/95, [X.]Z
132, 353, 355; vom 9.
November 2010 -
VI
ZR 249/09, VersR
2011, 507 Rn.
3; [X.]/
Vollkommer, ZPO, 31.
Aufl., §
56 Rn.
13).

III.

Die Rechtsbeschwerde führt zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

1.
Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die sofortige Beschwerde sei unzulässig. Nach §
216 Abs.
2 [X.] stehe nur der Schuldnerin gegen die Ab-lehnung des [X.]s gemäß §
212 [X.] die sofortige Beschwerde zu. Bei juristischen Personen müsse bereits der gemäß §
212 [X.] mögliche [X.] von sämtlichen organschaftlichen Vertretern gestellt werden. Entsprechendes gelte für die Beschwerdeberechtigung. Die
Schuldnerin werde durch ihre beiden nur gemeinschaftlich vertretungsbefugten [X.] vertreten. Da die Beschwerde für die Schuldnerin jedoch lediglich durch die weitere Beteiligte zu
2 eingelegt worden sei, liege
kein wirksames Rechtsmittel vor.

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6

-

Die Alleinvertretungsbefugnis ergebe sich auch nicht aus dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 30.
September 2014, durch den die [X.] Beteiligte zu
3 als Geschäftsführerin abberufen worden sei. Dieser [X.] sei entsprechend
§
241 Nr.
1 [X.] wegen eines [X.] Einberufungsmangels nichtig. Ein solcher schwerwiegender, zur Nich-tigkeit des [X.] führender Einberufungsmangel liege in der Wahl des Orts der Gesellschafterversammlung in der Wohnung der [X.]n Beteiligten zu
2. Die Einladung verfeindeter oder zerstrittener Gesellschafter in die Wohnung eines Mitgesellschafters sei schikanös und unzumutbar.

2.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a)
Die sofortige Beschwerde war unabhängig von der Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses zulässig.
Die Schuldnerin gilt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Frage, durch [X.] sie gesetzlich vertreten wird, als durch die weitere Beteiligte zu
2 wirksam vertreten.

b)
Aber auch in der Sache trägt die Begründung des [X.] die Nichtigkeit des Abberufungsbeschlusses nicht. Nach §
212 Satz
1 [X.] ist für den Antrag auf Einstellung des Insolvenzverfahrens wegen Wegfalls des [X.] nur die Schuldnerin antragsberechtigt. Diese war bei [X.] durch die weitere Beteiligte zu
2 nur dann wirksam vertreten, [X.]n die weitere Beteiligte zu
3 vorher als Geschäftsführerin der Schuldnerin [X.] abberufen worden
ist. Der entsprechende in der [X.] vom 30.
September 2014 gefasste Beschluss
war jedenfalls nicht entspre-chend
§
241 Nr.
1 [X.] wegen
eines schwerwiegenden Einberufungsmangels nichtig.

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-

7

-

aa)
Die Schuldnerin wurde, solange mehrere Geschäftsführer bestellt waren, durch diese gemeinschaftlich gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Dies ergibt sich aus §
35 Abs.
1 Satz
1 und §
35 Abs.
2 Satz
1 GmbHG. Im Ge-sellschaftsvertrag hatten die weiteren Beteiligten zu
2 und 3 insoweit nichts [X.] bestimmt.

(1)
An dieser gemeinschaftlichen Vertretungsbefugnis hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nichts geändert. Durch die Insolvenzeröffnung wird eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zwar gemäß §
60 Abs.
1 Nr.
4 GmbHG aufgelöst, doch dauert ihre Rechtspersönlichkeit für die Zwecke des Verfahrens fort (vgl. [X.]/Windel, [X.], 2007, §
80 Rn.
77). Die Organe blei-ben so im Verfahren bestehen, wie sie sich bei Verfahrenseröffnung darstellten
([X.], Beschluss vom 11.
Januar 2007 -
IX
ZB 271/04, NZI
2007, 231 Rn.
21). Deswegen
wird durch die Insolvenzeröffnung grundsätzlich die Rechtsstellung
der organschaftlichen Vertreter nicht berührt. Insbesondere können die [X.] für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung im eröffneten Ver-fahren Anträge stellen, etwa einen Antrag nach §§
212, 213 [X.],
und nach §
6
Abs.
1 [X.] gegen Entscheidungen des Insolvenzgerichts Rechtsmittel [X.], etwa gegen den Eröffnungsbeschluss nach §
34 Abs.
2 [X.]
oder gegen die Ablehnung
des [X.]s nach §
216 Abs.
2 [X.] (vgl. [X.]/Windel, aaO Rn.
78
f; [X.], GmbHR
2005, 817, 829
f).
Mehrere Mit-glieder des [X.] sind nach Maßgabe der bis zur Verfahrenseröff-nung geltenden Regelungen vertretungsbefugt. Sofern gesetzlich (§
35 Abs.
2 Satz
1 GmbHG) oder kraft Gesellschaftsvertrages Gesamtvertretung besteht, gelten grundsätzlich auch diese Regeln fort
(vgl. [X.]/Windel, aaO Rn.
79).

