Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2014, Az. VIII ZR 313/13

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 3882

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 313/13
Verkündet am:

22. Juli 2014

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] §§ 133 B, [X.], [X.]; [X.] § 2 Abs. 2
Das typischerweise an alle Mieter eines Grundstücks (hier: eines Einfamilienhauses) gerichtete Leistungsangebot des Energieversorgungsunternehmens (sogenannte "[X.]") wird in der Regel von demjenigen, der die Energie entnimmt, konklu-dent sowohl für sich selbst als auch im Wege der -
jedenfalls nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht gegebenen
-
Stellvertretung für die Mitmieter angenommen (Fortführung von [X.], Urteil vom 2.
Juli 2014 -
VIII
ZR 316/13, zur [X.] bestimmt).

[X.], Urteil vom 22. Juli 2014 -
VIII ZR 313/13 -
KG [X.]

LG [X.]

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2014
durch die
Vorsitzende Richterin
Dr.
[X.], die Richterin
Dr.
[X.] sowie [X.]
[X.], Dr.
Bünger
und Kosziol
für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 22. Zivilsenats des [X.] vom 10. Oktober 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin nimmt in [X.] die Grundversorgung mit Gas wahr. Sie be-für Gasliefe-rungen im [X.]raum vom 1. Oktober 2005 bis zum 23. Juli 2008.
Die Beklagte und der Zeuge B.

mieteten ab dem 1. Oktober 2005
ein Einfamilienhaus in [X.]. Die Beklagte hatte den Mietvertrag aus "Bonitäts-gründen"
als zweite Mieterin unterschrieben.
Bei der Übergabe des Hauses durch den Hausverwalter waren beide Mieter anwesend. Die Beklagte zog [X.] nicht in das Haus ein und erhielt auch keinen Schlüssel, sondern wohnte weiter in ihrer bisherigen Wohnung und hielt sich lediglich zu kurzen Besuchen im Haus auf. Der Zeuge B.

verbrauchte seit seinem Einzug Gas, schloss allerdings keinen schriftlichen Vertrag mit einem Gasversorger ab. Eine 1
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-
Zahlung der
in den Jahren 2007 und 2008 an beide Mieter unter der Adresse des Einfamilienhauses erteilten Rechnungen der Klägerin erfolgte
nicht.
[X.] sperrte die Klägerin am 23. Juli 2008 die Versorgung und nahm die [X.], die sie -
als Mitmieterin -
neben dem Zeugen B.

als Vertrags-partnerin ansieht, auf Zahlung des Rückstands in Anspruch.
Das [X.] hat der auf Zahlung der oben genannten Vergütung so-wie Zinsen und Nebenkosten gerichteten Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat
Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Die Beklagte sei nicht Vertragspartnerin der Klägerin geworden. Der [X.], dass sie Mitmieterin sei, genüge nicht. Die Klägerin habe weder konkret vorgetragen noch bewiesen, dass die Beklagte Verfügungsgewalt über das Haus erlangt habe. Bei Fehlen eines bereits bestehenden Gasversorgungsver-trags werde durch denjenigen, der (erstmals) Gas entnehme, die [X.] des [X.] konkludent angenommen. Typischerweise sei das der Grundstückseigentümer beziehungsweise derjenige, der die Verfü-gungsgewalt über den [X.] am Übergabepunkt ausübe, wo-3
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bei eine persönliche Inanspruchnahme der Versorgung allerdings nicht [X.] sei. Auf die [X.] als solche komme es nicht an, weil die tat-sächliche Entnahme demjenigen als Willenserklärung zuzurechnen sei, der die Verfügungsgewalt über den [X.] innehabe. Dementsprechend genügten rein rechtliche Beziehungen nicht. Der bloße Anspruch auf Einräumung des Besitzes an den Räumen, in denen sich die Versorgungseinrichtungen befän-den, reiche nicht
aus, um eine gegenwärtige Verfügungsgewalt zu begründen. Verfügungsgewalt oder Verfügungsmacht würden
als Synonym für die tatsäch-liche Zugriffsmacht verstanden.
Aus dem Umstand, dass die Beklagte bei der Übergabe des Hauses an-wesend gewesen sei und das Haus aus Sicht des Verwalters beiden Mietern übergeben worden sei, ergebe sich nichts anderes. Die Beklagte habe weder einen Schlüssel erhalten noch sei sie in das Haus eingezogen. Ihre Behaup-tung, der Mitmieter habe nicht beabsichtigt, sie einziehen zu lassen, sei nicht widerlegt, so dass der Zeuge B.

