Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.11.2010, Az. 4 AZR 127/09

4. Senat | REWIS RS 2010, 1326

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede - Altfall - Vertrauensschutz - Betriebsübergang auf nicht tarifgebundenen Betriebserwerber


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. Dezember 2008 - 20 [X.] - aufgehoben.

2. Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 4. März 2008 - 6 [X.] 778/07 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche und in diesem Zusammenhang über die Reichweite einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel.

2

Der Kläger, Mitglied der [X.] ([X.]), war seit dem 1. Oktober 1979 zunächst bei der [X.] in O beschäftigt. Der im Monat September 1979 geschlossene Arbeitsvertrag lautet ua.:

        

„7.     

Alle weiteren das Arbeitsverhältnis betreffenden Punkte richten sich nach den jeweils gültigen Bestimmungen des Tarifvertrages der [X.] und der Arbeitsordnung.“

3

Die [X.] hat ihren Sitz in [X.]. Sie war schon zur Zeit des [X.] Mitglied des [X.] [X.] e. V. (VME [X.], später -HESSENMETALL-). Der VME [X.] und die [X.] schließen Tarifverträge für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie ab, deren räumlicher Geltungsbereich sich auf das Bundesland [X.] beschränkt. Die [X.] verwendete die Klausel unter Nr. 7 des Arbeitsvertrages auch in den Vereinbarungen mit Arbeitnehmern, die nicht in [X.], sondern in anderen Bundesländern beschäftigt waren. Motiv der [X.] hierfür war die Schaffung einheitlicher Arbeitsbedingungen für die von ihr beschäftigten Arbeitnehmer.

4

Mit Wirkung vom 1. April 2007 ging das Arbeitsverhältnis des [X.] infolge eines Betriebsübergangs auf die nicht tarifgebundene Beklagte über. Vor dem Betriebsübergang gab [X.] in Folge Tariflohnerhöhungen für den Bereich der [X.] Metall- und Elektroindustrie an ihre damaligen Arbeitnehmer weiter. In deren Arbeitsverträgen heißt es, „für das Arbeitsverhältnis gelten in Anlehnung der Tarifvertrag der [X.] sowie ergänzend die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen“.

5

Mit Tarifvertrag vom 7. Mai 2007 vereinbarten die [X.] und der [X.] eine Erhöhung der tariflichen Entgelte und die Zahlung eines [X.], die der Kläger erfolglos bei der Beklagten geltend machte.

6

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger die [X.] in rechnerisch unstreitiger Höhe weiter. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel erfasse als unbedingte zeitdynamische Verweisung auch die dem Betriebsübergang zeitlich nachfolgenden Tarifänderungen. Eine Auslegung als sog. Gleichstellungsabrede scheide aus, weil die Klausel auch in Arbeitsverträgen außerhalb von [X.] verwendet worden sei und damit auch auf „ortsfremde“ Tarifverträge verweise. Selbst wenn eine Gleichstellungsabrede vorliege, bestehe für die Beklagte kein Vertrauensschutz in die frühere Rechtsprechung des [X.]. Zudem ergebe sich der Anspruch aus betrieblicher Übung.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.265,55 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 400,00 Euro seit dem 1. Juni 2007 und aus 865,55 Euro seit dem 1. Oktober 2007 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Bei der [X.] handele es sich um eine Gleichstellungsabrede, deren Dynamik mit dem Betriebsübergang auf sie geendet habe.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Klagabweisung. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.] ist begründet. Das [X.] hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