(2)
Nach §
15 Abs.
1 Satz
1 und 2 [X.] kann jeder Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung namens der Gesellschaft den Antrag auf 12
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-
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der [X.], auch [X.]n er nicht alleinvertretungsbefugt ist. Denn §
15 Abs.
1 Satz
1
[X.] nennt als Antragsberechtige
die Mitglieder des [X.]
([X.], Beschluss vom 20.
Juli 2006 -
IX
ZB 274/05, NZI
2006, 700 Rn.
2; vom 10.
Juli 2008 -
IX
ZB 122/07, NZI
2008, 550 Rn.
5). Die ihnen eingeräumte Einzelvertre-tungsmacht geht der ansonsten geltenden Vertretungsregelung vor, sie kann durch die Satzung nicht beseitigt oder beschränkt werden
(vgl. [X.]/[X.], [X.], 2004, §
15 Rn.
6).
Diese Sonderregelung gilt aber nur für den Eröff-nungsantrag, nicht für den [X.] nach §
212 [X.] (vgl.
[X.]/
[X.], aaO Rn.
1; [X.]/Windel, [X.], 2010, §
212 Rn.
19;
Schmidt/
[X.], [X.], 19.
Aufl., §
212 Rn.
7).

(3)
Da die weiteren Beteiligten zu
2 und 3 nur gemeinschaftlich vertre-tungsbefugt waren, kommt es auf die Frage
nicht an, ob mehrere Geschäftsfüh-rer trotz bestehender Einzelvertretungsbefugnis den [X.] nach §
212 [X.] für eine juristische Person wirksam nur gemeinsam stellen können (vgl. hierzu [X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.], 2000, §
212 Rn.
3; Münch-Komm-[X.]/Hefermehl, 3.
Aufl., §
212 Rn.
7).

bb)
Bis zu dem angefochtenen Beschluss
des [X.] vom 14.
April 2014 waren die weiteren Beteiligten zu
2 und 3 als nur gemeinsam vertretungsbefugte Geschäftsführerinnen der Schuldnerin im Handelsregister eingetragen. Auf die Eintragung im Handelsregister kommt es jedoch nicht
an, sondern auf die objektive Rechtslage in
dem Zeitpunkt, in dem das Beschwer-degericht über den Antrag
nach §
212 [X.] entscheidet (§
571 Abs.
2 Satz
1 ZPO).

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9

-

Der Antragsteller hat seine Antragsberechtigung gegenüber dem Insol-venzgericht nachzuweisen.
Sofern der Schuldner in ein öffentliches Register eingetragen ist, sind die maßgebenden gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse in der Regel aus diesem ersichtlich. Das Insolvenzgericht kann sich grundsätzlich
auf die Eintragungen verlassen. Der Beweis der Unrichtigkeit des Registers ist allerdings nicht ausgeschlossen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 2004, §
15 Rn.
45; MünchKomm-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
15 Rn.
71).

[X.])
Durch den in der Gesellschafterversammlung vom 30.
September 2014 gefassten Beschluss wurde
die Abberufung der weiteren Beteiligten zu
3 als Geschäftsführerin mit sofortiger Wirkung beschlossen. Der [X.] ist jedenfalls nicht deswegen entsprechend §
241 Nr.
1 [X.] nichtig, weil die Gesellschafterversammlung in die Wohnräume der weiteren Beteiligten zu
2 einberufen worden ist. Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist mangels anderslautender Feststellungen davon auszugehen, dass die Satzung der Schuldnerin keine vom [X.] abweichenden Regelungen enthält.

