Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2010, Az. VIII ZR 159/09

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 9974

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 27. Januar 2010 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: [X.] § 573 Abs. 2 Nr. 2 Leibliche Nichten und Neffen des Vermieters sind kraft ihres nahen [X.] zum Vermieter Familienangehörige im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 [X.] (Fortführung des [X.] vom 9. Juli 2003 - [X.], NJW 2003, 2604). [X.], Urteil vom 27. Januar 2010 - [X.] - [X.] Baden-Baden - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Januar 2010 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] Frellesen, die Richterin [X.] sowie [X.] [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 26. Mai 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht hinsichtlich der Eigenbedarfskündigung vom 14. März 2008 zum Nachteil der Klägerin entschieden hat. Im Übrigen wird die Revision als unzu-lässig verworfen. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 1. Juli 2008 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - teilweise abgeändert. Die Beklagten werden als Ge[X.]tschuldner verurteilt, die von ih-nen bewohnte Wohnung in [X.]

, H.

Straße , 2. Obergeschoss, sowie die zur Wohnung gehörende Garage nebst Fernbedienung an die Klägerin herauszugeben. Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31. Mai 2010 ein-geräumt. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/13 und die Beklagten 12/13 zu tragen. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: 1 Die Klägerin begehrt die Rückgabe einer von den Beklagten gemieteten Wohnung in [X.]

sowie Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten. 2 Im [X.] 2004 zog die damals 85-jährige Klägerin aus ihrer Eigen-tumswohnung in [X.]

aus und übersiedelte in die nahe gelegene [X.].