I. Das [X.] hat seine Entscheidung damit begründet, es handele sich bei der [X.] in Nr. 7 des Arbeitsvertrages nicht um eine [X.] iSd. früheren [X.]srechtsprechung. Es bestehe auch kein zeitlich unbegrenzter Vertrauensschutz in die frühere Rechtsprechung des [X.]s. Dies widerspräche der Wertung des Art. 229 § 5 EGBGB. Zudem habe die entscheidende Disposition der [X.] in der Betriebsübernahme zum 1. April 2007 gelegen und damit mehr als 15 Monate nach der Ankündigung einer Rechtsprechungsänderung zur Auslegung von [X.]n durch den [X.] am 14. Dezember 2005 stattgefunden. Darüber hinaus habe die [X.] mit der [X.] nicht die möglicherweise fehlende [X.] der Arbeitnehmer ersetzen, sondern bundesweit einheitliche Arbeitsbedingungen schaffen wollen. Zwar liege die typische Interessenlage für die Vereinbarung einer [X.] beim Kläger vor. Dem stehe aber das Motiv der [X.] entgegen, einheitliche Bedingungen im gesamten [X.] zu schaffen. Auf die Kenntnis dessen durch den Kläger komme es nicht an. Eine unterschiedliche Auslegung der wortgleichen [X.] liefe dem Interesse des Arbeitgebers zuwider.

II. Das ist rechtsfehlerhaft. Der [X.] kann gleichwohl in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Die zulässige Zahlungsklage ist unbegründet. Bei der Klausel in Nr. 7 des Arbeitsvertrages aus dem Monat September 1979 handelt es sich um eine [X.] iSd. früheren Rechtsprechung des [X.]s, die keine von der [X.] der [X.] unabhängige unbedingte zeitdynamische Verweisung auf die darin genannten Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung zum Inhalt hat. Danach endete die dynamische Inbezugnahme der im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge zum Zeitpunkt des Übergangs des Betriebes auf die nicht tarifgebundene Beklagte, weshalb die nachfolgend geschlossenen Tarifverträge nicht mehr von ihr erfasst werden (unter 1). Ein Anspruch aufgrund betrieblicher Übung scheidet ebenfalls aus (unter 2).

1. In Nr. 7 des Arbeitsvertrages haben die damaligen Vertragsparteien eine [X.] iSd. früheren Rechtsprechung des [X.]s vereinbart. Das ergibt die Auslegung der [X.] (zu den Maßstäben etwa [X.] 18. November 2009 - 4 [X.] - Rn. 24, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 70 = EzA [X.] § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 43). Dies führt bei einem Wegfall der [X.] des Arbeitgebers dazu, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge ab diesem Datum nur noch statisch anzuwenden sind.

a) Die Arbeitsvertragsparteien haben unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit des [X.] die Anwendung der in der [X.] genannten Tarifverträge vereinbart. Eine arbeitsvertragliche Verweisung wie die vorliegende hat nach der gefestigten Rechtsprechung des [X.]s stets rechtsbegründende Bedeutung (ausf. [X.] 26. August 2009 - 4 [X.]/08 - Rn. 46 [X.], [X.] § 3 Nr. 45 = EzA [X.] § 3 Nr. 32; 22. April 2009 - 4 [X.]/08 - Rn. 38 ff. [X.], [X.]E 130, 237).

b) Bei der im Arbeitsvertrag vereinbarten [X.], die auf die für den Arbeitgeber einschlägigen Tarifverträge verweist, handelt es sich um eine sogenannte [X.].

aa) Nach der früheren [X.]srechtsprechung waren bei [X.] des Arbeitgebers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses [X.]n in aller Regel als sogenannte [X.] auszulegen. Mit der Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge sollten die Arbeitnehmer arbeitsvertraglich so gestellt werden, wie sie tarifrechtlich stünden, wenn sie tarifgebunden wären. Ziel der Bezugnahme war danach die einheitliche Anwendung des in Bezug genommenen Tarifrechts unabhängig von der [X.] des Arbeitnehmers. Das Arbeitsverhältnis nahm an den dynamischen Entwicklungen des in Bezug genommenen [X.] deshalb auch nur so lange teil, wie der Arbeitgeber selbst tarifgebunden war (vgl. nur [X.] 26. August 2009 - 4 [X.]/08 - Rn. 46 [X.], [X.] § 3 Nr. 45 = EzA [X.] § 3 Nr. 32; 10. Dezember 2008 - 4 [X.] - Rn. 18 f. [X.], [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68; 14. Dezember 2005 - 4 [X.] - Rn. 12 ff., [X.]E 116, 326; 1. Dezember 2004 - 4 [X.] - zu I 2 a der Gründe, [X.]E 113, 40).