auch nicht als Besitzmittler -
was oh-nehin
nicht genügt hätte -
in Betracht komme. Der Zeuge habe den Mietvertrag für das Haus ursprünglich allein abschließen wollen, aber seine Unterlagen [X.] nach seinen Angaben vermutlich nicht gereicht, weshalb die gut [X.] Beklagte vorgeschlagen habe, mit in den Mietvertrag aufgenommen zu wer-den. Ein Namensschild der Beklagten sei am Haus nicht angebracht gewesen. Die Partnerschaft sei zu mindestens 80 % in der Wohnung der Beklagten gelebt worden.
Abgesehen von dem Umstand, dass die (schon nicht konkret vorgetra-gene) erste Inanspruchnahme der Versorgungsleistung -
Aufdrehen des Gas-hahns oder Einschalten der Heizung -
maßgeblich wäre
und nicht ersichtlich sei, wann erstmals Gas entnommen worden sei, würden spätere gelegentliche oder regelmäßige Besuche bei dem Mitmieter im Rahmen einer Liebesbezie-7
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-
hung keineswegs die Verfügungsgewalt an der Versorgungseinrichtung be-gründen.

II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher
Nachprüfung nicht stand.
Der
Klägerin steht
gegen die Beklagte als Gesamtschuldnerin der gel-tend gemachte Anspruch auf Vergütung für das im [X.]raum vom 1.
Oktober 2005 bis zum 23.
Juli 2008 gelieferte Gas
zu. Denn die Beklagte ist neben dem weiteren Mieter B.

Vertragspartei des mit der Klägerin für das gemietete Einfamilienhaus konkludent geschlossenen Gaslieferungsvertrags geworden.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
richtete sich das kon-kludente Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Versorgungsvertrags bei der gebotenen Auslegung aus Sicht eines verständigen Dritten in der Position des Empfängers (§§
133, [X.]GB) an beide Mieter als Gesamtschuldner. Es wurde von beiden Mietern konkludent angenommen, indem der Zeuge B.