". Sie vermietete die Wohnung ab dem 1. September 2004 an die Beklagten zu einer monatlichen Miete von 1.050 •; ab Oktober 2006 mieteten die Beklagten zusätzlich eine zu der Wohnung gehörende [X.] für 50 • monatlich. Mit notariellem Vertrag vom 17. August 2007 übertrug die verwitwete und kinderlose Klägerin das Eigentum an der Wohnung schenkungsweise im Wege vorweggenommener Erbfolge auf ihre in [X.]wohnende Nichte; dabei be-hielt sich die Klägerin den Nießbrauch an der Wohnung vor. In § 4 des [X.] verpflichtete sich die Nichte als Gegenleistung gegenüber der Klägerin, auf Lebenszeit deren Haushalt in der Seniorenresidenz zu versorgen und die häus-liche Grundpflege der Klägerin zu übernehmen. Die Vertragschließenden ver-einbarten zur Sicherung dieser Verpflichtung die Eintragung einer Reallast im Grundbuch und erklärten, dass die Nichte "beabsichtigt, in nächster Zukunft in die hier übertragene Eigentumswohnung zu ziehen, so dass es ihr räumlich möglich wird, die vorstehende Pflegeverpflichtung persönlich zu erfüllen". Der Vertrag wurde im Grundbuch vollzogen. 3 Durch Anwaltsschreiben ihres erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten ließ die Klägerin seit August 2007 mehrfach sowohl fristlose als auch ordentli-che Kündigungen des mit den Beklagten bestehenden Mietverhältnisses aus-sprechen. Als Kündigungsgründe wurden zunächst nur verspätete [X.] - 4 - gen geltend gemacht, später auch Eigenbedarf aufgrund der [X.] im Vertrag vom 17. August 2007 und schließlich noch der Höhe nach un-streitige Teilbeträge der Miete, die die Beklagten wegen behaupteter Mängel der Mietwohnung einbehalten haben. 5 Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Rückgabe der Wohnung nebst [X.] verlangt und einen Zahlungsanspruch auf Erstattung vorgerichtlicher [X.] in Höhe von 1.101,46 • nebst Zinsen gemäß der [X.] ihres erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 14. März 2008 gel-tend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und hat im Hinblick darauf, dass es die auf Eigenbedarf gestützte ordentliche Kündigung vom 14. März 2008 für gerechtfertigt gehalten hat, gemäß § 308a ZPO die Anord-nung getroffen, dass das Mietverhältnis zwischen den [X.]en zu denselben Konditionen wie bisher auf unbestimmte [X.], mindestens jedoch bis zum 31. August 2009, fortgesetzt wird. Das [X.] hat die Berufung der Kläge-rin mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die im Urteil des Amtsgerichts ge-troffene Anordnung über die Fortsetzung des Mietverhältnisses ersatzlos in Wegfall gerät. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Re-vision der Klägerin, mit der diese ihr Rückgabe- und Zahlungsbegehren im [X.] auf die ordentliche Kündigung vom 14. März 2008 wegen Eigenbedarfs und die fristlose Kündigung vom 20. November 2008 wegen [X.] weiterverfolgt. - 5 - Entscheidungsgründe: 6 Die Revision hat im Wesentlichen Erfolg. [X.] 7 Das Berufungsgericht hat, soweit im Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt: 8 Der Klägerin stehe gegen die Beklagten ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Mietwohnung nach § 546 [X.] nicht zu. Das Mietverhältnis sei durch die auf Eigenbedarf gestützte ordentliche Kündigung vom 14. März 2008 nicht beendet worden. Die Kammer sei durch das Verbot der reformatio in peius nicht daran gehindert, die vom Amtsgericht befürwortete Wirk[X.]keit der Ei-genbedarfskündigung vom 14. März 2008 zu verneinen, obwohl seitens der durch das erstinstanzliche Urteil gleichfalls beschwerten Beklagten eine (An-schluss-)Berufung hiergegen nicht eingelegt worden sei. Denn die Klägerin ha-be insoweit durch das erstinstanzliche Urteil keine Rechtsstellung erlangt, deren Aufrechterhaltung schutzwürdig wäre. Die auf Eigenbedarf gestützte Kündigung vom 14. März 2008 erweise sich als unwirk[X.], da die Voraussetzungen des § 573 Abs. 2 Nr. 2 [X.] weder im Bezug auf die Klägerin selbst noch hinsichtlich deren Nichte erfüllt seien. Die betagte, seit mehreren Jahren in einem Seniorenstift lebende Klägerin sei nicht darauf angewiesen, gerade durch ihre Nichte (ergänzend) gepflegt zu werden, weshalb eine Nutzung der Wohnung durch die Nichte geboten wäre. In der [X.]