Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.09.2022, Az. XI R 8/20

11. Senat | REWIS RS 2022, 7543

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Gegenstand

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von "Marktgebühren" einer Erzeugergenossenschaft


Leitsatz

Kauft eine Erzeugergenossenschaft Lebensmittel von ihren Mitgliedern in ihrer Eigenschaft als Erzeuger an und liefert diese Lebensmittel in eigenem Namen und auf eigene Rechnung an Abnehmer weiter, sind "Marktgebühren", die die Erzeugergenossenschaft von dem an die Erzeuger zu zahlenden Kaufpreis abzieht, kein Entgelt für eine Vermarktungsleistung.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 12.12.2019 - 6 K 1056/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten um die umsatzsteuerrechtliche Einordnung sog. "[X.]en" von Erzeugergemeinschaften.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine eingetragene Genossenschaft. Sie ist infolge Verschmelzung zum 01.09.2013 als übernehmende Genossenschaft Gesamtrechtsnachfolgerin der [X.] ([X.]) als übertragende Genossenschaft sowie eine anerkannte [X.]. [X.] betrieb die gemeinschaftliche Verwertung von [X.]bst und Gemüse sowie sonstiger landwirtschaftlicher und gartenbaulicher Erzeugnisse (Erzeugnisse) ihrer Mitglieder (Erzeuger). Nur Mitglieder der [X.] waren nach § 1 der [X.] (Streitjahr) geltenden [X.] "[X.]bst und Gemüse" (Stand: 13.02.2003; nachfolgend: [X.]) als Anlieferer zugelassen. Die Mitglieder waren nach § 2 Abs. 1 der [X.] verpflichtet, alle in ihrer Wirtschaft anfallenden marktfähigen und zum Absatz über die [X.] geeigneten [X.]bst- und Gemüseerzeugnisse, mit Ausnahme der für ihren Haushalt benötigten Mengen, bei [X.] anzuliefern. [X.] waren nur mit Zustimmung der [X.] zulässig. Jedoch durfte nach § 2 Abs. 2 der [X.] mit Zustimmung der Genossenschaft ein bestimmter Prozentsatz der Erzeugnisse ab Hof verkauft werden.

3

Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse wurden entsprechend den Anlieferungsbedingungen vom Erzeuger so angeliefert, dass sie ohne größere Aufbereitung weiter geliefert werden konnten (gewaschen, sortiert, verpackt), soweit sie nicht vom Abnehmer direkt am Hof abgeholt wurden. Die [X.] versorgte den Erzeuger mit Verpackungen; diese wurden von [X.] an den Erzeuger verkauft, soweit es sich nicht um Mehrwegverpackungen (Pfandware) handelte (§ 3 der [X.]).

4

Nach § 4 Abs. 1 der [X.] vermarktete [X.] die angelieferten Erzeugnisse im eigenen Namen auf eigene Rechnung. Sie verkaufte die Erzeugnisse an verschiedene Erwerber (Abnehmer). Gegenüber den Abnehmern trat [X.] als Verkäuferin auf. § 4 Abs. 2 der [X.] regelte den Übergang des Eigentums an den Erzeugnissen auf [X.]: Beim im Streitjahr praktizierten freien Verkauf erfolgte der Eigentumsübergang im Zeitpunkt der Preisvereinbarung der [X.] mit dem Abnehmer und im Falle des Vorverkaufs mit Übergabe an den Abnehmer. Die Ware blieb bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises durch den Abnehmer Eigentum der [X.].

5

Die [X.] an die Erzeuger ergaben sich aus den jeweiligen Verkaufserlösen abzüglich der festgesetzten Abschläge, u.a. Verpackungskosten, [X.], [X.] etc. (§ 4 Abs. 5 der [X.]). Die Abrechnung der Lieferungen der Erzeuger an [X.] erfolgte durch Gutschrift (§ 4 Abs. 7 der [X.]).

6

Die in § 4 Abs. 5 der [X.] genannten Abschläge wurden auch als "[X.]en" bezeichnet, im Rahmen der Gutschriften an die Erzeuger vom Verkaufserlös der [X.] an die Abnehmer abgezogen und von [X.] einbehalten. Sie waren vom Vorstand und Aufsichtsrat der [X.] festgelegt worden und dienten der Deckung der Kosten der [X.] für die Erfüllung ihrer satzungsgemäßen Aufgaben. Im Streitjahr betrugen sie --abhängig vom Gesamtumsatz des Erzeugers degressiv-- zwischen 7 % und 2 % des Veräußerungserlöses.