in dem gemieteten Einfamilienhaus Gas verbrauchte. Dabei handelte er sowohl im eigenen Namen als auch als Stellvertreter für die Beklagte.
1. In dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens ist grund-sätzlich ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrags in Form einer sogenannten [X.] zu sehen. Diese wird von demjenigen kon-kludent angenommen, der aus dem Leitungsnetz des [X.], Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt. Dieser
Rechts-grundsatz, der in § 2 Abs. 2 der Verordnungen über die [X.] für die (Grund-)Versorgung mit Energie und Wasser (StromGVV, [X.], [X.], [X.]) lediglich wiederholt wird, trägt der Tatsache 9
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Rechnung, dass in der öffentlichen leitungsgebundenen Versorgung die ange-botenen Leistungen vielfach ohne ausdrücklichen schriftlichen oder mündlichen Vertragsschluss in Anspruch genommen werden. Er zielt darauf ab, einen er-sichtlich nicht gewollten vertragslosen Zustand bei den zugrunde liegenden Versorgungsleistungen zu vermeiden (Senatsurteile vom 2.
Juli 2014 -
VIII ZR 316/13, unter [X.], zur [X.] bestimmt; vom 22.
Januar 2014 -
VIII ZR 391/12, [X.]uR 2014, 27 Rn. 13; vom 6. Juli 2011 -
VIII ZR 217/10, NJW 2011, 3509 Rn. 16; vom 25. November 2009 -
VIII ZR 235/08, [X.], 89 Rn. 13; vom 10. Dezember 2008 -
VIII ZR 293/07, [X.], 913 Rn. 6; vom 15.
Februar 2006 -
VIII ZR 138/05, [X.], 1667 Rn.
15; vom 26. Januar 2005 -
VIII ZR 66/04, [X.], 1089 unter [X.] b aa, und [X.], [X.] 2005, 63 unter [X.] a; jeweils mwN), und berücksichtigt [X.] der Verkehrssitte, die dem [X.] Verhalten der Annahme der [X.] den Gehalt einer echten Willenserklärung zumisst. Aus Sicht eines objektiven Empfängers stellt sich typischerweise die Vorhaltung der Energie und die Möglichkeit der Energieentnahme an den ordnungsgemäßen Entnahmevorrichtungen nach [X.] und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte als Leistungsangebot und damit als Vertragsangebot dar. Die Inanspruchnahme der angebotenen Leistungen beinhaltet -
auch bei [X.] ausdrücklichen Äußerungen -
die schlüssig erklärte Annahme dieses Angebots, weil der Abnehmer weiß, dass die Lieferung nur gegen eine Gegen-leistung erbracht zu werden pflegt (Senatsurteile vom 2.
Juli 2014 -
VIII ZR 316/13, aaO; vom 26. Januar 2005 -
VIII ZR 66/04, aaO,
und [X.], aaO; jeweils mwN).
a) Kommen mehrere Adressaten des schlüssig erklärten [X.] des Versorgungsunternehmens in Betracht, ist durch Auslegung aus Sicht eines verständigen Dritten in der Position des möglichen Erklärungsempfängers zu ermitteln, an [X.] sich die [X.] richtet. Weichen
der vom Erklärenden 13
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beabsichtigte Inhalt der Erklärung und das Verständnis des objektiven Empfän-gers voneinander ab, hat die -
dem Erklärenden zurechenbare -
objektive Be-deutung des Verhaltens aus der Sicht des Erklärungsgegners Vorrang vor dem subjektiven Willen des Erklärenden (Senatsurteile vom 2.
Juli 2014 -
VIII ZR 316/13, aaO unter [X.] a; vom 27. April 2005 -
VIII ZR 140/04, [X.], 1717 unter [X.] a; vom 26. Januar 2005 -
VIII ZR 66/04, aaO unter [X.] b bb (1), und [X.], aaO unter [X.] b
aa; jeweils mwN; vgl. auch [X.], Urteil vom 28.
Juli 2005 -
III ZR 3/05, NJW 2005, 3636 unter [X.] b; [X.]/Singer, [X.], Neubearb. 2012, § 133 Rn. 6, 11, 18, 26).
Es kommt mithin nicht auf die subjektive Sicht des Erklärenden an, sondern darauf, an [X.] sich nach dem objektiven Empfängerhorizont das in der Bereitstellung von Gas liegende Ver-tragsangebot richtet.
aa) Empfänger der im Leistungsangebot des Versorgungsunternehmens liegenden [X.] zum Abschluss eines Versorgungsvertrags ist hiernach typischerweise derjenige, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Ver-sorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt (vgl. Senatsurteile vom 2.
Juli 2014 -
VIII ZR 316/13, aaO
unter [X.] a aa; vom 22. Januar 2014 -
VIII ZR 391/12, aaO; vom 10. Dezember 2008 -
VIII ZR 293/07, aaO; vom 15.
Februar 2006 -
VIII ZR 138/05, aaO Rn. 20; vom 16. Juli 2003 -
VIII ZR 30/03, NJW 2003, 2902 unter [II] 1; Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2005 -
VIII ZR 7/04, [X.], 207 Rn. 2).
bb) Inhaber dieser Verfügungsgewalt ist grundsätzlich der Eigentümer. Wie das Berufungsgericht insoweit zu Recht angenommen hat, kommt es dabei jedoch nicht auf die [X.] selbst, sondern auf die hierdurch ver-mittelte Verfügungsgewalt über den [X.] am Übergabepunkt an (Senatsurteil vom 2. Juli 2014
-
VIII ZR 316/13,
aaO unter [X.] a bb; [X.] vom 20.
Dezember 2005 -
VIII ZR 7/04, aaO
mwN).

