Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2013, Az. II ZR 56/12

II. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8096

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 56/12

Verkündet am:
19. Februar 2013
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 246, § 250 Abs. 1, § 251 Abs. 3
a)
Wird die Wahl eines [X.] durch die Hauptversammlung wegen Verletzung des Gesetzes oder der Satzung durch Klage angefochten, so führt die Beendigung des Amtes durch Rücktritt des gewählten [X.] zum Wegfall des [X.] für die Wahlanfechtungsklage, wenn die Nichtigerklärung keinen Einfluss auf die Rechtsbeziehungen der Gesellschaft, der Aktionäre sowie der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats mehr haben kann.
b)
Die Nichtigerklärung oder Nichtigkeitsfeststellung eines [X.] hat grundsätzlich solche Auswirkungen, wenn die Beschlussfähigkeit oder das Zustandekommen eines Aufsichtsratsbe-schlusses von der Stimme eines [X.] abhängt, dessen Wahl nichtig ist oder für nichtig erklärt wird. Das Aufsichtsratsmitglied, dessen Wahl nichtig ist oder für nichtig erklärt wird, ist für die Stimmabgabe und Beschlussfassung wie ein Nichtmitglied zu behandeln.
[X.], Urteil vom 19. Februar 2013 -
II ZR 56/12 -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der I[X.] Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Februar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Bergmann und [X.]
Strohn, die Richterin Dr.
Reichart sowie [X.]
Drescher und Born

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 20. Januar 2012 aufgehoben.
[X.] wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Aktionär der Beklagten und hat die Beschlüsse der [X.] der Beklagten vom 28.
August 2008 über die Wahl zum Auf-sichtsrat von Dr.
B.

, [X.]

, [X.]

, Dr.
V.

, die [X.] wurden, sowie M.

und Dr.
P.

, die neu gewählt wurden,
angefoch-ten. Zwischen dem 1.
Oktober 2008 und 5.
Februar 2009 legten diese Mitglie-der des Aufsichtsrats der Beklagten ihre Ämter nieder, [X.]

mit Schrei-ben vom 1.
Oktober 2008, eingegangen beim Vorstand der Beklagten am 1
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6.
Oktober 2008, M.

mit Schreiben vom 14.
November 2008, Dr.
B.

mit Schreiben vom 28.
November 2008 mit Wirkung zum 30. November 2008,
[X.]

mit Schreiben vom 19.
November 2008 mit Wirkung zum 30. November 2008, Dr.
V.

mit Schreiben vom 21.
Januar 2009 mit Wirkung zum [X.] der nächstfolgenden Hauptversammlung, die am 25.
März 2009 stattfand, und Dr.
P.

mit Schreiben vom 2.
Februar 2009 mit
Wirkung zum 1.
Februar 2009. Die am 29. September 2008 eingereichte Anfechtungsklage wurde am 17.
Oktober 2008 zugestellt.
Die Anfechtungsklage
bzw. hilfsweise erhobene Nichtigkeitsfeststel-lungsklage
hat der Kläger unter anderem damit begründet, dass der [X.] keinen Wahlvorschlag für die Nachwahl des ausscheidenden Aufsichtsrats-mitglieds A.

gemacht habe, das auf Vorschlag der Bundesregierung gewählt werden sollte. Die Wiederwahl von Aufsichtsratsmitgliedern sei treuwid-rig gewesen, weil die von der Hauptversammlung beschlossene Sonderprüfung nicht abgeschlossen gewesen sei und auch der im Auftrag des Vorstands [X.] nicht vorgelegt worden sei, so dass die Verant-wortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder nicht habe geprüft werden können. [X.]

sei als Aufsichtsrat ungeeignet, wie sich daran zeige, dass er kurz nach der Hauptversammlung als Vorstand der Kreditanstalt
für Wiederaufbau a[X.]e-rufen worden sei. Zahlreiche Auskunftsverlangen seien nicht oder nicht [X.] oder wahrheitswidrig beantwortet worden. Hilfsweise hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ha-be.
Das [X.] hat auf diesen Hilfsantrag des [X.] festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei, soweit er den Beschluss in der Hauptversammlung betreffend die Wahl des [X.] M.

