Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.09.2010, Az. 6 PB 12/10

6. Senat | REWIS RS 2010, 3530

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Gegenstand

Personalvertretungsrechtlicher Maßnahmebegriff; Überwachung von Beschäftigten durch einen Dritten; Beteiligung bei der Vermietung von Diensträumen


Leitsatz

1. Die Überwachung von Beschäftigten durch einen Dritten ohne Wissen oder Zustimmung des Dienststellenleiters ist keine diesem zuzurechnende Maßnahme im Sinne des Personalvertretungsrechts.

2. Die Vermietung von Diensträumen ist nicht anhörungspflichtig nach § 75 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 NWPersVG.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 [X.] i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung.

2

1. Der Antragsteller will sinngemäß geklärt wissen, ob die Überwachung von Beschäftigten durch einen [X.] dem Dienststellenleiter als eigene Maßnahme zuzurechnen ist, wenn dieser rechtlich und faktisch auf den [X.] Einfluss nehmen kann. Diese Frage ist unter den hier gegebenen Umständen eindeutig im Sinne des [X.] zu beantworten, so dass es ihrer Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht bedarf.

3

a) In der Senatsrechtsprechung ist geklärt, unter welchen Umständen eine Maßnahme, die der Dienststellenleiter nicht selbst trifft, ihm [X.] zuzurechnen ist. Dies ist der Fall, wenn der Dienststellenleiter einem Dezernat oder einer anderen organisatorisch nachgeordneten Stelle, die keine Dienststelle im [X.]en Sinne ist, Befugnisse zur eigenständigen Bearbeitung und Entscheidung überträgt. [X.] kann gelten, wenn die nachgeordnete Stelle eine eigene Rechtspersönlichkeit hat; deren Maßnahmen sind dem Dienststellenleiter zuzurechnen, wenn dessen arbeitsrechtliche Stellung gegenüber den betroffenen Beschäftigten unberührt bleibt (vgl. Beschluss vom 2. März 1993 - BVerwG 6 P 34.91 - [X.] 250 § 75 BPersVG Nr. 85 S. 123 f.). Eine Maßnahme des [X.] liegt vor, wenn dieser einen [X.] mit der Überwachung der Beschäftigten beauftragt. Eine entsprechende Wertung kommt in Betracht, wenn der Dienststellenleiter die Beschäftigten anweist, die Überwachung durch einen [X.] zu dulden (vgl. Beschluss vom 29. August 2001 - BVerwG 6 P 10.00 - [X.] 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 8 S. 17; [X.], Beschluss vom 27. Januar 2004 - 1 ABR 7/03 - [X.]E 109, 235 <242 f.>).

4

Eine vergleichbare Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Nach den Feststellungen des [X.] hat die kuweitische Botschaft die Videokamera vor dem von ihr gemieteten [X.] ohne Wissen des Beteiligten angebracht und ohne dessen Zustimmung eingesetzt.

5

b) Eine abweichende Bewertung ist nicht deswegen geboten, weil der Beteiligte gegen die Nutzung der Kamera nichts unternommen hat. Nach ständiger Senatsrechtsprechung kann von einer Maßnahme im [X.]en Sinne (vgl. § 66 Abs. 1 und 2 [X.]) nur gesprochen werden bei einer Handlung oder Entscheidung, die den Rechtsstand der Beschäftigten berührt. Die Maßnahme muss auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielen. Nach Durchführung der Maßnahmen müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben. Ein Unterlassen erfüllt diese Voraussetzungen nicht, weil die dienst- oder arbeitsrechtliche Stellung von Beschäftigten nicht berührt wird, es vielmehr bei dem bestehenden Zustand verbleibt (vgl. Beschlüsse vom 18. Dezember 1996 - BVerwG 6 [X.] - BVerwGE 104, 14 <15 f.> = [X.] 251.95 § 51 [X.] Nr. 1 S. 2, vom 16. November 1999 - BVerwG 6 P 9.98 - [X.] 251.95 § 51 [X.] Nr. 2 S. 2 f., vom 29. Januar 2003 - BVerwG 6 P 15.01 - [X.] 251.95 § 51 [X.] Nr. 4 S. 18 und vom 18. Mai 2004 - BVerwG 6 P 13.03 - BVerwGE 121, 38 <43> = [X.] 251.0 § 79 BaWüPersVG Nr. 17 S. 3).

6

c) Eine andere Frage ist, ob der Antragsteller im Wege des [X.] nach § 66 Abs. 4 [X.] verlangen kann, dass der Beteiligte seine Rechtsstellung als Vermieter der fraglichen Räumlichkeiten im Dienstgebäude des Universitätsklinikums mit dem Ziel nutzt, die Überwachung der Beschäftigten durch die kuweitische Botschaft für die Zukunft zu beseitigen oder soweit als möglich zu begrenzen (vgl. dazu Beschlüsse vom 29. September 2004 - BVerwG 6 P 4.04 - [X.] 251.5 § 69 HePersVG Nr. 1 S. 5 und vom 9. Januar 2008 - BVerwG 6 PB 15.07 - [X.] 251.2 § 85 [X.] Nr. 14 Rn. 8). Dies bedarf hier keiner Vertiefung. Denn ein dahin gehendes Mitbestimmungsrecht in aktiver Form ist nicht Gegenstand des streitigen Begehrens.

7

2. Der Antragsteller will ferner sinngemäß geklärt wissen, ob die Vermietung von Diensträumen nach § 75 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 [X.] beteiligungspflichtig ist. Die Frage ist mit dem Oberverwaltungsgericht eindeutig zu verneinen.

8

Nach der vorbezeichneten Vorschrift ist der Personalrat anzuhören bei der Anmietung von Diensträumen. Eine Beteiligungspflicht für die Vermietung von Diensträumen ist vom Gesetzeswortlaut nicht gedeckt. Eine Analogie scheidet ebenfalls aus. Es fehlt an einer planwidrigen Lücke. Sinn der Anhörung des Personalrats bei der Anmietung von Diensträumen ist es, die Dienststelle im Vorfeld des Arbeitsschutzes bei der menschengerechten Gestaltung der Arbeitswelt zu unterstützen (vgl. Cecior/[X.]/[X.]/[X.], Das Personalvertretungsrecht in [X.], § 75 Rn. 22). Dieses Anliegen kommt bei der Vermietung von Diensträumen typischerweise nicht zum Tragen. Sicherheitsaspekte der vom Antragsteller hervorgehobenen Art stehen bei § 75 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 [X.] nicht im Vordergrund.

9

Soweit der Antragsteller auf die Systematik der [X.] abstellt, ist ihm entgegenzuhalten, dass das [X.] Personalvertretungsgesetz keine Allzuständigkeit des Personalrats vorsieht, sondern einen abschließenden Katalog einzeln aufgezählter [X.] enthält. Dass ein solcher Tatbestand - von dem bereits erörterten abgesehen - hier eingreifen könnte, ist in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt (§ 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 92a Satz 2 ArbGG).

Meta

6 PB 12/10

09.09.2010

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: PB

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 20. Mai 2010, Az: 16 A 276/09.PVL, Beschluss

§ 66 Abs 1 PersVG NW, § 66 Abs 2 PersVG NW, § 66 Abs 4 PersVG NW, § 75 Abs 1 Nr 3 Alt 2 PersVG NW

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.09.2010, Az. 6 PB 12/10 (REWIS RS 2010, 3530)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3530

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