Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.07.2022, Az. 10 AZR 220/20

10. Senat | REWIS RS 2022, 4984

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Gegenstand

Vergütung und Zuschläge für die Arbeit am 24. Dezember


Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 18. Februar 2020 - 7 [X.]/19 - wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten der ersten Instanz haben die Klägerin 37 % und die Beklagte 63 % zu tragen. Die Kosten der Berufung und der Revision hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütung (Grundentgelt, Zulage und Zuschläge) für die Arbeit am 24. Dezember 2017.

2

Die Klägerin ist seit dem 1. November 2010 bei der [X.] in deren Filmtheater in [X.] als Servicemitarbeiterin, zuletzt in der Funktion einer Ebenenleitung, beschäftigt. Aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung finden auf das Arbeitsverhältnis die von der [X.] und weiteren Unternehmen der CineStar-Gruppe mit der [X.] [X.] geschlossenen Mantel- und Entgelttarifverträge in der jeweiligen Fassung Anwendung. Dazu zählen der Manteltarifvertrag vom 27. Januar 2017 ([X.]) und der unter demselben Datum geschlossene [X.] ([X.]). Im [X.] heißt es auszugsweise:

        

„§ 2   

        

Regelmäßige Arbeitszeit

        

1. Die Arbeitszeit in den [X.] wird durch die [X.]esonderheiten des [X.]erufs bestimmt. Die Spitze der Arbeitsleistung liegt demgemäß in der zweiten Tageshälfte, am Wochenende und an den Feiertagen.

        

…       

        

§ 4     

        

Regelmäßige arbeitsfreie [X.]

        

…       

                 
        

2. Der 24. Dezember ist grundsätzlich spielfrei und darf nicht als freier Tag angerechnet werden. Wird an diesem Tag dennoch gearbeitet, so bedarf es hierzu der Zustimmung der betroffenen [X.]eschäftigten, es sei denn, dass

        

a)    

diese Praxis bisher betriebsüblich war,

        

b)    

die Vorstellungen bis 18:00 Uhr beendet sind,

        

c)    

Arbeiten zur Aufrechterhaltung des [X.]etriebs notwendig sind.

        

§ 5     

        

Zuschlagspflichtige Arbeitszeit

        

1.    

Feiertagszuschläge

        

Wer an einem gesetzlichen Feiertag arbeitet, erhält einen Zuschlag von 50 %. Für den Ostersonntag und -montag, den 1. Mai, den [X.] und -montag sowie den 1. und 2. Weihnachtsfeiertag ist ein Zuschlag von 100 % zu zahlen. Wer am 24. Dezember arbeitet, erhält eine durchschnittliche Tagesvergütung sowie einen Zuschlag von 100 % für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit.

        

...     

        

2.    

Nachtarbeit

        

Nachgewiesene Arbeitszeit nach 23:00 Uhr, die über 00:00 Uhr hinausgeht, ist mit einem Zuschlag von 50 % zu vergüten.

        

3.    

Taxikosten

        

Taxikosten, die dem/der ArbeitnehmerIn durch nachgewiesene Nachtarbeit entstehen, werden gegen Vorlage der [X.]elege nur dann erstattet, wenn die Arbeitszeit nach 24:00 Uhr endet und zu dieser [X.] der ÖPNV nicht, nicht mehr oder nur zeitlich bzw. örtlich eingeschränkt (in diesem Fall ist der ÖPNV bis zu dem der Wohnung am nächsten gelegenen Haltepunkt zu nutzen) genutzt werden kann und andere Fahrgelegenheiten (z[X.] mit eigenem PKW, Motorrad, Fahrrad, Fahrgemeinschaft etc.) nicht möglich oder nicht vorhanden sind. Taxifahrten sind darüber hinaus vorher für den betreffenden Tag oder für einen längeren [X.]raum bei der Arbeitgeberin zu beantragen. Die Kostentragung erfolgt nur, wenn diese für den konkreten Fall durch die Arbeitgeberin genehmigt wurde. Erstattet wird nur der kürzeste Weg von der Arbeitsstätte zur Wohnung. Wird der direkte Weg aus nichtbetrieblichen Gründen verlassen, entfällt der Erstattungsanspruch, selbst wenn die Voraussetzungen für eine Erstattung vorgelegen hätten.