be-treffe, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Unter Zurückweisung der Beru-fung des [X.] hat das Berufungsgericht auf die Anschlussberufung der Be-2
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klagten die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Revision des [X.].
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
[X.] Das Berufungsgericht ([X.], 6 [X.], juris) hat ausge-führt, ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungs-
und Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss der Hauptversammlung vom 28. August 2008 über die Wahl des [X.] [X.]

habe bereits bei Zustellung der Klage nicht mehr bestanden und sei hinsichtlich der anderen [X.] durch ihren Rücktritt entfallen. Eine Beschlussmängelklage komme im Falle der Amtsniederlegung eines anfechtbar gewählten [X.] ausnahmsweise nur noch dann in Betracht, wenn das Vorhandensein des an-fechtbar gewählten Aufsichtsrates in der [X.] bis zu dessen Amtsniederlegung zu weiteren, rechtlich relevanten Folgen geführt habe, an deren Verhinderung für den Anfechtungskläger ein besonderes rechtliches Interesse bestehe.
Es könne nur noch in solchen Ausnahmefällen bejaht werden, in denen die in an-fechtbarer Weise gewählten Aufsichtsratsmitglieder in der [X.] bis zu ihrer Amtsniederlegung weitere, ihrerseits rechtlich relevante Beschlüsse ([X.] hätten, zu denen es ohne ihre Mitwirkung nicht oder jedenfalls nicht mit dem gleichen Inhalt gekommen wäre.

Aufsichtsratsmitglied, das sein
Amt angenommen und ausgeübt hat, ungeachtet einer etwaigen Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit seiner Bestel-lung zumindest partiell und bis zum Widerruf seiner Bestellung oder bis zur Niederlegung seines Amtes wie ein wirksam bestelltes Mitglied des [X.] zu behandeln.
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e-gkeit eines anfechtbar gewählten Aufsichtsrates in der [X.] bis zu der Niederlegung seines Amtes allenfalls aus dessen Mitwirkung an der weiteren Beschlussfassung im Aufsichtsrat selbst oder in dessen Gremien ergeben;
aber selbst solche weite-ren, unter Mitwirkung eines fehlerhaft bestellten Aufsichtsrates gefassten [X.] ihrerseits kämen dabei wirksam zustande, wenn feststehe, dass sie nicht auf der Stimme des fehlerhaft bestellten Mitgliedes beruhten, sie mithin also nicht auch ohne die Mitwirkung des fehlerhaft bestellten Mitgliedes in glei-cher Weise zustande gekommen wären.
Der Kläger habe die erforderlichen Tatsachen für ein solches aus-nahmsweise fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis nicht vorgetragen und bewiesen. Die Beibringungs-
und Beweislast liege für eine Prozessvorausset-zung -
wie hier das Rechtsschutzbedürfnis -
bereits nach allgemeinen pro-zessualen Regeln
grundsätzlich beim Kläger. Auch durch das mögliche Eingrei-fen einer sekundären Behauptungslast der Beklagten zumindest im Hinblick auf das interne Abstimmungsverhalten der von der Klage betroffenen [X.]smitglieder sei der Kläger nicht seiner Verpflichtung enthoben, zunächst auf [X.] seiner primären Darlegungslast in dem ihm nach seiner Kenntnis der Umstände möglichen Umfang zumindest pauschal zu dem Bestehen seines [X.] vorzutragen. Auch wenn ihm das etwaige [X.] der betroffenen Aufsichtsratsmitglieder und deren Teilnahme oder Nichtteilnahme an den verschiedenen Sitzungen im Einzelnen nicht [X.] sein möge, hätte der Kläger dennoch zumindest allgemein dazu vortra-gen müssen, welche Beschlüsse in welchen Sitzungen des Aufsichtsrates in dem in Betracht kommenden [X.]raum vom 28. August 2008 bis zum 5. Februar 2009 überhaupt gefasst worden seien, aus deren wegen der möglichen Mitwir-kung der anfechtbar gewählten Aufsichtsräte unter Umständen fehlerhaftem 6
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6
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Zustandekommen sich trotz der zwischenzeitlichen Amtsniederlegung [X.] ein etwa fortdauerndes Rechtsschutzbedürfnis für seine Beschlussmängel-klage ergeben könnte. Ein zumindest pauschaler Vortrag dazu wäre dem Klä-ger auch unter dem bloßen Rückgriff auf öffentlich zugängliche Informations-quellen wie z.B. den Geschäftsbericht der Beklagten für das [X.] oder auf sonstige, ihm in seiner Eigenschaft als Aktionär bekannt gewordene oder zumindest zugängliche Tatsachen jedenfalls möglich gewesen.
Eine entscheidungserhebliche Mitwirkung der Aufsichtsratsmitglieder in [X.] könne aufgrund des vom Kläger nicht bestrittenen konkreten Vortrags der Beklagten nicht festgestellt werden.
I[X.] Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Beendigung des Amtes eines [X.]
etwa durch Rücktritt zum Wegfall des [X.] für eine Wahlanfechtungsklage führen kann ([X.], Festschrift [X.], 2009, S.
1109, 1119; [X.], [X.], 10.
Aufl., §
246 Rn.
11). Voraussetzung dafür ist aber, dass eine Nichti-gerklärung keinen Einfluss auf die Rechtsbeziehungen der Gesellschaft, der
Aktionäre sowie
der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats mehr ha-ben kann.
a) Bisher ist in der Rechtsprechung ein Entfallen eines [X.] bei der Klage gegen einen aufgehobenen Beschluss ([X.], [X.] vom 27. September 2011
-
II [X.], [X.], 2195), gegen den [X.] nach einer Neuvornahme
([X.], Urteil vom 15. Dezember 2003