. " werde der Klägerin die erforderliche Betreuungspfle-ge in überdurchschnittlichem Maße zuteil. Dass diese Einrichtung in ausrei-chendem Maße über ausgebildetes Fachpersonal selbst für schwerstpflegebe-dürftige Senioren verfüge, sei gerichtsbekannt. Eine Notwendigkeit für eine "zu-9 - 6 - sätzliche Pflege" bestehe eingedenk dessen ersichtlich nicht. Überdies könne die Klägerin von ihrer Nichte eine Erfüllung der vertraglich vereinbarten "Pflege-verpflichtung" ohnehin nicht fordern. Spätestens seitdem sie nach Erhebung der Räumungsklage am 22. Mai 2008 einen Schlaganfall erlitten habe und deshalb dauerhaft pflegebedürftig sei, ruhe diese Verpflichtung gemäß § 4 des [X.]. Ebenso wenig seien beachtenswerte Gründe für die gewünschte Nut-zung der Wohnung durch die Nichte vorgetragen. Auf einen von der Klägerin abgeleiteten Eigenbedarf könne sich die Nichte nicht berufen. Zu dem uneinge-schränkt privilegierten Personenkreis im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zäh-le die Nichte trotz ihrer Verwandtschaft mit der Klägerin nicht. Der Begriff des Familienangehörigen sei im Hinblick auf den Schutzzweck der Bestimmung ein-schränkend auszulegen. Es sei zwischen engen Familienangehörigen und den-jenigen, die mit dem Vermieter nur weitläufig verwandt oder verschwägert [X.], zu unterscheiden. Nur bei der ersten Gruppe genüge die bloße Tatsache der Verwandtschaft, während bezüglich der entfernten Angehörigen darüber hinaus erforderlich sei, dass der Vermieter jenen gegenüber rechtlich oder mo-ralisch aufgrund einer besonderen persönlichen Nähe zu Unterhaltsgewährung oder sonstiger Fürsorge verpflichtet sei. Gemessen an diesen Kriterien bleibe für die Annahme eines abgeleiteten Eigenbedarfs kein Raum. Bei einer Nichte handele es sich nicht um eine enge Familienangehörige des Vermieters. [X.], die auf das Bestehen einer - wie auch immer gearteten - Fürsorge-pflicht der Klägerin gegenüber ihrer Nichte hindeuten könnten, seien nicht er-sichtlich. 10 Die vom Amtsgericht gemäß § 308a ZPO, § 574a Abs. 2 [X.] getroffene Anordnung über die Fortsetzung des Mietverhältnisses könne nicht [X.] werden, da die ausgesprochene Eigenbedarfskündigung bereits [X.] - 7 - [X.] gewesen sei. Da sich das [X.] als von Anfang an unbe-gründet erweise, könne die Klägerin von den Beklagten auch nicht die [X.] vorgerichtlicher Anwaltskosten verlangen. I[X.] 12 Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. 13 [X.] Die Revision ist entgegen der Auffassung der Klägerin nur insoweit zulässig, als sich das Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Berufungsge-richts über die Kündigung wegen Eigenbedarfs vom 14. März 2008 wendet. Denn das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirk[X.] auf die Frage der Beendigung des Mietverhältnisses durch diese ordentliche Kündi-gung beschränkt. Soweit die Revision das Berufungsurteil auch hinsichtlich der Entscheidung über die fristlose Kündigung vom 20. November 2008 angreift, ist das Rechtsmittel dagegen mangels Zulassung durch das Berufungsgericht als unzulässig zu verwerfen. 1. Das Berufungsgericht kann die Zulassung der Revision auf Teile des Streitgegenstandes beschränken. Die Beschränkung muss nicht im Tenor des Urteils angeordnet sein, sondern sie kann sich auch aus den [X.] ergeben (st. Rspr.; [X.] 153, 358, 360 f.; [X.]surteil vom 28. Okto-ber 2009 - [X.] ZR 164/08, [X.], 733, [X.]. 