(1)
Die Bestellung der Geschäftsführer ist zu jeder Zeit widerruflich (§
38 Abs.
1 GmbHG). Daran ändert die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nichts. Die Gesellschaf-terversammlung behält auch im eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermö-gen der [X.], den oder die Geschäftsführer abzuberufen ([X.], Beschluss vom 11.
Januar 2007 -
IX
ZB 271/04, NZI
2007, 231 Rn.
21; [X.]/Windel, [X.], 2007, §
80 Rn.
81; MünchKomm-[X.]/[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
80 Rn.
112a).

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18
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-

10

-

(2)
Das [X.] enthält -
anders als das [X.] -
keine eigenständi-ge Regelung über die Geltendmachung von Beschlussmängeln. Es entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung des [X.], dass die aktien-rechtlichen Vorschriften entsprechend heranzuziehen sind, sofern ein bestimm-tes Beschlussergebnis festgestellt ist
([X.], Urteil vom 13. November 1995
-
II
ZR 288/94, NJW 1996, 259; vom 1. März 1999 -
II ZR 205/98, NJW
1999, 2268; vom 11. Februar 2008 -
II ZR 187/06, [X.], 757 Rn. 22 mwN).

(a)
Entsprechend
§
241 Nr.
1 [X.] sind [X.], [X.]n die Versammlung von einer nicht dazu befugten Person einberufen worden ist, [X.]n nicht alle Gesellschafter eingeladen worden sind, [X.]n die Einladung nicht schriftlich oder ohne Unterschrift erfolgt ist oder nicht Ort und [X.] angibt (vgl. §
121 Abs.
2, 3 Satz
1, Abs.
4 [X.]; [X.], Urteil vom 17.
Oktober 1988 -
II
ZR 18/88; ZIP
1989, 634, 636; vom 13.
Februar 2006 -
II
ZR 200/04, ZIP
2006, 707 Rn.
9). Nach der Rechtsprechung des [X.] ist ein in einer Gesellschafterversammlung gefasster Beschluss entsprechend
§
241 Nr.
1 [X.] weiter dann nichtig, [X.]n der Einberufungs-mangel
einer [X.] der Gesellschafter gleichkommt ([X.], Urteil vom 13.
Februar 2006, aaO). Ein Ladungsmangel kommt dann einer [X.] gleich, [X.]n eine Ladung dem Gesellschafter seine Teilnahme in einer Weise erschwert, die der Verhinderung seiner Teilnahme gleichsteht. Denn dann wird ihm die Ausübung dieses unverzichtbaren Gesellschafterrechts ebenso entzo-gen wie im Fall der [X.]
([X.], Urteil vom 13.
Februar 2006, aaO Rn.
13).

Andere Verstöße gegen Gesetz oder Satzung bei der Einberufung
und Einladung
führen nur dann zur Nichtigkeit, [X.]n der Beschluss
auf eine Anfech-20
21
22
-

11

-
tungsklage durch Urteil rechtskräftig für nichtig erklärt worden ist (§
241 Nr.
5 [X.]).

(b)
Nach diesen Maßstäben führt der vom Beschwerdegericht festgestell-te Einladungsmangel, nämlich die Einladung in die Wohnung der Beteiligten zu
2, nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses entsprechend §
241 Nr.
1 [X.]
(vgl. OLG
Celle, NJW-RR
1998, 970; OLG
Düsseldorf, NZG
2003, 975, 976; OLG
Düsseldorf, ZIP
2004, 1956, 1964 unter [X.] und [X.]; [X.] in Gehr-lein/[X.][X.], GmbHG, 2.
Aufl., §
51 Rn.
22; MünchKomm-GmbHG/
Liebscher, 2.
Aufl., §
51 Rn.
51; [X.]/ [X.], GmbHG, 2.
Aufl., §
51 Rn.
112; [X.]/Strohn/[X.], Gesellschaftsrecht, 2.
Aufl., §
51 GmbHG Rn.
22; BeckOK-GmbHG/[X.], 2015, §
51 Rn.
58; [X.]/[X.]/
[X.], GmbHG, 20.
Aufl., §
51 Rn.
28; vgl. aber auch [X.]/[X.], GmbHG, 11.
Aufl., §
51 Rn.
26).