Nach dieser Rechtsprechung war Voraussetzung für die Auslegung einer dynamischen Verweisung auf einen Tarifvertrag als [X.] stets, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag bei Vertragsschluss einschlägig war (ausf. [X.] 21. Oktober 2009 - 4 [X.] - Rn. 22 f., [X.] 2010, 361; weiterhin 27. November 2002 - 4 [X.] - zu II 2 b bb (1) der Gründe, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 28; 26. September 2001 - 4 [X.] II 1 c aa der Gründe, [X.]E 99, 120; 4. September 1996 - 4 [X.] - zu II a bb der Gründe, [X.]E 84, 97). Konsequenz dieser Voraussetzung ist, dass bei einer Verweisung auf einen „fachfremden“ oder „ortsfremden“ Tarifvertrag die Annahme einer [X.] ohne besondere Anhaltspunkte grundsätzlich ausscheidet ([X.] 21. Oktober 2009 - 4 [X.] - Rn. 23, [X.] 2010, 361; 25. Oktober 2000 - 4 [X.] - zu II 3 b cc der Gründe, [X.]E 96, 177).

bb) Danach handelt es sich vorliegend um eine [X.] iSd. früheren [X.]srechtsprechung. Der Kläger ist in einem Betrieb in [X.] beschäftigt, für den der in Bezug genommene Tarifvertrag sowohl räumlich als auch persönlich und fachlich Geltung beansprucht. An diesen Tarifvertrag war die Betriebsveräußerin, die [X.], bei Arbeitsvertragsschluss tarifgebunden. Die Tarifverträge der [X.] Metallindustrie waren daher vor dem Betriebsübergang „einschlägig“.

cc) Ein anderes folgt nicht aus dem Umstand, dass die [X.] bundesweit einheitliche Arbeitsbedingungen schaffen wollte. Dieses Motiv der vertragsschließenden früheren Arbeitgeberin hindert entgegen der Auffassung des [X.]s nicht die Auslegung der [X.] als [X.].

(1) [X.] sind grundsätzlich nach einem objektivierten [X.] auszulegen. Dabei haben die Motive des Erklärenden, soweit sie nicht in dem Wortlaut der Erklärung oder in sonstiger, für die Gegenseite hinreichend deutlich erkennbaren Weise ihren Niederschlag finden, außer Betracht zu bleiben. Es besteht keine Verpflichtung des Erklärungsempfängers, den Inhalt oder den Hintergrund des ihm regelmäßig formularmäßig gemachten Angebots durch Nachfragen aufzuklären. Kommt der Wille des Erklärenden nicht oder nicht vollständig zum Ausdruck, gehört dies zu dessen Risikobereich ([X.] 18. April 2007 - 4 [X.] - Rn. 30, [X.]E 122, 74).

Für die arbeitsvertragliche [X.] bedeutet dies, dass ihr Bedeutungsinhalt in erster Linie anhand des Wortlauts zu ermitteln ist. Lediglich wenn von den Parteien weitere Tatsachen vorgetragen werden oder sonst ersichtlich sind, die Zweifel an der wortgetreuen Auslegung der Vertragsklausel begründen können, weil sie für beide Seiten erkennbar den Inhalt der jeweils abgegebenen Willenserklärungen in einer sich im Wortlaut nicht niederschlagenden Weise beeinflusst haben, besteht Anlass, die Wortauslegung in Frage zu stellen ([X.] 18. April 2007 - 4 [X.] - Rn. 31, [X.]E 122, 74).

(2) Weder dem Wortlaut der [X.] noch den sonstigen Begleitumständen des Vertragsschlusses können Anhaltspunkte entnommen werden, wonach die [X.] über ihren von der früheren [X.]srechtsprechung typisierend ermittelten Inhalt als [X.] hinaus auch dazu dienen sollte, unternehmensweit einheitliche Arbeitsbedingungen zu schaffen. Andere Anhaltspunkte dafür, dass das Motiv der [X.] dem anderen Teil zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbar war, sind weder den tatsächlichen Feststellungen des [X.]s noch dem Vorbringen des [X.] zu entnehmen.