        

…       

        

§ 10   

        

Vergütung

        

…       

        

2. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach dem [X.]. Die darin angegebenen [X.]eträge sind Mindestsätze.

        

...“   

3

Der [X.] lautet auszugsweise:

        

„§ 2   

        

Entgeltsätze und -tabelle

        

1. [X.] erhalten das Entgelt, das sich für den jeweiligen [X.]etrieb, in dem sie beschäftigt werden, aus den Stundenentgeltsätzen der als Anlage 1 diesem Tarifvertrag beigefügten [X.] in Verbindung mit den [X.]estimmungen des Manteltarifvertrags unter [X.]erücksichtigung ihrer individuellen Arbeitszeit ergibt. ...“

4

In der Anlage 1 zum [X.] ist ua. geregelt:

        

„Kategorie II

                          
        

Lohnstruktur

ab 1. März 2017

ab 1. Jan. 2018

Standorte

        

…       

                 

[X.], …   

        

Service ab 6 J.

9,32 Euro

        
        

Zulage EL

1,60 Euro

        
        

…“    

                 

5

Für die am 24. Dezember 2017 von der Klägerin erbrachte Arbeitsleistung von 6,35 Stunden rechnete die [X.]eklagte eine durchschnittliche Tagesvergütung iHv. 51,71 Euro brutto sowie einen Zuschlag von 100 % iHv. 69,34 Euro brutto ab und zahlte den entsprechenden Nettobetrag aus.

6

Mit E-Mail vom 13. März 2018 machte die Klägerin eine noch fehlende Vergütung für die Arbeit am Heiligabend iHv. 69,34 Euro brutto nebst Verzugszinsen geltend. Die [X.]eklagte lehnte eine Zahlung unter Hinweis auf § 5 Nr. 1 Satz 3 [X.] ab.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, für die am 24. Dezember 2017 geleistete Arbeit stehe ihr neben der durchschnittlichen Tagesvergütung sowie einem Zuschlag von 100 % auch die Grundvergütung sowie die Ebenenleitungszulage zu. § 5 Nr. 1 Satz 3 [X.] regle zwei Zuschläge für die Arbeitsleistung am 24. Dezember. Dass mit dem Anspruch auf eine durchschnittliche Tagesvergütung der Anspruch auf die nach den tatsächlich geleisteten Stunden bemessene Vergütung ersetzt werden sollte, kann von den Tarifvertragsparteien nicht gewollt gewesen sein. Dies widerspreche der Tarifüblichkeit und dem [X.]. Mit der Zuschlagsregelung hätten die Tarifvertragsparteien vielmehr dem Umstand Rechnung getragen, dass der 24. Dezember in [X.] der wichtigste Abend des Weihnachtsfests sei. Dies ergebe sich auch aus § 4 Nr. 2 [X.], wonach dieser Tag grundsätzlich spielfrei sei.

8

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Interesse - beantragt,

        

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 69,34 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit dem 3. Mai 2018 zu zahlen.

9

Die [X.]eklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe neben der in § 5 Nr. 1 Satz 3 [X.] geregelten Vergütung, bestehend aus durchschnittlicher Tagesvergütung und Zuschlag iHv. 100 %, kein weiteres Entgelt für die am 24. Dezember 2017 erbrachte Arbeitsleistung zu. Es handle sich um eine abgeschlossene und besondere Vergütungsregelung für den Heiligabend, die gegenüber § 10 Nr. 2 [X.] iVm. § 2 Nr. 1 [X.] vorrangig sei. Da der 24. Dezember kein Feiertag sei, liege die Annahme fern, die Tarifvertragsparteien hätten diesen Tag mit einem Zuschlag von insgesamt 200 % versehen wollen. Aus § 4 Nr. 2 [X.] ergebe sich, dass der 24. Dezember gerade nicht spielfrei sei. Ohne die Regelung in § 5 Nr. 1 Satz 3 [X.] hätte die Klägerin, weil der 24. Dezember kein Feiertag sei, nur Anspruch auf das Grundentgelt gehabt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit sie auf die Zahlung der Vergütung nebst Zinsen gerichtet war, stattgegeben und sie abgewiesen, soweit die Klägerin daneben eine Pauschale nach § 288 Abs. 5 [X.]G[X.] iHv. 40,00 Euro geltend gemacht hat. Die für die [X.]eklagte zugelassene [X.]erufung hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der von ihm zugelassenen Revision will die [X.]eklagte weiterhin erreichen, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die [X.]erufung der [X.]eklagten zu Recht zurückgewiesen. Die auf Zahlung weiteren Entgelts für am 24. Dezember 2017 geleistete Arbeit iHv. 69,34 Euro brutto zuzüglich Zinsen gerichtete Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf die geltend gemachte Vergütung.