[X.], [X.]Z 157, 206, 210) sowie beim Ausscheiden des [X.] aus dem Kreis der Aktionäre ([X.], Urteil vom 9. Oktober 2006

[X.], [X.]Z 169, 221 Rn. 14) angenommen worden. Der [X.] (§ 244 Satz 2 [X.]) führt dagegen nicht zum
Wegfall des 8
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[X.], sondern hat materielle Wirkung auf den Ausgangs-beschluss ([X.], Urteil vom 15. Dezember 2003

[X.], [X.]Z 157, 206, 210).
b) Der Rücktritt von Aufsichtsratsmitgliedern vom [X.] führt nicht in jedem Fall zum Wegfall des [X.] an der gegen ei-nen Wahlbeschluss gerichteten Anfechtungsklage.
[X.]) Das Rechtsschutzinteresse folgt bei statthaften [X.] aus der Gestaltungswirkung, weil die Gestaltung nur durch Urteil erfolgen kann ([X.]/[X.], 4. Aufl., Vor §§ 253 ff. Rn. 31). Dem ent-sprechend verlangt der Senat für die Anfechtungsklage kein besonderes eige-nes Rechtsschutzinteresse des Aktionärs ([X.], Urteil vom 27.
April 2009

II
ZR 167/07, [X.], 1158 Rn. 13 mwN). Wenn die Gestaltungswirkung wie nach der Aufhebung eines Beschlusses nicht mehr eintreten kann, ist das
Rechtsschutzinteresse an der Vernichtung des Beschlusses entfallen. Trotz der Beendigung des Amtes als Aufsichtsrat kann bei der Wahlanfechtungsklage die Gestaltungswirkung eines Urteils aber noch eintreten. Die Nichtigerklärung des [X.] wirkt, wie sich aus § 250 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 241 Nr. 5 [X.]
ergibt, auf den [X.] zurück
(Stilz in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 252 Rn. 6).
[X.]) Das Rechtsschutzinteresse
an der Nichtigerklärung eines Beschlus-ses kann darüber hinaus
entfallen, wenn sie keinerlei Auswirkungen auf die Rechtsbeziehungen der Gesellschaft, der Aktionäre, der Mitglieder des [X.] und des Aufsichtsrats mehr haben kann. Wenn ein Beschluss keinerlei Wirkungen für Vergangenheit und Zukunft mehr hat, besteht auch an seiner Vernichtung oder der Klärung seiner Rechtmäßigkeit kein anerkennenswertes Rechtsschutzinteresse mehr. Das ist etwa bei der [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 15. Dezember 2003