Entgegen der Auffassung des [X.]s kann es nicht dahinstehen, ob dem Kläger diese Motive bei Vertragsschluss bekannt waren oder nicht. Zwar hat der [X.] in seiner früheren Rechtsprechung für den „[X.]“ die [X.] des Arbeitgebers als ausreichend angesehen (vgl. 14. Dezember 2005 - 4 [X.] - Rn. 16, [X.]E 116, 326) und nicht die Kenntnis des Arbeitnehmers von diesem Umstand gefordert. Diese vom [X.] zudem aufgegebene Rechtsprechung kann aber nicht dazu herangezogen werden, auch andere, dem Vertragspartner nicht erkennbare Motive als Vertragsinhalt anzusehen. Das widerspricht den Grundsätzen zur Auslegung von Willenserklärungen (unter [1]).

(3) Ein anderes ergibt sich nicht aus der Entscheidung des [X.]s vom 21. Oktober 2009 (- 4 [X.] - Rn. 22 f., [X.] 2010, 361). Der Kläger im dortigen Verfahren war ebenfalls bei der [X.] beschäftigt und der Arbeitsvertrag beinhaltete die gleiche [X.]. Sein Beschäftigungsort befand sich allerdings außerhalb des Bundeslandes [X.], weshalb die Tarifverträge der [X.] Metallindustrie auch bei beiderseitiger [X.] nicht gegolten hätten.

(4) Eine unternehmenseinheitliche Auslegung der [X.] ist nicht geboten.

(a) Voraussetzung für eine Auslegung einer [X.] als [X.] war stets nur, dass der im einzelnen Arbeitsvertrag in Bezug genommene Tarifvertrag für das betreffende Arbeitsverhältnis „einschlägig“ war, also „das Arbeitsverhältnis alle Voraussetzungen erfüllte, die die Geltungsbereichsbestimmung des [X.] aufstellte“. Die vergleichbaren Arbeitnehmer sind in der Regel die gleichartig beschäftigten Arbeitnehmer des Betriebes, in dem der tarifungebundene Arbeitnehmer beschäftigt ist ([X.] 21. Oktober 2009 - 4 [X.] - Rn. 23, [X.] 2010, 361; weiterhin 4. September 1996 - 4 [X.] - zu II a bb der Gründe, [X.]E 84, 97). Die Bezugnahme auf einen Tarifvertrag für einen Arbeitnehmer, für dessen Arbeitsverhältnis diese Voraussetzungen nicht gelten - etwa wenn der Arbeitsvertrag auf Tarifverträge für gewerbliche Arbeitnehmer verweist, der Arbeitnehmer aber ein Angestellter ist (zu diesem Beispiel [X.] 21. Oktober 2009 - 4 [X.] - aaO) - führt nicht dazu, dass der Charakter als [X.] auch in allen Verträgen der gewerblichen Arbeitnehmer ohne weiteres verloren geht.

Auch in seiner Entscheidung vom 21. Oktober 2009 ist der [X.] davon ausgegangen, dass eine einfache [X.] auch dann, wenn ein Arbeitgeber über die Grenzen des Tarifgebiets hinaus einheitliche Arbeitsbedingungen vereinbart hat, nicht zugleich die auflösende Bedingung enthält, die Tarifbedingungen sollen „für alle Arbeitnehmer, auch für die tarifgebietsfremden Arbeitsverhältnisse“, nur so lange dynamisch gelten, wie der Arbeitgeber an seinem Sitz tarifgebunden sei. Damit ging der [X.] aber zugleich von einer [X.] in den Arbeitsverhältnissen innerhalb des Tarifgebiets aus. Nur „hinsichtlich der tarifgebietsfremden Arbeitsverhältnisse“ ist der Arbeitgeber „wie ein tarifungebundener Arbeitgeber anzusehen“ ([X.] 21. Oktober 2009 - 4 [X.] - Rn. 27, [X.] 2010, 361).

