Bundesfinanzhof, Beschluss vom 14.09.2010, Az. IV B 61/09

4. Senat | REWIS RS 2010, 3415

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Gegenstand

Annahme einer wirksamen Selbstanzeige - Eintritt der Ablaufhemmung bei Fahndungsprüfung


Leitsatz

1. NV: Die Annahme einer wirksamen Selbstanzeige impliziert zugleich, dass das FA für Fahndung und Strafsachen eine Steuerhinterziehung bejaht hat.

2. NV: Mit der Übernahme der Ermittlungen der Betriebsprüfung durch das FA für Fahndung und Strafsachen tritt die Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 5 AO ein.

3. NV: Die zeitliche Grenze für den Erlass von Steuerbescheiden im Anwendungsbereich des § 171 Abs. 5 AO wird nur durch den Eintritt der Verwirkung gezogen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet.

2

1. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung.

3

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) messen folgenden Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung bei:

4

a) Tritt Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 2 der Abgabenordnung ([X.]) auch dann ein, wenn der vom Steuerpflichtigen vor Einleitung des Steuerstrafverfahrens dem Finanzamt ([X.]) gemäß § 153 [X.] mitgeteilte Sachverhalt ohne eigene Ermittlungen der mit der Steuerfahndung betrauten Dienststelle und ohne Feststellung einer Steuerhinterziehung den Änderungen der Steuerbescheide zugrunde gelegt wird?

5

b) Ist der in § 171 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] enthaltene Verweis auf § 171 Abs. 4 Satz 2 [X.] von dem [X.] des § 171 Abs. 5 Satz 2 [X.] nicht umfasst und § 171 Abs. 5 Satz 2 [X.] damit gegen den ausdrücklichen Gesetzeswortlaut auszulegen?

6

Die Rechtsfrage 1.a ist nicht klärungsfähig, da sie von einem anderen als dem von dem [X.] ([X.]) festgestellten Sachverhalt ausgeht. Das [X.] hat nicht festgestellt, dass die Steuerfahndung nicht von einer Steuerhinterziehung ausgegangen ist. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Das [X.] für Fahndung und Strafsachen ist nach den Feststellungen des [X.] davon ausgegangen, dass eine wirksame Selbstanzeige des [X.] gemäß § 371 [X.] vorliegt. Nachdem die Kläger die festgesetzten [X.] bezahlt hatten, hat das [X.] für Fahndung und Strafsachen das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung i.V.m. § 371 [X.] eingestellt. Die Annahme einer wirksamen Selbstanzeige impliziert zugleich, dass das [X.] für Fahndung und Strafsachen eine Steuerhinterziehung des [X.] bejaht hat.

7

Die Rechtsfrage 1.b ist ebenfalls im Streitfall nicht klärungsfähig, da es ihrer Entscheidung nicht bedarf, um das Entscheidungsergebnis des [X.] zu begründen. Nach den Feststellungen des [X.] hat das [X.] für Fahndung und Strafsachen die Ermittlungen des Betriebsprüfers übernommen, überprüft und steuerlich ausgewertet. Überdies hat es die Berichtigung des [X.] als Selbstanzeige i.S. des § 371 [X.] gewertet. Zwar hat das [X.] die Überprüfung und steuerliche Würdigung als Ermittlungen i.S. des § 171 Abs. 5 Satz 1 [X.] gewürdigt, tatsächlich, und insoweit ist den Klägern zuzustimmen, handelt es sich dabei aber nicht um weitere eigene Ermittlungen des [X.] für Fahndung und Strafsachen, sondern um eine steuerliche und strafrechtliche Auswertung und Umsetzung der übernommenen Ermittlungsergebnisse. Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Unterbrechung der Ermittlungen stellt sich im vorliegenden Fall daher nicht. Bereits mit der Übernahme der von dem Betriebsprüfer durchgeführten Ermittlungen durch das [X.] für Fahndung und Strafsachen tritt die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 [X.] ein (vgl. [X.] in Tipke/ [X.], Abgabenordnung, [X.]sordnung, § 171 [X.] Rz 69). In der ständigen Rechtsprechung ist zudem geklärt, dass eine zeitliche Grenze für den Erlass von Änderungsbescheiden im Anwendungsbereich des § 171 Abs. 5 [X.] zur Umsetzung der Ermittlungsergebnisse nur durch den Eintritt der Verwirkung gezogen wird (Urteile des [X.] --[X.]-- vom 24. April 2002 [X.], [X.], 303, [X.], 586, und vom 15. März 2007 II R 5/04, [X.], 540, [X.], 472). Für eine Verwirkung sind im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte erkennbar.

8

2. Aus den vorgenannten Gründen kommt eine Zulassung wegen einer Abweichung der Vorentscheidung von den von den Klägern im Einzelnen aufgeführten Entscheidungen des [X.] und der [X.]e nicht in Betracht. Denn die [X.] stützt sich ausschließlich auf angebliche abweichende Entscheidungen des [X.] und anderer [X.]e zu den im Streitfall nicht klärungsfähigen Streitfragen.

Meta

IV B 61/09

14.09.2010

Bundesfinanzhof 4. Senat

Beschluss

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 2. April 2009, Az: 6 K 11582/07, Urteil

§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 171 Abs 5 AO, § 371 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 14.09.2010, Az. IV B 61/09 (REWIS RS 2010, 3415)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3415

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