11; [X.], Urteil vom 12. November 2004 - [X.], NJW 2005, 894, unter [X.] a; Urteil vom 17. Juni 2004 - [X.], NJW 2004, 3264, unter [X.]; Urteil vom 9. März 2000 - [X.], [X.], 1794, unter [X.]). Allerdings muss sich die Be-schränkung eindeutig aus den Entscheidungsgründen entnehmen lassen ([X.] vom 4. Juni 2003 - [X.] ZR 91/02, [X.], 2139, unter II). Dies ist anzunehmen, wenn die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, bei mehreren teilbaren Streitgegenständen nur für 14 - 8 - einen von ihnen erheblich ist, weil dann in der Angabe dieses Zulassungsgrun-des regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung der Revision auf diesen Anspruch zu sehen ist ([X.] aaO, 361 f.; [X.]surteil vom 28. Oktober 2009, aaO). So verhält es sich hier. 15 Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil es für klärungs-bedürftig hält, ob das Berufungsgericht aufgrund des Verbotes der reformatio in peius daran gehindert ist, abweichend von der Einschätzung des erstinstanzli-chen Gerichts die Berechtigung einer auf Eigenbedarf gestützten Kündigung zu verneinen, wenn das mit einer Fortsetzungsanordnung nach § 574a Abs. 2 [X.] zu unveränderten Bedingungen versehene Urteil allein von dem auf [X.] und Herausgabe der Mietsache klagenden Vermieter angefochten wurde. Damit hat es die Revision allein auf die Frage der Beendigung des [X.]ses aufgrund der Eigenbedarfskündigung vom 14. März 2008 beschränkt. Die Beendigung des Mietverhältnisses aufgrund der späteren fristlosen Kündi-gung wegen Zahlungsverzugs vom 20. November 2008 und der [X.] wegen vorgerichtlicher Anwaltskosten stellen davon unabhängige Teile des Streitstoffs dar, die von der [X.] nicht berührt werden. 2. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beschränkung ist auch wirk[X.]. Nach der Rechtsprechung des [X.] kann die Zulas-sung der Revision auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen Teil des Streitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger seine Revision beschränken könnte (st. Rspr.; [X.]s-urteil vom 28. Oktober 2009, aaO, [X.]. 13; [X.], Urteil vom 9. März 2000, aaO; [X.], Beschluss vom 14. Mai 2008 - [X.], [X.], 2351, [X.]. 21). Letzteres trifft hier zu. Die Frage, ob das Mietverhältnis durch die Eigenbedarfs-kündigung vom 14. März 2008 beendet worden ist, stellt, wie ausgeführt, einen abgrenzbaren, rechtlich selbständigen Teil des Streitstoffs dar, der in [X.] - 9 - cher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von der Frage, ob die spätere fristlose Kündigung vom 20. November 2008 das Mietverhältnis beendet hat, beurteilt werden kann und auf den die Klägerin ihre Revision hätte beschränken können (vgl. [X.]surteil vom 28. Oktober 2009, aaO). 17 B. Soweit die Revision zulässig ist, hält die Beurteilung des Berufungsge-richts der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Ein Anspruch der Klägerin aus § 546 Abs. 1 [X.] auf Rückgabe der von den Beklagten gemieteten Wohnung kann nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint wer-den. Die Kündigung vom 14. März 2008, mit der die Klägerin das Mietverhältnis hilfsweise wegen Eigenbedarfs zum 30. Juni 2008 ordentlich gekündigt hat, ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gemäß § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 573c Abs. 1 [X.] wirk[X.]. Auf die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, kommt es nicht an, weil das Amtsgericht die Wirk[X.]keit der Eigenbedarfskündigung mit Recht bejaht hatte und das Berufungsgericht davon nicht hätte abweichen dürfen. Nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 [X.] liegt ein berechtigtes Interesse des [X.] an der Beendigung des Mietverhältnisses vor, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige [X.] Haushalts benötigt. Die Revision beanstandet mit Recht, dass das [X.] die Nichte der Klägerin nicht als Familienangehörige im Sinne die-ser Bestimmung angesehen und aus diesem Grund die Kündigung für nicht wirk[X.] gehalten hat. 18 1. Der [X.] hat entschieden, dass Geschwister des Vermieters kraft ih-res nahen [X.] privilegierte Familienangehörige im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind; zwischen Geschwistern besteht ein so enges Verwandtschaftsverhältnis, dass es eines zusätzlichen einschränkenden 19 - 10 - Tatbestandsmerkmals, wie etwa einer engen [X.] Bindung zum Vermieter, nicht bedarf (Urteil vom 9. Juli 2003 - [X.], NJW 2003, 2604, [X.]