(b) Ein anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass es sich bei arbeitsvertraglichen [X.]n regelmäßig um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt und diese nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen sind, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden ([X.] 19. Mai 2010 - 4 [X.] - Rn. 15, EzA [X.] § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 [X.] - Rn. 12, EzA [X.] § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44, jeweils [X.]; [X.] 12. Mai 1980 - [X.] - zu I 2 b der Gründe, [X.]Z 77, 116). Das schließt eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Verkehrskreisen und ein unterschiedliches Verständnis der [X.] je nach dem, ob der Tarifvertrag für den betreffenden Betrieb einschlägig ist oder nicht, nicht aus.

(5) Schließlich steht der Auslegung als [X.] nicht die im Arbeitsvertrag unter Nr. 4 enthaltene [X.] entgegen. Maßgebend für die Auslegung der [X.] sind die Bedingungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Damals handelte es sich um den „einschlägigen“ Tarifvertrag.

c) Die bisher zugrunde gelegte [X.] zur Feststellung einer [X.] wendet der [X.] für Arbeitsverträge, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind („Neuverträge”) nicht mehr an. Aus Gründen des Vertrauensschutzes findet sie aber weiterhin auf [X.]n Anwendung, die wie die vorliegende vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 vereinbart worden sind ([X.] 18. November 2009 - 4 [X.] - Rn. 18 und 22 jeweils [X.], [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 70 = EzA [X.] § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 43; 22. April 2009 - 4 [X.] - Rn. 64 [X.], [X.]E 130, 286; 10. Dezember 2008 - 4 [X.] - Rn. 18 ff., [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68; 23. Januar 2008 - 4 [X.] - Rn. 20 ff., [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 63 = EzA [X.] § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 38; 18. April 2007 - 4 [X.] - Rn. 29 ff., [X.]E 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 [X.] - Rn. 24 ff., [X.]E 116, 326). An dieser Rechtsprechung hält der [X.] fest.

aa) Entgegen der Auffassung des [X.]s besteht in der unbeschränkten Gewährung von Vertrauensschutz für vor dem 1. Januar 2002 geschlossene Verträge kein Wertungswiderspruch zu Art. 229 § 5 EGBGB. Das hat der [X.] bereits mehrfach ausführlich begründet (insb. [X.] 26. August 2009 - 4 [X.]/08 - Rn. 52, [X.] § 3 Nr. 45 = EzA [X.] § 3 Nr. 32; s. weiterhin 14. Dezember 2005 - 4 [X.] - Rn. 27, [X.]E 116, 326; 22. Oktober 2008 - 4 [X.] - Rn. 36, [X.]E 128, 185; 18. November 2009 - 4 [X.] - Rn. 19, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 70 = EzA [X.] § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 43). Eine zeitlich begrenzte Klarstellungsmöglichkeit für den [X.] durch einzelvertragliche Änderungsangebote hat der [X.] verworfen ([X.] 14. Dezember 2005 - 4 [X.] - Rn. 27, [X.]E 116, 326).

bb) [X.] ist die weitere Annahme des [X.]s, die Beklagte genieße keinen Vertrauensschutz, weil sie erst durch den nach dem 1. Januar 2002 geschlossenen Betriebspachtvertrag, der zum Betriebsübergang führte, ihre Disposition getroffen habe.

Anknüpfungspunkt für die Auslegung der Klausel ist der Zeitpunkt des [X.]. Allein auf diesen bezieht sich auch der Vertrauensschutz hinsichtlich der Auslegung der arbeitsvertraglichen [X.] als [X.] nach der früheren [X.]srechtsprechung (s. nur [X.] 18. November 2009 - 4 [X.] - Rn. 22 ff., [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 70 = EzA [X.] § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 43). Der Betriebspachtvertrag änderte an der Auslegung des Arbeitsvertrages nichts. Der Betriebsübergang führt gerade nicht zu einer Dispositionsbefugnis über den Inhalt des Arbeitsvertrages, sondern soll die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nach der gesetzlichen Anordnung unberührt lassen. Das [X.] ist im Ansatz auch selbst davon ausgegangen, dass die Beklagte aufgrund des Betriebsübergangs am 1. April 2007 in die Verpflichtungen aus der [X.] eingetreten ist. Der sich von Gesetzes wegen nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vollziehende Eintritt des Erwerbers eines Betriebes oder Betriebsteils in die Rechte und Pflichten der zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse bezieht sich auf alle arbeitsvertraglich begründeten Rechte und Pflichten. Nach Satz 1 der Vorschrift tritt der Erwerber an die Stelle des Veräußerers und nimmt dessen Rechtsstellung unverändert ein ([X.] 21. Oktober 2009 - 4 [X.] - Rn. 16, [X.] 2010, 361).