7

[X.] legte in ihren Gutschriften an die Erzeuger den Veräußerungserlös abzüglich der Abschläge als Gegenleistung für die Lieferungen der Erzeuger an [X.] der Besteuerung zugrunde. Die Umsatzsteuer berechnete [X.] --je nach Wahl des [X.] entweder nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes (UStG) oder nach Durchschnittssätzen (§ 24 UStG a.F.); die sich ergebende Umsatzsteuer zog [X.] als Vorsteuer ab.

8

Zum typischen Ablauf der Verkäufe hat das Finanzgericht ([X.]) Folgendes festgestellt: Der Abnehmer bestellte die Ware in der Regel mündlich oder telefonisch. Eine schriftliche Fixierung fand nicht statt. Die Verkäufer der [X.] handelten den bestmöglichen Preis aus. Sodann wurde die Ware vom Erzeuger bei [X.] angeliefert, überprüft und am selben Tag an den Abnehmer weiter geliefert. Häufig wurde sie auch vom Abnehmer direkt beim Erzeuger abgeholt oder vom Erzeuger an den Abnehmer geliefert. Eine Anlieferung bei [X.] erfolgte hauptsächlich dann, wenn eine Sendung anders portioniert und zusammengestellt werden musste. Soweit die Ware direkt vom Kunden beim Erzeuger abgeholt wurde, sorgte der Erzeuger für das Waschen, Kühlen und Verpacken der Erzeugnisse. Nur soweit eine Anlieferung bei [X.] stattfand, wurde die Ware auch dort gekühlt.

9

Die Satzung der [X.] in der für das Streitjahr gültigen Fassung enthielt keine Regelung über die Erhebung von laufenden Mitgliedsbeiträgen; solche wurden auch nicht erhoben.

[X.] reichte die Umsatzsteuererklärung für das [X.] am 30.11.2011 beim Finanzamt ([X.]) X ein.

Das [X.] X sah nach Durchführung mehrerer Außenprüfungen im Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr, zuletzt vom 16.01.2013, in den [X.]en ein Entgelt für eine (dem Regelsteuersatz unterliegende) sonstige Leistung der Rechtsvorgängerin der Klägerin an die Erzeuger. Es nahm an, die [X.] sei der Umsatzsteuer zu unterwerfen:

Entsprechend seien die Umsätze der Klägerin zu 19 % um … € zu erhöhen. Der Vorsteuerabzug sei auf die in den Gutschriften ausgewiesenen Beträge beschränkt.

Den von [X.] eingelegten Einspruch wies der (aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge) mittlerweile zuständig gewordene Beklagte und Revisionskläger ([X.]) mit gegenüber der Klägerin ergangener Einspruchsentscheidung vom 05.10.2016 als unbegründet zurück. Das [X.] vertrat die Auffassung, die [X.]en würden einbehalten, um die Kosten, die sich durch die Erfüllung der satzungsgemäßen Aufgaben der Klägerin ergäben, auf die Erzeuger umzulegen. Der wirtschaftliche Gehalt dieser Leistungen gehe über den bloßen Verkauf hinaus; das einzelne Mitglied erhalte einen zusätzlichen Vorteil in Form einer Vermarktungsleistung.

Das [X.] gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2020, 613 veröffentlichten Urteil statt. Es entschied, die [X.]en seien von den Erzeugern nicht aufgewendet worden, um Leistungen der [X.] zu erlangen. Für die Frage, ob im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter entgeltliche Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorlägen, gälten keine Besonderheiten. Es komme mithin (nur) darauf an, ob zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehe, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert begründe. Unerheblich für die Prüfung eines Leistungsaustauschs sei, ob die Klägerin nur die ihr entstandenen Kosten weiterberechnet oder [X.] erzielt habe.