I. Gegenstand der Revision sind allein vertragliche Ansprüche. Nur hierüber hat das [X.] entschieden. Die Klägerin hat sich in den Tatsacheninstanzen auf die [X.] anwendbaren Tarifverträge und andere [X.]estimmungen des Arbeitsvertrags berufen. Ansprüche aus normativ geltenden Tarifverträgen hat sie hingegen nicht verfolgt. Diese beiden Ansprüche sind unterschiedlich ausgestaltet und erfordern unterschiedlichen Tatsachenvortrag zu dem jeweiligen Lebenssachverhalt; es handelt sich deshalb um zwei Streitgegenstände ([X.]Rspr., zuletzt z[X.] [X.] 23. Februar 2022 - 4 [X.] - Rn. 28 mwN). Soweit die Klägerin erstmals in der Revisionsinstanz vorgetragen hat, sie sei im streitigen [X.]punkt Mitglied der tarifschließenden [X.] [X.] gewesen, war damit - wie in der Verhandlung vor dem Senat klargestellt wurde - keine (unzulässige) Klageerweiterung verbunden.

II. Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin nach den [X.]estimmungen von [X.] und [X.] für die am 24. Dezember 2017 versehene Arbeit neben einer durchschnittlichen Tagesvergütung und einem Zuschlag iHv. 100 % auch die Grundvergütung und die Zulage für die Ebenenleitung zustehen.

1. Die Ansprüche auf die Grundvergütung und die Ebenenleitungszulage ergeben sich aus § 10 Nr. 2 [X.], § 2 Nr. 1 [X.] iVm. dessen Anlage 1. Danach hat die seit mehr als sechs Jahren beschäftigte, am Standort [X.] als Ebenenleitung eingesetzte Klägerin Ansprüche auf eine Grundvergütung von 9,32 Euro brutto pro Stunde und auf eine Ebenenleitungszulage iHv. 1,60 Euro brutto pro Stunde. Für die am 24. Dezember 2017 von der Klägerin erbrachte Arbeitsleistung von 6,35 Stunden ergeben sich damit weitere Vergütungsansprüche von insgesamt 69,34 Euro brutto.

2. Diese beiden Ansprüche werden nicht durch § 5 Nr. 1 Satz 3 [X.] als speziellerer Regelung verdrängt. Die Auslegung des [X.] ergibt, dass mit § 5 Nr. 1 Satz 3 [X.] Ansprüche auf zwei Zuschläge geregelt werden, die neben die Ansprüche auf die Grundvergütung und - wie im Streitfall - auf eine Tätigkeitszulage treten (vgl. zu den Grundsätzen der Tarifauslegung die [X.]Rspr., z[X.] [X.] 13. Oktober 2021 - 4 [X.] - Rn. 21 mwN).

a) Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Wortlaut von § 5 Nr. 1 Satz 3 [X.] nicht eindeutig ist.

aa) Dort findet sich die Regelung, welche Entgeltleistungen ein am 24. Dezember tätiger Arbeitnehmer erhält. Unklar ist aber, ob die neben dem Zuschlag von 100 % zu zahlende durchschnittliche Tagesvergütung an die Stelle der Vergütung nach dem [X.] tritt oder ob sie als ein Teil eines aus zwei Komponenten bestehenden Zuschlags für die Arbeit am 24. Dezember zu begreifen ist. Die Kombination aus Vergütung und Zuschlag in § 5 Nr. 1 Satz 3 [X.] lässt den Schluss zu, dass damit die Vergütung für am 24. Dezember geleistete Arbeit - wie die [X.]eklagte meint - abschließend geregelt werden soll.

bb) Ein solches Verständnis ist allerdings nicht zwingend. Der Wortlaut lässt auch den Schluss zu, dass die [X.]estimmung ausschließlich Zuschläge zum Gegenstand hat.