(aa)
Soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht, ist der [X.] Versammlungsort grundsätzlich entsprechend
§
121 Abs.
5 [X.] der Sitz der Gesellschaft, wobei die Räumlichkeiten der [X.] als [X.] der Wahl angesehen werden. Die Rege-lung hat den Zweck, die Gesellschafter vor einer willkürlichen Wahl des [X.] und einer daraus folgenden Beeinträchtigung ihres Teilnahme-rechts zu schützen. Dieser Gesetzeszweck ist bestimmend für die Frage, wann und in welchem Maße das Einberufungsorgan von der Soll-Vorschrift des §
121 Abs.
5 [X.] abweichen darf. Das wird immer dann der Fall sein, [X.]n am Sitz der Gesellschaft kein geeignetes [X.] vorhanden ist oder die Verkehrsverbindung dorthin gestört ist; zumindest bei einer Gesellschaft mit einem überschaubaren Gesellschafterkreis darf aber auch ein Ort gewählt wer-den, von dem von vornherein feststeht, dass er die Teilnahme nicht erschwert, 23
24
-

12

-
weil ihn die Gesellschafter leichter als den Sitz der [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 28.
Januar 1985 -
II
ZR 79/84, WM
1985, 567, 568; [X.], NZG
2003, 975, 976; OLG
Düsseldorf, Urteil vom 12.
Juli 2012 -
6
U 220/11, juris Rn.
30).

Der ausgewählte Versammlungsort und das [X.] dürfen nicht für einen Gesellschafter unzumutbar sein (vgl. [X.] in [X.]/Altmeppen, GmbHG, 8.
Aufl., §
51 Rn.
8; vgl. [X.], Urteil vom 28.
Januar 1985, aaO). Eine solche unzumutbare Auswahl, auf die sich ein Gesellschafter nicht einlassen muss, kann gegeben sein, [X.]n verfeindete Gesellschafter in die Wohnung des einen Gesellschafters eingeladen werden. Für die Einladung [X.] in die Kanzleiräume des Rechtsanwalts der Gegenpartei gilt nichts anderes. Der betroffene Mitgesellschafter würde sich von vornherein in einer Umgebung befinden, in der sich der andere Mitgesellschafter, mit dem er im Streit liegt, im Gegensatz zu ihm vertraut bewegen kann (OLG
Celle, NJW-RR
1998, 970; OLG
Düsseldorf, ZIP
2004, 1956, 1964 unter I.2.[X.]; [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 20.
Aufl., §
51 Rn.
15).

Danach war die Privatwohnung der Beteiligten zu
2, wohin zur [X.] eingeladen war, ein für die Beteiligte zu
3 unzumutbarer Versammlungsort. Der an einem unzulässigen Versammlungsort gefasste Ge-sellschafterbeschluss, die weitere Beteiligte zu
3 als Geschäftsführerin abzube-rufen, war deswegen mit einem Verfahrensmangel behaftet.

(bb)
Bei der Einladung in die Wohnung des verfeindeten Gesellschafters hängt es von den konkreten Umständen des Falles ab, ob sie (ausnahmsweise) darüber hinaus einer Verhinderung der Teilnahme und damit einer [X.] gleichkommt. Regelmäßig wird die Teilnahme durch die Einladung in Räume 25
26
27
-

13

-
des verfeindeten Gesellschafters nicht schon in einer Weise erschwert, die ihrer Verhinderung gleichkommt. Umstände, nach denen hier die Einladung in die Wohnung der Beteiligten zu 2 einer Verhinderung der Teilnahme gleichkommt, hat die weitere Beteiligte zu
3 nicht geltend gemacht; dafür ist auch nichts er-sichtlich.

Es kommt hinzu, dass die weitere Beteiligte zu
2 zur Gesellschafterver-sammlung in erster Linie an den
Gesellschaftssitz eingeladen hat
und nur hilfs-weise für den Fall, dass der Zugang zu den Gesellschaftsräumen durch den Vermieter, der Ehemann der weiteren Beteiligten zu
3 ist, verwehrt würde, in ihre eigene Wohnung. Die weitere Beteiligte zu
3 war deswegen durch den La-dungsmangel nicht in einer Weise an einer Teilnahme an der Mitgliederver-sammlung gehindert, dass dies ihrer [X.] gleichstünde. Sie hätte [X.] die Versammlung in den Räumen der Gesellschaft ermöglichen oder ebenfalls vor dem Gesellschaftssitz erscheinen und für eine einvernehmliche Verlegung an einen neutralen Ort (aber
nicht die Büroräume ihres [X.]) sorgen können.