[X.], [X.]Z 157, 206, 210).
Da-12
13
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8
-

nach kann auch der Rücktritt eines Aufsichtsrats das Rechtsschutzinteresse an der Wahlanfechtung entfallen lassen, wenn die Nichtigerklärung keinerlei Aus-wirkungen auf die Rechtsbeziehungen der Gesellschaft, der Aktionäre, der [X.] des Vorstands und des Aufsichtsrats mehr haben kann.
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber
vom Kläger näheren Vortrag zu den Aufsichtsratssitzungen verlangt.
Ein Rechtsschutzinteresse an der Anfechtungsklage besteht
nur noch, wenn die Nichtigerklärung der [X.] Auswirkungen auf die Rechts-beziehungen der Gesellschaft, der Aktionäre, der Mitglieder des Vorstands oder
des Aufsichtsrats haben kann. Solche Auswirkungen auf die [X.] der Gesellschaft
kann die Nichtigerklärung haben, wenn die Mitwirkung der ausgeschiedenen
Aufsichtsratsmitglieder für das Zustandekommen eines Auf-sichtsratsbeschlusses, die Ablehnung eines Beschlussantrags oder die [X.]fähigkeit des Aufsichtsrats ursächlich war. Die Darlegungslast dafür trägt
nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast die Beklagte, so dass der Kläger keine weiteren Einzelheiten zu den Aufsichtsratssitzungen vor-tragen musste.
a) Die Nichtigerklärung oder Nichtigkeitsfeststellung eines [X.]es hat grundsätzlich Auswirkungen auf die Rechtsbeziehungen der [X.] und der Mitglieder des Aufsichtsrats, wenn die Beschlussfähigkeit oder das Zustandekommen eines [X.]es
von der Stimme eines
Aufsichtsrats abhängt, dessen Wahl nichtig ist oder für nichtig erklärt wird.
Ein [X.] ist nicht
mit der erforderlichen Mehrheit gefasst, wenn Nichtmitglieder mitgestimmt haben und ihre Stimmen
für die Beschluss-fassung oder die Ablehnung eines Beschlussantrags ursächlich geworden sind
(vgl. [X.], Urteil vom 17. April 1967

[X.], [X.]Z 47, 341, 346). Nicht Mitglied des Aufsichtsrats ist nicht nur das nichtig gewählte Aufsichtsratsmit-15
16
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9
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glied, sondern auch das
Aufsichtsratsmitglied, dessen Wahl erfolgreich ange-fochten wird.
[X.]) Die Auswirkung der Nichtigkeit oder der Nichtigerklärung der Wahl eines [X.] auf die Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats und die rechtliche Wirksamkeit der Stimmabgabe ist streitig. Teilweise wird aufgrund der Lehre vom faktischen Organ das
nichtig oder anfechtbar bestellte [X.]smitglied
auch für die Stimmabgabe wie ein wirksam bestelltes Organmitglied behandelt ([X.]/Lieder, [X.] 2012, 1, 6; [X.], [X.] 2008, 609, 610; [X.], Organschaft im Recht der privaten Verbände, 2007, S. 288
f.; [X.], Festschrift [X.], 2010, S. 293,