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-
Inhaber der tatsächlichen Verfügungsgewalt
kann deshalb auch eine an-dere Person sein, etwa der Mieter oder Pächter eines Grundstücks, da diesem aufgrund des Miet-
oder Pachtvertrags die tatsächliche Verfügungsgewalt über die ihm überlassenen Miet-
oder Pachtsache eingeräumt wird (Senatsbeschluss vom 20.
Dezember 2005 -
VIII ZR 7/04, aaO).
Ob dem Energieversorger die Identität des Inhabers der tatsächlichen Verfügungsgewalt bekannt ist, er also etwa weiß, dass das zu versorgende Grundstück sich im Besitz eines Mieters oder Pächters befindet und dieser die tatsächliche Verfügungsgewalt über den [X.] ausübt, ist unerheblich. Denn bei einer am objektiven Empfängerhorizont unter Beachtung der Verkehrsauffassung und des Gebots von [X.] und Glauben ausgerichteten Auslegung der [X.] eines Ener-gieversorgers geht dessen Wille -
ähnlich wie bei unternehmensbezogenen Ge-schäften (vgl. hierzu etwa [X.], Urteil vom 31. Juli 2012 -
X [X.], [X.], 3368 Rn. 10 mwN; MünchKomm[X.]/[X.], 6. Aufl., § 164 Rn. 23; [X.]/[X.], [X.], 73. Aufl., § 164 Rn. 2; BeckOK-[X.]/[X.], Stand: November 2013, § 164 Rn. 25; jeweils mwN) -
im Zweifel dahin, den
-
möglicherweise erst noch zu identifizierenden -
Inhaber der tatsächlichen Ver-fügungsgewalt über den [X.] zu berechtigen und zu [X.]. Jede andere Sichtweise würde dem
in § 2 Abs. 2 der Verordnungen über die Allgemeinen Bedingungen für die (Grund-)Versorgung mit Energie (StromGVV, [X.], [X.]) zum Ausdruck gekommenen, an den beiderseitigen Interessen orientierten Verkehrsverständnis zuwiderlaufen, zur Vermeidung eines vertragslosen Zustands einen Vertrag mit demjenigen zu-stande zu bringen, der die angelieferte Energie oder das angelieferte Wasser entnimmt
(Senatsurteil vom 2.
Juli 2014 -
VIII ZR 316/13, aaO).
Ob für die Anlieferung und Entnahme für Wasser die [X.] des Versorgers im Hinblick darauf, dass die Gemeinden in ihren Satzungen
häufig den Grundstückseigentümer als [X.]berechtigten und -verpflichteten 16
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ausweisen, regelmäßig dahin auszulegen ist, dass sie sich an den Eigentümer richtet (so wohl Senatsurteil vom 30. April 2003 -
VIII ZR 278/02, WuM
2003, 458 unter [X.] b), kann offen bleiben
(vgl. hierzu bereits Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2005 -
VIII ZR 7/04, aaO; Senatsurteil vom 2.
Juli 2014 -
VIII ZR 316/13, aaO). Denn im Streitfall stehen die Lieferung und der Verbrauch von Gas in Frage.
b) Diese auf den Inhaber der tatsächlichen Verfügungsgewalt über den [X.] weisenden Grundsätze gelten nur dann nicht, [X.]n ge-genläufige Anhaltspunkte vorhanden sind, die im Einzelfall unübersehbar in ei-ne andere Richtung weisen (vgl. Senatsurteile vom 10. Dezember 2008
-
VIII ZR 293/07, aaO Rn.
11; vom 25. November 2009 -
VIII ZR 235/08, aaO Rn. 12 f.), oder [X.]n der Abnehmer der Versorgungsleistung bereits anderwei-tig feststeht, weil das Versorgungsunternehmen oder der Abnehmer
zuvor mit einem Dritten eine Liefervereinbarung geschlossen haben, aufgrund derer die
-
nur einmal fließende -
Leistung in ein bestehendes Vertragsverhältnis einge-bettet ist (Senatsurteile vom 22. Januar 2014 -
VIII ZR 391/12, aaO Rn. 14; vom 10. Dezember 2008 -
VIII ZR 293/07, aaO Rn. 8 f.; vom 27. April 2005 -
VIII ZR 140/04, aaO; vom 26. Januar 2005 -
VIII ZR 66/04, aaO unter [X.] b bb und VIII
ZR 1/04, aaO unter [X.] b; vom 17. März 2004, [X.], [X.], 2450 unter II 2).
2.
Bei An[X.]dung dieser Grundsätze ist die Beklagte neben dem [X.] B.