(1) Aus der Verknüpfung der beiden Komponenten durch die Konjunktion „sowie“ kann - anders als die [X.]eklagte annimmt - nicht hergeleitet werden, dass die Durchschnittsvergütung an die Stelle der Grundvergütung nach dem [X.] tritt. Die Konjunktion dient der Verknüpfung von Gliedern einer Aufzählung und steht synonym für „und“, „und außerdem“, „und auch“, „wie auch“ (www.duden.de Stichwort „sowie“, zuletzt abgerufen am 19. Juli 2022). Da die Tarifvertragsparteien die Konjunktion „sowie“ auch in § 5 Nr. 1 Satz 2 [X.] bei der Aufzählung der Feiertage, an denen erbrachte Arbeit mit einem höheren Zuschlag zu entlohnen ist, verwendet haben, spricht die Formulierung in Satz 3 ebenfalls für eine bloße Aufzählung von Entgeltkomponenten.

(2) Dass die Tarifvertragsparteien eine dieser beiden Komponenten als Vergütung und die andere als Zuschlag bezeichnet haben, rechtfertigt ebenso wenig die Annahme einer gegenüber der Vergütungsregelung nach § 10 Nr. 2 [X.] iVm. dem [X.] vorrangigen und abschließenden Vergütungsregelung. Über einen möglichen ersetzenden Charakter der [X.]estimmung lässt sich aus diesem Wortlaut nichts ableiten.

b) Aus der Systematik der Tarifnorm und dem Gesamtzusammenhang ergibt sich allerdings deutlich, dass die beiden in § 5 Nr. 1 Satz 3 [X.] geregelten Entgeltleistungen zusätzlich zum regelmäßigen Stundenentgelt als Zuschläge für die Arbeit am 24. Dezember bezahlt werden sollen.

aa) Die Regelung ist in § 5 [X.] getroffen, der mit „Zuschlagspflichtige Arbeitszeit“ überschrieben ist. Zwar wäre es mit dieser Überschrift jedenfalls nicht unvereinbar, nicht nur Zuschläge für die Arbeit zu bestimmten [X.]en zu regeln, sondern auch die Grundvergütung. Allerdings ist § 5 Nr. 1 [X.] seinerseits mit der weiteren Überschrift „Feiertagszuschläge“ versehen. Dem widerspricht es, wenn Gegenstand von § 5 Nr. 1 [X.] auch die Grundvergütung sein sollte. Daran ändert nichts, dass in § 5 [X.] nicht nur Zuschläge, sondern auch andere finanzielle Leistungen geregelt sind. Die [X.]eklagte beruft sich auf § 5 Nr. 3 [X.], der den Ersatz angefallener Taxikosten vorsieht. Die Regelung hierzu steht unter einer anderen Überschrift und - darauf hat das [X.] zu Recht hingewiesen - gewährt einen Anspruch auf Aufwendungsersatz, der wiederum im Zusammenhang mit der Nachtarbeit und den hierfür in § 5 Nr. 2 [X.] vorgesehenen Zuschlägen steht.

bb) Nicht entscheidend ist, dass der 24. Dezember kein gesetzlicher Feiertag ist. [X.] Regelungen über die Zahlung eines Zuschlags für Feiertagsarbeit knüpfen zwar regelmäßig an die gesetzlichen Feiertage am [X.]eschäftigungsort an. Das schließt aber nicht aus, dass die Tarifvertragsparteien auch andere Tage mit einem Feiertagszuschlag belegen. Abweichende Regelungen müssen nur deutlich erkennbar sein ([X.] 24. Februar 2021 - 10 [X.] - Rn. 16 mwN). In diesem Sinn haben die Tarifvertragsparteien in § 5 Nr. 1 Satz 2 [X.] ua. den [X.] und den [X.] mit einem Zuschlag belegt, obwohl diese Tage z[X.] im Freistaat [X.]ayern (Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.]ayFTG) und im [X.] [X.], für das die Tarifverträge mit [X.]lick auf die Standorte der Kinos auch gelten, keine gesetzlichen Feiertage sind (§ 2 Abs. 1 Feiertagsgesetz NW; vgl. dazu [X.] 24. Februar 2021 - 10 [X.] - aaO).