MünchKomm[X.]/[X.], 3.
Aufl., § 101 Rn. 70; [X.] in [X.]/Lutter, [X.], 2. Aufl., § 101 Rn. 36 f.; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 101 Rn. 112; [X.], [X.], 10.
Aufl., § 101 Rn. 18; vgl. auch [X.], [X.], 24, 27). Andere be-handeln dagegen das nichtig oder anfechtbar gewählte Aufsichtsratsmitglied wie einen [X.] ([X.], [X.], 1767, 1768; [X.] [X.], 701, 707 f.; [X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 252 Rn. 12; Stilz in Spind-ler/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 252 Rn. 6; MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., §
250 Rn. 21; [X.]/Cahn
in KK-[X.], 3. Aufl., § 101 Rn. 111 und § 108 Rn. 93; [X.]/[X.], [X.], § 101 Rn. 51; Bürgers/[X.], [X.], 2. Aufl., § 101 Rn. 3; [X.]/[X.]/Frame, [X.], 3. Aufl., § 101 Rn. 24; differenzierend zu den Aus-wirkungen
[X.], Festschrift [X.], 2009, [X.], 1123
ff.)
oder unterscheiden zwischen Nichtigkeit und Anfechtbarkeit
der Wahl
([X.]/[X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 101 Rn. 217 und Rn. 228).
[X.])
Der Senat hat die Beschlüsse eines Aufsichtsrats, dessen Mitglieder alle nichtig gewählt worden waren, für nichtig erachtet ([X.], Urteil vom 16. [X.]

[X.], [X.]Z 11, 231, 246; vgl. auch Urteil vom 4. Juli 1994

II ZR 114/93, [X.], 1171, 1172).
Andere Entscheidungen betreffen die Mitwirkung von Aufsichtsratsmitgliedern, deren Amtszeit abgelaufen war 18
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-

([X.], Urteil vom 24. Februar 1954

[X.]/53, [X.]Z 11, 327, 331;
Urteil vom 17. April 1967

[X.], [X.]Z 47, 341, 346). Für Pflichten, Haftung und Vergütung ist anerkannt, dass die Grundsätze der fehlerhaften Bestellung auf den Aufsichtsrat
anwendbar sind ([X.], Urteil vom 3.
Juli 2006

II
ZR
151/04, [X.]Z 168, 188 Rn. 14).
[X.]) Das Aufsichtsratsmitglied, dessen Wahl nichtig ist
oder für nichtig er-klärt wird, ist für die Stimmabgabe und Beschlussfassung wie ein Nichtmitglied zu behandeln. Würde
der nichtig oder anfechtbar gewählte Aufsichtsrat in allen Fällen
wie ein
wirksam bestelltes Organ behandelt, wirkte eine
erfolgreiche Wahlanfechtung insgesamt nur ex nunc;
auch die Nichtigkeit eines [X.]es würde erst ab gerichtlicher Feststellung Wirkungen entfalten. Das lässt sich mit § 250 Abs. 1 [X.], wonach [X.] von Anfang an nich-tig sein können, und mit der Verweisung in § 250 Abs. 1 [X.]
auf
§ 241 Nr. 5
[X.], wonach der Wahlbeschluss ex tunc nichtig ist, wenn er für nichtig erklärt wird, nicht in Einklang bringen.
Sofern die Stimmen der als Nichtmitglieder zu behandelnden Aufsichts-räte für die Beschlussfassung oder die Ablehnung eines Beschlussantrags [X.] geworden sind, ist ein entsprechender Beschluss nicht gefasst oder kommt sogar eine Umkehrung des [X.] in Frage. Der [X.] muss nicht so behandelt werden, als sei er ordnungsgemäß gefasst worden. Der Zweck der Gleichbehandlung der fehlerhaften
mit der ordnungs-gemäßen Bestellung
eines Organs, das Vertrauen unbeteiligter Dritter zu schützen
und den Schwierigkeiten bei einer Rückabwicklung von [X.] zu begegnen, betrifft
[X.] nicht in jedem Fall.
Soweit eine Rückabwicklung den berechtigten Interessen der Beteiligten wider-sprechen würde, ist dem im Einzelfall zu begegnen.
20
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22
-
11
-