(c)
Weitere Nichtigkeitsgründe entsprechend
§
241 [X.] macht die wei-tere Beteiligte zu
3 nicht geltend und sind auch aufgrund des festgestellten Sachverhalts nicht ersichtlich.
Insbesondere war die Beteiligte zu
2, welche
die Gesellschafterversammlung allein einberufen hat, dazu befugt. Nach §
49 Abs.
1 GmbHG wird die Versammlung durch den Geschäftsführer einberufen. Auch im Fall einer Gesamtgeschäftsführung und Gesamtvertretung ist jeder einzelne Geschäftsführer zur Einberufung berechtigt (OLG
Frankfurt, GmbHR
1976, 110
f; BayObLG, ZIP
1999, 1597, 1598
f; [X.]/[X.]/
[X.], GmbHG, 20.
Aufl., §
49 Rn.
3; [X.]/Strohn/[X.], Gesell-28
29
-

14

-
schaftsrecht, 2.
Aufl., §
49 GmbHG Rn.
2; MünchKomm-GmbHG/Liebscher, 2.
Aufl., §
49 Rn.
17; [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 18.
Aufl., §
49 Rn.
2).

(d) Da die weitere Beteiligte zu
3 eine Anfechtungsklage gegen den am 30.
September 2014 gefassten Abberufungsbeschluss nicht erhoben hat und die Anfechtungsfrist bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des [X.] abgelaufen war, ist der Abberufungsbeschluss, [X.]n förmlich festgestellt, trotz der bestehenden [X.] endgültig wirksam und für alle Beteilig-ten verbindlich
(vgl. [X.], Urteil vom 3.
Mai 1999 -
II
ZR 119/98, NJW
1999, 2115, 2116; vom 11.
Februar 2008 -
II
ZR 187/06, ZIP
2008, 757 Rn.
22).

3.
Die Beschwerdeentscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Grün-den als richtig dar (§
577 Abs.
3 ZPO).

a)
Wie bereits ausgeführt, sind die Vorschriften der §§
241 ff [X.] nur dann entsprechend heranzuziehen, [X.]n das rechtliche Beschlussergebnis förmlich
festgestellt worden ist ([X.], Urteil vom 13.
November 1995 -
II
ZR 288/94, NJW
1996, 259; vom 1.
März 1999 -
II
ZR 205/98, NJW
1999, 2268; vom 11.
Februar 2008 -
II
ZR 187/06, ZIP
2008, 757 Rn.
22 mwN). Fehlt es an einer förmlichen Beschlussfeststellung, ist es dem Betroffenen unbenommen, die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des
Beschlusses durch eine Beschluss-feststellungsklage nach §
256 ZPO feststellen zu lassen ([X.], Urteil vom 13.
November 1995,
aaO; vom 23.
September 1996 -
II ZR 126/95, NJW
1997, 318, 319; vom 1.
März 1999,
aaO; vom 11.
Februar 2008, aaO). Diese Feststel-lungsklage ist an keine Frist gebunden, die Geltendmachung des Rechts aus dem Rechtsverhältnis, das Gegenstand der Feststellungsklage ist, unterliegt lediglich der Verwirkung. Der Erfolg der Klage hängt allein von der materiellen Rechtslage ab
([X.], Urteil vom 1.
März 1999, aaO).
Beschlussmängel führen 30
31
32
-

15

-
somit regelmäßig -
wie im personengesellschaftsrechtlichen Beschlussmängel-system
-
zur Nichtigkeit. Entsprechendes gilt für Einladungsmängel, es sei denn, es lässt sich ausschließen, dass der Mangel auf die Beschlussfassung einen Einfluss hatte (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Oktober 2012 -
II
ZR 251/10, ZIP
2013, 68 Rn.
47; vom 11.
März 2014 -
II
ZR 24/13,
ZIP
2014, 1019 Rn.
13).
Hiervon ist vorliegend nicht auszugehen, weil die weitere Beteiligte zu
3 an der Versammlung nicht teilgenommen hat und deswegen nicht auszuschließen ist, dass sie bei einer Teilnahme an der Versammlung die weitere Beteiligte zu
2 von ihrem Vorbringen hätte abbringen können.