cc) Die Systematik des § 5 Nr. 1 [X.] zeigt, dass die Tarifvertragsparteien von gestuften Zuschlägen für die Arbeit an den von ihnen als Feiertage definierten Tagen ausgegangen sind und für die Arbeit am 24. Dezember die höchsten Zuschläge festgelegt haben. Für gesetzliche Feiertage ist in § 5 Nr. 1 Satz 1 [X.] ein Zuschlag von 50 % vorgesehen. An bestimmten [X.] - an [X.] und [X.] jeweils mit Sonntag und Montag, an beiden [X.] sowie am 1. Mai - fallen für die Arbeit Zuschläge von 100 % an (§ 5 Nr. 1 Satz 2 [X.]). Der Grundzuschlagssatz nach Satz 1 wird an diesen Tagen verdoppelt. In einem weiteren Schritt wird die Arbeit am 24. Dezember geregelt. Dort sind mit der durchschnittlichen Tagesvergütung und dem Zuschlag iHv. 100 % zwei zusätzliche Entgeltkomponenten vorgesehen. Soweit die [X.]eklagte insoweit einwendet, dieses Verständnis führe zu einem Zuschlag von insgesamt - je nach Höhe der Durchschnittsvergütung - etwa 200 %, was [X.] im Vergleich zu den „echten [X.]“ nicht gerechtfertigt sei, geht dies fehl. Maßgeblich ist insoweit die Wertung der Tarifvertragsparteien. Diese haben der Arbeit am 24. Dezember eine besondere [X.]edeutung zugemessen und dies durch die Stufung der [X.] in § 5 Nr. 1 [X.] zum Ausdruck gebracht. Hätten die Tarifvertragsparteien beabsichtigt, dass für die Arbeit am 24. Dezember als Zuschlag nur ein zusätzliches Entgelt iHv. 100 % zu zahlen ist, hätte es nahegelegen, den [X.] in die Aufzählung in § 5 Nr. 1 Satz 2 [X.] aufzunehmen.

dd) Auch aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich, dass die Arbeit am 24. Dezember mit einer besonders hohen Vergütung entlohnt werden soll.

(1) Nach § 4 Nr. 2 Satz 1 [X.] ist der 24. Dezember grundsätzlich spielfrei. Satz 2 regelt, dass für die Arbeit an diesem Tag grundsätzlich die Zustimmung der [X.]eschäftigten einzuholen ist, es sei denn, es greift einer der drei benannten Ausnahmefälle. Die [X.]estimmung eines einzigen Tages im Jahr als grundsätzlich spielfrei zeigt die besondere [X.]edeutung, die die Tarifvertragsparteien diesem Tag zugemessen haben. Dass an diesem Tag gleichwohl gearbeitet werden darf, lässt den besonderen Charakter nicht entfallen. § 4 Nr. 2 Satz 2 [X.] regelt nur, unter welchen Voraussetzungen die Zustimmung der Arbeitnehmer für einen Einsatz am 24. Dezember entbehrlich und dass das Direktionsrecht der [X.]eklagten insoweit nicht beschränkt ist. Es hebt den Grundsatz aber nicht auf, dass der Tag spielfrei sein soll. Darauf, ob die Arbeitsleistung am 24. Dezember in der [X.] Wirklichkeit die Ausnahme ist, kommt es entgegen der Ansicht der [X.]eklagten nicht an. Das [X.] hat zutreffend herausgearbeitet, dass die Tarifvertragsparteien für den 24. Dezember regulatorisch ein Regel-Ausnahme-Verhältnis hergestellt haben.

(2) Der bereits thematisierte Einwand der [X.]eklagten, ein Zuschlag für Arbeit am 24. Dezember von 200 % sei [X.] im Verhältnis zu den Zuschlägen an „echten [X.]“ nicht zu rechtfertigen, lässt sich auch aus dem Gesamtzusammenhang widerlegen. § 2 Nr. 1 [X.] sieht vor, dass die Spitze der Arbeitsleistung aufgrund der [X.]esonderheiten des [X.]erufs in der zweiten Tageshälfte, am Wochenende und an den [X.] liegt. Daraus ergibt sich, dass die Tarifvertragsparteien Feiertage als gewöhnliche Arbeitstage angesehen haben, die Arbeit an diesen Tagen aber gleichwohl mit Zuschlägen von 50 % oder 100 % belegt haben. Wenn die Tarifvertragsparteien dann den einzigen, ausdrücklich als grundsätzlich spielfrei deklarierten [X.] mit einem Zuschlag versehen, der in der Höhe über die Zuschläge an gewöhnlichen (§ 5 Nr. 1 Satz 1 [X.]) und besonderen [X.] (§ 5 Nr. 1 Satz 2 [X.]) hinausgeht, handelt es sich um eine in sich stimmige Regelung.