-
und nicht, wie das Berufungsgericht meint, dieser allein -
als Empfänger der im Leistungsangebot der Klägerin liegenden [X.] zum Abschluss eines Gaslieferungsvertrags anzusehen.
a)
Aus der maßgeblichen Sicht des Empfängers der [X.] der Klä-gerin richtete sich diese an denjenigen, dem aus dem Eigentum oder aus einer
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vom Eigentümer vertraglich eingeräumten [X.] die tatsächliche Verfügungsgewalt über den auf dem Grundstück befindlichen [X.] am Übergabepunkt zusteht.
Letzteres ist hier sowohl hinsichtlich des Zeugen B.

als auch hinsichtlich der Beklagten als Mitmieterin des [X.] der Fall.
Wer -
wie hier die Beklagte -
einen Mietvertrag abschließt, hat mit der Einräumung der
[X.] typischerweise auch die tatsächliche Sach-herrschaft über die gemieteten Räume und die darin vorhandenen [X.]. Dies gilt auch, [X.]n -
wie hier -
mehrere Mieter gemein-schaftlich
den Mietvertrag abschließen. Die [X.] des [X.] richtet sich in diesem Fall regelmäßig an sämtliche [X.].

Dass die Beklagte die ihr mietvertraglich eingeräumte Verfügungsgewalt über die (auch) ihr überlassenen Mieträume in der Folgezeit nur eingeschränkt ausübte und nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Hausschlüssel bei der Übergabe des Hauses einvernehmlich allein dem Zeugen B.

ausgehändigt wurden, ändert daran nichts.
Da
sich den Feststellungen des Be-rufungsgerichts auch sonst keine auf einen Ausnahmetatbestand (siehe oben unter [X.] b)
hindeutenden Umstände entnehmen lassen, richtete
sich die [X.] der Klägerin hier an beide Mieter.
b) Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung in diesem Zusammen-hang mit ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erhobenen Ge-genrüge geltend, dass durch die Entnahme von Gas in der [X.] seit dem [X.] der Vormieter ein Energieversorgungsvertrag mit dem Eigentümer [X.] gekommen sei, der der Annahme einer an die späteren Mieter gerichteten [X.] der Klägerin entgegenstehe. Hierbei handelt es sich um neuen -
in 21
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-
11
-
der Revisionsinstanz unbeachtlichen -
Tatsachenvortrag. Die dabei in Bezug genommene Anlage [X.] zum Schriftsatz der Klägerin vom 20. September 2011 ist zudem auch inhaltlich unergiebig.
3. Das an beide Mieter gerichtete Vertragsangebot der Klägerin wurde nach dem objektiven Empfängerhorizont von beiden Mietern konkludent ange-nommen, indem der Zeuge B.