. und unter [X.], zu § 564b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] aF). 20 Damit hat der [X.] zum Ausdruck gebracht, dass für die Bestimmung des [X.] der durch § 573 Abs. 2 Nr. 2 [X.] privilegierten Familienangehöri-gen bei entfernten Verwandten ein zusätzliches Kriterium heranzuziehen ist, das auf die konkrete persönliche oder [X.] Bindung zwischen dem Vermieter und seinem Angehörigen im Einzelfall abstellt. Dass eine solche Einschränkung bei entfernten Verwandten aufgrund des Gesetzeszwecks - Kündigungsschutz des Mieters - geboten ist, entspricht auch der einhelligen Auffassung in Recht-sprechung und Literatur (vgl. den Überblick bei [X.], [X.], 9. Aufl., § 573 [X.] Rdnr. 51 ff. m.w.[X.]; [X.]/[X.], [X.] (2006), § 573 Rdnr. 74 ff. m.w.[X.]). Je weitläufiger der Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft ist, umso enger muss die über die bloße Tatsache der [X.] oder Schwägerschaft hinausgehende persönliche oder [X.] Bindung zwischen dem Vermieter und dem Angehörigen im konkreten Einzelfall sein, um eine Kündigung wegen des [X.] eines Angehörigen zu [X.] ([X.], [X.], 731, 732; [X.]/[X.], aaO, Rdnr. 79). 2. Nichten und Neffen des Vermieters gehören zwar nicht mehr zu [X.] engsten Angehörigen wie Eltern, Kinder oder Geschwister, sie sind aber als Kinder der Geschwister entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts immer noch eng verwandt mit dem Vermieter und gehören nicht, wie das Berufungsge-richt gemeint hat, zu den entfernten, nur weitläufig Verwandten. Das Gesetz erlaubt die Kündigung von Mietverhältnissen wegen des [X.] von Fa-milienangehörigen, weil es davon ausgeht, dass innerhalb der Familie aufgrund enger Verwandtschaft ein Verhältnis persönlicher Verbundenheit und gegensei-21 - 11 - tiger Solidarität besteht, das die Privilegierung einer Kündigung zugunsten von Familienangehörigen rechtfertigt. Vom Bestehen einer solchen familiären Ver-bundenheit und Solidarität, die nicht im Einzelfall nachgewiesen sein muss, ist nicht nur bei Geschwistern auszugehen ([X.]surteil vom 9. Juli 2003, aaO), sondern auch bei deren Kindern, das heißt den leiblichen Nichten und Neffen des Vermieters. Diese Wertung ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut der Vorschrift. Denn der Gesetzgeber hat den Begriff der Familienangehörigen in § 573 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht näher bestimmt; auch aus den Gesetzesmaterialien ist für dessen Auslegung nichts zu entnehmen. Die generelle Einbeziehung von Nich-ten und Neffen in den Kreis der privilegierten Familienangehörigen ist aber vor dem Hintergrund anderer Regelungen der Rechtsordnung gerechtfertigt, in [X.] ebenfalls Familienangehörige allein aufgrund ihrer engen verwandtschaftli-chen Beziehung privilegiert werden, ohne dass eine tatsächlich bestehende persönliche Verbundenheit im Einzelfall nachgewiesen werden muss. Einen Anknüpfungspunkt dafür, wie weit der Kreis der Familienangehörigen in diesem Sinn zu ziehen ist, bieten die Regelungen über das Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen (§ 383 ZPO, § 52 StPO), in denen der Kreis der [X.] Familienangehörigen - unabhängig vom tatsächlichen Bestehen per-sönlicher Bindungen - konkretisiert wird. Gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO und § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO steht ein Zeugnisverweigerungsrecht - neben Verlobten, Ehegatten und Lebenspartnern (§ 383 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 2a ZPO, § 52 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 2a StPO) - auch denjenigen zu, die mit einer [X.] in gerader Linie verwandt oder verschwägert sind, sowie denjenigen, die in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sind oder waren. Damit gehören auch Nichten und Neffen noch zu dem Personenkreis, dem allein aufgrund enger verwandtschaftlicher Beziehung zur [X.] ein [X.] zusteht. In dieser Regelung kommt zum Ausdruck, dass 22 - 12 - der Gesetzgeber Nichten und Neffen ohne Weiteres noch als enge Familienan-gehörige ansieht. Diese gesetzgeberische Wertung ist bei der Auslegung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zu berücksichtigen und rechtfertigt es, Nichten und Nef-fen auch hier in den Kreis der privilegierten Familienangehörigen [X.]