c) Sinn und Zweck der Regelung stützen das Auslegungsergebnis. Die Tarifvertragsparteien haben die Arbeit an [X.] mit Zuschlägen in unterschiedlicher Höhe versehen. Sie wollen damit die Arbeit zu besonders ungünstigen Lagen höher vergüten und haben die Zuschlagshöhe mit zunehmender [X.]edeutung der Tage als freie [X.] entsprechend gesteigert. Die [X.]eklagte weist zutreffend darauf hin, dass Arbeitnehmer, die am 24. Dezember Arbeit versehen, erst durch die Regelung in § 5 Nr. 1 Satz 3 [X.] in den Genuss einer höheren als der Grundvergütung kommen. Das rechtfertigt aber nicht die Annahme, der Zweck der Tarifnorm liege darin, eine eigenständige und abschließende Vergütungsregelung für den 24. Dezember zu treffen. Vielmehr sollen Arbeitnehmer mit dem zusätzlichen Anspruch auf eine durchschnittliche Tagesvergütung motiviert werden, am 24. Dezember zu arbeiten. Der daneben vorgesehene Zuschlag von 100 % stellt die klassische Zuschlagsregelung für die Arbeit an [X.] im tariflichen Sinn dar. Mit beiden Komponenten wird zum einen bezweckt, Arbeitnehmer an einem Tag zur Arbeit zu motivieren, der - jedenfalls am Spätnachmittag und Abend - häufig dem Familienleben vorbehalten ist. Zum anderen soll mit der Vergütungsregelung erreicht werden, den am 24. Dezember tätigen Arbeitnehmern für die ungünstige Lage der Arbeitszeit einen Ausgleich zukommen zu lassen. Es liegt fern anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien mit der Regelung einer durchschnittlichen Tagesvergütung eine Pauschalvergütung einführen wollten, die vom Umfang der tatsächlichen Arbeitsleistung, an die der [X.] anknüpft, abgekoppelt ist.

3. Da der Klägerin die Ansprüche bereits auf der Grundlage der nach dem Arbeitsvertrag anwendbaren Tarifverträge zustehen, kann offenbleiben, ob sich diese - daneben - auch aus anderen arbeitsvertraglichen Regelungen ergeben (offengelassen auch von [X.] 16. Mai 2018 - 6 [X.]/18 - zu II 1 c der Gründe).

4. Der von der Klägerin erst für die [X.] ab 3. Mai 2018 geltend gemachte Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 [X.]G[X.].

III. Die [X.]eklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen. Die von Amts wegen zu prüfende Kostenentscheidung der Vorinstanzen ist hinsichtlich des [X.] für die erste Instanz zu korrigieren; die Entscheidung über die Kosten der [X.]erufung ist nicht zu beanstanden (vgl. zur Überprüfung der Kostenentscheidung der Vorinstanzen von Amts wegen [X.] 22. Januar 2020 - 10 [X.] - Rn. 61 mwN, [X.]E 169, 285). [X.] hat die Klägerin auch eine Pauschale nach § 288 Abs. 5 Satz 1 [X.]G[X.] iHv. 40,00 Euro geltend gemacht. Sie ist eine Nebenforderung, wenn sie neben der Hauptschuld geltend gemacht wird. Nach § 4 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO ist sie in die [X.] nicht einzubeziehen (vgl. [X.] 27. März 2019 - 5 [X.] - Rn. 12 ff., [X.]E 166, 216). Gleichwohl ist sie im Rahmen der Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Das teilweise Unterliegen der Klägerin wirkt sich daher bei der Kostenquote zu ihren Lasten aus ([X.] 15. Juli 2020 - 10 [X.] - Rn. 60 mwN, [X.]E 171, 280).

        

    W. Reinfelder    

        

    Günther-Gräff    

        

    Pessinger    

        

        

        

    [X.]    

        

    [X.]    

                 

Meta

10 AZR 220/20

20.07.2022

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Bamberg, 21. Dezember 2018, Az: 5 Ca 376/18, Urteil

§ 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.07.2022, Az. 10 AZR 220/20 (REWIS RS 2022, 4984)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4984

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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