Mit seiner Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Das [X.] habe zu Unrecht das Vorliegen eines Leistungsaustauschs bezüglich der streitigen [X.]en verneint. Durch Einschaltung der [X.] hätten die Erzeuger für ihre Erzeugnisse bessere Preise als bei Einzelvermarktung erzielt. Hierfür seien Maßnahmen durch [X.] ergriffen worden. [X.] habe aktiv sowohl die Produktion als auch die Vermarktung gestaltet mit dem Ziel, die landwirtschaftlichen Erzeugnisse der Erzeuger gewinnbringender zu verkaufen. Der wirtschaftliche Gehalt der Tätigkeit gehe damit über einen bloßen Weiterverkauf der von den Erzeugern erworbenen Produkte hinaus. Das einzelne Mitglied erlange insoweit einen konkreten wirtschaftlichen Vorteil (in Form einer Vermarktungsleistung).

Die Auffassung des [X.], [X.] habe wie eine Zwischenhändlerin in der Leistungskette agiert, verkenne die strategische Einbindung der [X.] in den gesamten Prozess der Erzeugung, der Planung der Ernte und dem Absatz der Produkte. Diesen habe [X.] zentral für die ihr angeschlossenen Erzeuger gesteuert, dadurch Märkte erschlossen und [X.] erzielt, die für den jeweiligen Erzeuger nicht zu realisieren gewesen wären.

Auch soweit das [X.] ausführe, dass die Erzeuger kein leistungsgerechtes Entgelt entrichtet hätten, sei dies nicht zutreffend. Die [X.]en seien nach der Höhe des Umsatzes des jeweiligen Erzeugers gestaffelt, wobei der anzuwendende Prozentsatz bei steigendem Umsatz falle. Daraus werde der leistungsbezogene Charakter der [X.]en deutlich. Auch in anderen Wirtschaftszweigen sei es üblich, bei steigenden Umsätzen prozentual niedrigere Gebühren für eine erbrachte Leistung zu erheben.

Das [X.] beantragt,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung ([X.][X.]). Der [X.] hält einstimmig die --entgegen der Auffassung der Klägerin ausreichend begründete und daher zulässige-- Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon --unter Hinweis auf die hierfür maßgeblichen Gründe-- unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Dass sich infolge eines [X.] die Richterbank geändert hat, steht der Anwendung des § 126a [X.][X.] nicht entgegen (vgl. Beschlüsse des [X.] --[X.]-- vom 15.09.2021 - XI R 12/21 ([X.]), [X.], 317, [X.] 2022, 417, Rz 21, und vom 12.05.2022 - V R 31/20, [X.], 1153, Rz 21). Das [X.] hat zutreffend entschieden, dass [X.], die als Abnehmerin Lieferungen von den Erzeugern bezog, an diese keine gesonderten sonstigen Leistungen gegen Entgelt erbracht hat.

1. Ein steuerbarer Umsatz in Form einer Leistung gegen Entgelt i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt voraus, dass der Leistungsempfänger identifizierbar sein und einen Vorteil erhalten muss, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems führt (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 06.04.2016 - V R 12/15, [X.], 475, [X.] 2017, 188, Rz 26; vom 23.09.2020 - XI R 35/18, [X.], 243, [X.] 2022, 344, Rz 43). Der individuelle Leistungsempfänger muss aus der Leistung einen konkreten Vorteil ziehen (vgl. [X.]-Urteil vom 18.12.2008 - V R 38/06, [X.], 155, [X.] 2009, 749, unter [X.]; [X.] vom 15.12.2021 - XI R 30/19, [X.], 414, [X.] 2022, 577, Rz 29). Ein einem Dritten entstehender Vorteil ist dann als nebensächlich einzustufen, wenn er sich aus einer Dienstleistung ergibt, die im eigenen Interesse des Steuerpflichtigen liegt (vgl. zum Vorsteuerabzug Urteil des Gerichtshofs der [X.] --EuGH-- [X.] vom 01.10.2020 - [X.]/19, [X.]:[X.], Rz 29 und 30).