(1) Soweit [X.] gegenüber außenstehenden [X.]
vollzogen
werden,
sind
Dritte, die die Nichtigkeit eines Beschlusses nicht ken-nen
oder kennen müssen, bereits dadurch geschützt, dass sie auf die Hand-lungsbefugnis desjenigen, der die [X.] vollzieht, vertrauen dürfen
(vgl. etwa [X.], [X.], 701, 710).
(2) Organmitglieder, die die Nichtigkeit kennen oder kennen müssen, sind dagegen nicht schutzwürdig, jedenfalls nicht über die Aufdeckung der Nichtigkeit der Wahl hinaus. Mit der
Gleichstellung von nichtig gewählten [X.] mit ordnungsgemäß gewählten Organen würden andere Organe im Gegenteil daran gehindert, sich auf die Unwirksamkeit von Beschlüssen des Aufsichtsrats zu berufen, obwohl sie daran gerade ein Interesse haben können oder sogar rechtlich dazu verpflichtet sind, die Unwirksamkeit der [X.] geltend zu machen. Der Vorstand, zu dessen Aufgaben gehört, die Tätigkeit eines nichtig gewählten Aufsichtsrats zu verhindern, könnte
etwa [X.] gehindert
werden, wenn ihn der nichtig gewählte Aufsichtsrat a[X.]erufen könnte, ohne dass
er dem die Nichtigkeit der Wahl entgegenhalten kann.
Auch ein Aufsichtsratsmitglied
kann ein Interesse an der Feststellung haben, dass ein Beschluss -
auch schon vor seiner Amtszeit -
nicht wirksam gefasst ist (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juli 2012 -
II ZR 55/11, [X.], 1750 Rn. 12). Es ist kein Grund ersichtlich, warum er sich nicht darauf berufen können soll, dass ein nichtig gewähltes Mitglied mitgewirkt hat. Wenn ein Beschlussantrag nur auf-grund der Mitwirkung eines solchen Nichtmitglieds abgelehnt worden ist, kann daran sogar ein berechtigtes Interesse bestehen, etwa um die A[X.]erufung ei-nes Vorstandsmitglieds aus wichtigem Grund durchsetzen zu können.
Auch bei der Bestellung eines Vorstands führt die Behandlung des Auf-sichtsratsmitglieds, dessen Wahl nichtig ist oder erfolgreich angefochten wird, als Nichtmitglied zu interessengerechten Ergebnissen.
Der Vorstand ist [X.] seiner Vergütung und seiner Befugnis zur Geschäftsführung
durch die 23
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Grundsätze über die fehlerhafte Bestellung
geschützt. Der nach der [X.] rechtmäßig zusammengesetzte Aufsichtsrat kann die fehlerhafte Bestellung bestätigen, kann sie aber auch

ebenso wie der Vorstand -
beenden
(vgl. [X.], Urteil vom 6. April 1964

[X.], [X.]Z
41, 282, 288). Nach der Lehre vom faktischen Organ wäre die Bestellung des [X.] dagegen nicht fehlerhaft, sondern wirksam
und könnte vom Aufsichtsrat nur aus wichtigem Grund widerrufen werden (§ 84 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Es liegt im Interesse der Gesellschaft, an einem Vorstand, der durch einen nicht recht-mäßig, beispielsweise lediglich von einer Minderheit
gewählten Aufsichtsrat be-stimmt worden ist, nicht auch noch festhalten zu müssen.

(3) Dort, wo das Vorliegen eines [X.]es
wie bei den Vorschlägen zur Beschlussfassung der Hauptversammlung (§ 124 Abs. 3 Satz 1 [X.]) Anknüpfungspunkt
für eine
Entscheidung der Hauptversammlung
ist, ist der fehlerhafte [X.] bei der ursächlichen Mitwirkung eines Mitglieds, dessen Wahl zum Aufsichtsrat angefochten, aber noch nicht für nich-tig erklärt ist, trotz einer späteren Nichtigerklärung des [X.] für die Entscheidung der Hauptversammlung nicht relevant. Fehlt ein nach §
124 Abs.
3 Satz 1 [X.] notwendiger Beschlussvorschlag, liegt ein Verfahrensfehler für die Entscheidung der Hauptversammlung vor, der zur Anfechtung führen kann, wenn er relevant ist. Relevant ist der Beschlussvorschlag
eines nicht ord-nungsgemäß besetzten Organs, weil damit ein Bekanntmachungsmangel vor-liegt und [X.] nach der gesetzlichen Wertung für das Teilhaberecht des Aktionärs grundsätzlich von Bedeutung sind ([X.], Urteil vom 12. November 2001