. Bei ihnen bedarf es deshalb - ebenso wie bei Geschwistern des [X.] ([X.]surteil vom 9. Juli 2003, aaO) - über die Tatsache der [X.] hinaus nicht eines zusätzlichen einschränkenden Tatbestandsmerkmals wie etwa einer tatsächlich bestehenden engen [X.] Bindung zum [X.]. Es kommt deshalb im vorliegenden Fall nicht darauf an, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine enge persönliche Beziehung zwi-schen der Klägerin und ihrer Nichte als ihrer einzigen noch lebenden Verwand-ten tatsächlich besteht. II[X.] Da die Revision, soweit sie zulässig ist, Erfolg hat, ist das Berufungsurteil insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, weil es weiterer tatrichterlicher Feststellungen nicht bedarf und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO). Auf die Berufung der Klägerin ist das Urteil des Amtsgerichts, wie im Tenor ausgesprochen, teilweise abzuändern. 23 Hinsichtlich des auf die Eigenbedarfskündigung vom 14. März 2008 ge-stützten [X.]s hat die Berufung Erfolg. Die Beklagten sind zur Rückgabe der Wohnung verpflichtet, weil die ordentliche Kündigung vom 14. März 2008, wie ausgeführt, wirk[X.] ist. Die Kündigung hat das [X.] mit Ablauf des 30. Juni 2008 beendet (§ 573c Abs. 1 [X.]). Für die vom Amtsgericht nach § 308a ZPO i.V.m. §§ 574 ff. [X.] getroffene Anordnung über eine unbefristete, mindestens bis zum 30. September 2009 dauernde [X.] - 13 - zung des Mietverhältnisses ist kein Raum mehr. Der [X.] kann den Sachver-halt zu der für eine Anordnung nach § 308a ZPO maßgeblichen Frage, ob die Beendigung des Mietverhältnisses eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist (§ 574 Abs. 1 Satz 1 [X.]), selbst würdigen, weil das Berufungsgericht hierzu - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen hat und weitere Feststellungen auch nicht zu erwarten sind. Es kann dahingestellt bleiben, ob es für die Beklagten im [X.] an die Kündigung vom 14. März 2008 zumutbar war, die im September 2004 an-gemietete Wohnung bereits mit Ablauf des 30. Juni 2008 wieder zu verlassen. Denn inzwischen sind mehr als eineinhalb Jahre vergangenen, in denen die Beklagten in der Wohnung weiter gelebt haben. Zum gegenwärtigen [X.]punkt bedeutet die Räumung der Wohnung für die Beklagten in Anbetracht des be-rechtigten Interesses der hochbetagten Klägerin, ihre Nichte in ihrer Nähe zu haben und von ihr betreut zu werden, jedenfalls keine unzumutbare Härte mehr. Gründe für eine solche Härte sind von den Beklagten weder dargelegt worden noch ersichtlich. Die Beklagten haben insbesondere nicht geltend gemacht, dass sie angemessenen Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschaffen könnten (§ 574 Abs. 2 [X.]). Sie haben sich in der mündlichen Ver-handlung vor dem Amtsgericht am 1. Juli 2008 lediglich darauf berufen, es sei ihnen unzumutbar, nach so kurzer [X.] schon wieder auszuziehen, sie seien schließlich keine "Nomaden". Eine unzumutbar kurze Mietzeit liegt aber nicht mehr vor, nachdem das Mietverhältnis mittlerweile mehr als fünf [X.] hat. Auch das Amtsgericht ist bei seiner Anordnung über die Fortsetzung des Mietverhältnisses davon ausgegangen, dass sich die Interessenabwägung nach Ablauf von fünf Jahren zu Gunsten der Klägerin anders darstellen kann, 25 - 14 - als es das Amtsgericht für den [X.]punkt seiner Entscheidung angenommen hat. Ball [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 01.07.2008 - 7 C 150/08 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 2 S 9/09 -

Meta

VIII ZR 159/09

27.01.2010

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2010, Az. VIII ZR 159/09 (REWIS RS 2010, 9974)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9974

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