2. Das [X.] hat zu Recht den Streitfall dahingehend gewürdigt, dass [X.], die nach § 4 der Anlieferungsordnung als insoweit maßgeblichem Rechtsverhältnis (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 27.01.2011 - V R 38/09, [X.], 278, [X.] 2012, 68, Rz 39; vom 31.05.2017 - XI R 40/14, [X.], 495, Rz 31; EuGH-Urteil [X.] vom 20.06.2013 - [X.]/11, [X.]:[X.], Rz 43) als Zwischenhändlerin bei jedem einzelnen Verkaufsvorgang die Ware von den Erzeugern erwarb und an die Abnehmer weiterlieferte, mit der Vermarktung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse keine weitere sonstige Leistung an die Erzeuger ausgeführt hat.

a) Dies ergibt sich bereits daraus, dass [X.] nach § 4 Abs. 1 der Anlieferungsordnung die angelieferten Erzeugnisse in eigenem Namen vermarktete. Die Vermarktung der von ihr verkauften Erzeugnisse lag zwar auch im Interesse der Erzeuger, aber vor allem in ihrem Interesse. Der Vermarktungserfolg in Gestalt höherer Verkaufspreise, aus dem das [X.] eine sonstige Leistung der [X.] an die Erzeuger ableitet, erhöhte zum einen die Bemessungsgrundlage der Lieferungen der [X.] an die Abnehmer und zum anderen die der Erzeuger an [X.]. Dies führte zum Entstehen einer höheren Umsatzsteuer auf die [X.]. Die vom [X.] beschriebenen Vorteile erschöpften sich somit darin, dass sich in der Lieferkette der Umfang der Lieferungen und das hierfür geschuldete Entgelt auf beiden Umsatzstufen erhöhte (vgl. hierzu bereits [X.]-Urteil vom 21.11.1968 - V 222/65, [X.], 464, [X.] 1969, 278).

Die Besteuerung des von [X.] geschaffenen Mehrwerts war somit dadurch sichergestellt, dass beim Weiterverkauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen die Bemessungsgrundlage für die Lieferungen an die Abnehmer um die "Marktgebühren" höher war als die der Lieferungen der Erzeuger an [X.], weil deren Bemessungsgrundlage um die Marktgebühren gemindert wird. Dieser Umstand schließt es aus, dieselben Marktgebühren zusätzlich zur Bemessungsgrundlage einer Vermarktungsleistung an die Erzeuger zu machen (vgl. auch EuGH-Urteil [X.] vom 05.07.2018 - [X.]/16, [X.]:[X.], Rz 53). Die Umsatzsteuer für dieselbe "Vermarktungsleistung" würde sonst --wirtschaftlich gesehen-- durch Einbeziehung der Marktgebühren in die Bemessungsgrundlagen von zwei Umsätzen der [X.] wirtschaftlich gesehen doppelt erhoben, ohne dass [X.] einen doppelten Mehrwert geschaffen hätte. Dementsprechend wurden die Erzeuger nur im Rahmen der von ihnen ausgeführten Lieferungen und nicht gesondert im Sinne einer eigenständigen Vorteilseinräumung begünstigt.

Bestätigt wird dies letztlich auch durch § 3 Abs. 3 UStG (Art. 14 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--). Fehlt es bei Anwendung dieser Vorschrift und einem im eigenen Namen und fremde Rechnung handelnden [X.] neben den beiden Lieferungen an einer vom [X.] erbrachten sonstigen Leistung an den Verkaufskommittenten, ist nicht ersichtlich, weshalb eine derartige sonstige Leistung des [X.] an den ersten Lieferer vorliegen sollte, wenn der Zwischenhändler (hier: [X.]) auf eigene Rechnung tätig ist.

b) Die Einwendungen des [X.] gegen die Beurteilung durch das [X.] führen zu keiner anderen Beurteilung.

aa) Soweit das [X.] die tatsächliche Würdigung des Streitfalls durch das [X.] für unzutreffend hält und durch seine eigene, abweichende Würdigung ersetzt, beachtet es nicht, dass der [X.] als Revisionsinstanz gemäß § 118 Abs. 2 [X.][X.] an eine mögliche tatsächliche Würdigung des [X.] gebunden ist (vgl. zu dieser Bindung allgemein [X.]-Urteil vom 26.08.2021 - V R 5/19, [X.], 284, Rz 34; [X.] in [X.], 317, [X.] 2022, 417, Rz 47).

bb) Dem Hinweis des [X.], der wirtschaftliche Gehalt der Tätigkeit der [X.] gehe über einen bloßen Weiterverkauf der von den Erzeugern erworbenen Produkte hinaus, teilt der [X.] aus den unter [X.] genannten Gründen nicht.