d) Da die Beklagte infolge des Betriebsübergangs gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die arbeitsvertraglich begründeten Rechte und Pflichten in dem dort beschriebenen Umfang eingetreten ist, endete die Dynamik der durch die [X.] begründeten vertraglichen Tarifgeltung wegen der fehlenden [X.] der [X.] mit Ablauf des 31. März 2007. Die am 7. Mai 2007 von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Entgelterhöhungen wurden von der [X.] nicht mehr erfasst.

2. Dem Kläger steht die begehrte Zahlung auch nicht nach den Grundsätzen einer betrieblichen Übung zu. Bei der [X.] existierte keine betriebliche Übung dahin, die Tarifverträge „der [X.]“ in ihrer jeweiligen Fassung den Arbeitsverhältnissen der dort Beschäftigten zugrunde zu legen. Der Kläger konnte deshalb auch nicht durch eine dahin gehende rechtsbegründende betriebliche Übung begünstigt werden.

a) Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Anspruch aus betrieblicher Übung nur entstehen, wenn es an einer anderen kollektiv- oder individualrechtlichen Grundlage für die Leistungsgewährung fehlt ([X.] 24. November 2004 - 10 [X.]/04 - zu II 3 c bb (3) der Gründe, [X.]E 113, 29; 27. Oktober 2004 - 10 [X.] - zu II 1 der Gründe, EzA [X.] § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 28).

b) Danach ist hier ein Anspruch des [X.] auf Grundlage einer betrieblichen Übung ausgeschlossen. Grundlage der Leistungsgewährung an die anderen Mitarbeiter war eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, nicht eine bestehende betriebliche Übung. Die Beklagte zahlte die [X.] an die bereits vor dem Betriebsübergang bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer aufgrund der mit ihnen vereinbarten arbeitsvertraglichen [X.]n. Die in der vertraglichen Abrede vereinbarte „Anlehnung“ an den dort genannten Tarifvertrag ist nach ihrem Wortlaut dahin zu verstehen, dass die Beklagte als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin auf ein intern von ihr praktiziertes Vergütungssystem verweist, welches sich in seiner Struktur an den genannten Tarifverträgen ausrichtet (vgl. [X.] 13. November 2002 - 4 [X.] - zu III 1 der Gründe, [X.]E 103, 338).

III. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision nach den §§ 91, 97 ZPO zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Treber     

        

        

        

    Kralle-Engeln    

        

    Weßelkock    

                 

Meta

4 AZR 127/09

17.11.2010

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Offenbach, 4. März 2008, Az: 6 Ca 778/07, Urteil

§ 611 Abs 1 BGB, § 133 BGB, § 157 BGB, § 613a Abs 1 S 1 BGB, Art 229 § 5 BGBEG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.11.2010, Az. 4 AZR 127/09 (REWIS RS 2010, 1326)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1326

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 AZR 691/08 (Bundesarbeitsgericht)

Dynamische Bezugnahme auf Tarifvertrag - Abschluss eines Änderungsvertrags nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform - Betriebsübergang …


4 AZR 536/09 (Bundesarbeitsgericht)

Arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifvertrag - Gleichstellungsabrede - Austritt des Arbeitgebers aus dem Arbeitgeberverband - Auslegung …


4 AZR 822/09 (Bundesarbeitsgericht)

Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel - Anwendbarkeit der Tarifverträge der Deutschen Telekom AG auf die Arbeiter …


4 AZR 179/10 (Bundesarbeitsgericht)

Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel - Umwandlung der Deutschen Bundespost - Anwendbarkeit der Tarifverträge der Deutschen …


4 AZR 180/10 (Bundesarbeitsgericht)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.