in dem gemieteten Einfamilienhaus Gas verbrauchte. Dabei handelte er sowohl im eigenen Namen als auch als [X.] für die Beklagte.
Die erforderliche Vertretungsmacht ergibt sich hier jedenfalls nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht.
a) Eine Duldungsvollmacht liegt vor, [X.]n der Vertretene es willentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt, und der [X.] dieses Dulden nach [X.] und Glauben dahin versteht und auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde zu den vorgenommenen [X.] bevollmächtigt ist (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Urteile vom 14. Mai 2002 -
XI ZR 155/01, NJW 2002, 2325 unter [X.] (1); vom 10. März 2004 -
IV ZR 143/03, NJW-RR 2004, 1275 unter [X.] (1); vom 10. Januar 2007 -
VIII ZR 380/04, NJW
2007, 987 Rn. 19; vom 11. Mai 2011 -
VIII ZR 289/09, [X.]Z 189, 346 Rn. 14; jeweils mwN).
b) Das ist hier der Fall. Indem die Beklagte den Mietvertrag unterzeichne-te und den Mitmieter im [X.] daran ohne weitere Vereinbarungen in das Haus einziehen ließ, duldete sie es willentlich, dass er die -
zur Nutzung zwin-gend erforderliche -
Heizung in Betrieb nahm, hierdurch Gas verbrauchte
und damit die [X.] annahm.
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-
4. Mit ihrer weiteren
Gegenrüge, der Annahme des Abschlusses eines Gaslieferungsvertrags durch konkludente Annahme der [X.] der Klägerin durch Entnahme von Gas stehe hier der Inhalt der Richtlinie 2009/73/[X.] und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/[X.] ([X.] Nr. L 211, [X.]; im Folgenden: Richtlinie) entgegen, da die sich aus Erwägungsgrund 48 und Art. 3 Abs. 3 sowie Anhang 1 der Richtlinie Transparenzanforderungen ergäben, wonach der Kunde vor dem Abschluss des [X.] in jedem Fall über die Vertragsbedingungen in-formiert werden müsse, kann die Revisionserwiderung schon deshalb keinen Erfolg haben, weil sie keinen hierauf bezogenen Sachvortrag in den [X.] aufzeigt.
Zudem verkennt die Revisionserwiderung, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weder die Beklagte noch der Zeuge B.

der Klä-gerin als Grundversorgerin die Entnahme von Gas mitgeteilt haben. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1
der auf den hier vorliegenden Gasversorgungsvertrag anzu[X.]-den [X.] (§ 1 Abs. 1 Satz 4 [X.]) ist der Kunde, [X.]n der Grundver-sorgungsvertrag dadurch zustande kommt, dass Gas aus dem Versorgungs-netz der allgemeinen Versorgung entnommen wird, über das der Grundversor-ger die Grundversorgung durchführt, verpflichtet, dem Grundversorger die Ent-nahme von Gas unverzüglich in Textform mitzuteilen.
Da die Beklagte und der Zeuge B.

dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sind, bestand für die Klägerin keine Möglichkeit, sie bereits im Zusammenhang mit dem konklu-denten Abschluss des Gaslieferungsvertrags über die Vertragsbedingungen zu informieren.
Der Beklagten ist es deshalb jedenfalls gemäß §
242 [X.] versagt, ihre Zahlungspflicht aus diesem Grund in Abrede zu stellen.

29
-
13
-
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung
steht im Übrigen auch der von ihr nicht näher ausgeführte Gesichtspunkt einer richtlinienkonfor-men
Auslegung der vorgenannten Bestimmungen schon deshalb der Annahme eines konkludenten Abschlusses eines Gaslieferungsvertrags zwischen der Klägerin sowie der Beklagten und dem Zeugen B.

nicht entgegen, weil die Richtlinie zwar die oben dargestellten Informationspflichten vorsieht, nicht jedoch das Zustandekommen eines Vertrags
als solchen regelt.

III.
Nach alledem
kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endent-scheidung reif, da das Berufungsgericht -
von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig -
keine Feststellungen zur Höhe der Klageforderung sowie zu der von der Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung getroffen hat. Die Sache

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-
ist daher insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs-gericht zurückzuverweisen (§
563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Dr. [X.]
Dr. [X.]
Dr. [X.]

Dr. Bünger
Kosziol
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 01.08.2012 -
13 [X.]/11 -

KG [X.], Entscheidung vom 10.10.2013 -
22 [X.] -

Meta

VIII ZR 313/13

22.07.2014

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2014, Az. VIII ZR 313/13 (REWIS RS 2014, 3882)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3882

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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