cc) Der Vortrag des [X.], auch in anderen Wirtschaftszweigen sei es üblich, bei steigenden Umsätzen prozentual niedrigere Gebühren für eine erbrachte Leistung zu erheben, trifft zwar zu (vgl. z.B. § 13 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes, § 10 i.V.m. den Anlagen zur Steuerberatervergütungsverordnung). Dieser Umstand führt aber nicht dazu, dass in allen Fällen der Erhebung degressiver Gebühren ein Leistungsaustausch vorliegt. Für die Annahme eines Leistungsaustauschs ohne Bedeutung ist, wie die Zuwendung bezeichnet wird und ob das Entgelt dem Wert der Leistung entspricht (vgl. [X.]-Urteil vom 10.08.2016 - XI R 41/14, [X.]E 255, 300, [X.] 2017, 590, Rz 35, m.w.N.).

dd) Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des [X.] zu Leistungen im Zusammenhang mit [X.]sverhältnissen.

(1) Zu [X.]erbeiträgen trifft es zwar zu, dass ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Leistungserbringung vorliegt, wenn eine Leistung (z.B. nach ihrem Umfang oder ihrer Menge) durch ein Sonderentgelt entgolten wird (vgl. [X.]-Urteile vom [X.] - V R 66/99, [X.]E 191, 458, [X.] 2004, 310; vom 16.03.1993 - XI R 44/90, [X.]E 171, 114, [X.] 1993, 529; vom 12.02.2020 - XI R 24/18, [X.]E 268, 351, [X.] 2022, 191, Rz 52; vom 12.11.2020 - V R 22/19, [X.], 279, [X.] 2021, 544, Rz 17). Allerdings hat [X.] vorliegend mit der Vermarktung keine Leistung an ihre Genossen, die Erzeuger, erbracht, die mit den Marktgebühren entgolten worden wäre. Auf den Umstand, dass im Streitfall nicht die [X.] an den [X.]er, sondern der [X.]er eine Zahlung an die [X.] geleistet hat, kommt es deshalb nicht an.

(2) Ebenso wenig führt die Rechtsprechung des [X.] zur Vergütung der durch Vereine oder [X.]en erbrachten Leistungen durch sog. Mitgliedsbeiträge (vgl. [X.]-Urteile vom 13.03.2008 - V R 70/06, [X.]E 221, 429, [X.] 2008, 997,unter II.2.; vom 29.10.2008 - XI R 59/07, [X.]E 223, 493; vom 18.06.2009 - V R 76/07, [X.]/NV 2009, 2007; vom 20.03.2014 - V R 4/13, [X.]E 245, 397; vom 13.12.2018 - V R 45/17, [X.]E 263, 375, [X.] 2019, 460; vom [X.] - XI R 21/18, [X.]E 267, 560, [X.] 2020, 723) zu einer anderen Beurteilung.

Denn Ausgangspunkt ist auch insoweit stets die Frage, inwieweit entgeltliche Vorteile der Mitglieder jeweils konkret festzustellen sind (vgl. [X.] vom 22.12.2011 - XI B 21/11, [X.]/NV 2012, 813, Rz 9). Solche Vorteile bestehen im Streitfall im Hinblick auf eine Vermarktung nicht; denn die Marktgebühren mindern --wie bereits ausgeführt-- die Bemessungsgrundlage der Lieferungen der Erzeuger an [X.], so dass die Erzeuger nur eine um die Marktgebühren geminderte Gegenleistung von [X.] erhalten. Der aus der Vermarktung folgende Vorteil in Form höherer Verkaufserlöse verbleibt in Höhe der Marktgebühren bei [X.] (und wird dort besteuert).

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.][X.].

Meta

XI R 8/20

13.09.2022

Bundesfinanzhof 11. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 12. Dezember 2019, Az: 6 K 1056/16, Urteil

§ 1 Abs 1 S 1 Nr 1 UStG 2005, Art 2 Abs 1 Buchst a EGRL 112/2006, Art 2 Abs 1 Buchst c EGRL 112/2006, § 3 Abs 9 UStG 2005, UStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.09.2022, Az. XI R 8/20 (REWIS RS 2022, 7543)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 7543

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