[X.], [X.]Z 149, 158, 164 f.). Im [X.]punkt der Beschlussfassung durch den Aufsichtsrat ist ein
Aufsichtsrat mit einem an-fechtbar gewählten Mitglied aber ordnungsgemäß besetzt, weil der [X.] bis zur Nichtigerklärung wirksam ist und erst rückwirkend unwirksam wird. Der Aufsichtsrat konnte zu diesem [X.]punkt keinen Beschlussvorschlag in 25
-
13
-

anderer

Besetzung machen. Eine Rückabwicklung
nach der Nichti-gerklärung
ist nicht nur unmöglich, sondern steht auch im Gegensatz zu dem Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktionäre, eine Hauptversammlung einbe-rufen und dort wirksam Beschlüsse fassen zu können (vgl. [X.], [X.], 701, 708; [X.], Festschrift [X.], 2009, [X.], 1127). Damit scheidet ein Mangel, der für das Teilhaberecht eines Aktionärs von Bedeutung ist, aus. Entsprechendes gilt dort, wo

wie bei der satzungsgemäßen Bestim-mung des Aufsichtsratsvorsitzenden zum Versammlungsleiter

an die jeweils aktuelle Funktion
als Aufsichtsratsmitglied
angeknüpft wird.
(4) Für die Nichtigkeit des Jahresabschlusses bei einer fehlerhaften Mit-wirkung des Aufsichtsrats bei der Feststellung des Jahresabschlusses (§ 256 Abs. 2 [X.]) enthält § 256 Abs. 6 Satz 1 [X.] eigene Regeln zum Schutz der Gesellschaft, die nicht einfach übergangen werden dürfen ([X.], [X.], 701, 710), sofern die Mitwirkung eines lediglich anfechtbar gewählten Mitglieds, dessen Wahl bis zur Nichtigerklärung als wirksam zu behandeln ist, überhaupt als fehlerhafte Mitwirkung des Aufsichtsrats anzusehen ist (verneinend [X.] in [X.]/Stilz, 2. Aufl., § 256 Rn. 51; MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 256 Rn. 44).
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht
eine konkrete Darlegung und gegebenenfalls
einen Beweis durch den Kläger vermisst, dass die Mitwirkung der ausgeschiedenen Aufsichtsratsmitglieder für die Beschlussfähigkeit oder das Zustandekommen eines Beschlusses ursächlich war. Die Darlegungslast liegt insoweit bei der Beklagten.
[X.]) Die Beweis-
und Darlegungslast für die Prozessvoraussetzungen und damit auch für das (fortbestehende) Rechtsschutzinteresse liegt zwar
grundsätzlich beim Kläger; die Pflicht, das Vorliegen der Prozessvoraussetzun-gen von Amts wegen zu prüfen,
ändert daran nichts (vgl. MünchKomm-26
27
28
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14
-

ZPO/[X.], 3.
Aufl., Vor §§
253 ff. Rn.
15; [X.]/[X.], ZPO, 29.
Aufl., § 256 Rn. 7 und 18
zum Feststellungsinteresse). An dieser Darle-gungs-
und Beweislast
ändert sich nicht allein deshalb etwas, weil ein [X.] in der Regel ein Rechtsschutzinteresse für die Anfechtungsklage
hat und dieses hier durch die Rücktritte nur
entfallen ist, wenn die Nichtigerklä-rung oder die Nichtigkeitsfeststellung keine Auswirkungen auf Beschlüsse des Aufsichtsrats hat. Dabei handelt es sich nicht um ein rechtshinderndes, [X.] oder rechtshemmendes Merkmal, für das der Gegner die Be-weislast trägt.
[X.]) Die Beklagte trifft aber eine sekundäre Darlegungs-
und Beweislast
im Hinblick auf solche Umstände, die der Kläger nicht kennen kann. Diesen An-forderungen an ihre sekundäre Beweislast ist die Beklagte bei den Ausschuss-beschlüssen
nachgekommen, nicht jedoch bei den Beschlüssen des gesamten Aufsichtsrats. Der Kläger als Aktionär kann das Abstimmungsverhalten
im Auf-sichtsrat nicht kennen, weil er nicht dessen Mitglied ist und damit außerhalb des [X.] steht. Dass er