b)
Zur förmlichen Feststellung des [X.]
ist erforderlich, dass dieses Ergebnis festgestellt und verkündet wird. Erfüllt ist diese Voraus-setzung stets, [X.]n ein Versammlungsleiter diese Feststellung trifft (vgl. [X.], Urteil vom 23.
September 1996 -
II
ZR 126/95, NJW
1997, 318, 320;
vom 11.
Februar 2008 -
II
ZR 187/06, ZIP
2008, 757 Rn.
24). Eine
förmliche Fest-stellung
ist aber auch auf andere Weise möglich, soweit das Ziel, Unsicherheit über die Fassung eines Beschlusses zu beseitigen, erreicht wird ([X.], Urteil vom 11.
Februar 2008, aaO).
Dies hat der [X.] etwa angenom-men, [X.]n nach dem Gesellschaftsvertrag über alle Gesellschafterbeschlüsse ein Protokoll anzufertigen, das von einem Geschäftsführer der Gesellschaft zu unterschreiben, sodann den Gesellschaftern zu übersenden und zudem im [X.] zu verwahren ist. Enthält das derart unterzeichnete und übersandte Protokoll die von beiden Gesellschaftern
gleichlautend getroffene Feststellung, dass beide Gesellschafter
einstimmig einen Beschluss mit einem genau be-zeichneten Inhalt gefasst haben, ist ausreichend förmlich festgehalten, welcher Beschluss von wem mit welchem Inhalt und welchem Stimmenverhältnis ge-fasst worden ist ([X.], Urteil vom 11.
Februar 2008, aaO Rn.
25).

33
-

16

-

Ob sich aus dem Protokoll über die Gesellschafterversammlung eine
förmliche Feststellung des [X.] ergibt, hat das Beschwerde-gericht nicht festgestellt. Auch
hat es den Gesellschaftsvertrag nicht beigezo-gen
und haben sich die Beteiligten zu dieser Frage noch nicht äußern können. Eine eigene Feststellung war dem Senat deswegen nicht möglich.

IV.

Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat nicht möglich. Die Sache ist deswegen gemäß §
577 Abs.
4 Satz
1 ZPO zurückzuverweisen.
Das Beschwerdegericht wird zu prüfen haben, ob der Abberufungsbeschluss förm-lich festgestellt worden ist. Wenn diese Frage bejaht wird, wird es die weiteren Voraussetzungen des §
212 [X.] prüfen müssen.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Wenn das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis kommen sollte, dass wegen einer förmlichen Feststellung des [X.] der [X.] nur durch die kassatorisch wirkende Anfechtungsklage beseitigt werden
kann, ist es unerheblich, dass zum Zeitpunkt, als die weitere Beteiligte zu
2 für die Schuldnerin den [X.] nach §
212 [X.] gestellt hat, die Anfechtungsfrist noch nicht abgelaufen war. Denn jedenfalls mit Ablauf der Anfechtungsfrist vor der Entscheidung durch das Insolvenzgericht ist der Abbe-rufungsbeschluss endgültig wirksam
geworden, weil er nicht angefochten [X.] ist
(vgl. [X.], Urteil vom 3.
Mai 1999 -
II
ZR 119/98, NJW
1999, 2115, 2116). Damit wäre jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung des Insolvenzge-34
35
36
37
-

17

-
richts trotz des
anderslautenden
Registereintrags hinreichend nachgewiesen, dass die weitere Beteiligte zu
3 als Geschäftsführerin der Schuldnerin wirksam abberufen worden ist und somit die weitere Beteiligte zu
2 als alleinige [X.]in die Schuldnerin alleine vertritt. Die Voraussetzungen des §
212 [X.] einschließlich der Antragsberechtigung müssen nicht bereits zum Zeit-punkt der Antragstellung vorliegen, sondern anders als beim Antrag auf Insol-venzeröffnung, wo der [X.] nach §
16 [X.] zum Zeitpunkt der [X.] vorliegen muss ([X.], Beschluss vom 27.
Juli 2006 -
IX
ZB 204/04, [X.]Z
169, 17 Rn.
8, 10
f, 19
f; vom 2.
April 2009 -
IX
ZB 245/08, Z[X.]
2009, 872 Rn.
7),
im Zeitpunkt des Abschlusses
der Beschwerdeinstanz (§
571 Abs.
2 Satz
1 ZPO iVm §
212 [X.]).

Kayser
[X.]
[X.]

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 20.01.2015 -
43 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 14.04.2015 -
23 [X.] -

Meta

IX ZB 32/15

24.03.2016

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.03.2016, Az. IX ZB 32/15 (REWIS RS 2016, 13923)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13923

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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