wie das Berufungsgericht ausgeführt hat

unter Zugriff auf
allgemein zugängliche Quellen zumindest pauschal zu dem Bestehen eines [X.] vortragen könne, welche Beschlüsse in welchen Sitzungen überhaupt gefällt worden seien, genügt nicht, um das maßgebliche Abstimmungsverhalten im
Aufsichtsrat zu kennen. Abgesehen davon lässt sich dem Berufungsurteil auch nicht entnehmen, aus welchen [X.] zugänglichen Quellen der Kläger die Sitzungen des Aufsichtsrats und die dort zur Abstimmung gelangten Beschlüsse erfahren kann.

Der Beklagten ist die substantiierte Darlegung auch nicht deshalb un-möglich, weil der Aufsichtsrat nach § 116 Satz 2 [X.] zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Davon kann sich der Aufsichtsrat befreien (vgl. [X.], Urteil vom
23. April 2012 -
II ZR 163/10,
[X.]Z 193, 110 Rn. 40). Die
Offenbarung ist auch nicht unzumutbar, wenn die Beklagte damit der Wahlanfechtung den Boden 29
30
-
15
-

entziehen will. Die Beklagte hat sich auf die
Verschwiegenheitspflicht hinsicht-lich der Ausschüsse
bisher überhaupt
nicht, hinsichtlich des Gesamtaufsichts-rats jedenfalls mit einem pauschalen Vortrag
nur teilweise berufen.
II[X.] [X.] ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs. 1 ZPO). Da bisher keine Feststellungen zu den vorgetragenen [X.]mängeln getroffen sind, kann der Senat über die Begründetheit der An-fechtungs-
bzw.
Nichtigkeitsklage nicht entscheiden.
Im Übrigen muss die [X.] auch Gelegenheit erhalten, Einzelheiten zur Teilnahme der [X.]smitglieder an den Aufsichtsratssitzungen vorzutragen, nachdem dazu bisher keine Veranlassung bestand, da das Berufungsgericht ihren Vortrag für [X.] erachtet hat.
31
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16
-

Für den Fall, dass das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis ge-langt, dass das Rechtsschutzbedürfnis entfallen ist, weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei eine hilfsweise Erledigungserklärung nicht für zulässig erachtet hat (vgl. [X.], Urteil vom 8.
Februar 2011

II
ZR
206/08, [X.], 637 Rn. 22).

Bergmann
Strohn
Reichart

Drescher
Born
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.05.2010 -
32 O 107/08 -

[X.], Entscheidung vom 20.01.2012 -
I-
6 [X.] -

32

Meta

II ZR 56/12

19.02.2013

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2013, Az. II ZR 56/12 (REWIS RS 2013, 8096)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8096

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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II ZR 56/12 (Bundesgerichtshof)

Aktiengesellschaft: Wegfall des Rechtsschutzinteresses für die Wahlanfechtungsklage bei Rücktritt des gewählten Aufsichtsrats


II ZR 78/17 (Bundesgerichtshof)

Anfechtung der Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern durch die Aktionärshauptversammlung: Zulassung von Aktionären nach Ablauf der Anmelde- …


II ZR 412/17 (Bundesgerichtshof)

Aktiengesellschaft: Befugnis des Insolvenzverwalters auf Feststellung der Nichtigkeit des Jahresabschlusses sofern Insolvenzmasse betroffen; Vertretung der …


II ZR 375/15 (Bundesgerichtshof)

Aktiengesellschaft: Berichtigung der notariellen Niederschrift über die Hauptversammlung; Protokollierungspflicht des Rechtsgrunds für die gewählte Abstimmungsart; …


II ZR 375/15 (Bundesgerichtshof)


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